TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/20 94/13/0017

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Veröffentlicht am 20.11.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §198 Abs1;
UStG 1972 §10 Abs2 Z5;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs14;
UStG 1972 §21 Abs4;
UStG 1972 §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WEG 1975 §1 Abs1;
WEG 1975 §13c Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/13/0007 E 4. Dezember 1997 94/13/0022 E 26. November 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Wohnungseigentumsgemeinschaft 14 in W, L-Straße 123, bestehend aus 1) A, 2) B, 3) C, 4) D, 5) E, 6) F, 7) G, 8) H, 9) I,

10) J, 11) K, 12) L, 13) M und 14) N, alle in W und alle vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, vom 15. November 1993, Zl. 6/1 - 1303/93-05, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird im Umfang der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides in seinem Abspruch über Umsatzsteuer 1990 zurückgewiesen;

und 2. zu Recht erkannt:

Im übrigen, somit im Umfang der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides in seinem Abspruch über Umsatzsteuer 1991, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern, denen die Eigentumswohnungen an einer von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichteten Wohnhausanlage am 1. April 1990 übergeben worden waren.

Über die zur Wohnhausanlage gehörige Tiefgarage, an deren Abstellplätzen Wohnungseigentum nicht begründet worden war, legte die gemeinnützige Bauvereinigung "an die Miteigentümergemeinschaft der Wohnhausanlage" am 4. Dezember 1991 eine Rechnung folgenden Inhaltes:

"Betrifft: Ausgangsrechnung Nr. 17

(zur Vorlage beim Finanzamt)

Sehr geehrte Damen und Herren

Auf Grund der Baukostenendabrechnung stellen wir Ihnen für die von uns errichteten und von Ihnen erworbenen

Tiefgarage mit insgesamt 7 KFZ-Einstellplätzen

einen Betrag in Höhe der Herstellungskosten von öS 1,571.577,09 (in Worten: ...) in Rechnung.

Darin ist ein Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von öS 227.938,49 (in Worten: ...)

enthalten, den wir nicht als Vorsteuer in Abzug gebracht haben.

Die Übergabe und Übernahme ist spätestens mit dem Bezug des Objektes - das war der 1.4.1990 - erfolgt. Die Rechtskraft der Benützungsbewilligung datiert vom 26.3.1990.

Über die Bezahlung des Kaufpreises wird im Rahmen der Gesamtabrechnung quittiert.

Mit vorzüglicher Hochachtung"

Mit Vertrag vom 30. März 1990 bestellten die Miteigentümer der Liegenschaft dieselbe gemeinnützige Gesellschaft zum Verwalter ihrer jeweiligen Miteigentumsanteile, wobei im Punkt XIII dieses Vertrages vorgesehen wurde, daß der Verwalter die Garagen-Abstellplätze in der Reihenfolge des Einlangens schriftlicher Anmeldungen namens "der Hausgemeinschaft (Wohnungseigentümer)" zu vergeben habe, wobei grundsätzlich nur ein Einstellplatz je Wohnungseigentümer in Miete vergeben werde; bei gleichzeitig einlangenden Anmeldungen entscheide das Los über die Reihung. Die Höhe des Entgeltes für den Einstellplatz sollte sich nach einer weiteren Bestimmung dieses Vertragspunktes nach § 14 Abs. 6 WGG bestimmen.

Die zunächst erklärungsgemäß erfolgte Umsatzsteuerveranlagung ergab für das Streitjahr 1990 einen Überschuß der Beschwerdeführerin in Höhe von S 637,-- und für das Streitjahr 1991 einen solchen in Höhe von S 223.440,-- aus dem Grunde der erfolgten Berücksichtigung des in der Rechnung der gemeinnützigen Bauvereinigung vom 4. Dezember 1991 ausgewiesenen Mehrwertsteuerbetrages von S 227.938,49, der von der beschwerdeführenden Wohnungseigentümergemeinschaft zum Vorsteuerabzug geltend gemacht worden war.

Im Zuge einer die Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991 betreffenden Prüfung der Aufzeichnungen der beschwerdeführenden Wohnungseigentümergemeinschaft vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die Vermietung von Garagenplätzen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht unter die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972, sondern unter jene des § 10 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. zu subsumieren sei. Die Kfz-Einstellplätze seien allesamt von Wohnungseigentümern der Wohnhausanlage angemietet worden, das monatliche Entgeld betrage einschließlich Umsatzsteuer S 518,40. Ausgehend hievon müsse erkannt werden, daß es sich bei der Vermietung der Garagenplätze durch die Wohnungseigentümergemeinschaft um eine Tätigkeit handle, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lasse, weil mit den derzeit bekannten Kennziffern eine Prognose für die nächsten 35 Jahre zu einem Gesamtverlust von S 614.034,43 führe. Da Überschüsse aus der Vermietung der Garagen nicht erzielt werden könnten, sei diese Tätigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft als Liebhaberei mit der Rechtsfolge des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 zu beurteilen. Es schied der Prüfer dementsprechend alle Umsätze im Zusammenhang mit der Vermietung der Garage aus der Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage aus, was im Ergebnis des Streitjahres 1990 für die beschwerdeführende Wohnungseigentümergemeinschaft zu einem Überschuß von S 6.017,-- statt einem solchen von S 637,-- und für das Streitjahr 1991 zu einem solchen von S 2.499,-- anstelle eines solchen von S 223.440,-- führte. Die hervorgekommenen Sachverhalte rechtfertigten nach Auffassung des Prüfers eine Wiederaufnahme der betroffenen Abgabenverfahren.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren dementsprechend abgeänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1990 und 1991. In ihrer gegen diese Umsatzsteuerbescheide erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die sich ihrer Ansicht nach aus § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 ergebende Unternehmereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft und führte ins Treffen, daß die Vermietung der Garagen an die Wohnungseigentümer dem Begriff der Verwaltung der im gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen der Liegenschaft zuzuordnen, zumindest aber als Hilfsgeschäft dieser Verwaltung im Sinne der umsatzsteuerlichen Vorschriften anzusehen sei. Müßten diese Vermietungen doch offensichtlich als ein Geschäft beurteilt werden, das die Gemeinschaft nur zur Förderung, Aufrechterhaltung und Fortführung ihres Unternehmens "Wohnungseigentumsobjekt" neben dem eigentlichen Grundgeschäft der Erhaltung, Verwaltung und des Betriebes der Baulichkeit betreibe. Es seien Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Errichtung der Wohnungen von der Vorsteuer wohl ausgeschlossen, weil auch die laufenden Annuitätenrückzahlungen der Eigentümer für die aufgenommenen Darlehen nicht umsatzsteuerliches Entgelt, sondern nichtsteuerbare Kaufpreisraten seien. Solche Kaufpreisraten lägen aber bei den Garagen im Allgemeineigentum nicht vor. Sei demnach ein umsatzsteuerbares Entgelt in diesem Umfang vorhanden, so müsse systemkonform auch die Vorsteuer zugestanden werden. Sei bei der Lieferung des Grundstückes für den Errichter des Bauwerkes kein Vorsteuerabzug möglich, so sehe doch § 12 Abs. 14 UStG 1972 für diesen Fall die Möglichkeit einer gesondert in Rechnung zu stellenden Steuer vor, die wie eine Vorsteuer wirke. Unzulässig sei es, die Tätigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft umsatzsteuerrechtlich in getrennte Teilbereiche zu spalten, weil der Unternehmensgegenstand einer Wohnungseigentümergemeinschaft umsatzsteuerlich als Einheit beurteilt werden müsse.

Der Prüfer hielt in einer Stellungnahme zur Berufung an den im Prüfungsbericht eingenommenen Standpunkten ebenso fest wie die Beschwerdeführerin in ihrer zu dieser Stellungnahme erstatteten Replik. In einer Eingabe vom 13. Oktober 1993 beantragte der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sei verspätet gestellt worden. Der Begriff des Unternehmens im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1972 umfasse die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Mehrere Betriebe desselben Unternehmers bildeten in ihrer Gesamtheit das Unternehmen, dies selbst dann, wenn die einzelnen Betriebe wirtschaftlich oder organisatorisch verschieden seien. Dies bedeute, daß ein Unternehmen durchaus aus mehreren Betrieben oder Tätigkeiten bestehen könne. Im vorliegenden Fall sei die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit den Leistungen gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern (§ 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972) unternehmerisch tätig. Hinsichtlich dieser Tätigkeit sei eine Liebhabereiprüfung nicht anzustellen. Dies werde weder im bekämpften Bescheid noch in der Berufung bestritten. Die Vermietung der Garagen sei als eine eigene Tätigkeit der Wohnungseigentumsgemeinschaft zu qualifizieren. Diese Unterscheidung habe nichts mit dem unterschiedlichen Steuersatz zu tun, sondern es sei hinsichtlich der Garagenvermietung eine andere Tätigkeit der Wohnungseigentumsgemeinschaft anzunehmen, die abgesondert von den Leistungen gemäß § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 zu beurteilen sei. Entscheidend sei nämlich, daß die Vermietung von Gebäuden und Garagen als eigener Tatbestand ins Umsatzsteuergesetz aufgenommen worden sei. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, die Vermietung von Garagen als Tätigkeit im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 zu qualifizieren, dann hätte er dies durch eine andere Formulierung dieser Bestimmung oder als Ausnahme von der allgemeinen Bestimmung über Gebäude- bzw. Garagenvermietung zum Ausdruck gebracht. Es gehe der Berufungssenat davon aus, daß die Wohnungseigentumsgemeinschaft zwei verschiedene Tätigkeiten erbringe, die jede für sich zu beurteilen sei. Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hinsichtlich der im § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 aufgezählten Leistungen keinen ertragsteuerlichen Verlust erleide, sei insoweit auch eine Liebhabereibetrachtung nicht anzustellen. Hinsichtlich der Vermietung der Garagen hingegen werde auch durch die Beschwerdeführerin das Vorliegen oder die Höhe des Verlustes nicht bestritten. Es werde in der Berufung sogar ausgeführt, daß ein Einnahmenüberschuß nicht angestrebt und nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes auch nicht erlaubt wäre. Gehe das Gesetz selbst von der Annahme aus, daß hinsichtlich der im § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 aufgezählten Tätigkeiten Liebhaberei niemals vorliegen könne, so könnten derartige Überlegungen doch für die Garagenvermietung nicht angestellt werden, weil die Erzielung eines Verlustes ja nicht "von vornherein ausgeschlossen" sei. Die Prognoserechnung für den Zeitraum von 35 Jahren habe einen Gesamtverlust erbracht, weshalb die Garagenvermietung nach § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 keine unternehmerische Tätigkeit darstelle. Deshalb sei auch der Abzug der Vorsteuer nach § 12 Abs. 14 UStG 1972 nicht zulässig, weil dieser an die Voraussetzung des Vorliegens einer unternehmerischen Tätigkeit anknüpfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die beschwerdeführende Wohnungseigentümergemeinschaft die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt, wobei sie den Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) in folgender Weise formuliert hat:

"Durch den angefochtenen Bescheid werden wir in dem uns nach § 2 Abs. 1 UStG 1972 zustehenden Recht auf Anerkennung aller unserer selbständig erbrachten Leistungen als gewerbliche oder berufliche und damit unternehmerische Tätigkeiten verletzt. Außerdem wurden wir in unserem Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren und daraus abgeleitet auf das Recht der vollen Anerkennung als umsatzsteuerlicher Unternehmer verletzt."

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der nach § 21 Abs. 4 UStG 1972 ergehende Jahresveranlagungsbescheid ist ein Abgabenbescheid im Sinne des § 198 Abs. 1 BAO (vgl. die bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Tz 5 zu § 198 BAO, wiedergegebene hg. Judikatur). Ausgehend vom normativen Gehalt des nach § 21 Abs. 4 UStG 1972 ergehenden Jahresveranlagungsbescheides kann der angefochtene Bescheid eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin nur dann bewirkt haben, wenn ihre Abgabenschuld an Umsatzsteuer höher festgesetzt worden war, als dies bei Beachtung des Gesetzes hätte geschehen dürfen. Eine niedriger als gesetzlich geboten erfolgte Festsetzung der Jahresumsatzsteuerschuld hingegen kann wegen der Beschränkung der rechtlichen Wirkung des Jahresveranlagungsbescheides für Umsatzsteuer auf das veranlagte Jahr einen Abgabepflichtigen in keinem Recht verletzen.

Ausgehend hievon fehlt es der Beschwerdeführerin im Umfang der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides auch in dessen Abspruch über Umsatzsteuer des Jahres 1990 an der Berechtigung zur Beschwerdeerhebung. Daß die belangte Behörde das der Beschwerdeführerin zustehende Umsatzsteuerguthaben von S 637,-- auf S 6.017,-- erhöht hat, kann die Beschwerdeführerin in keinem Recht verletzen. Ihre Beschwerde war in diesem Umfang daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Im Umfang des Abspruches des angefochtenen Bescheides über Umsatzsteuer 1991 ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde zwar legitimiert, wurde durch das Ergebnis des angefochtenen Bescheides aber in ihrem allein als verletzbar denkmöglichen Recht auf Unterbleiben einer höher als gesetzlich zulässig erfolgenden Festsetzung der Jahresumsatzsteuer aus folgenden Gründen nicht verletzt:

Gemäß § 284 Abs. 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es der Vorsitzende des Senates für erforderlich hält, wenn es der Senat auf Antrag eines Beisitzers beschließt oder wenn es eine Partei beantragt. Dieser Antrag ist in der Berufung (§ 250), in der Beitrittserklärung (§ 258) oder in einem Antrag gemäß § 276 Abs. 1 zu stellen.

Die Beschwerdeführerin hat einen im Sinne des Gesetzes rechtzeitigen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht gestellt und damit keinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Durchführung einer solchen Verhandlung erworben, den die belangte Behörde verletzen hätte können (vgl. die bei Ritz, a.a.O., Tz 1 zu § 284 BAO, wiedergegebene hg. Judikatur). Daß die belangte Behörde auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, welche die Beschwerdeführerin vorgetragen hätte, nicht Bedacht genommen hätte, ist nicht der Fall. Es hat die Beschwerdeführerin im übrigen der belangten Behörde gegenüber ihren Standpunkt auch schriftlich im Berufungsverfahren vertreten, sodaß von der in der Beschwerde gerügten Verletzung von Verfahrensvorschriften in keiner Weise die Rede sein kann.

Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmens. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt im Gegensatz dazu nach § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei).

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 ermäßigt sich die Steuer auf 10 von Hundert für die Leistungen von Personenvereinigungen zur Erhaltung, Verwaltung oder zum Betrieb der in ihrem gemeinsamen Eigentum stehenden Teile und Anlagen einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum besteht. Eine gleiche Ermäßigung normiert § 10 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, wozu auch die Überlassung der Nutzung an Wohnungen, Geschäftsräumen und anderen Räumlichkeiten auf Grund von Nutzungsverträgen zu zählen ist, während unter anderem die Vermietung (Nutzungsüberlassung) von Räumlichkeiten oder Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen aller Art von der Ermäßigung des Steuersatzes ausgenommen wird.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 schließlich kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Liefert ein Unternehmer nach § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 steuerfrei ein Grundstück und ist aus diesem Grunde ein Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 3 leg. cit. ausgeschlossen oder eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach Abs. 10 bis 12 dieses Paragraphen vorzunehmen, so ist der Unternehmer gemäß § 12 Abs. 14 UStG 1972 berechtigt, dem Empfänger der Lieferung den vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen oder auf Grund der Berichtigung geschuldeten Betrag - soweit er auf die Lieferung des Grundstückes entfällt - gesondert in Rechnung zu stellen. Dieser in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (Abs. 1 Z. 1).

Ob die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde in der darin vorgenommenen Aufspaltung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin in eine solche nach § 10 Abs. 2 Z. 6 UStG 1972 und eine solche nach § 10 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. unter gleichzeitiger Beurteilung der Garagenvermietung als Tätigkeit nach § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 mit dem Gesetz in Einklang stand, kann im Beschwerdefall aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben:

Die belangte Behörde ist zu ihrer Liebhabereibeurteilung nämlich auf der Grundlage ihrer Auffassung gelangt, daß die von der gemeinnützigen Bauvereinigung nach § 12 Abs. 14 UStG 1972 gelegte Rechnung vom 4. Dezember 1991 die Wohnungseigentümergemeinschaft, wäre sie als Unternehmerin anzusehen, zum Vorsteuerabzug hinsichtlich des darin angeführten Vorsteuerbetrages berechtigen müßte. Der Entfall dieses Vorsteuerabzuges allein konnte eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin durch den Abspruch des angefochtenen Bescheides über Umsatzsteuer 1991 bewirken, weil die übrigen eliminierten Vorsteuerbeträge wesentlich geringer waren als die - durch Eliminierung der Umsätze aus der Garagenvermietung - reduzierte Umsatzsteuerschuld.

In der Beurteilung der grundsätzlichen Eignung der vom gemeinnützigen Bauunternehmen nach § 12 Abs. 14 UStG 1972 gelegten Rechnung vom 4. Dezember 1991 dazu, die beschwerdeführende Wohnungseigentümergemeinschaft hieraus zum Vorsteuerabzug zu berechtigen, unterliegen die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde aber einem ihnen gemeinsamen Rechtsirrtum, der auf einer Verkennung des Rechtsinstitutes des Wohnungseigentums beruht:

Das Wohnungseigentum ist gemäß § 1 Abs. 1 WEG 1975 das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Das Wohnungseigentum ist seiner Konstruktion nach somit die untrennbare Verbindung eines ideellen Miteigentumsanteiles an der Liegenschaft mit einem servitutsähnlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt (vgl. Würth in Rummel2, Rz 1 zu § 1 WEG). Der Erwerber eines Wohnungseigentumsobjektes erwirbt damit nicht bloß das ausschließliche Nutzungsrecht an diesem, sondern eigentumsrechtlich einen ideellen Miteigentumsanteil an der gesamten Liegenschaft. Für den Umfang des erworbenen Eigentumsrechtes ist es dabei bedeutungslos, in welchem Umfang Wohnungseigentum an einer Liegenschaft generell begründet worden ist. Das ideelle Miteigentumsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers erstreckt sich nämlich auf die gesamte Liegenschaft und damit sowohl auf solche Teile, an denen kein Wohnungseigentum begründet worden ist, als auch auf solche, an denen Wohnungseigentum (auch anderer) begründet worden ist. Das Wohnungseigentum ist auch im Umfang des ausschließlichen Nutzungsrechtes an einem bestimmten Objekt ein Recht an einer (teilweise) fremden, weil (auch) im Miteigentum anderer stehenden Sache.

Wie der oben wiedergegebenen Rechnung der gemeinnützigen Bauvereinigung vom 4. Dezember 1991 entnommen werden kann, war die Übergabe und Übernahme der darin erwähnten Tiefgarage mit insgesamt 7 Kfz-Einstellplätzen spätestens mit dem Bezug des Objektes am 1. April 1990 erfolgt; über die Bezahlung des Kaufpreises sollte im Rahmen der "Gesamtabrechnung" quittiert werden. Daß sich die Tiefgarage auf einem anderen Grundbuchskörper als die Wohnhausanlage befände, wurde von der Wohnungseigentümergemeinschaft weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgetragen. Ebensowenig hat die Beschwerdeführerin je behauptet, daß der Errichtung der Tiefgarage ein anderes Bauauftragsverhältnis als jenes zugrunde gelegen wäre, in dessen Erfüllung die Wohnhausanlage selbst errichtet worden ist. Die Beschwerdeführerin läßt selbst vielmehr das Gegenteil erkennen, wenn sie ausführt, daß es im Beschwerdefall um die öffentlich geförderte Schaffung einer Eigentumswohnhausanlage durch eine gemeinnützige Bauvereinigung, die anschließende Begründung von Wohnungseigentum und einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und damit verbunden um die laufende Einhebung eines Entgeltes durch die Gemeinschaft einschließlich der Vermietung von gemeinsamen Einrichtungen gehe. Es leitet die Beschwerdeführerin ihre Berechtigung zum Vorsteuerabzug für die nach § 12 Abs. 14 UStG 1972 von der gemeinnützigen Bauvereinigung gelegte Rechnung vielmehr ausschließlich aus dem Umstand ab, daß an dem betroffenen Liegenschaftsteil Wohnungseigentum nicht begründet, sondern dieser im "Allgemeineigentum" der Wohnungseigentümer belassen worden war. Nun besteht aber kein rechtlicher Grund dafür, den vom einzelnen Wohnungseigentümer für den Erwerb seines Miteigentumsanteiles samt ausschließem Nutzungsrecht an einem bestimmten Objekt (§ 1 Abs. 1 WEG 1975) geleisteten Kaufpreis in einen Bestandteil aufzuspalten, der auf "sein" Wohnungseigentumsobjekt entfällt, und einen solchen Anteil, der auf den Miteigentumsanteil im Umfang jener Liegenschaftsteile entfällt, an denen Wohnungseigentum nicht begründet wurde. Einer solchen Aufspaltung des vom Erwerber eines mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteiles an einer Liegenschaft geleisteten Kaufpreises steht die oben erläuterte Rechtsnatur des Kaufgegenstandes hindernd entgegen. Der vom Erwerber eines Wohnungseigentumsobjektes geleistete Kaufpreis gilt nämlich den Erwerb des Miteigentums an der gesamten Liegenschaft selbst unter Einschluß jener Teile ab, an denen Wohnungseigentum anderer begründet worden ist.

Die Beschwerdeführerin war, wie sie selbst einräumt, als Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 13c Abs. 1 WEG 1975 nicht Erwerberin der Wohnhausanlage. Dies waren vielmehr die einzelnen Wohnungseigentümer, weshalb ein Vorsteuerabzug der Wohnungseigentümergemeinschaft für die Kosten der Errichtung "der Wohnungen" auch nicht in Betracht kam, wie die Beschwerdeführerin zutreffend einräumt. Ebensowenig aber kam ein Vorsteuerabzug für die Errichtung solcher Baulichkeiten an der gemeinsamen Liegenschaft in Betracht, an denen Wohnungseigentum nicht begründet worden ist. Die Rechnung der gemeinnützigen Bauvereinigung vom 4. Dezember 1991 wurde damit, abgesehen davon, daß sie schon formell nicht an die Wohnungseigentümergemeinschaft (im Sinne des § 13c Abs. 1 WEG 1975), sondern bloß an die "Miteigentümergemeinschaft der Wohnhausanlage" gerichtet worden war, nicht jenem Steuersubjekt gegenüber gelegt, das Empfänger der Lieferung war. Waren Empfänger der Lieferung der Wohnhausanlage im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG 1972 unbestrittenermaßen die einzelnen Erwerber, dann galt dies auch im Umfang solcher Teile der Wohnhausanlage, an denen Wohnungseigentum nicht begründet wurde. Daraus folgt, daß die in der Rechnung nach § 12 Abs. 14 UStG 1972 gesondert in Rechnung gestellte Steuer nicht dem tatsächlichen Empfänger der Lieferung in Rechnung gestellt worden war. Für die den einzelnen Wohnungseigentumserwerbern erbrachte Leistung stand der Wohnungseigentümergemeinschaft demnach ein Abzug der in der insoweit verfehlt gelegten Rechnung ausgewiesenen Vorsteuer nicht zu.

War es aus diesem Grund somit nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde im Ergebnis des angefochtenen Bescheides der beschwerdeführenden Wohnungseigentümergemeinschaft den Vorsteuerabzug im Umfang des in der Rechnung der gemeinnützigen Bauvereinigung vom 4. Dezember 1991 mitgeteilten Umsatzsteuerbetrages verwehrt hat, dann hat aus den bereits oben dargestellten Gründen die umsatzsteuerliche Beurteilung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde mit dem Ergebnis des Spruches des angefochtenen Bescheides das Recht der Beschwerdeführerin auf Unterbleiben einer höher als gesetzlich zulässig erfolgten Festsetzung ihrer Umsatzsteuerschuld auch in dem das Jahr 1991 betreffenden Abspruch nicht verletzt.

Die Beschwerde war in ihrem zulässigen Umfang daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994130017.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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