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L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;Norm
AVG §72 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in V, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in V, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Stadtrates der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 22. Oktober 1996, Zl. D-135/96-153 I, betreffend Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 30. Juli 1996 wurde R.D. ein Bauauftrag gemäß § 32 der Kärntner Bauordnung erteilt.
Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 22. Oktober 1996 wurde im Spruchpunkt I dem Antrag des R.D. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 30. Juli 1996 gemäß §§ 71 und 72 AVG stattgegeben, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt und im Spruchpunkt II der Berufung des R.D. gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 30. Juli 1996 Folge gegeben, dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.
Ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Stadtrates der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 22. Oktober 1996 richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Bezüglich der Zulässigkeit der Beschwerde wird hiezu ausgeführt, die im angefochtenen Bescheid angeführte Rechtsbelehrung "gemäß § 95 AGO, LGBl. für Kärnten Nr. 77/1993 in der geltenden Fassung" beziehe sich offensichtlich nur auf die "Hauptberufung", mit welcher der Berufung des R.D. gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 30. Juli 1996 Folge gegeben worden sei. Eine Vorstellung gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Völkermarkt, womit dem Wiedereinsetzungsantrag Folge gegeben worden sei, sei nicht zulässig, der Instanzenzug somit erschöpft.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Gemäß Art. 119a Abs. 5 B-VG kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges (Art. 118 Abs. 4) - von den im Satz 3 dieses Art. genannten, hier nicht anzuwendenden Ausnahmen abgesehen - innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Diese hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Diese Verfassungsbestimmung wurde durch § 95 der (Kärntner) Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 - AGO, LGBl. Nr. 77/1993, dahingehend konkretisiert.
Nach Abs. 1 der vorzitierten Gesetzesstelle kann, wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben.
Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Landesregierung den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt wurden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen. Die Landesregierung hat in diesen Bescheiden ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Gemeinde bei ihrer neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Landesregierung gebunden ist (Abs. 5).
Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist die Gemeinde verpflichtet, bei der neuerlichen Entscheidung (Abs. 4 erster Satz) der Rechtsansicht der Landesregierung Rechnung zu tragen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64, fällt die Vollziehung dieses Gesetzes - von den im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.
Durch eine Vorstellung gemäß § 95 AGO sind alle Arten von Bescheiden eines Gemeindeorganes anfechtbar; dies gilt auch für verfahrensrechtliche Bescheide in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1968, Slg. Nr. 7.456/A).
Die Vorstellung im Sinne des Art. 119a Abs. 5 B-VG und des § 95 AGO ist als Rechtsmittel an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde anzusehen, dessen Ergreifung Voraussetzung für die Erschöpfung des Instanzenzuges im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist. In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist daher die unmittelbare Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gegen den Bescheid des Gemeindeorganes, welches in letzter Instanz zuständig war, unzulässig (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 390, zitierte hg. Rechtsprechung). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist ein verfahrensrechtlicher Bescheid (vgl. hiezu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes,
6. Auflage, S. 270, Rz 630), gegen den ein Rechtsmittel gemäß § 72 Abs. 4 AVG ausgeschlossen ist. Er ist daher von - vom Antragsteller verschiedenen - Parteien des Verwaltungsverfahrens in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches einer Gemeinde gemäß Art. 119a Abs. 5 B-VG (§ 95 AGO) mit Vorstellung an die Kärntner Landesregierung bekämpfbar (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 15. September 1983, Zl. 82/06/0067).
Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Völkermarkt vom 22. Oktober 1996, mit welchem die Wiedereinsetzung des Antragstellers R.D. gegen die Versäumung der Berufungsfrist bewilligt worden ist, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges durch Nichterhebung der als außerordentliches Rechtsmittel anzusehenden Vorstellung als unzulässig. Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Schlagworte
Zulässigkeit der Vorstellung Parteistellung und Rechtsansprüche der Parteien (außer der Gemeinde) im VorstellungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050268.X00Im RIS seit
20.11.2000