TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/19 96/05/0207

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Veröffentlicht am 19.11.1996
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Index

L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1 impl;
BauRallg;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der P-Gesellschaft mbH in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 10. Juli 1996, Zl. 02/04-69-1996, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Walter und Theresia P je zur Hälfte gehörigen Grundstücke Nr. 2743, 2744 und 2745 der Liegenschaft EZ 2179 der KG H liegen im Bauland-Dorfgebiet an der W-Straße und führen die Nr. 39. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juni 1971 wurden diese Grundstücke zum Bauplatz erklärt und Walter P die Bewilligung zur Errichtung eines Lagerraumes und einer Abgabestelle für Ofenöl auf diesen Grundstücken unter Auflagen erteilt.

Mit Eingabe vom 31. Jänner 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Baugenehmigung auf den vorbezeichneten Grundstücken "für den Bau einer Lagerhalle und eines Mannschaftsraumes sowie zur Errichtung eines Waschplatzes, einer Montagegrube und einer Heizungsanlage". Aus dem diesem Ansuchen beigelegten "Bestands- und Einreichplan über die bestehende Lagerhalle und Abgabestelle für Heizöle und Erweiterung der Anlage mit Papierlagerhalle, Betankungs-, Umkleideraum und überdachten Abstell- und Waschplatz" ist ersichtlich, daß auf dem Grundstück Nr. 2745 im Norden an die bestehende Lagerhalle ein Umkleideraum und auf dem Grundstück Nr. 2743 an den bestehenden Abstellplatz, unter welchem zwei Öltanks mit einem Fassungsvermögen von 25.000 l und 20.000 l vorgesehen sind, im Norden ein Öllager- und Betankungsraum mitsamt Zapfsäule sowie eine überdachte Fläche angebaut werden sollen. Im Süden ist eine Erweiterung der bestehenden Lagerhalle im Ausmaß von 17,80 m x 17,40 m vorgesehen. In dieser neuen Lagerhalle soll plangemäß eine "Papier-Presse" aufgestellt werden. Einem im Akt befindlichen "Abfallwirtschaftskonzept der Firma P GesmbH", welches offenkundig auch Grundlage des Baubewilligungsansuchens war, ist unter dem Titel "Betriebsbeschreibung" der Umfang der Tätigkeiten mit "Mineralölhandel, Entsorgung, Kanalreinigung, Tankreinigungen" zu entnehmen und die Stellung des Unternehmens als "Kleinbetrieb" bezeichnet.

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 16. September 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin

"um Erteilung der Baubewilligung für die Erweiterung der bestehenden Lagerhalle und Abgabestelle für Ofenheizöl durch Zu- bzw. Umbau einer Lagerhalle, eines Lagerraumes, eines Öllager- und Betankungsraumes, eines Umkleideraumes, Errichtung einer überdachten Abstellfläche sowie die Verwendung eines als Lagerhalle genehmigten Gebäudes als Halle zur Anlieferung von gesammeltem bzw. Ablieferung von gepreßtem Altpapier"

auf den obbezeichneten Grundstücken abgewiesen. Aufgrund des vorgesehenen Verwendungszweckes der Bauten, der Einrichtungen der Betriebsanlage und des Umfanges der Tätigkeiten ergebe sich, daß die Ausübung des Gewerbes in der gegenständlichen Betriebsanlage primär auf die Befriedigung der regionalen wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet sei. Bei einer Menge von 6 t Altpapier, die täglich in die Betriebsanlage angeliefert und nach Behandlung (Pressung) oder Umladung wieder abgeliefert würden, könne im Hinblick auf die Einwohnergröße der mitbeteiligten Partei bereits nach der Lebenserfahrung darauf geschlossen werden, daß der Anteil des in der Gemeinde der mitbeteiligten Partei entsorgten Materials gegenüber der eingebrachten Gesamtmenge lediglich eine untergeordnete Rolle darstelle. Eine unmittelbare Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse der Dorfbewohner der mitbeteiligten Partei durch die Altpapierbehandlungsanlage liege schon deshalb nicht vor, weil die Altpapierentsorgung vom Umweltdienst Burgenland Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH besorgt werde. Auch die vorgesehene Abstellung von 15 LKW in der gegenständlichen Betriebsanlage und deren Betankung diene dem Einsatz bei Ausübung des Gewerbes der Beschwerdeführerin und diene ebenfalls nur in untergeordnetem Maße den Bedürfnissen der mitbeteiligten Partei.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, daß die Versorgung der Ortsbevölkerung mit Heizöl sowie die Kanalreinigung und Entsorgung der Hauskläranlagen infolge des Umstandes, daß kein öffentliches Kanalnetz vorhanden sei, dem wirtschaftlichen Interesse der Dorfbevölkerung diene. Gleiches gelte für die Versorgung der diversen Haustankstellen in größeren landwirtschaftlichen Betrieben mit Dieselkraftstoff sowie für die Entsorgung von Altpapier und Pappe für die zahlreichen Gewerbebetriebe im Dorfgebiet der mitbeteiligten Partei. Der bereits existierende, bau- und gewerbebehördlich genehmigte Betrieb der Beschwerdeführerin solle lediglich modernisiert und umgestaltet sowie erweitert und dem derzeitigen Stand der Technik angepaßt werden.

Im Zuge des Berufungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin zum von der Berufungsbehörde eingeholten Gutachten der Landesamtsdirektion-Raumordnung zur Frage der Widmungskonformität des Projektes eine schriftliche Stellungnahme ab, in welcher darauf hingewiesen wurde, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem Betrieb mit Beginn des Jahres 1995 nach F übersiedelt sei und jene Maschinen und Einrichtungen, die für ihre überörtliche Tätigkeit gewidmet seien (Papierpresse etc.), dorthin überstellt worden seien. Die Betriebsanlage am Standort H, W-Straße 32 (), diene daher ausschließlich den wirtschaftlichen Interessen der Dorfbevölkerung. Es dürfe nicht übersehen werden, daß H über keine öffentliche Kanalanlage verfüge und auch die Gemeinde zur Entsorgung der Klärgruben keinerlei Vorrichtungen geschaffen habe. Allein für den örtlichen Bedarf der Fäkalienentsorgung seien mehrere Tankfahrzeuge erforderlich. Darüber hinaus dienten die Einrichtungen der Abgabe von Heizöl an Endverbraucher und die Kehrmaschine den wirtschaftlichen Interessen der Dorfbevölkerung. Die Betriebsanlagen im Ortsgebiet von H seien ausschließlich auf die wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeit der Dorfbevölkerung abgestellt.

Mit Bescheid der Baubehörde zweiter Instanz vom 18. Dezember 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Maßgebend für die Entscheidung der Berufungsbehörde sei gewesen, daß die Berufungsausführungen nicht geeignet gewesen seien, die schlüssigen und den Denkgesetzen entsprechenden Ausführungen der Baubehörde erster Instanz zu entkräften. Im Gegenteil seien diese durch die schlüssigen Ausführungen der Landesamtsdirektion-Raumordnung in ihrem Gutachten vom 18. Jänner 1995 noch bestätigt worden. Trotz Auslagerung der Entsorgung von Verpackungsmaterial und Altpapier sei die Anzahl der in der gegenständlichen Betriebsanlage abgestellten Lastkraftwagen und Anhänger etwa gleich geblieben. Auch seien nach wie vor LKW-Auflieger und eine Vielzahl von Großcontainern mit und ohne Inhalt abgestellt. Da der Tätigkeitsumfang in der gegenständlichen Betriebsanlage aufgrund der regionalen und überregionalen Tätigkeit enorm angewachsen sei, seien immer viele Großcontainer und auch Lastkraftwagen außerhalb der Betriebsanlage auf nicht genehmigten Nachbargrundstücken sowie öffentlichen und privaten Grundstücken in weiterer Entfernung abgestellt worden. Auch Umladetätigkeiten würden außerhalb der Betriebsanlage auf öffentlichem Gut durchgeführt, wodurch es laufend zu unzumutbaren Belästigungen der Anrainer komme. Das beantragte Bauvorhaben entspreche nicht den Bestimmungen des Burgenländischen Raumordnungsgesetzes.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 10. Juli 1996 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme mit Schriftsatz vom 7. März 1995 zwar auf die zwischenzeitliche Aussiedlung wesentlicher Betriebsteile nach F hingewiesen, eine formelle Einschränkung bzw. Änderung des ursprünglichen Antrages sei jedoch nicht erfolgt. Da es sich bei einem Bauverfahren um ein sogenanntes "Projektsverfahren" handle, sei der Baubewilligungsantrag anhand der Projektsunterlagen (Pläne, Baubeschreibungen, technische Beschreibungen etc.) auf seine Bewilligungsfähigkeit zu überprüfen. Es seien somit von den Baubehörden die im Akt befindlichen Unterlagen aus dem Jahre 1993/94 heranzuziehen gewesen. Aus diesen ergebe sich eindeutig die geplante Aufstellung einer Abfallpreßanlage, welche laut dem in der Verhandlung vom 12. März 1994 aufgenommenen Befund der Bearbeitung von täglich etwa 6 t Papier dienen solle. Allein schon daraus ergebe sich, daß das gegenständliche Projekt mit der vorgegebenen Widmung nicht vereinbar sei. Die Beschwerdeführerin habe es verabsäumt, ihr Ansuchen in diesen Punkten einzuschränken. Bezüglich des nicht widmungsgemäßen Projektes sei daher die Berufungsbehörde zu Recht von einem nicht bewilligungsfähigen Projekt ausgegangen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Bewilligung des beantragten Projektes bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Die Baubehörden wären verpflichtet gewesen, der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Projektsänderung einzuräumen, wenn damit ein Versagungsgrund aus der Welt geschafft hätte werden können. Die Modifikation im Zuge des Berufungsverfahrens habe nicht das Wesen des Vorhabens betroffen. Die Berufungsbehörde wäre verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin zu einer Abänderung ihres Bauvorhabens aufzufordern, um den angenommenen Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens beseitigen zu können. Eine Abänderung der Projektsunterlagen sei im gegenständlichen Fall gar nicht erforderlich gewesen, zumal sich nur der Verwendungszweck geändert habe, nicht aber die Baulichkeiten selbst. Jedenfalls wäre zumindest teilweise die Baubewilligung zu erteilen gewesen, zumal mehrere Anlagenteile mit der Widmung Bauland-Dorfgebiet im Einklang stünden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 88 Abs. 1 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (BO), bedürfen einer Bewilligung (Baubewilligung) der Baubehörde

1.

Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden und deren Abbruch;

5.

die Abänderung, die Instandhaltung oder die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden, Gebäudeteilen, einzelner Räume und von Bauteilen, wenn die Festigkeit, die Brandsicherheit, die gesundheitlichen Verhältnisse, das Orts- oder Landschaftsbild beeinflußt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten.

Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. sind dem Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung Baupläne und Baubeschreibungen in dreifacher Ausfertigung anzuschließen.

Ergeben sich im Zuge des Verfahrens Abänderungen an dem Bauvorhaben, die für sich allein einer Bewilligung bedürfen, ist dem Bewilligungswerber zufolge § 92 Abs. 5 leg. cit. die Vorlage von abgeänderten Unterlagen aufzutragen.

Gemäß § 93 Abs. 1 leg. cit. sind Ansuchen gemäß § 90 auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Gesetzes und auf ihre Vollständigkeit zu prüfen und zur etwaigen Verbesserung und Ergänzung gemäß § 13 Abs. 2 AVG zurückzustellen.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist das Ansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich aus dem Ansuchen und den angeschlossenen Unterlagen ergibt, daß das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungs- bzw. Teilbebauungsplan widerspricht oder keine Bauplatzerklärung vorliegt und nicht gleichzeitig um Bauplatzerklärung angesucht wird.

Gemäß § 14 Abs. 3 lit. b des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969, sind im Bauland als Dorfgebiet solche Flächen vorzusehen, die vornehmlich für Gebäude land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, im übrigen aber für Gebäude bestimmt sind, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Dorfgebietes dienen (Wohngebäude, Gebäude für gewerbliche Kleinbetriebe, Gebäude für den Fremdenverkehr, öffentliche Gebäude usw.) und sich dem Charakter eines Dorfes anpassen.

Zu dem in der letztgenannten Bestimmung enthaltenen Tatbestandsmerkmal des Bedürfnisses der Bevölkerung des Dorfgebietes hat der Verwaltungsgerichtshof zu gleichlautenden Bestimmungen von Raumordnungsgesetzen anderer Bundesländer mehrfach ausgesprochen, daß es hiebei allein auf die Bedürfnisse der Bevölkerung des betroffenen Gebietes ankomme (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0245, mwN). Gebäude der dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Art sind somit nach den Bestimmungen des § 14 Abs. 3 lit. b leg. cit. im Dorfgebiet dann zulässig, wenn es sich hiebei um Gebäude für einen gewerblichen Kleinbetrieb handelt, der den wirtschaftlichen Bedürfnissen (das Vorliegen der sozialen und kulturellen Bedürfnisse wird von der Beschwerdeführerin nicht als gegeben angesehen) der - in der mitbeteiligten Gemeinde lebenden - Bevölkerung zu dienen bestimmt ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1986, Slg. Nr. 12.179/A) und sich dem Charakter eines Dorfes anpassen. Ob dies im Beschwerdefall zutrifft, kann - entgegen der Annahme der belangten Behörde - derzeit aus folgenden Gründen noch nicht abschließend beurteilt werden:

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin in H, W-Straße 32, die Büroräumlichkeiten zum Betrieb ihres Mineralölhandels und ihres Entsorgungsbetriebes hat und dort eine Tankstelle betreibt. Die Grundstücke, auf welche sich der gegenständliche Baubewilligungsantrag bezieht (W-Straße 39), sind hievon ca. 250 m entfernt. Die Beschwerdeführerin führt einen Entsorgungsbetrieb und einen Mineralölhandel. Für den Bereich der hier gegenständlichen Grundstücke W-Straße 39 wurde sowohl bau- als auch gewerbebehördlich bereits die Errichtung und der Betrieb eines Lagerraumes und einer Abgabestelle für Ofenöl rechtskräftig bewilligt.

Mit dem der Beschwerde zugrunde liegenden Baubewilligungsansuchen wurde die Genehmigung einer Lagerhalle und eines Mannschaftsraumes sowie die Errichtung eines Waschplatzes, einer Montagegrube und einer Betankungsanlage beantragt. Im Berufungsverfahren wurde von der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß die vom Antrag umfaßte Papierpresse nicht mehr in der Lagerhalle aufgestellt werden soll. Eine Beschreibung der einzelnen Betriebsabläufe auf den Grundstücken W-Straße 39 wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

Ein Bauvorhaben ist grundsätzlich ein unteilbares Ganzes, das nur als solches von der Baubehörde bewilligt oder abgelehnt werden kann. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt nämlich, daß die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen hat. Liegen allerdings die Voraussetzungen zur Erteilung der Bewilligung nur für einen Teil des Bauvorhabens vor und ist dieser Teil vom übrigen Vorhaben trennbar, dann hat die Behörde im Zweifel davon auszugehen, daß eine Teilbewilligung vom Parteibegehren mitumfaßt ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/05/0239, uva.). Eine Trennbarkeit in mehrere Teile ist dann nicht gegeben, wenn eine Teilbewilligung nur durch eine - der Baubehörde verwehrte - Einflußnahme auf die Gestaltung des Bauwillens möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in seiner Rechtsprechung die Zulässigkeit von Projektsänderungen bejaht und auch eine Verpflichtung der Baubehörde angenommen, den Bauwerber auf den Widerspruch zu den gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen und ihm nahezulegen, das Ansuchen entsprechend zu ändern. Nur wenn sich der Bauwerber weigert, eine entsprechende Änderung seines Projektes vorzunehmen, muß das Bauvorhaben als Ganzes abgelehnt werden. Selbst die Berufungsbehörde ist verpflichtet, dem Bauwerber diese Möglichkeit einzuräumen. Die Möglichkeit der Änderung von Bauvorhaben im Berufungsverfahren ist nur insoweit durch § 66 Abs. 4 AVG beschränkt, als es sich noch um dieselbe Sache handeln muß. Die Modifikation darf nicht das Wesen (den Charakter) des Vorhabens treffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. September 1979, Slg. Nr. 10.526/A). Einschränkungen des Vorhabens sind grundsätzlich unbedenklich.

Das dem Baubewilligungsansuchen zugrunde liegende Vorhaben muß dem Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungs- bzw. Teilbebauungsplan entsprechen (siehe § 93 Abs. 3 BO). In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof hiezu ausgeführt, daß Maßstab für die Zulässigkeit laut Flächenwidmung der Betriebstyp, nicht der im einzelnen umrissene Betrieb ist und daher durch Auflagen ein dem Typ nach unzulässiger Betrieb nicht zu einem flächenwidmungsgemäßen gemacht werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Slg. Nr. 13.196/A). Bei der Erteilung der baubehördlichen Bewilligung ist die Behörde zunächst verpflichtet, sich ein Bild über den Betrieb als solchen (einschließlich des Betriebsablaufes) zu verschaffen, um die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens im aufgezeigten Sinn erörtern zu können (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1979, Slg. Nr. 9.845/A). In Ermangelung einer solchen, den Betriebsablauf in den hier zu bewilligenden Gebäuden unter Berücksichtigung der bereits genehmigten Anlagen dokumentierenden Beschreibung, auf welche Art und Weise die Gebäude verwendet werden sollen, kann derzeit nicht beurteilt werden, ob die vom Bewilligungsantrag umfaßten Baulichkeiten in der auf den zu bebauenden Grundstücken bestehenden Flächenwidmung Bauland-Dorfgebiet im Sinne des § 14 Abs. 3 lit. b des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes zulässig sind. Infolge Fehlens einer solchen Beschreibung kann auch nicht die entscheidungswesentliche Frage beantwortet werden, ob eine Trennbarkeit im Sinne der oben aufgezeigten hg. Rechtsprechung im vorliegenden Fall möglich ist. Von Relevanz scheint dies aufgrund des den Akten zu entnehmenen Sachverhaltes deshalb zu sein, weil der Betrieb einer Tankstelle selbst im Wohngebiet grundsätzlich als zulässig angesehen wurde (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1974, Slg. Nr. 8609/A, und vom 18. April 1978, Slg. Nr. 9.529/A). Sollte im fortgesetzten Verfahren eine Trennbarkeit im oben aufgezeigten Sinne für möglich erkannt werden, werden die Baubehörden der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Projektsänderung im Sinne der oben dargestellten Rechtslage - unter Berücksichtigung der dadurch berührten Parteienrechte (vgl. insbesondere § 94 BO) - zu ermöglichen haben.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Aufwand für geltend gemachte Beilagengebühren.

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Trennbarkeit gesonderter AbspruchBaubewilligung BauRallg6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050207.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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