TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/3 LVwG-652089/5/FP

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Veröffentlicht am 03.08.2021
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Entscheidungsdatum

03.08.2021

Norm

AVG §68
FSG §24

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von E B-Z, geb. x 1977, vertreten durch Dr. G H gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. April 2021, GZ: BHGMVerk-2021-49910/6-LAI, betreffend die Aufforderung eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen,

zu Recht:

I.     Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II.    Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.1.    Mit dem im Rubrum genannten Bescheid ordnete die belangte Behörde der Beschwerdeführerin (Bf) gegenüber an, sie habe binnen 4 Wochen ab Zustellung eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme gemäß § 14 Abs 4 FSG-GV beizubringen.

Die belangte Behörde begründete damit, dass die Bf im Zuge einer Einvernahme bei der PI Laakirchen dargelegt habe, dass sie täglich 15 mg Polamidon einnehme, da sie suchtgiftabhängig sei.

I.2.    Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10. Mai 2021 rechtzeitig Beschwerde, in der sie auf das Wesentliche zusammengefasst darlegte, dass sich seit der einschränkungslosen Wiedererteilung der Lenkberechtigung durch Beschwerdevorentscheidung der BH Gmunden nichts am Sachverhalt geändert habe, weshalb dem neuen Aufforderungsbescheid die Rechtskraft der Entscheidung vom 31. Oktober 2017 entgegen stehe.

I.3.    Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 18. Mai 2021 zur Entscheidung vor. Im Vorlageschreiben formulierte die belangte Behörde Bedenken dahingehend, dass nunmehr wieder der Verdacht des Beikonsums von Heroin bestehe.

II.1.   Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Akt. Es hat am 22. Juli 2021 die Staatsanwaltschaft Wels um Mitteilung des Verfahrensstandes in Bezug auf den Verdacht, die Bf habe Suchtmittel erworben, ersucht, welchem Ersuchen diese mit Schreiben vom 29. Juli 2021 nachkam.

Die Verhandlung kann gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

II.2.   Nachstehender entscheidungswesentlicher S  A C H V E R H A L T steht fest:

Der belangten Behörde ist seit mindestens 24. Oktober 2016 bekannt, dass die Bf opiatabhängig ist und im Wege einer Substitutionsbehandlung regelmäßig (Levo-) Methadon in Form des Medikaments Polamidon einnimmt. [Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 17. Oktober 2016, LVwG-650677; AA-Gutachten Dris. H v. 14. September 2017]

Am 31. August 2017 legte die Bf der belangten Behörde einen Blutbefund vor, welcher, wie auch die davor monatlich vorgelegten Befunde, Methadon-Metabolite aufwies.

[Befunde]

Der Amtsarzt erachtete die Bf in einem Gutachten vom 14. September 2017 infolge Opiatabhängigkeit als zum Lenken von KFZ lediglich bedingt geeignet, weshalb die belangte Behörde die Lenkberechtigung der Bf mit Bescheid vom 14. September 2017, GZ: 17/337628 befristet und eingeschränkt erteilte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31. Oktober 2017, GZ: BHGMBSS-2017-376294/6-NM, hob die belangte Behörde ihren Bescheid auf und erteilte die Lenkberechtigung ohne Befristung und Auflagen.

[Beschwerdevorentscheidung vom 31. Oktober 2017, GZ: BHGMBSS-2017-376294/6-NM]

Mit Abtretungsbericht vom 30. November 2020 berichtete die PI Laakirchen, dass die Bf verdächtig sei, vermutlich eine unbekannte Menge Heroin erworben zu haben. Die Bf habe häufig mit zwei Suchtgifthändlern Kontakt gehabt. „Eine genau Abnahmemenge o.Ä.“ gehe aus dem Chatverlauf bzw. der Rufdatenauswertung nicht hervor.

[genannter Bericht]

Die StA Wels teilte mit Nachricht vom 29. Juli 2021 mit, dass gegen die Bf keine Anklage erhoben, sondern die Staatsanwaltschaft vorläufig gem. § 35 Abs 9 SMG vom Verfahren zurückgetreten ist. [genannte Mitteilung]

II.3.   Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln.

Kern des ggst. Verfahrens ist die Frage, ob sich der Sachverhalt oder die Rechtslage seit der letzten diesbezüglichen Entscheidung der Behörde derart geändert hat, dass nunmehr neue begründete Bedenken vorliegen würden (zu den rechtlichen Implikationen vgl. Punkt IV).

Es ergibt sich aus dem Akt, dass der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 31. Oktober 2017, GZ: BHGMBSS-2017-376294/6-NM bereits weitgehend derselbe Sachverhalt zugrunde lag, wie heute, nämlich im Wesentlichen der Umstand, dass die Bf von Opiaten abhängig ist und seit Jahren in gleichbleibender Dosierung ein Substitutionsmedikament erhält. Dass die Behörde der Bf die Lenkberechtigung seinerzeit ohne nachvollziehbare Begründung und ohne Einholung einer zwingend vorgesehenen fachärztlichen Stellungnahme sowie das amtsärztliche Gutachten missachtend, aufgrund Eintritts der Rechtskraft aber rechtswirksam, vollumfänglich erteilt hat und insofern über den zugrundeliegenden Sachverhalt entschieden hat bewirkt – wie die Bf richtig darstellt – eine sogenannte res iudicata (vgl. Punkt III.). Es bedarf insofern neuer, über den bekannten Sachverhalt hinausgehender begründeter Bedenken, entweder dahingehend, dass die Bf nunmehr wieder Suchtmittel konsumiert oder, dass sich die Dosis ihrer Substitutionsmedikation dahingehend geändert hat, dass sie schwerwiegendere Auswirkungen auf die gesundheitliche Eignung der Bf zum Lenken von KFZ hat.

Derartiges lässt sich aus dem Aktenstand allerdings nicht begründen. Vielmehr ergibt sich, dass die Bf immer noch dieselbe Dosis an Levo-Methadon einzunehmen hat.

Aus dem vorliegenden Abtretungsbericht der Polizei ergeben sich nur vage Verdachtsmomente dahingehend, dass die Bf Heroin erworben haben könnte. Weder konnte die Polizei allerdings ermitteln, ob und in welcher Menge die Bf Heroin erworben haben soll, noch gibt es Hinweise darauf, dass die Bf allenfalls erworbenes Heroin auch selbst konsumiert hat. Demgemäß ist die Staatsanwaltschaft gemäß § 35 Abs 9 SMG vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten. Daraus ergibt sich, dass lediglich ein Anfangsverdacht iSd § 13 Abs 2a SMG bestanden haben kann, dass die Bf eine Straftat nach §§ 27 Abs. 1 und 2 ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen habe.

Aus diesem Umstand lassen sich keine ausreichend begründbaren Bedenken dahingehend, dass die Bf Heroin neuerlich gehäuft missbraucht hat oder in ein über das bekannte hinausgehendes Abhängigkeitsstadium eingetreten ist.

III.    Rechtliche Beurteilung

III.1.  Entschiedene Sache

III.1.1. Der Verwaltungsgerichtshof spricht in ständiger Rechtsprechung – hier auch zum Führerscheinrecht – bspw. Folgendes aus:

„Die Rechtskraft einer Entscheidung steht einer weiteren Entscheidung in derselben Sache entgegen. Gegenstand der Rechtskraft ist nur der konkrete Norminhalt der infrage stehenden Entscheidung, d.h. der Abspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch die Entscheidung ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen Sachverhalt zum Ausdruck kommt (vgl. VwGH 23.4.2003, 2000/08/0040). Davon ist das VwG im vorliegenden Fall nicht abgewichen: Sache des Erkenntnisses des VwG war die Aufforderung des Revisionswerbers gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 zur neuerlichen Ablegung der Fahrprüfung. Durch die (ersatzlose) Behebung des Bescheides gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 wurde rechtskräftig - ausschließlich - entschieden, dass die von der belangten Behörde angenommene Erschleichung der Fahrprüfung seitens des Revisionswerbers nicht rechtens zu seiner Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 führen kann. Dies unterscheidet die Sache von jener des angefochtenen Erkenntnisses, in welcher es um die Erteilung der Lenkberechtigung des Revisionswerbers bzw. um die Wiederaufnahme des diesbezüglichen Verfahrens ging.“ (VwGH 26. November 2020, Ra 2020/11/0199)

und

§ 24 Abs. 1 FSG 1997 erlaubt die Entziehung oder Einschränkung einer Lenkberechtigung nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ‚nicht mehr gegeben sind‘. Eine Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kommt daher nur dann in Betracht, wenn seit ihrer Erteilung die Umstände in Bezug auf die Erteilungsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4 FSG 1997 sich entscheidend geändert haben. Aus der Rechtskraft der Erteilung der Lenkberechtigung folgt, dass bei im Wesentlichen unverändertem Sachverhalt in Bezug auf die Erteilungsvoraussetzungen die Lenkberechtigung nur als Folge einer Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens durch Abweisung des Erteilungsantrages oder Erteilung einer eingeschränkten Lenkberechtigung der Sache nach entzogen oder eingeschränkt werden kann (Hinweis Erkenntnisse vom 20. September 2001, 99/11/0279, vom 17. Dezember 2002, 2001/11/0051, vom 13. August 2003, 2001/11/0183, vom 20. April 2004, 2003/11/0189, vom 20. April 2004, 2004/11/0020, und vom 18. September 2012, 2010/11/0151, jeweils mwN.). Entscheidend dafür, ob in Ansehung der gesundheitlichen Eignung des Betreffenden zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegenüber dem Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung eine maßgebliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist, ist, ob sich der Gesundheitszustand des Betreffenden in dem für das Lenken von Kraftfahrzeugen relevanten Bereich verschlechtert hat.“ (VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0019)

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Überprüfung der gesundheitlichen Eignung der Bf infolge des Verdachts der Behörde, dass diese neben der bekannten Abhängigkeitssymptomatik, die mit Methadon behandelt wird, wieder illegale Substanzen konsumiert.

Zumal die Behörde im Spruch ihrer Entscheidung allerdings § 14 Abs 4 FSG-GV erwähnt, scheint sie auch diesbezüglich Bedenken zu hegen, die jedoch nicht näher begründet werden. Diese Bedenken hätten die belangte Behörde dazu bewegen müssen, der Bf eine nur eingeschränkte Lenkberechtigung zu erteilen und Kontrolluntersuchungen vorzuschreiben.

Wie bereits unter Punkt II. dargelegt, ist der Umstand, dass die Bf von Opiaten abhängig ist und sich seit Jahren in einer Substitutionstherapie befindet, bekannt und war auch bereits Gegenstand mehrerer Führerscheinverfahren insbesondere der erwähnten Beschwerdevorentscheidung mit welcher die belangte Behörde der Bf begründungslos, das amtsärztliche Gutachten missachtend und ohne eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen, eine vollumfängliche Lenkberechtigung erteilt hat.

Dadurch hat die belangte Behörde mit ihrer Beschwerdevorentscheidung vom 31. Oktober 2017, GZ: BHGMBSS-2017-376294/6-NM zwar rechtswidrig aber infolge Rechtskraft rechtswirksam und damit für den gegebenen Sachverhalt (Substitutionstherapie mit 15 mg Levo-Methadon) unveränderbar, die Lenkberechtigung wieder vollumfänglich erteilt und damit eine res iudicata geschaffen, womit sie sich der Möglichkeit der Überwachung des Gesundheitszustandes der Bf begeben hat, solange keine Sachverhaltsänderung eintritt.

Der Anordnung, der Bf aufgrund ihrer Angaben bei der Polizei, sie sei abhängig und erhalte 15 mg Polamidon, die Beibringung einer fachärztliche psychiatrische Stellungnahme aufzutragen, steht demnach das Hindernis der bereits entschiedenen Sache entgegen, weil eine Änderung der Umstände nach dem Aktenstand nicht eingetreten ist und die belangte Behörde ihre ursprüngliche Entscheidung, der Bf sei nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung zu erteilen, durch die genannte Beschwerdevorentscheidung selbst revidiert hat.

III.1.2. Gemäß § 3 Abs 1 Ziffer 1 FSG gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

Gemäß § 8 Abs 1 oder 2 FSG ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs 1 oder 2 FSG vorzulegen, um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen.

Gemäß § 5 Abs 1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten.

Gemäß § 14 Abs 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, soweit nicht Abs 4 anzuwenden ist. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist gemäß Abs 5 leg. cit. nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

Gemäß § 24 Abs 4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, sofern Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesund-heitlichen Eignung noch gegeben sind. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung inner-halb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

III.1.3. Die Erlassung eines Aufforderungsbescheids nach § 24 Abs 4 FSG ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann zulässig, wenn begründete Bedenken dahingehend bestehen, dass der Inhaber der Lenk-berechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei geht es nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen jedoch genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (VwGH 30. September 2002, 2002/11/0120; 13. August 2003; 2002/11/0103, 20. April 2004, 2003/11/0243 u.a.).

Ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs 4 FSG ist dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Rechtsmittelentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung derselben) nach wie vor begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. (ständige Judikatur, vgl. bspw. VwGH 16. April 2009, 2009/11/0020; VwGH 22. Juni 2010, 2010/11/0067; 15. Mai 2019, Ra 2019/11/0032)

III.1.4. In Zusammenschau mit dem unter Punkt III.1.1. Gesagten ergibt sich, dass es über den bereits entschiedenen Umstand (Levo-Methadon Therapie bei Opiatabhängigkeit) hinaus weiterer begründbarer Bedenken bedarf, um der Bf die Beibringung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme auftragen zu können.

Solche Bedenken müssen in Zusammenschau mit § 14 FSG-GV die dort dargelegten Tatbestände zum Inhalt haben, weil nur bei Erfüllung dieser eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen ist. Es muss also auf das Wesentliche zusammengefasst entweder Bedenken im Hinblick auf eine „neue“ floride (§ 14 Abs 1) oder remittierte Abhängigkeit, gehäuften Missbrauch (§ 14 Abs 5) oder die fehlende Fähigkeit der Einschränkung des Konsums von Suchtmitteln, um beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt zu sein, (§ 14 Abs 1) geben.

Solche Bedenken hat die belangte Behörde erst im Vorlageschreiben dargelegt, jedoch lassen sich solche nach dem Aktenstand nicht belastbar begründen.

Der zugrundeliegende Abtretungsbericht der Polizei stellt im Ergebnis nur dar, dass die Bf in Kontakt mit Personen stand, die verdächtig sind, mit Suchtmitteln zu handeln. Diesem lässt sich jedoch weder entnehmen, dass die Bf tatsächlich Suchtmittel erworben hat, noch worum es sich gehandelt haben soll („vermutlich Heroin“) und umso weniger, dass die Bf Heroin (oder sonstige Suchtmittel) auch konsumiert hat.

Auch die Staatsanwaltschaft hat die Sache nicht weiter verfolgt, ging lediglich von einem Anfangsverdacht aus und informierte die Gesundheitsbehörde.

Es ergibt sich sohin, dass sich Bedenken im Hinblick auf einen neuen Beikonsum von Heroin, noch dazu in einem relevanten Ausmaß, nicht begründen lassen.

III.1.5. Aufgrund der dargestellten Umstände erachtet das Verwaltungsgericht die Indizienlage dahingehend, dass die Bf einen über ihre bestehende Abhängigkeit hinausgehenden Zustand erreicht hat, der führerscheinrelevant eine zusätzliche verkehrsgefährdende Abhängigkeit (hinzutretend zu jener, die die Behörde rechtskräftig als unproblematisch eingestuft hat) von Heroin oder einem anderen Suchtmittel bewirkt hat, dass sie damit gehäuften Missbrauch begangen hat oder den Konsum von illegalen Suchtmitteln nicht soweit einschränken kann, dass sie beim Lenken von Kraftfahrzeugen nicht beeinträchtigt ist, als nicht ausreichend gegeben. Tatsächlich haben sich keine Hinweise ergeben, die eine solche Annahme auch nur ansatzweise begründbar belegen würden.

Vor diesem Hintergrund ist der behördliche Bescheid aufzuheben.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung fußt auf der einhelligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Diese wurde im Erkenntnis ausführlich dargestellt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entschiedene Sache; res iudicata; Einmaligkeit; gesundheitliche Eignung; begründete Bedenken; amtsärztliche Untersuchung

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.652089.5.FP

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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