RS Vfgh 2021/10/5 E3249/2021

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

EMRK Art2, Art3
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Leben und im Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden durch die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten an einen Staatsangehörigen von Afghanistan; Verkennung der spätestens seit 20.07.2021 erkennbaren extremen Volatilität der Sicherheitslage begründet eine reale Gefahr der Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte durch die später ergangene Entscheidung

Rechtssatz

Ausgehend vom Länderinformationsblatt vom 11.06.2021 geht das BVwG im angefochtenen Erkenntnis vom 28.07.2021 davon aus, dass für den Beschwerdeführer in den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat eine (Neu-)Ansiedlungsmöglichkeit gegeben sei, weil das Niveau an willkürlicher Gewalt so gering sei, dass für Zivilisten keine Gefahr erheblicher Eingriffe in ihre psychische oder physische Unversehrtheit bestehe. Im Länderinformationsblatt vom 11.06.2021 wird bereits nicht nur von einer vielfach befürchteten massiven Verschlechterung der Sicherheitslage im Falle des Abzuges internationaler Truppen berichtet, sondern auch darüber, dass sich die Sicherheitslage nach dem erfolgten Truppenabzug tatsächlich stetig verschlechtert hat. Dieser negative Trend wird auch in der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 19.07.2021 berichtet.

Der VfGH ist der Auffassung, dass auf Grundlage der im angefochtenen Erkenntnis abgedruckten länderberichtlichen Informationen vom 11.06.2021, der in der Entscheidung nicht behandelten Kurzinformation der Staatendokumentation vom 19.07.2021 sowie der zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG verfügbaren, breiten medialen Berichterstattung spätestens ab 20.07.2021, dh auch zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des BVwG, von einer extremen Volatilität der Sicherheitslage in Afghanistan auszugehen war, sodass jedenfalls eine Situation vorliegt, die den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr einer Verletzung seiner verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art2 und 3 EMRK aussetzt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E3249.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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