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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art116 Abs1Leitsatz
Keine Verletzung einer einem Gemeindeverband angehörenden Gemeinde im Selbstverwaltungsrecht durch Vorschreibung fälliger Vorauszahlungen gemäß dem Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G; kein Verstoß des Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G gegen grundsatzgesetzliche Bestimmungen des KAG und die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde; verfassungskonforme Auslegung der dort festgelegten Verpflichtung der Gemeindeverbände zur Erhaltung und zum Betrieb bestimmter Krankenhäuser vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der KrankenanstaltenpflegeSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem als beteiligte Partei einschreitenden Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten zu Handen seiner Rechtsanwälte binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Die beschwerdeführende Gemeinde Scheffau a.W.K. gehört gemäß §1 Abs1 litb des Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetzes (im folgenden: BKHGVG), LGBl. für Tirol Nr. 32/1984, dem Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl an. Nachdem der Verbandsausschuß des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl bei der Tiroler Landesregierung den Antrag auf bescheidmäßige Vorschreibung fälliger Vorauszahlungen gestellt hatte, wurden der beschwerdeführenden Gemeinde von der Tiroler Landesregierung mit (Mandats-)Bescheid vom 6. April 1993 gemäß §12 Abs4 BKHGVG iVm §57 AVG fällige Vorauszahlungen in der Höhe von insgesamt S 406.493,-- zur Bezahlung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides vorgeschrieben.
Dieser, mit Vorstellung bekämpfte, Bescheid wurde am 5. Juli 1993 von der Tiroler Landesregierung bestätigt.
2. Gegen den Bescheid der Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Selbstverwaltung sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.
3. Die Tiroler Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Der - anwaltlich vertretene - beteiligte Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl hat eine als Gegenschrift bezeichnete Äußerung erstattet, in der er gleichfalls die Abweisung der Beschwerde und den Zuspruch verzeichneter Kosten begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich zunächst im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art116 Abs1 B-VG verletzt. Dieses Recht umfasse auch den Schutz vor Aufgabenüberlastung. Die Gemeinde habe ein Recht darauf, daß durch eine Bezeichnung gemäß Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG der eigene Wirkungsbereich nicht erweitert werde. Das BKHGVG normiere in seinem §15, daß die "in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde und der Gemeindeverbände ... solche des eigenen Wirkungsbereiches" seien. Art118 Abs2 B-VG setze voraus, daß eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches so beschaffen sei, daß sie von der Gemeinde schlechthin, d.h. ohne staatliche Mithilfe, wahrgenommen werden könne. In den §§56 und 57 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes (im folgenden: Tir KAG) werde aber eine Beitragspflicht des Landes bis 25 % normiert. Daraus erweise sich, daß ohne Unterstützung von außen die Führung einer öffentlichen Krankenanstalt gar nicht möglich sei, was zeige, daß keine Angelegenheit vorliege, die dem eigenen Wirkungsbereich im Sinne des Art118 Abs2 B-VG zugeordnet werden könne. Das BKHGVG sei auch grundsatzgesetzwidrig, da nach §18 KAG dem Land die Verpflichtung obliege, die Krankenanstaltspflege durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten sicherzustellen.
4.2. Die belangte Behörde legt in ihrer Gegenschrift dar, daß das BKHGVG im wesentlichen an einer bereits vorgefundenen Rechtslage festgehalten habe. Von den nach dem BKHGVG eingerichteten Gemeindeverbänden würden im wesentlichen Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung, nämlich die Aufgaben des Rechtsträgers einer allgemeinen öffentlichen Krankenanstalt wahrgenommen. Die Aufgaben als Anstaltsträger seien im Tiroler Krankenanstaltengesetz, LGBl. für Tirol Nr. 5/1948 idF LGBl. für Tirol Nr. 77/1992, näher umschrieben. Zur Vorgeschichte führt die Tiroler Landesregierung in der Gegenschrift aus:
"Nach §1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1952, LGBl. Nr. 16 über die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften zum Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten in Hall i.T., in Kufstein, in Lienz und in Schwaz wurden die Gemeinden der politischen Bezirke Innsbruck-Land, Kufstein, mit Ausnahme der Stadtgemeinde Wörgl, Lienz und Schwaz zum Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten in Hall i.T., in Kufstein, in Lienz und in Schwaz zu Verwaltungsgemeinschaften zusammengeschlossen. Der Verwaltungsgemeinschaft Krankenhaus Kufstein wurde der Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalt in Kufstein überantwortet.
Der Landesgesetzgeber hat damit lediglich eine tatsächliche Entwicklung nachvollzogen und legalisiert.
Die allgemeine öffentliche Krankenanstalt in Kufstein war ursprünglich ein Gemeindekrankenhaus und wurde während der Zeit der deutschen Besetzung Österreichs ein Kreiskrankenhaus. 1945 hörte der Landkreis als Rechtsträger des Kreiskrankenhauses zu bestehen auf. Die Frage der Rechtsnachfolge in das Eigentum und in die Verwaltung des ehemaligen Landkreisvermögens blieb zunächst ungelöst. Zwar wurde durch das Gericht vorläufig der Bezirkshauptmann zum Kurator des herrenlosen Anstaltsvermögens bestellt, tatsächlich wurde aber die Verwaltung des Krankenhauses Kufstein seit dem Jahr 1945 ohne gesetzliche Grundlage von den im nach fürsorgerechtlichen Vorschriften gebildeten Bezirksfürsorgeverband zusammengeschlossenen Gemeinden des politischen Bezirkes Kufstein weitergeführt. Ähnlich verlief die Entwicklung in den anderen politischen Bezirken.
Seit dem Jahr 1949 bemühte sich die Tiroler Landesregierung um eine Regelung der ungeklärten Rechtsverhältnisse der ehemaligen Kreiskrankenhäuser, wobei das Bestreben dahin ging, den bewährten tatsächlichen Zustand möglichst unverändert zu legalisieren. Es wurden deshalb mit dem zitierten Gesetz Verwaltungsgemeinschaften gebildet, denen der Betrieb des jeweiligen Krankenhauses überantwortet wurde.
Nach §1 des Gesetzes vom 1. Oktober 1963, LGBl. Nr. 42 betreffend die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften zum Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten in Hall i.T., St. Johann i.T., Kufstein, Wörgl, Lienz und Schwaz wurden die Gemeinden der politischen Bezirke Innsbruck-Land, Kitzbühel, Kufstein, Lienz und Schwaz zum Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten in Hall i.T., in St. Johann i.T., in Kufstein und Wörgl, in Lienz und in Schwaz zu Verwaltungsgemeinschaften zusammengeschlossen. Der Verwaltungsgemeinschaft Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl wurde der Betrieb der Krankenhäuser in Kufstein und Wörgl überantwortet.
Neben den von Verwaltungsgemeinschaften betriebenen Bezirkskrankenhäusern in Hall i.T., Kufstein, Lienz und Schwaz bestanden noch zwei Gemeindekrankenhäuser, nämlich das städtische Krankenhaus Wörgl und das Krankenhaus der Marktgemeinde St. Johann i.T. Da beide Gemeinden nicht mehr in der Lage waren, die steigenden Kosten der Krankenhausführung und insbesondere die Kosten für die notwendig gewordenen Verbesserungen und Modernisierungen aufzubringen, wurde mit dem letztzitierten Gesetz das städtische Krankenhaus Wörgl - einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen der Verwaltungsgemeinschaft Krankenhaus Kufstein und der Stadtgemeinde Wörgl folgend - in die Verwaltungsgemeinschaft Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl einbezogen und für das Krankenhaus der Marktgemeinde St. Johann i. T. eine Verwaltungsgemeinschaft neu gebildet.
§120 Abs1 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4 bestimmte, daß die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes - das war am 31.12.1965 - bestehenden Verwaltungsgemeinschaften als Gemeindeverbände im Sinne dieses Gesetzes gelten.
Nach §3 des Gesetzes vom 28. November 1969, LGBl. Nr. 16 über die Aufteilung der Vermögenswerte nach den ehemaligen Landkreisen gingen die Bezirkskrankenhäuser Hall i.T., Kufstein und Schwaz in das Eigentum des betreffenden durch das Gesetz vom 1. Oktober 1963, LGBl. Nr. 42 gebildeten Gemeindeverbandes über.
Der Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl wurde damit kraft Gesetzes auch Eigentümer des Krankenhauses Kufstein nachdem er früher bereits aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung Eigentümer des Krankenhauses Wörgl geworden war."
Die nunmehr geltende Rechtslage sei im Lichte dieser historischen Entwicklung zu würdigen. Es sei die beschwerdeführende Gemeinde somit durch das BKHGVG durch Einbeziehung in den Gemeindeverband als Anstaltsträger des Bezirkskrankenhauses Kufstein-Wörgl nicht im Selbstverwaltungsrecht verletzt, sodaß die Beschwerde unbegründet sei.
4.3. Die Beschwerdevorwürfe treffen insgesamt nicht zu.
4.3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der beschwerdeführenden Gemeinde die Entrichtung von Vorauszahlungen nach §12 Abs4 BKHGVG auferlegt. Dieser Bestimmung zufolge hat die Landesregierung einer verbandsangehörigen Gemeinde, die mit der Entrichtung der monatlichen Vorauszahlungen länger als einen Monat nach dem Fälligkeitszeitpunkt in Verzug ist, auf Antrag des Gemeindeverbandes die Entrichtung der fälligen Vorauszahlungen innerhalb einer festzusetzenden Frist mit Bescheid vorzuschreiben.
Die beschwerdeführende Gemeinde meint, der angefochtene Bescheid verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung. Zur Widerlegung dieses Vorwurfes genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf gemeindliche Selbstverwaltung nur dann und nur insoweit vorliegt, als eine staatliche Behörde eine (Aufsichts-)Maßnahme trifft, mit der das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint wird, insbesondere wenn die Aufsichtsbehörde einen gemeindebehördlichen Bescheid aufgrund einer Vorstellung zu Unrecht mit der Begründung aufhebt, die Angelegenheit falle nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder über eine von einer Gemeinde im Selbstverwaltungsbereich ergangene Erledigung einen Bescheid erläßt, mit dem nach Art einer Berufungsbehörde in der Verwaltungssache selbst entschieden wird (vgl. VfSlg. 7459/1974, 7568/1975, 7972/1976, 8150/1977 und 8411/1978). Derartiges liegt offenkundig nicht vor.
4.3.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt aber auch die Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde nicht, daß sich der angefochtene Bescheid auf ein verfassungswidriges Gesetz stütze, weil das BKHGVG als gesetzliche Grundlage des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl im Widerspruch zum Grundsatzgesetz des Bundes, dem Krankenanstaltengesetz - KAG, und zu den verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (Art116 Abs1 sowie Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG) stehe.
4.3.2.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich für die vermeintliche Grundsatzgesetzwidrigkeit des BKHGVG auf §18 Abs1 KAG, demzufolge das Land verpflichtet ist, die Krankenanstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen "durch Errichtung und Betrieb öffentlicher Krankenanstalten" sicherzustellen. §18 Abs1 KAG als grundsatzgesetzliche Regelung und §25 Abs1 Tir KAG als - damit übereinstimmende - landesausführungsgesetzliche Bestimmung ordnen entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde keineswegs an, daß zur Erfüllung dieser Pflicht des Landes zur Sicherstellung der Krankenhauspflege ausschließlich Landeskrankenanstalten errichtet und betrieben werden dürften: Nur soweit nämlich durch die bestehenden, u.a. auch von Gemeinden betriebenen Krankenanstalten keine entsprechende Vorsorge getroffen wird, greift die Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Krankenanstaltspflege durch geeignete Maßnahmen ein. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 12065/1989 festgestellt hat, geht das Krankenanstaltenrecht davon aus, daß öffentliche Krankenanstaltspflege auch von anderen Krankenanstaltsträgern als dem Land, insbesondere auch von Gemeinden, - freiwillig - übernommen wird.
4.3.2.2. Das BKHGVG verstößt aber auch nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.
Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, daß der in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung fallende Betrieb eines Krankenhauses durch eine Gemeinde vom Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde erfaßt ist (vgl. VfSlg. 9885/1983); dies muß auch dann gelten, wenn der Betrieb durch einen Gemeindeverband erfolgt.
Die beschwerdeführende Gemeinde meint jedoch weiters, daß durch die vom BKHGVG bewirkte zwangsweise Einbeziehung der beschwerdeführenden Gemeinde in einen Gemeindeverband, dem nach §1 BKHGVG der Betrieb des Bezirkskrankenhauses Kufstein-Wörgl obliegt, eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinde bewirkt werde. Sie verkennt damit den rechtlichen Unterschied zwischen der zwangsweisen Einbeziehung einer Gemeinde in einen Gemeindeverband und der Frage der rechtlichen Verpflichtung des Gemeindeverbandes, bestimmte Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde wahrzunehmen.
Art116 a Abs2 B-VG stellt verfassungsrechtlich klar, daß "die zuständige Gesetzgebung (Art10 bis 15) zur Besorgung einzelner Aufgaben die Bildung von Gemeindeverbänden vorsehen" kann. Diese Verfassungsvorschrift ermächtigt damit den Gesetzgeber, "im Interesse der Zweckmäßigkeit" Gemeindeverbände für bestimmte Verwaltungsaufgaben der Gemeinden als Zwangsverbände vorzusehen und einzurichten. Es ist sohin verfassungsrechtlich nichts dagegen einzuwenden, wenn zur Führung von Gemeindespitälern aus Zweckmäßigkeitsgründen die jeweils in Betracht kommenden Gemeinden vom Gesetzgeber verpflichtend zu einem Gemeindeverband zusammengeschlossen werden, wie dies durch das BKHGVG geschehen ist.
Mit der gesetzlichen Verpflichtung der beschwerdeführenden Gemeinde zur Mitgliedschaft im Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl nicht zu verwechseln ist die Frage der rechtlichen Verpflichtung des genannten Gemeindeverbandes zum Betrieb einer Krankenanstalt. Zur Klärung dieser Frage ist die Entwicklung der Rechtslage, wie sie von der Tiroler Landesregierung dargestellt und von der beschwerdeführenden Gemeinde unwidersprochen geblieben ist, von wesentlicher Bedeutung:
Wie sowohl in der Gegenschrift ausgeführt wird als auch den Materialien zum BKHGVG (siehe insbesondere die Beilage 2 der Materialien zum BKHGVG, IX. GP 1984) zu entnehmen ist, wurden die heutigen Bezirkskrankenhäuser in Tirol ursprünglich als Gemeindekrankenhäuser geführt; die entsprechende privatwirtschaftliche Betätigung beruhte auf einer freiwilligen Übernahme dieser Aufgabe durch die jeweiligen Gebietskörperschaften. Dementsprechend erfolgte nach 1945 der Betrieb der Krankenhäuser in Tirol zunächst ohne besondere gesetzliche Grundlage durch die zu Bezirksfürsorgeverbänden zusammengeschlossenen Gemeinden. Ab 1953 wurde der gemeindliche Krankenhausbetrieb auf Grund der Gesetze LGBl. für Tirol Nr. 16/1953 bzw. LGBl. für Tirol Nr. 42/1963 durch Verwaltungsgemeinschaften weitergeführt. Mit dem BKHGVG erfolgte, wie in den bereits zitierten Materialien dargelegt, die nach §5 der B-VG-Novelle 1962, BGBl. Nr. 205/1962, erforderliche Anpassung des Landesrechts durch Schaffung von Gemeindeverbänden zum Betrieb der Bezirkskrankenhäuser, ohne daß dadurch eine rechtliche Verpflichtung der Gemeindeverbände zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes über das bundesgrundsatzgesetzkonform geregelte Tiroler Krankenanstaltenrecht hinaus statuiert worden wäre:
Den Gemeindeverbänden obliegt zwar nach §1 BKHGVG die Erhaltung und der Betrieb der im Gesetz genannten Krankenhäuser als Anstaltsträger; es treffen sie somit die Rechte und Pflichten, die für Krankenanstaltsträger nach dem Tiroler Krankenanstaltengesetz ganz allgemein bestehen. §1 BKHGVG ist jedoch verfassungskonform mit Rücksicht auf die grundsatzgesetzliche Norm des §18 Abs1 KAG dahin auszulegen, daß die Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Krankenanstaltenpflege weder aufgehoben noch eingeschränkt wird.
Eine Betriebspflicht für Krankenanstalten trifft sohin auch die durch das BKHGVG begründeten Gemeindeverbände lediglich nach Maßgabe des §28 Tir KAG. Demnach sind einerseits die Träger der öffentlichen Krankenanstalten - sohin auch die Gemeindeverbände nach dem BKHGVG - verpflichtet, den Betrieb einer Krankenanstalt ohne Unterbrechung aufrechtzuerhalten; sowohl der Verzicht auf das Öffentlichkeitsrecht als auch die freiwillige Betriebsunterbrechung und die Auflassung von Krankenanstalten bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Diese ist aber andererseits zu gewähren, wenn durch den Verzicht des Anstaltsträgers eine Krankenhausbehandlung nicht gefährdet ist.
Die dargestellte Betriebspflicht der Krankenanstaltsträger - einschließlich des Gemeindeverbandes Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl - bedeutet (verfassungskonform vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Anstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen nach §25 Tir KAG verstanden) zwar eine gewisse Beschränkung der Entschlußfreiheit zur jederzeitigen Auflassung des Krankenhausbetriebes. Diese im öffentlichen, gesundheitspolitischen Interesse gelegene Beschränkung besteht aber nur so lange, bis das Land den entfallenden Krankenhausbetrieb durch eigene Anstalten oder durch Vereinbarungen mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten substituiert hat. Dazu genügt es, auf das Erkenntnis VfSlg. 12065/1989 zu verweisen, in dem dargelegt wird, daß die Beschränkung der prinzipiellen Entschlußfreiheit einer Gemeinde zum Betrieb einer Krankenanstalt im öffentlichen Interesse gelegen und durch die Verpflichtung, die Krankenanstaltspflege sicherzustellen, gerechtfertigt ist. §28 Tir KAG ist sohin verfassungskonform im Sinne der Darlegungen im eben zitierten Erkenntnis (S. 501) auszulegen, so zwar, daß nach Maßgabe des §28 Tir KAG auch dem Gemeindeverband die beschriebene Entschlußfreiheit hinsichtlich der Führung und des Betriebs des Bezirkskrankenhauses Kufstein-Wörgl zukommt.
Der Umstand, daß die beschwerdeführende Gemeinde im Rahmen ihrer Rechtsstellung als Angehörige des die Krankenanstalt betreibenden Gemeindeverbandes nur mit den anderen Verbandsangehörigen gemeinsam gemäß den Vorschriften des BKHGVG über die Erhaltung und den Betrieb des Bezirkskrankenhauses Kufstein-Wörgl entscheiden kann, ohne ihre Zugehörigkeit zum Gemeindeverband lösen zu können, begegnet keinen Bedenken. Insoferne die Beschränkung der Entschlußfreiheit der dem Gemeindeverband zugehörigen Gemeinde im Interesse der Zweckmäßigkeit gerechtfertigt ist, findet sie in Art116 a Abs2 B-VG die notwendige verfassungsrechtliche Deckung.
5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin durch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Dem als mitbeteiligte Partei einschreitenden Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl war gemäß §88 VerfGG der beantragte Kostenersatz zuzusprechen
(vgl. VfGH 13.12.1993 B563/93). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß getroffen werden.
Schlagworte
Gemeinderecht, Selbstverwaltungsrecht, Krankenanstalten, Gemeindeverband, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Wirkungsbereich eigener, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B1554.1993Dokumentnummer
JFT_10058785_93B01554_2_00