Entscheidungsdatum
17.09.2021Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W134 2245853-1/3E
W134 2245853-2/19E
W134 2245853-3/2E
W134 2245853-4/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER im Vergabeverfahren „EAW SARS-Cov-2 (Covid-19) PCR-Testungen BMBWF – West, GZ 5391.03974“ der Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, aufgrund der Anträge der XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 27.08.2021, folgende Beschlüsse:
A)
I. Aufgrund der Zurückziehung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. Aufgrund der Zurückziehung der Nachprüfungsanträge wird das Nachprüfungsverfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
III. Aufgrund der Zurückziehung des Antrages „(i) festzustellen, dass ein Vergabeverfahren zur Beauftragung der XXXX über Leistungen die Gegenstand der Rahmenvereinbarung SARS-CoV-2 (Covid-19) Testungen mit der BBG GZ 5301.03891 sind, von oder im Namen der Auftraggeberin rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde“ wird das Feststellungsverfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
IV. Aufgrund der Zurückziehung des Antrages „(ii) festzustellen, dass ein Vergabeverfahren zur Beauftragung der XXXX über Leistungen die Gegenstand der Rahmenvereinbarung SARS-CoV-2 (Covid-19) Testungen mit der BBG GZ 5301.03891 sind, von oder im Namen der Auftraggeberin rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde“ wird das Feststellungsverfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
V. Dem Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird gemäß § 341 BVergG 2018 teilweise stattgegeben.
Die Auftraggeberin ist verpflichtet, der Antragstellerin Pauschalgebühren in der Höhe von insgesamt EUR 1.458,-- binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihres Rechtsvertreters zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 27.08.2021, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung (erneuter Aufruf zum Wettbewerb) vom 24.8.2021 für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die im Spruch genannten Feststellungsanträge und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin.
2. Die Antragstellerin entrichtete an Pauschalgebühren insgesamt EUR 45.360,--.
3. Mit Schreiben vom 08.09.2021 teilte die Antragstellerin Folgendes mit:
„Am 2.9.2021 sowie am 8.9.2021 wurden seitens der Bundesbeschaffung GmbH die Ausschreibungsunterlagen des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb „PCR Testungen an den Schulen Österreichs-West“ (BBG GZ: 5391. 03974) in den von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag vom 27.8.2021 vorgebrachten rechtswidrigen Einzelfestlegungen berichtigt. Die Antragstellerin wurde dementsprechend durch den Auftraggeber in den wesentlichen Punkten klaglos gestellt. Vor diesem Hintergrund zieht die Antragstellerin hiermit die gestellten Anträge (einschließlich die Anträge auf Feststellung) mit Ausnahme des Antrags auf Erstattung der Pauschalgebühren mit Verweis auf § 341 Abs. 1 und Abs. 2 BVergG zurück und ersuchte gleichzeitig um Rückerstattung des nicht ersatzfähigen Teils der entrichteten Pauschalgebühren im gesetzlichen Ausmaß gemäß § 340 Abs. 1 Z. 7 BVergG.“
5. Die Antragszurückziehung erfolgte vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses und vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.04.2015 (Fr 2014/20/0047-11) die §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG dahingehend ausgelegt, dass eine Einstellung von Verfahren nach Rückziehung einer Beschwerde (hier: Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Nachprüfungsantrag und Feststellungsantrag) nicht formlos durch Aktenvermerk erfolgen kann, sondern durch gesonderten, verfahrensbeendenden Beschluss zu erledigen ist.
Zu Spruchpunkt A I.) Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
Die Antragstellerin hat den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgezogen.
Das Verfahren ist somit beendet.
Zu Spruchpunkt A II.) Antrag auf Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Entscheidung vom 24.8.2021:
Die Antragstellerin hat den Nachprüfungsantrag zurückgezogen.
Die Verfahren sind somit beendet.
Zu Spruchpunkt A III.) und IV. Feststellungsanträge:
Die Antragstellerin hat die verfahrensgegenständlichen Feststellungsanträge zurückgezogen.
Die Verfahren sind somit beendet.
Zu Spruchpunkt A V.)- Gebührenersatz:
Gemäß § 340 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten, welche gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten ist (siehe BVwG-PauschGebV Vergabe).
Gemäß § 341 Abs. 1 BVergG 2018 hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 BVergG 2018 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Gebührenersatz, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn (1) dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und (2) dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre. Über den Gebührenersatz hat gemäß § 341 Abs. 3 BVergG 2018 das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.
Die Antragstellerin entrichtete an Pauschalgebühren insgesamt EUR 36.288,--. Die Antragstellerin zog mit Schreiben vom 08.09.2021 sämtliche Anträge mit Ausnahme des Gebührenersatz Antrages zurück.
Die Materialien zum neuen § 341 BVergG (siehe EBRV 69 XXVI. GP 195 f) lauten auszugsweise:
„Die Regelung über den Gebührenersatz übernimmt grundsätzlich die Inhalte des § 319 BVergG 2006 und wird um eine Klarstellung ergänzt. § 341 überträgt wie bisher dem BVwG die Kompetenz, über den Ersatz der Gebühren zu entscheiden. Es wird ausdrücklich geregelt, dass ein Gebührenersatz auch dann zu erfolgen hat, wenn der Antragsteller während eines anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.“
Die Auftraggeberin hat im gegenständlichen Vergabeverfahren die bekämpfte Entscheidung insofern „beseitigt“, als sie die Ausschreibungsunterlagen des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" (BBG-GZ: 5391.03973) in den von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag vom 27.8.2021 vorgebrachten rechtswidrigen Einzelfestlegungen berichtigt hat. Aufgrund des klaren Wortlauts steht daher der Antragstellerin der Ersatz der Pauschalgebühren zu.
Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß § 340 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.
Die von der Antragstellerin angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung betrifft den erneuten Aufruf zum Wettbewerb. Zu prüfen war somit, ob der Nachprüfungsantrag seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach gegen die Ausschreibung gerichtet war. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 16.12.2015, Ra 2014/04/0045, diesbezüglich folgendes ausgeführt:
„4.4.4. Da die Aufforderung zur Angebotsabgabe und die Ausschreibungsunterlagen eine Einheit darstellen (siehe das bereits zitierte Erkenntnis 2007/04/0065), ist für die Beurteilung, ob ein Nachprüfungsantrag dem reduzierten Gebührensatz nach § 3 BVwG-PauschGebV Vergabe unterliegt, fallbezogen maßgeblich, ob der erkennbare Wille des Antragstellers darauf gerichtet ist, die Festlegung des Auftraggebers, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten möchte, somit die Ausschreibung (gemäß der Begriffsbestimmung des § 2 Z 10 BVergG 2006) zu bekämpfen. Im vorliegenden Fall haben die revisionswerbenden Parteien zutreffend darauf hingewiesen, dass im Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei Rechtswidrigkeiten im Leistungsverzeichnis bzw. in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen geltend gemacht worden sind. Der Umstand, dass als nichtig zu erklärende, gesondert anfechtbare Entscheidung die "Aufforderung zur Angebotsabgabe" genannt wurde, vermag nichts daran zu ändern, dass der Antrag seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach gegen die Ausschreibung gerichtet war.“
Der gegenständliche Nachprüfungsantrag ist ähnlich dem zitierten VwGH Kenntnis seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach gegen die Ausschreibung gerichtet, weshalb für den Nachprüfungsantrag die reduzierten Gebührensätze gemäß § 3 BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018 zur Anwendung kommen.
Gemäß § 340 Abs 1 Z 1, 7 und 8 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 war demnach für das gegenständliche Verfahren folgende Pauschalgebühren ( kurz „PG“ genannt) zu entrichten:
Anträge; §§ beziehen sich auf das BVergG 2018
Berechnungsgrundlage in €
geschuldete Pauschalgebühr in €
Nachprüfungsantrag betreffend Ausschreibung, Dienstleistungsauftrag bei zentralem öffentlichen Auftraggeber mit einem geschätzten Auftragswert von über € 2.880.000,--, festgesetzte Gebühr gem. § 340 (1) Z 1
Reduzierte Gebühr wegen Zurückziehung gem § 340 (1) Z 7
1.296,--
972,--
972,--
EV-Antrag betreffend Ausschreibung, Dienstleistungsauftrag bei zentralem öffentlichen Auftraggeber mit einem geschätzten Auftragswert von über € 2.880.000,--, festgesetzte Gebühr gem. § 340 (1) Z 1
Reduzierte Gebühr wegen Zurückziehung gem § 340 (1) Z 7
648,--
486,--
486,--
Feststellungantrag betreffend XXXX , Dienstleistungsauftrag bei zentralem öffentlichen Auftraggeber mit einem geschätzten Auftragswert von über € 2.880.000,--, festgesetzte Gebühr gem. § 340 (1) Z 1
Reduzierte Gebühr wegen Folgeantrag gem. § 340 (1) Z 5
Reduzierte Gebühr wegen Zurückziehung gem § 340 (1) Z 7
12.960,--
10.368,--
7.776,--
7.776,--
Feststellungantrag betreffend XXXX , Dienstleistungsauftrag bei zentralem öffentlichen Auftraggeber mit einem geschätzten Auftragswert von über € 2.880.000,--, festgesetzte Gebühr gem. § 340 (1) Z 1
Reduzierte Gebühr wegen Folgeantrag gem. § 340 (1) Z 5
Reduzierte Gebühr wegen Zurückziehung gem § 340 (1) Z 7
12.960,--
10.368,--
7.776,--
7.776,--
Summe geschuldete PG
17.010,--
vom Auftraggeber gem § 341 wegen Klaglosstellung zu ersetzende PG
1.458,--
von der Antragstellerin entrichtete PG
45.360,--
Der Antragstellerin zurückzuerstattender Mehrbetrag gem. § § 340 (1) Z 7 (entrichteter PG minus geschuldete PG)
28.350,--
Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin somit für den Nachprüfungsantrag € 972,-- und für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung € 486,--, insgesamt somit Pauschalgebühren in Höhe von € 1.458,-- zu ersetzen.
Für die beiden Feststellungsanträge gebührt der Antragstellerin gemäß § 341 Abs. 1 BVergG 2018 kein Ersatz durch die Auftraggeberin, da die Antragstellerin durch die Abänderung des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb bezüglich des Feststellungsantrages weder obsiegt hat noch klaglos gestellt wurde.
Die Zurückerstattung bereits entrichteter Mehrbeträge erfolgt von Amts wegen.
Zu Spruchpunkt B) - Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Schlagworte
Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Verfahrenseinstellung Vergabeverfahren Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W134.2245853.2.00Im RIS seit
29.11.2021Zuletzt aktualisiert am
29.11.2021