TE Vfgh Erkenntnis 2021/9/22 E1136/2020

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Veröffentlicht am 22.09.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO und des UNHCR betreffend die Rückkehrsituation von Personen mit spezifischer Vulnerabilität, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit

Spruch

I. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird im Umfang der Gebührenbefreiung stattgegeben.

II. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, und gegen die Festsetzung einer Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

III. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer, geboren am 1. Jänner 1997, ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, stammt aus der Provinz Nangarhar und ist dort aufgewachsen. Danach zog der Beschwerdeführer in die Provinz Maidan Wardak, wo er die Militärakademie besuchte. Am 1. Dezember 2015 stellte der Beschwerdeführer in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen mit der Begründung, dass er Soldat in der afghanischen Armee gewesen und von den Taliban schwer verletzt worden sei. Er werde von den Taliban verfolgt.

2. Mit Bescheid vom 17. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan als unbegründet ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung zulässig ist, und setzte eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise.

3. Mit Erkenntnis vom 26. Februar 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Das Bundesverwaltungsgericht schließt zunächst eine asylrelevante Verfolgung mangels glaubhaften Fluchtvorbringens aus.

Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erachtet das Bundesverwaltungsgericht für nicht gegeben. Dem Beschwerdeführer könne zwar eine Rückkehr in seine Herkunftsregion, in die Provinz Nangarhar, nicht zugemutet werden, es stehe ihm aber eine zumutbare Fluchtalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung. Diesbezüglich stellt das Bundesverwaltungsgericht fest:

"Beim Beschwerdeführer liegt eine funktionale Beeinträchtigung der Funktion des linken Beins vor; mittelschwere Arbeiten kann der Beschwerdeführer derzeit nicht verrichten. Arbeiten im Bergabgehen, auf Leitern oder Treppen sind auszuschließen. Eine Besserung der Plexus Läsion am linken Bein ist nicht zu erwarten."

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führt das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 aus:

"UNHCR ist weiters der Ansicht, dass die einzige Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter sind, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten (wie näher beschrieben) vorliegen. Unter bestimmten Umständen können diese Personen ohne familiäre und soziale Unterstützung in urbaner und semiurbaner Umgebung leben, soweit diese Umgebung über die notwendige Infrastruktur und Lebensgrundlagen verfügt, um die Grundbedürfnisse des Lebens zu decken und soweit diese einer wirksamen staatlichen Kontrolle unterliegt (vgl Seite 109 f.).

[…]

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden (abgesehen von einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beins), ledigen, arbeitsfähigen und jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der Beschwerdeführer arbeitete in Afghanistan als Radmechaniker, half seinem Vater die Landwirtschaftsflächen zu bewirtschaften und war beim Militär tätig. Überdies spricht der Beschwerdeführer die landesübliche Sprache Paschtu als Muttersprache. Ferner gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann."

Daran anknüpfend hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer von den in der Stadt Jalalabad aufhältigen Eltern und Geschwistern zumindest anfänglich finanziell unterstützt werden könne. Dem Beschwerdeführer sei eine Ansiedlung in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat möglich und auch zumutbar, da in Afghanistan eine medizinische Grundversorgung gewährleistet sei und eine akute lebensbedrohende Krankheit des Beschwerdeführers, welche seine Überstellung nach Afghanistan unzulässig machen würde, im konkreten Fall jedenfalls nicht vorliege.

4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit für die Afghanische Nationalarmee (Afghan National Army, kurz: ANA) von den Taliban verfolgt werde. Zudem drohe ihm strafrechtliche Verfolgung auf Grund seiner Desertion. Auch könne er auf Grund seiner körperlichen Einschränkungen kaum einer Erwerbstätigkeit nachgehen und sei er qualifiziert schutzbedürftiger als der Rest der Bevölkerung. Eine Unterstützung durch seine Familie sei nicht zu erwarten.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

II. Erwägungen

A. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, den Ausspruch, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, und die Festsetzung einer Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise richtet, begründet.

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

2.1. Das Bundesverwaltungsgericht verweist im Rahmen seiner Feststellungen zunächst allgemein auf das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 13.11.2019", die "UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018", den "EASO-Bericht 'Afghanistan Netzwerke' aus Jänner 2018" sowie das "Dossier der Staatendokumentation zur Stammes- und Clanstruktur (2016)".

2.2. Die UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht auch bezieht, führen auf Seite 124 f zur innerstaatlichen Fluchtalternative ua aus, dass eine solche nur dann zumutbar sein kann, wenn betroffene Personen Zugang zu einem traditionellen Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gruppe im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet haben, das auch willens und in der Lage ist, diese Personen tatsächlich zu unterstützen. Die einzigen Ausnahmen von dieser Anforderung der externen Unterstützung sind alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten vorliegen. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben.

Derartigen Länderberichten ist bei der Beurteilung der Situation im Rückkehrstaat bei der Prüfung, ob dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, besondere Beachtung zu schenken (vgl VfGH 12.12.2019, E2692/2019; 12.12.2019, E3369/2019; 4.3.2020, E4399/2019, jeweils mwN; vgl auch VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533; 17.12.2019, Ra 2019/18/0278 ua). Das bedeutet insbesondere, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit den aus diesen Länderberichten hervorgehenden Problemstellungen im Hinblick auf eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan, und zwar in Bezug auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers, auseinanderzusetzen hat (vgl zB VfGH 6.10.2020, E2795/2019 sowie vom selben Tag E1728/2020 und E1887/2020).

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen davon aus, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen (abgesehen von einer Funktionsbeeinträchtigung des linken Beins) gesunden, ledigen, arbeitsfähigen und jungen Mann handle, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann, der die landesübliche Sprache Paschtu als Muttersprache spreche und über Berufserfahrung als Radmechaniker, in der Landwirtschaft und beim Militär verfüge. Zudem gehöre der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Zudem hält das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Funktionsbeeinträchtigung des linken Beins des Beschwerdeführers im Wesentlichen fest, dass in Afghanistan jedenfalls eine medizinische Grundversorgung gewährleistet sei und eine akute lebensbedrohende Krankheit nicht vorliege. Dabei gelangt es im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedelung bzw eine Rückkehr in den Gebieten der innerstaatlichen Fluchtalternative, nämlich in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat, möglich und auch zumutbar sei.

Wenn das Bundesverwaltungsgericht auf dieser Basis den Schluss zieht, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif auch ohne Unterstützungsnetzwerk am Ort der Neuansiedelung zur Verfügung stehe und daran die Funktionsbeeinträchtigung des Beins des Beschwerdeführers nichts ändern würde, nimmt es eine so qualifiziert fehlerhafte Beurteilung des dargestellten Sachverhaltes, insbesondere der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 vor, dass der Fehler in die Verfassungssphäre reicht:

Nach der maßgeblichen Berichtslage ist nämlich nur leistungsfähigen Männern und verheiratete Paaren im erwerbsfähigen Alter, die keine spezifischen Vulnerabilitäten aufweisen, auch ohne Unterstützungsnetzwerk am Neuansiedelungsort eine innerstaatliche Fluchtalternative möglich und zumutbar. Solche Umstände treffen jedoch nach den Feststellungen und Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis im Hinblick auf den Beschwerdeführer gerade nicht zu: Dieser verfügt zwar über Berufserfahrung, jedoch leidet er – wie das Bundesverwaltungsgericht selbst feststellt – an einer Beeinträchtigung der Funktion des linken Beins, wobei eine Besserung nicht zu erwarten ist; er kann daher keine mittelschweren Arbeiten sowie Arbeiten im Bergabgehen, auf Leitern oder Treppen verrichten. Dennoch geht das Bundesverwaltungsgericht von einem Personenprofil des Beschwerdeführers aus, das sich auf alleinstehende, gesunde und leistungsstarke Männer im erwerbsfähigen Alter bezieht, und lässt dieses auch für die maßgebliche Situation des Beschwerdeführers, der allerdings nur beschränkt arbeitsfähig ist, ausreichen.

2.4. Indem das Bundesverwaltungsgericht somit die maßgeblichen Anforderungen, die das Personenprofil des Beschwerdeführers nach der Länderberichtslage erfüllen muss, um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif ausgehen zu können, in qualifizierter Weise verkennt, belastet es sein Erkenntnis – soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daran anknüpfend gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, den Ausspruch, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, und die Festsetzung einer Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird – mit Willkür.

B. Im Übrigen, soweit die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten angefochten wird, wird die Behandlung der Beschwerde aus folgenden Gründen abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen den Ausspruch, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist, und gegen die Festsetzung einer Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung ist stattzugeben.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht / Vulnerabilität, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E1136.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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