TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/20 LVwG-2021/23/1915-8

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Entscheidungsdatum

20.10.2021

Index

L65007 Jagd Wild Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JagdG Tir 2004 §37a
JagdG Tir 2004 §70
VStG §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Vizepräsidenten Dr. Larcher über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 01.06.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Jagdgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 01.06.2021, Zl ***, wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschuldigte hat 20 % der verhängten Strafe, dies sind Euro 600,00, als Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt vorgeworfen:

„Tatzeit:  20.10.2020

Tatort:  Eigenjagdrevier Y

Sie haben am 20.10.2020 im Jagdgebiet Y einen 8-köpfigen Hirsch der Klasse II erlegt, wobei die Trophäe, entsprechend der Trophäenvorbewertung vom 05.11.2020 bzw der Pflichttrophäenschau vom 20.03.2021, die höchstzulässige Punktzahl von 135 Punkten um 58,64 Punkte überschritten hat und haben Sie damit die Richtlinien zur Bejagung des Schalenwildes des Tiroler Jägerverbandes missachtet und damit einen Verstoß gegen die Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 begangen.

Sie haben dadurch jeweils folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs 3 Zweite Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004 idgF in Verbindung mit § 37b in Verbindung mit § 70 Abs 1 Z 13 Tiroler Jagdgesetz 2004 idgF (in der Folge kurz TJG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):

3.000,00

Gemäß:

§ 70 Abs 1 Z 13 TJG

Ersatzfreiheitsstrafe:

72 Stunden

Weitere Verfügungen:

Die Trophäe des am 20.10.2020 im Eigenjagdrevier Y erlegten Hirsches der Klasse II wird gemäß § 70 Absatz 3 Ziffer 1 TJG für verfallen erklärt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 300,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: 3.300.00 €“

Weiters wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis die Trophäe des am 20.10.2020 im Eigenjagdrevier Y erlegten Hirsches der Klasse II gemäß § 70 Abs 3 Z 1 Tiroler Jagdgesetz für verfallen erklärt.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser Beschwerde wurde das Straferkenntnis im gesamten Umfang und somit auch hinsichtlich des Ausspruches des Verfalles angefochten.

Bemängelt wurden unter anderem eine Reihe an Verfahrensfehlern sowie unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und gesetzwidriger Ausspruch des Verfalles.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens fanden zwei öffentliche mündliche Verhandlungen statt im Zuge derer neben dem Beschuldigten auch ein Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Z, der örtlich zuständige Hegemeister sowie ein Jagdkollege und ein weiterer angebotener Zeuge des Beschuldigten einvernommen wurden. Weiters wurden die im Akt einliegenden Urkunden, Lichtbilder, Bewertungsgutachten und ausgedruckte Chatverläufe dargetan.

II.      Sachverhaltsfeststellungen:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens insbesondere aufgrund der beiden öffentlichen mündlichen Verhandlungen ergibt sich für das Landesverwaltungsgericht Tirol nachfolgender Sachverhalt:

Der Beschuldigte ist seit zumindest 12 Jahren im Besitz der Tiroler Jagdkarte und seit 11 Jahren Pächter des Jagdrevieres Y. Er ist sohin als erfahrener Jäger anzusehen.

Im Abschussplan für das Jagdrevier Y war für das Jagdjahr 2020 in Ansehung des männlichen Rotwildes lediglich ein Abschuss für einen Hirsch der Klasse II, jedoch nicht für einen Hirsch der Klasse I frei.

Am 20.10.2020 ging der Beschuldigte in seinem Jagdrevier am Nachmittag auf die Jagd und erlegte gegen Tagesende einen Hirsch. Zu diesem Zeitpunkt ging der Beschuldigte davon aus, dass es sich bei diesem Hirsch um einen Hirsch der Klasse I gehandelt hat und hat er diesen bewusst als solchen erlegt.

Am nachfolgenden Tag, dem 21.10.2020, telefonierte der Beschuldigte mit einem Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Z und teilte ihm in diesem Telefonat auch mit, dass er einen Hirsch der Klasse I erlegt habe, obwohl er wisse, dass er einen solchen nicht im Abschussplan habe, er ersuche jedoch um eine milde Strafe.

Am 24.10. telefonierte der Beschuldigte dann auch mit dem Hegemeister seines Bezirkes und teilte diesem ebenfalls mit, dass er einen Ier-Hirsch geschossen habe. Als Motiv für den Abschuss gab er gegenüber dem Hegemeister an, dass es sich hierbei um ein an sich selbst gemachtes Geburtstagsgeschenk handeln würde.

Am 21.10. führte ein Jagdfreund des Beschuldigten ein Telefonat mit dem Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Z und fragte an, wie der Abschuss zu melden sei und wurde dieser Abschuss letztlich als Hirsch der Klasse I am 22.10.2020 gemeldet.

Nach Erlegung des Hirsches wollten Jagdfreunde des Beschuldigten die Jagdtrophäe als Geburtstagsgeschenk präparieren lassen. Nachdem die Präparierung des erlegten Hirsches als Trophäe beabsichtigt war, wurde im Weg über die Bezirkshauptmannschaft Z eine Trophäenvorbegutachtung veranlasst.

Diese Vorbegutachtung erfolgte am 05.11. durch CC. Im Zuge der Begutachtung dieser Trophäe wurde der Hirsch als ein Hirsch der Klasse II bewertet. Anhand des Zahnzustandes des Unterkiefers des vom Beschwerdeführer erlegten Hirsches wurde dessen Alter mit 8 Jahren bestimmt und der Hirsch mit 193,64 internationalen CIC Punkten bewertet. Aufgrund der Bewertung handelte sich um einen besonders gut entwickelten, keinesfalls abschusswürdigen Hirsch und deshalb um kein besonders schlecht entwickeltes Wildstück eines Hirsches der Altersklasse II.

Im Zuge der Trophäenschau am 20.03.2021 wurde das Präparat der Trophäe zur Sicherung des Verfalls beschlagnahmt.

III.     Beweiswürdigung:

Unstrittig sind die Feststellungen zur Jagderfahrung des Beschuldigten, zumal diese auf seinen eigenen Angaben beruhen.

Weiters unstrittig und ausdrücklich zugestanden ist, dass der Beschuldigte am 20.10.2020 den verfahrensgegenständlichen Hirsch in seinem gepachteten Jagdrevier Y erlegt hat.

Weiters unstrittig ist auch die Bewertung des Hirsches als ein besonders gut entwickelter Hirsch der Klasse II (193,64 CIC-Punkte), durchgeführt am 05.11. von CC.

Dass der Beschuldigte davon ausging, dass es sich um einen Hirsch der Klasse I handelte und dass er bewusst einen Abschuss vornahm, der nicht durch einen Abschussplan gedeckt war, ergibt sich aus den Aussagen des als Zeugen einvernommenen Hegemeisters sowie des Sachbearbeiters der Bezirkshauptmannschaft Z.

Auch wenn der Beschuldigte im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht versuchte darzutun, dass er nach seinen Einschätzungen zwar einen besonders guten Hirsch erlegt habe, diesen aber nachdem er ihn nach dem Abschuss gesehen habe, als Hirsch der Klasse II bewertet habe, so ist diesem Vorbringen die Aussage des Hegemeisters entgegenzuhalten. Dieser gab als Zeuge unter Wahrheitspflicht ausdrücklich an, dass ihm gegenüber der Beschuldigte immer von einem Hirsch der Klasse I gesprochen habe und dass er sich den zum Geburtstag gegönnt habe.

Besondere Bedeutung kommt auch dem Aktenvermerk des Sachbearbeiters der Bezirkshauptmannschaft Z vom 23.10.2020 zur Zl *** zu. Zu einem Zeitpunkt, als der gesamte Sachverhalt der Behörde noch unbekannt war, rief der Beschuldigte von sich aus bei der Bezirkshauptmannschaft an und teilte mit, dass er einen Hirsch der Klasse I geschossen habe. Der als Zeuge vernommene Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Z verneinte hierbei jeglichen Verständigungs- und Protokollfehler und bestätigte, dass der Beschuldigte sehr wohl von einem Hirsch der Klasse I gesprochen habe.

Aus diesen beiden Aussagen erschließt sich für das Landesverwaltungsgericht Tirol, dass der Beschuldigte vorsätzlich in der Tatbegehungsform der Wissentlichkeit gehandelt hat.

IV.      Rechtslage:

Die im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Jagdgesetzes 2004 – TJG 2004, LGBl Nr 41/2004, idF LGBl Nr 75/2019, lauten wie folgt:

„§ 37a

Erstellung des Abschussplanes

(1) Der Abschuss von Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist unter Bedachtnahme auf die Ziele nach § 1a so zu erstellen, dass ein angemessener Wildbestand erhalten bzw. hergestellt und sowohl eine landeskulturell untragbare Vermehrung des Wildbestandes als auch eine die Erhaltung des Wildbestandes in seiner Vielfalt und seiner Alters- und Sozialstruktur gefährdende Verminderung des Wildbestandes vermieden wird. Zur nachhaltigen Herstellung eines angemessenen Wildbestandes kann kurzfristig vom geschlechtlich ausgewogenen Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild durch vermehrten bzw. verminderten Abschuss von weiblichen Zuwachsträgern abgewichen werden, wenn eine Vermehrung oder Verminderung des Wildbestandes im landeskulturellen Interesse erforderlich ist.

(2) Der Abschussplan ist auf der Grundlage des Wildbestandes, der Verjüngungsdynamik sowie der Wildgesundheit jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach § 18 Abs. 1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(3) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau und die Wildgesundheit, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild, auf die Verjüngungsdynamik sowie auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist auf die Erfüllung des Abschussplanes in den vorangegangenen drei Jagdjahren Bedacht zu nehmen. Die Wildbestandserhebung ist vom Hegemeister zu koordinieren und auf ihre ordnungsgemäße Durchführung und Schlüssigkeit zu überprüfen.

(4) Im Abschussplan für Schalenwild sind, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Altersklassen (§ 36a Abs. 1) gegliedert, anzugeben:

a) die Anzahl der getätigten Abschüsse sowie der aufgetretenen Stücke von Fallwild im vorangegangenen Jagdjahr,

b) der angenommene Wildbestand unter Berücksichtigung des Wechselwildes,

c) der voraussichtliche Zuwachs an Wild,

d) die in Aussicht genommene Anzahl der zu tätigenden Abschüsse.

(5) Im Abschussplan für Murmeltiere sind lediglich der im vorangegangenen Jagdjahr ermittelte Bestand und die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen anzugeben.

(6) Die im Abschussplan in Aussicht genommene Anzahl an Abschüssen ist zu erfüllen.

(7) Wurde der Abschussplan hinsichtlich der weiblichen Stücke sowie der Kälber bzw. der Kitze des Rot- bzw. des Rehwildes in dem vorangegangenen Jagdjahr in einem den angemessenen Wildbestand erheblich beeinträchtigenden Ausmaß oder in den vorangegangenen Jagdjahren wiederholt nicht erfüllt, so kann die Bezirksverwaltungsbehörde eine zeitliche und allenfalls ziffernmäßige Abfolge der Abschüsse nach § 37b Abs. 6 lit. a vorschreiben, soweit dies zur Sicherung der Erfüllung des Abschussplans erforderlich ist.

(8) Der Jagdausübungsberechtigte hat der Bezirksverwaltungsbehörde den Abschussplan für Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – und für Murmeltiere bis zum 15. April eines jeden Jagdjahres in elektronischer Form zu übermitteln oder in Formblätter einzutragen und vorzulegen. Der Hegemeister hat eine Stellungnahme zum Abschussplan abzugeben.

§ 70

Strafbestimmungen

(1) Wer

13. außer in den Fällen des Abs. 2 den Bestimmungen über den Abschussplan nach §§ 37a und 37b, den Sonderbestimmungen für Hühnervögel nach § 38a oder den hiezu ergangenen Verordnungen oder Bescheiden zuwiderhandelt, ohne eine entsprechende Ermächtigung nach § 37c Abs. 1 zu besitzen,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 6.000,- Euro zu bestrafen.

Nach § 2 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 2004, LGBl Nr 43/2004 idF LGBl Nr 63/2016, wird das Schalenwild in drei Altersklassen eingeteilt. Zur Altersklasse II (Mittelklasse) gehören beim Rotwild nach § 2 Z 2 lit a der Verordnung fünf- bis neunjährige Hirsche sowie alle Tiere, die nicht zur Klasse III gehören. Zur Altersklasse I (Ernteklasse) gehören beim Rotwild nach § 2 Z 3 lit a der Verordnung zehnjährige und ältere Hirsche.

Nach § 3 Abs 3 erster Satz der Verordnung dürfen in der Altersklasse II unter Bedachtnahme auf die Richtlinien zur Bejagung des Schalenwildes nur schlecht entwickelte Wildstücke erlegt werden. Nach Abs 4 lit a der Verordnung gelten beim Rotwild Gabler, Sechser, ungerade Gabelachter, Eissprossenachter und Eisendzehner mit einseitiger Gabel und Hirsche, deren Geweih nicht die nach der Punktebewertung für den betreffenden Lebensraum durch die nach den Satzungen des Tiroler Jägerverbandes bezirksweise eingerichtete Bewertungskommission festgelegte Punktezahl, welche im Mitteilungsblatt des Tiroler Jägerverbandes sowie im Internet zu veröffentlichen ist, überschreitet, als schlecht entwickelt im Sinn des Abs 3.

§ 7 vorzitierter Verordnung determiniert, dass Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der Verordnung nach § 70 Abs 1 Z 13 und Abs 2 Z 13, 15, 17, 18 und 21 des TJG 2004 zu bestrafen sind.

V.       Erwägungen:

Aus den getroffenen Feststellungen geht hervor, dass der Beschwerdeführer einen Hirsch mit einem Alter von 8 Jahren, sohin einen solchen der Altersklasse II (Mittelklasse), der nicht als schlecht entwickelt iSd § 3 Abs 3 und Abs 4 lit a vorzitierter VO gilt, erlegt hat. Insofern hat der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Tat in objektiver Hinsicht begangen.

Was den Grad des Verschuldens betrifft, ist vorab nochmals darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte den Hirsch als der Klasse I zugehörig ansprach und diesen in der Absicht erlegte einen besonders stark entwickelten Hirsch zu erlegen. Es ist daher von Wissentlichkeit (dolus principalis) auszugehen. Wissentlichkeit bedeutet, dass der Täter zwar nicht den tatbildmäßigen Erfolg bezweckt, jedoch weiß, dass der verpönte Erfolg sicher mit seiner Handlung verbunden ist (VwGH 23.4.1996, 94/11/0006 mwN).

Die Bestrafung erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Einleitend ist bei der Strafbemessung festzustellen, dass die belangte Behörde zu Unrecht von der Unbescholtenheit des Beschuldigten ausging. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.8.2018, Ra 2017/17/0831), kommt der Milderungsgrund der Unbescholtenheit aufgrund einer vorhandenen, wenn auch nicht einschlägigen, Verwaltungsübertretung nicht in Betracht. Die relative Unbescholtenheit stellt keinen Milderungsgrund dar (vgl. etwa VwGH 24.4.2006, 2002/09/0136, mwN.). Der Beschuldigte weißt 14 verwaltungsstrafrechtliche Strafvormerkungen auf (1x StVO, 2x ASVG und 11x KFG). Diese Strafvormerkungen wurden dem Beschuldigten in der öffentlich mündlichen Verhandlung vorgehalten und von diesem nicht bestritten.

Der Unrechtsgehalt der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung ist erheblich, weil Wildstücke der Altersklasse II die Hauptträger des Bestandes sind. In dieser Altersklasse sollte sich der Abschuss auf einige wenige, besonders körperlich schwache Stücke beschränken.

Was den Grad des Verschuldens betrifft, ist vorab nochmals darauf hinzuweisen, dass der Beschuldigte den Hirsch als der Klasse I zugehörig ansprach und diesen in der Absicht erlegte einen besonders stark entwickelten Hirsch zu erlegen. Es ist daher von Wissentlichkeit (dolus principalis) auszugehen. Wissentlichkeit bedeutet, dass der Täter zwar nicht den tatbildmäßigen Erfolg bezweckt, jedoch weiß, dass der verpönte Erfolg sicher mit seiner Handlung verbunden ist (VwGH 23.4.1996, 94/11/0006 mwN).

Der Beschwerdeführer bezieht nach eigenen Angaben ein monatliches Einkommen von ca netto Euro 3.000,00, brutto. Er betreibt eine Landwirtschaft und ein Erdbauunternehmen.

Der für die begangene Verwaltungsübertretung vorgesehene Strafrahmen bis zu Euro 6.000,00 wird durch die von der belangten Behörde festgesetzte Strafe zu rund 50 % ausgeschöpft und erscheint diese insbesondere aus spezialpräventiven Überlegungen in dieser Höhe geboten.

Zum Verfall:

Gemäß § 70 Abs 3 TJG kann bei Vorliegen erschwerender Umstände neben der Verhängung einer Geldstrafe der Verfall von Gegenständen, die mit der Übertretung im Zusammenhang stehen, ausgesprochen werden. Ebenso kann auch der Verfall von Wild, das entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes gefangen oder erlegt wurde, sowie dessen Trophäen erkannt werden. Bei dem in § 70 Abs 3 TJG normierten Verfall handelt es sich also um eine Nebenstrafe (Arg: "neben der Verhängung einer Geldstrafe"), die im Straferkenntnis bzw in der Strafverfügung zu verhängen ist (VwGH 4.4.2017, Fr 2016/03/0005), dem Rechnung tragend war der Verfall von der BH auch im Straferkenntnis ausgesprochen worden.

Der von der belangten Behörde ausgesprochene Verfall der Trophäe des erlegten Hirsches setzt gemäß § 70 Abs 3 Tiroler Jagdgesetz das "Vorliegen erschwerender Umstände" voraus.

Der Rechtsprechung des VwGH folgend (VwGH 25.2.2009, 2007/03/0246) ist vom Vorliegen erschwerender Umstände im Sinne des § 70 Abs 3 TJG dann auszugehen, wenn nicht nur ein einzelner im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigender Erschwerungsgrund gegeben ist, sondern nur dann, wenn der Unrechtsgehalt der konkreten Tathandlung deutlich über jenem liegt, der typischerweise mit der Übertretung verbunden ist. Dies kann nur im Rahmen einer Gesamtabwägung, unter Berücksichtigung aller auch bei der Strafbemessung nach § 70 Abs 1 TJG zu berücksichtigen Umstände beurteilt werden, da erschwerende Umstände jedenfalls erst dann vorliegen, wenn die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe überwiegen.

Im hier festgestellten Sachverhalt hat der Beschuldigte wissentlich einen Hirsch außerhalb des Abschussplanes erlegt um sich mit der so erzielten Trophäe selbst ein Geburtstagsgeschenk zu machen. Der Beschuldigte war als Jagdleiter in Kenntnis über die fehlende Abschussmöglichkeit in Ansehung seines Abschussplanes und er wusste als erfahrener Jäger auch auf welches Tier er schoss. Aus dem Faktum, dass er den erlegten Hirschen dabei vorerst noch besser bewertete als er dann tatsächlich beurteilt wurde, ist für den Beschuldigten erst recht nichts zu gewinnen, denn dies macht sein Handeln, nämlich einen derart stark entwickelten Hirsch der Klasse II zu erlegen, nur noch verpönter.

Dem Aktenvermerk des Sachbearbeiters der BH Z vom 23.10.2020 folgend, handelte es sich beim Anruf des Beschuldigten am 21.10.2020 weniger um eine Selbstanzeige (dieses Faktum wäre als mildernd zu berücksichtigen gewesen) als um den Versuch einer Bagatellisierung des Vorfalles in der Absicht eine möglichst geringe Strafe unter Hinweis auf den bevorstehenden Geburtstag zu erlangen. Diese Bewertung ergibt sich vor allem auf Grund der persönlichen Eindrücke und Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch des als Zeugen unter Wahrheitspflicht vernommenen Mitarbeiters der BH Z in der öffentlich mündlichen Verhandlung.

Unter nochmaligem Hinweis, dass der Milderungsgrund der Unbescholtenheit hier nicht vorliegt, ergibt sich zusammengefasst, dass die Erschwerungsgründe derart massiv überwiegen, dass im hier vorliegenden Sachverhalt insbesondere auf Grund des schweren Verschuldens des Beschuldigten auch der Ausspruch des Verfalles als Nebenstrafe gerechtfertigt ist.

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung orientiert sich vielmehr an der zum Tiroler Jagdgesetz ergangenen Judikatur, und es wird hierzu auf im Erkenntnis zitierten die Entscheidungen vom 4.4.2017, Fr 2016/03/0005 und vom 25.2.2009, 2007/03/0246 verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Larcher

(Vizepräsident)

Schlagworte

Hirsch Klasse II;
Verfall;
Wissentlichkeit

Anmerkung

Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 20.10.2021, Z LVwG-2021/23/1915-8, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 06.12.2021, Z Ra 2021/03/0308-3, zurück.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.23.1915.8

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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