TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/27 LVwG-2016/27/1020-8, LVwG-2016/27/1021-8, LVwG-2016/27/1022-8, LVwG-201

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Veröffentlicht am 27.09.2021
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Entscheidungsdatum

27.09.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §91 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerden der AA, vertreten durch BB, Adresse 1, **** Z, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Z vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), ***, vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), ***, vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), ***, vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), *** und vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), ***, wegen Entziehung von Gewerbeberechtigungen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen werden die angefochtenen Bescheide dahingehend präzisiert, als es im Spruch jeweils nach „Gewerbeberechtigung“ im Bescheid *** „(***)“, im Bescheid *** „(***)“, im Bescheid *** „(***)“, im Bescheid *** „(***)“ und im Bescheid *** „(***)“ zu lauten hat.

2.       Die ordentliche Revision ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), *** (LVwG-2016/27/1020) wurde der AA gemäß § 91 Abs 2 iVm § 85 Z 2 und § 13 Abs 3 und 5 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung zu Registernummer *** betreffend Recyclinggewerbe (Zerkleinern von Aushubmaterial – Bodenaushub), Bauschutt (Material von Bauwerksabbruch, Restmaterial von Neubauten mit überwiegenden mineralischen Bestandteilen, Bauwerksabbruch mit Holz-, Metall-, Kunststoffteilen und sonstigen Baustoffen durchsetzt), Asphaltabbruch, Betonabbruch Naturgestein sowie zum Aussortieren einzelner Bestandteile, um damit eine Wiederverwendung einzelner Fraktionen bzw eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verunreinigungen und kontaminierten Bestandteilen zu ermöglichen, die Ausübung hier jedoch beschränkt auf den Bürobetrieb, entzogen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Beschluss des Landesgerichts Z vom 16.06.2015, ***, rechtskräftig seit 01.07.2015, die Insolvenz über das Vermögen der CC, FN *** mangels kostendeckendem Vermögen rechtskräftig nicht eröffnet worden sei. Herr DD, geboren am ***, sei handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Firma gewesen, weshalb gegen diese Person ein Ausschließungsgrund nach § 13 Abs 3 GewO 1994 vorliegen würde. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.08.2015 sei die EE aufgefordert worden, den handelsrechtlichen Geschäftsführer, welchem einen maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte dieses Unternehmens zustehe, binnen acht Wochen ab Zustellung des Schreibens, aus der Gesellschaft zu entfernen. Innerhalb dieser Frist sei der handelsrechtliche Geschäftsführer DD nicht aus der Gesellschaft entfernt worden. Die Gewerbeberechtigung sei zu entziehen gewesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), *** (LVwG-2016/27/1021), wurde der AA die Gewerbeberechtigung zu Registernummer *** betreffend Wertstoffsammelstelle entzogen. Begründend wurde ausgeführt wie im zuvor erwähnten Bescheid.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), *** (LVwG-2016/27/1022), wurde der AA die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Baumeister gemäß § 94 Z 5 GewO 1994, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch, entzogen. Begründend wurde ausgeführt wie im eingangs erwähnten Bescheid.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2014 (gemeint wohl: 2016), *** (LVwG-2016/27/1023), wurde der AA die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Chemisches Labor gemäß § 94 Z 10 GewO 1994 entzogen. Begründend wurde ausgeführt wie im eingangs erwähnten Bescheid.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 14.04.2014 (richtig wohl: 2016), *** (LVwG-2016/27/1024), wurde der AA die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Abfallsammlung, - Behandlung und – Verwertung, ausgenommen gefährliche Abfälle, entzogen. Begründend wurde ausgeführt wie im eingangs erwähnten Bescheid.

Gegen diese Bescheide hat die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertreterin fristgerecht jeweils im Wesentlichen inhaltsgleiche Beschwerden erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Person einer Gesellschaft sei und sich die in § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, deren maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zustehe, beziehen, den Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben habe, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen habe. Von den in § 87 Abs 1 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründen im gegenständlichen Fall lediglich jener gemäß Z 2 von Interesse sei. § 87 GewO 1994 verweise nicht auf den im Spruch des bekämpften Bescheides angeführten § 13 Abs 3 GewO 1994 und auf den angeführten § 13 Abs 5 GewO 1994 nur hinsichtlich des zweiten Satzes. Sollte im Spruch und in der Begründung des bekämpften Bescheides die Argumentationslinie der Rechtsgrundlage für den Gewerbeentzug § 91 Abs 2 iVm § 13 Abs 3 und 5 GewO 1994 lauten, sei diese durch § 91 iVm § 87 GewO 1994 nicht gedeckt.

Die Anwendung des § 85 Z 2 GewO 1994 als Grundlage für die bekämpfte Entscheidung sei nicht zulässig. In der Aufforderung gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 sei § 5 Z 2 GewO 1994 nicht angeführt. Die Entziehung dürfe nicht auf einen anderen Entziehungstatbestand gegründet werden, der nicht Gegenstand der vorangegangenen Aufforderung gewesen sei. § 85 Z 2 GewO 1994 sei nicht Gegenstand der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 12.08.2015, GZl *** ua gewesen und dürfe die Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung daher nicht auf diese Bestimmung gestützt werden. Sollte die Anführung des § 13 Abs 3 und 5 GewO 1994 nicht als „i.V.m.“ sondern als zusätzlich selbständige Rechtsgrundlage zu verstehen sein, sei zu bemerken, dass gemäß § 13 Abs 5 GewO 1994 eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen sei, wenn hier ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers also einer natürlichen Person zustehe oder zugestanden sei, bei dem der Ausschluss von der Gewerbeordnung gemäß Abs 3 eintrete oder eingetreten sei. Aufgrund des erwähnten Abs 3 des § 13 GewO 1994 sein Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostenden (gemeint: kostendeckendem) Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben worden sei und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt werde, noch nicht abgelaufen sei. Sowohl § 13 Abs 3 als auch § 13 Abs 5 GewO 1994 würden den Gewerbeausschluss im Fall der Ausübung eines Gewerbes durch eine natürliche Person bzw einen Rechtsträger allgemein als Gewerbetreibenden ausschließen. Herr DD übe über die beschwerdegegenständlichen Gewerbe nicht als Gewerbetreibender aus. Diese Bestimmungen sein auf ihn als handelsrechtlichen Geschäftsführer der AA nicht anwendbar. Ein gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 geforderte Entziehungsgrund bzw Endigungsgrund in der Person des DD als handelsrechtlicher Geschäftsführer liege nicht vor bzw dürfe nicht herangezogen werden und fehle es an einer Voraussetzung für einen Gewerbeentzug.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die behördlichen Akten sowie die Akten des Landesverwaltungsgerichts und durch Einvernahme des Beschwerdeführers.

II.      Feststellungen:

Herr DD ist alleiniger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin. Weiters war Herr DD alleiniger Geschäftsführer der CC und ist nunmehr Abwickler der CC in Liquidation.

Über die Firma CC wurde rechtskräftig das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet.

Über die Firma AA wurde ein Sanierungsverfahren eröffnet, das bis 2017 abgeschlossen war.

Die Firma AA ist Inhaberin nachfolgender Gewerbe:

Recyclinggewerbe (Zerkleinern von Aushubmaterial- Bodenaushub), Bauschutt (Material von Bauwerksabbruch, Restmaterial von Neubauten mit überwiegendem mineralischen Bestandteilen, Bauwerksabbruch mit Holz-, Metall-, Kunststoffteilen und sonstigen Baustoffen durchsetzt), Asphaltabbruch, Betonabbruch und Urgestein sowie zum Aussortieren einzelner Bestandteile, um damit eine Wiederverwendung einzelner Fraktionen bzw eine ordnungsgemäße Entsorgung von Verunreinigungen und kontaminierten Bestandteilen zu ermöglichen, die Ausübung hier jedoch beschränkt auf den Bürobetrieb (zu GISA Zl ***); Werkstoffsammelstelle (zu GISA Zl ***); Baugewerbetreibender gemäß § 94 Z 5 GewO 1994, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch (vormals Baumeister gemäß § 94 Z 5 GewO 1994, eingeschränkt auf Aushub und Abbruch) (zu GISA Zl ***); chemisches Labor gemäß § 94 Z 10 GewO 1994 (zu GISA Zl ***); Abfallsammlung, - Behandlung und – Verwertung, ausgenommen gefährliche Abfälle (zu GISA Zl ***).

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 12.08.2015, *** und andere, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 jeweils aufgefordert, binnen acht Wochen nach Zustellung dieses Schreibens den handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn DD, geboren am ***, aus der Gesellschaft zu entfernen, widrigenfalls die Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin zu entziehen seien. In diesem Schreiben wurde auch drauf hingewiesen, dass aufgrund der rechtskräftigen Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens (Beschluss des LG Z vom 16.06.2015, ***, rechtskräftig seit 01.07.2015) gegen die Firma CC, FN ***, in der Herr DD, geboren am ***, als Liquidator fungiert, gegen diesen ein Ausschließungsgrund nach § 13 Abs 3, 5 und 7 GewO 1994 vorliege. Da Herr DD in der Firma EE, FN ***, als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiere, habe die Behörde daher gemäß § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 ein Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung dieser Firma einzuleiten, sofern diese Herrn DD nicht aus der Gesellschaft entferne.

Dieses Schreiben wurde am 18.08.2015 zugestellt.

Mit Schriftsatz des RA FF vom 23.09.2015 wurde in Vertretung für Herrn DD um Verlängerung der in der vorerwähnten Aufforderung erteilten Frist von acht Wochen auf zehn Wochen ersucht und wurde im Betreff die Geschäftszahl *** angeführt. Diese Fristverlängerung wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.10.2015, ***, gewährt.

In weiterer Folge wurde mit E-Mail vom 27.10.2015 der BB ein Vermerk übermittelt, in dem unter anderem ausgeführt wird, dass in den Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Z vom 13.08.2015, *** an die GG, vom 13.08.2015, *** an die JJ vom 17.08.2015, *** an die KK gerichteten Schreiben neben der Bestimmung des § 91 Abs 2 GewO 1994, § 85 Z 2 GewO 1994 nicht erwähnt werde und außer Betrachtung bleibe, jedoch § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 angeführt sei. Aus weiteren näheren Ausführungen zu diesen gesetzlichen Bestimmungen wird sodann geschlossen, dass sich im gegenständlichen Fall kein Gewerbe-Entziehungsgrund aus § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1, insbesondere auch Z 2, in weiterer Verbindung mit § 13 Abs 4 und Abs 5 zweiter Satz GewO 1994, aus § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1, insbesondere auch Z 2, iVm § 13 Abs 3 oder Abs 5 erster Satz GewO 1994 oder aus § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1, insbesondere auch Z 2, iVm § 13 Abs 7 (GewO 1994) ergebe. Sodann werden noch Ausführungen zu § 85 Z 2 GewO 1994 gemacht, wobei darauf hingewiesen wird, dass Herr DD das jeweilige Gewerbe nicht als Gewerbetreibender im Sinn des § 38 Abs 2 GewO 1994 ausübe und daher die Bestimmung des § 85 Z 2 GewO 1994 auf ihn nicht als Gewerbe-Entziehungsgrund anwendbar sei. Es bestehe noch die Möglichkeit einer Nachsicht von Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben, wobei das Problem sei, dass ein entsprechender Antrag das gegenständliche Verfahren nicht bis zur Entscheidung darüber hemme, was nicht ausschließe, dass die zuständige Gewerbebehörde das Ergebnis des Nachsichtsverfahrens abwarte. § 26 Abs 3 GewO 1994 komme ihrem Wortlaut nach nicht auf den gegenständlichen Sachverhalt zur Anwendung und erfolgen dazu weitere Ausführungen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.11.2015, *** und andere wurde der BB mitgeteilt, dass aufgrund der rechtskräftigen Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens (Beschluss des LG Z vom 16.06.2015, ***, rechtskräftig seit 01.07.2015) gegen die Firma CC, FN ***, in der Herr DD, geboren am ***, als Liquidator fungiere, gegen diesen einen Ausschließungsgrund nach § 13 Abs 3, 5 und 7 GewO 1994 vorliegen würde. Da Herr DD in der Firma EE, FN *** als handelsrechtlicher Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter fungiere, habe die Behörde daher gemäß § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 ein Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung dieser Firma einzuleiten, sofern diese Herrn DD nicht aus der Gesellschaft entferne. Seitens der BB sei die rechtliche Vertretung übernommen worden und im Rahmen eines Gesprächs am 31.10.2015 eine Fristerstreckung von zehn Wochen beantragt worden, welche hiermit genehmigt werde. Die EE werde daher gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 aufgefordert, binnen zehn Wochen nach Zustellung dieses Schreibens den handelsrechtlichen Geschäftsführer und Gesellschafter Herrn DD, geboren am *** aus der Gesellschaft zu entfernen, da ansonsten die Gewerbeberechtigungen der EE entzogen werden müssten.

Dieses Schreiben wurde der BB am 06.11.2015 zugestellt.

Mit Schreiben (E-Mail) vom 08.01.2016 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass anders als bei den anderen Gesellschaften, bei denen ebenfalls eine Aufforderung zur Entfernung von Herrn DD erfolgt sei, trotz größter Bemühungen für die EE kein Ersatz für Herrn DD als handelsrechtlicher Geschäftsführer gefunden habe werden können. Die EE habe aufgrund ihrer verschiedenen Berechtigungen eine zentrale Bedeutung für die anderen Gesellschaften und sei ein Entzug der Gewerbeberechtigung daher ein schwerer Schlag auch für die anderen Gesellschaften. Eine Entfernung des Herrn DD sei gewerberechtlich nicht gerechtfertigt und wurde auf die Aufforderung der belangten Behörde vom 12.08.2105 Bezug genommen und sei in dieser Aufforderung insbesondere § 91 Abs 2 GewO 1994 sowie § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 angeführt worden. Neben § 13 Abs 5 GewO 1994 seien in der Aufforderung vom 12.08.2015 auch die Absätze 3 und 7 des § 13 GewO 1994 angeführt, die im § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 aber nicht erwähnt seien. Sie könnten daher für den gegenständlichen Fall nicht herangezogen werden. Dies gelte auch für den erwähnten § 13 Abs 4 GewO 1994, da dieser nur Rechtsträger betreffe, die ein Gewerbe ausüben, das die Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhalte, was im gegenständlichen Fall nicht zutreffe. Als Grundlage für eine Entziehung der Gewerbeberechtigung würde im gegenständlichen Fall nur mehr der in der Aufforderung erwähnte § 13 Abs 5 GewO 1994 (und dort nur der zweite Satz) in Frage kommen. Auch diese Bestimmung sei jedoch nicht anwendbar, da sie ausdrücklich nur die Gewerbeausübung durch eine natürliche Person und Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung betreffe. Auch eine analoge Anwendbarkeit des § 13 Abs 7 GewO 1994 sei nicht möglich. Es werde ersucht, das Verfahren über die Entziehung der Gewerbeberechtigung einzustellen.

Herr DD ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin und vertritt seit 20.10.1995 selbständig.

Die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Kostendeckung betreffend die Firma CC, FN ***, ist seit 01.07.2015 rechtskräftig. Das Insolvenzverfahren gegen diese GmbH wurde mangels Kostendeckung mit Beschluss des LG Z vom 16.06.2015, ***, nicht eröffnet. Herr DD ist Liquidator der GmbH. Zuvor war er Geschäftsführer und hat vom 24.03.1997 weg selbständig vertreten. Dies bis zum 01.07.2015. Seit diesem Zeitpunkt vertritt er als Abwickler des Unternehmens selbständig. Herr DD ist auch alleiniger Gesellschafter der CC gewesen. Er ist auch alleiniger Gesellschafter der Beschwerdeführerin.

III.     Beweiswürdigung:

Die vorerwähnten Feststellungen ergeben sich einerseits aus den behördlichen Akten, andererseits aus dem Unternehmensregisterauszügen sowie den GISA-Auszügen. DD hat anlässlich seiner Einvernahme angegeben, dass bei den anderen Unternehmen ein Geschäftsführer gefunden werden konnte, jedoch in gegenständlichen Unternehmen für die Beschwerdeführerin sich niemand bereiterklärt hatte, als Geschäftsführer tätig zu werden. Deshalb sei ein Geschäftsführer nicht abberufen worden.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 (WV) idF BGBl I Nr 65/2020, lauten:

„§ 13

(…)

(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1.       das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2.       der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.

(…)

(5) Eine natürliche Person ist von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, bei dem der Ausschluss von der Gewerbeausübung gemäß Abs. 3 eintritt oder eingetreten ist. Trifft auf den Rechtsträger ein Ausschlussgrund gemäß Abs. 4 zu, ist die natürliche Person nur von der Ausübung eines Gewerbes, das Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhaltet, ausgeschlossen. Abs. 1 letzter Satz gilt sinngemäß.

(…)

§ 85

die Gewerbeberechtigung endigt:

1.     mit dem Tod der natürlichen Person, im Falle von Fortbetrieben (§§ 41 bis 45) erst mit der Endigung des Fortbetriebsrechtes;

2.     mit Eintritt des Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 3 oder § 13 Abs. 5 erster Satz oder

3.     mit dem Untergang der juristischen Person (§ 11 Abs. 1);

4.     nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 mit der Auflösung der eingetragenen Personengesellschaft, wenn keine Liquidation stattfindet, sonst im Zeitpunkt der Beendigung der Liquidation;

5.     mit Ablauf von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des letzten Mitgesellschafters aus einer eingetragenen Personengesellschaft, wenn der verbleibende Gesellschafter die Anzeige gemäß § 11 Abs. 3 unterlassen hat oder im Fall des § 11 Abs. 5 letzter Satz kein Geschäftsführer innerhalb dieser Frist bestellt wurde;

6.     nach Ablauf von sechs Monaten nach der Eintragung eines der im § 11 Abs. 4 angeführten rechtserheblichen Umstände in das Firmenbuch, wenn der Nachfolgeunternehmer (Rechtsnachfolger) die Anzeige gemäß § 11 Abs. 5 unterlassen oder im Fall des § 11 Abs. 5 letzter Satz kein Geschäftsführer innerhalb dieser Frist bestellt wurde;

7.     mit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, im Falle von Fortbetrieben gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 bis 3 mit der Zurücklegung des Fortbetriebsrechtes;

8.     mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde (§§ 87, 88 und 91);

9.     durch das Urteil eines Gerichtes (§ 90);

10.    mit der Untersagung der Ausübung des in der Form eines Industriebetriebes angemeldeten Gewerbes (§ 347 Abs. 1);

11.    mit der Nichtigerklärung eines Bescheides (§ 363 Abs. 1) oder in den sonst gesetzlich vorgesehen Fällen;

12.    mit Zeitablauf oder mit Eintritt einer auflösenden Bedingung.

§ 91

(…)

2) Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.“

V.       Erwägungen:

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass Herr DD alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma CC, FN ***, war. Weiters ergibt sich, dass mit Beschluss des LG Z vom 07.07.2015, ***, ausgesprochen wurde, dass die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Kostendeckung betreffend die Firma CC, FN ***, rechtskräftig ist.

Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass Herr DD ebenfalls alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist.

Weiters ergibt sich aus den Feststellungen, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert hat, den handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn DD aus der Gesellschaft zu entfernen. DD hat anlässlich seiner Einvernahme selbst angegeben, dass sich niemand bereit erklärt hatte, als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Beschwerdeführerin tätig zu werden, weshalb eine Entfernung nicht erfolgt sei.

Herr DD hatte als alleiniger Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC bzw als Abwickler der CC in Liquidation ebenfalls maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der CC gehabt.

Als alleiniger Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat Herr DD ebenfalls maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, kommt dem Alleingesellschafter einer GmbH auch dann, wenn er nicht gleichzeitig handelsrechtlicher Geschäftsführer ist, ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu, den er jederzeit ausüben kann (vgl VwGH 25.02.1997, 97/04/0021 mit weiteren Nachweisen). Auch dem handelsrechtlichen Geschäftsführer kommt ein maßgebender Einfluss zu. Herrn DD kam sohin auf die CC maßgebender Einfluss zu und kommt ihm in gleicher Weise auf die Beschwerdeführerin ein maßgebender Einfluss zu.

Somit kam Herrn DD auf die Firma CC, über die rechtskräftig das Insolvenzverfahrens mangels Kostendeckung nicht eröffnet wurde, ein maßgebender Einfluss zu, sodass auf ihn die Bestimmungen des § 13 Abs 5 GewO 1994 zutreffen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob er den Einfluss tatsächlich ausgeübt hat (vgl VwGH 25.02.1997, 97/04/0021; 21.03.1995, 95/004/0038 und andere).

Ein Gerichtsbeschluss betreffend die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Kostendeckung stellt in einem Verfahren gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 iVm § 87 Abs 1 Z 2 GewO 1994 das maßgebliche Sachverhaltselement dar und ist von der Gewerbebehörde nur zu prüfen, ob derartige Beschlüsse vorliegen (vgl VwGH 21.03.1995, 95/04/0038 mit weiteren Nachweisen).

Da im gegenständlichen Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs 5 GewO 1994 auf Herrn DD zutreffen, erweist sich, dass die Behörde nach entsprechender Fristsetzung im Sinn des § 91 Abs 2 GewO 1994 die Entziehung der Gewerbeberechtigungen in rechtskonformer Weise ausgesprochen hat.

Aufgrund der Angaben des DD, dass man sich darum bemüht habe, jemanden anderen als handelsrechtlichen Geschäftsführer für die Beschwerdeführerin gewinnen zu können, sich jedoch niemand bereiterklärt hatte, ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin im Sinne der Aufforderungsschreiben der Behörde handeln wollte. Auch aus dem Schreiben der Vertreter der Beschwerdeführerin vom 08.01.2014, wonach trotz großer Bemühungen für die EE kein Ersatz für Herrn DD als handelsrechtlicher Geschäftsführer gefunden werden konnte, anders als bei den anderen Gesellschaften, ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin bewusst war, dass sich die Aufforderung der Behörde nicht auf Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung bezogen hatte.

Im Übrigen ist eine behördliche Aufforderung nach § 91 Abs 2 als Verfahrensanordnung zu qualifizieren, gegen die eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig ist. Es handelt sich dabei weder um einen Bescheid (vgl VwGH 24.01.1995, 94/04/0221), noch um die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl VwGH 15.09.2006, 2006/04/0159). Eine Aufforderung nach § 91 Abs 2 GewO 1994 stellt sohin nur die Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über das Vorliegen eines Entziehungsgrundes in der betroffenen Person und darüber dar, dass dieser Person ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Gewerbetreibenden zukommt. Dies verbunden mit der Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist durch Entfernung dieser Person den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden (vgl VwGH 28.03.2001, 2000/04/0164 und andere).

Weiters erfordert nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 91 Abs 2 GewO 1994 nicht, dass sich der Entziehungsgrund auf einen solchen Rechtsträger bezieht, dessen Gewerbeberechtigung mit jener des Gewerbetreibenden (im Verfahren nach § 91 Abs 2) in einem inhaltlichen Zusammenhang steht (vgl VwGH 25.04.1995, 95/04/0066).

Im Hinblick auf die Angaben, dass es nicht möglich gewesen sei, jemanden als handelsrechtlichen Geschäftsführer für die Beschwerdeführerin begeistern zu können, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs es nicht von Bedeutung ist, ob eine Entfernung im Sinn der Entfernungsanordnung rechtlich oder faktisch möglich ist (vgl VwGH 29.05.1990, 89/04/0171).

Da auch die seitens der belangten Behörde eingeräumte verlängerte Frist zur Entfernung des Herrn DD ungenützt verstrichen ist, hat die belangte Behörde die Gewerbeberechtigungen zu Recht nach § 91 Abs 2 GewO 1994 bescheidmäßig entzogen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Entzug der Gewerbeberechtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2016.27.1020.8

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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