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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §80 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Juni 1993,
GA 7 - 840/15/93, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 12.890 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 28. Mai 1991 nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH iL für deren Abgabenschulden (darunter Umsatzsteuer) als Haftenden in Anspruch.
Im Berufungsverfahren brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, gegenüber der GmbH iL hätten bis zur Vorschreibung der haftungsgegenständlichen Abgaben keine Abgabenforderungen bestanden. Es sei ihm daher der Bestand von Abgabenverbindlichkeiten vor deren Vorschreibung nicht bekannt gewesen und hätte ihm auch nicht bekannt sein können. Überdies habe die GmbH iL im Zeitpunkt der Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten auf Grund der Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit über keine flüssigen Mittel verfügt. Weiters bestritt der Beschwerdeführer das Bestehen der haftungsgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten der Höhe nach.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als sie den Beschwerdeführer lediglich zur Haftung für Umsatzsteuer heranzog, wobei sie zur Begründung im wesentlichen auf die Ausführungen im hg Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, 90/15/0145, verwies.
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in seinem Recht, nicht zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO herangezogen zu werden, verletzt, wobei er sowohl Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderungen dem Grund nach, die Stellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der GmbH iL und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen unbestritten.
Wie aus dem angefochtenen Bescheid erkennbar ist, ging die belangte Behörde entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren davon aus, für die Entrichtung von der GmbH iL vorgeschriebenen Abgaben seien keine Mittel zur Verfügung gestanden. Dessen ungeachtet wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Haftung für Umsatzsteuer mit der Begründung ab, die Umsatzsteuer sei mit den Entgelten vereinnahmt worden, weswegen sie für die Entrichtung zur Verfügung gestanden sei. Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründete Auffassung wurde jedoch mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 91/13/0038, nicht mehr aufrechterhalten. Nach diesem Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird, ist das Verschulden des Geschäftsführers im Zusammenhang mit der Haftung für Umsatzsteuer wie bei anderen Abgaben (mit Ausnahme von Lohn- und Kapitalertragsteuer) zu beurteilen. Im Hinblick auf die festgestellte Mittellosigkeit der GmbH iL erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Es erübrigte sich somit, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993150129.X00Im RIS seit
20.11.2000