Entscheidungsdatum
01.09.2021Norm
BVergG 2018 §327Spruch
W187 2245469-3/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr der XXXX vertreten durch die KESCHMANN Rechtsanwalts-GmbH, Servitengasse 4/20, 1090 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „A09 Pyhrn Autobahn, Generalsanierung Tunnel Schartnerkogel, BuS Ausrüstung, Auftraggeber ID-Nr.: 64489“ der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, vom 16. August 2021 beschlossen:
A)
Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der XXXX , das Bundesverwaltungsgericht möge „der Antragstellerin den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zuzusprechen und dem Auftraggeber die Zahlung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution gemäß § 19a RAO zu Handen der Antragstellervertreten auftragen“, gemäß § 341 BVergG hinsichtlich der gemäß § 340 BVergG geschuldeten und entrichteten Pauschalgebühren statt.
Die Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ist verpflichtet, der XXXX die geschuldeten und entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von € 7.292 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu Handen ihrer Rechtsvertreterin zu bezahlen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 16. August 2021 beantragte die XXXX vertreten durch die KESCHMANN Rechtsanwalts-GmbH, Servitengasse 4/20, 1090 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, den Ersatz der Pauschalgebühr und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „A09 Pyhrn Autobahn, Generalsanierung Tunnel Schartnerkogel, BuS Ausrüstung, Auftraggeber ID-Nr.: 64489“ der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien.
2. Am 20. August 2021 teilte die Auftraggeberin mit, dass sie die Zuschlagsentscheidung zurücknehme, und übermittelte die Entscheidung über die Zurücknahme der angefochtenen Entscheidung.
3. Am 26. August 2021 erhob die XXXX vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH, Graben 42, 3300 Amstetten, begründete Einwendungen.
4. Am 1. September 2021 zog die Antragstellerin die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurück, ersuchte um Rückerstattung der zu viel entrichteten Pauschalgebühr und hielt und den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr aufrecht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1 Die Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft schreibt unter der Bezeichnung „A09 Pyhrn Autobahn, Generalsanierung Tunnel Schartnerkogel, BuS Ausrüstung, Auftraggeber ID-Nr.: 64489“ einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich aus. Vergebende Stelle ist die ASFINAG Bau Management GmbH. (Sachverhalt in OZ 1)
1.2 Am 19. August 2021 nahm die Auftraggeberin die angefochtene Entscheidung zurück. (Beilage zu OZ 8 und 9 des Verfahrensaktes).
1.3 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von € 9.723. (Verfahrensakt)
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Akten des Bundesverwaltungsgerichts. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Anzuwendendes Recht
3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idF BGBl I 2021/87, lauten:
„Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“
3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl I 33/2103 idF BGBl I 2021/109, lauten:
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) …
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) …
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
…“
3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/64 idF BGBl II 2019/91, lauten:
„Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
…
Gebühren
§ 340. (1) Für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und § 353 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:
1. Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw. ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.
2. …
7. Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75% der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 5 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.
8. Die Gebührensätze bzw. Gebühren gemäß Z 1 und 2 sowie 4 bis 7 sind kaufmännisch auf ganze Euro zu runden.
(2) Für Anträge gemäß Abs. 1 und die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fallen keine Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957, an.
Gebührenersatz
§ 341. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn
1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.
(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.“
3.2 Zu A) – Ersatz der Pauschalgebühr
3.2.1 Die Antragstellerin hat die geschuldete Pauschalgebühr für einen Nachprüfungsantrag betreffen ein Vergabeverfahren über einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich zur Gänze bezahlt.
3.2.2 Der Auftraggeber hat die angefochtene Entscheidung nach Einbringen des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und des Nachprüfungsantrags zurückgenommen und damit die Antragstellerin klaglos gestellt. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und der Nachprüfungsantrag waren daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Die Antragstellerin zog daraufhin den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und den Nachprüfungsantrag vor der Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung in der Sache zurück, wodurch sich die Gebührenschuld gemäß § 340 Abs 1 Z 7 BVergG nachträglich um 25 % auf € 7.292 reduzierte. Der nunmehr zu viel entrichtete Betrag von € 2.430 wird der Antragstellerin gemäß § 340 Abs 1 Z 7 BVergG zurückzuerstatten sein.
3.2.3 Da die Antragstellerin klaglos gestellt ist und der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und der Nachprüfungsantrag zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ist der Auftraggeber gemäß § 341 Abs 1 und 2 BVergG verpflichtet, der Antragstellerin die entrichtete und geschuldete Pauschalgebühr zu ersetzen. Die Entscheidung erging innerhalb der Frist des § 341 Abs 3 BVergG.
3.3 Zu B) – Unzulässigkeit der Revision
3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bauauftrag einstweilige Verfügung Klaglosstellung materielles Obsiegen Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Obsiegen Pauschalgebührenersatz Provisorialverfahren Vergabeverfahren zweckentsprechende RechtsverfolgungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W187.2245469.3.00Im RIS seit
29.11.2021Zuletzt aktualisiert am
29.11.2021