TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/20 94/15/0143

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Veröffentlicht am 20.11.1996
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1972 §7 Abs1;
EStG 1972 §7;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2;
EStG 1988 §7;
EStG 1988 §8 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der H, Destillerie Freihof GmbH & Co KG in L, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 22. April 1994, Zl. 646-2/92, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer unter anderem fest, die G-AG habe mit 1. April 1986 49 % der Kommanditanteile an der Beschwerdeführerin um den Kaufpreis von S 6,370.000,-- erworben. Von der Differenz zwischen den genannten Anschaffungskosten und dem Nominale der übertragenen Kommanditanteile (S 98.000,--) entfalle ein Betrag von S 5,407.996,-- auf den bis dahin in den Ergänzungsbilanzen der G-AG nicht angesetzten und vom Prüfer als nicht abnutzbar beurteilten Firmenwert; dementsprechend gelangte er zur Feststellung erhöhter Gewinnanteile der G-AG.

Das Finanzamt schloß sich in den teilweise in wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Feststellungsbescheiden gemäß § 188 BAO der Ansicht des Prüfers an.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, im vorliegenden Fall sei "in erster Linie ein Mehrbetrag über den Wert der beweglichen Anlagegüter bezahlt worden, weil man sich die hohen fachlichen Qualitäten von Herrn G.H. für einige Jahre sichern wollte". Es wurde beantragt, die Ergänzungsbilanzen der G-AG "unverändert zu belassen" und nur den Abschreibungsgegenstand insoweit zu ändern, als neben dem Schätzwert der beweglichen Anlagegüter auch ein Wert für das Know-how und die Rezepturen von Herrn H. sowie für "Marken" aufgenommen wird.

Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Nach weiteren Sachverhaltsermittlungen führte der hiezu befragte steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde aus, "für Markenrechte, Rezepturen udgl." sei von der G-AG nichts bezahlt worden und es seien "Wirtschaftsgüter dieser Art" niemals aktiviert worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in den vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Punkten - nämlich, ob ein Teil der Anschaffungskosten für die Kommanditanteile der G-AG auf immaterielle Wirtschaftsgüter entfällt und ob der auf Grund des Erwerbes anzusetzende Firmenwert abnutzbar ist - ab; dies sinngemäß mit der Begründung, die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Nominale der von der G-AG übernommenen Kommanditanteile entfalle ausschließlich auf den nunmehr mit S 4,421.366,-- festgestellten nicht abnutzbaren Firmenwert, nicht aber auf "Aktivposten für Markenrechte und Rezepturen", zumal das Marken- bzw. Namensrecht "Freihof" zeitlich unbegrenzt nutzbar sei. Die mangelnde Abnutzbarkeit des Firmenwertes ergebe sich daraus, daß der "Hauptgesellschafter" auch nach dem Erwerb von 49 % der Kommanditanteile durch die G-AG (bis ins Jahr 1992) Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin geblieben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist mit Recht nicht strittig, daß Zahlungen für den Erwerb von Rezepturen und anderen Rechten Aufwendungen für nach kaufmännischen Grundsätzen selbständig aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter, bei denen regelmäßig nach ihrer erfahrungsgemäßen tatsächlichen Abnutzung eine Absetzung für Abnutzung vorgenommen werden kann, darstellen können (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1964, Zl. 1390/63). In Streit steht jedoch, ob ein Teil des im angefochtenen Bescheid dem Firmenwert zugeordneten Betrages auf solche Marken, Rezepturen und Know-how als selbständig aktivierbare immaterielle Wirtschaftsgüter entfällt. Die Beschwerde führt hiezu erstmals aus, die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt des Erwerbes der Kommanditanteile durch die G-AG über 48 beim Patentamt angemeldete Marken verfügt; die Annahme, diese Marken hätten im Kaufpreis keine Berücksichtigung gefunden, erscheine realtitätsfremd.

Dieses Vorbringen ist auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich. Ohne dieses Vorbringen erscheint aber die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die Differenz zwischen dem Erwerbspreis für die Kommanditanteile der G-AG und dem Nominalwert dieser Anteile entfalle auf den Firmenwert, schlüssig; dies insbesondere im Hinblick darauf, daß die G-AG in den sie betreffenden Ergänzungsbilanzen für die Streitjahre jeweils keine solchen Markenrechte als Aktivvermögen ausgewiesen und auch in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erklärt hat, ein Entgelt für derartige Rechte sei nicht vereinbart worden. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher in diesem Punkt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an.

Zum Beschwerdevorbringen, der Firmenwert sei von der belangten Behörde zu Unrecht als nicht abnutzbar beurteilt worden, ist folgendes zu bemerken:

§ 7 Abs. 1 EStG 1972 und § 7 Abs. 1 EStG 1988 (BGBl. Nr. 400/1988, nach seinem § 125 Z. 1 erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1989 anzuwenden) enthalten die Grundregeln für die Absetzung für Abnutzung von Wirtschaftsgütern. Demnach ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, der bei gleichmäßiger Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer sich ergebende Betrag als Absetzung für Abnutzung (AfA) abzusetzen. Die in § 8 Abs. 3 EStG 1988 für die Abschreibung eines Firmenwertes vorgesehene Sonderregelung einer Absetzung auf 15 Jahre ist gemäß § 114 Abs. 3 leg. cit. erst auf Firmenwerte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1988 entgeltlich erworben wurden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im zeitlichen Geltungsbereich des § 6 EStG 1972 der Firmenwert sowohl ein abnutzbares als auch ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut darstellen. Entscheidend für die Abnutzbarkeit ist, daß der Firmenwert auf die persönliche unternehmerische Fähigkeit und Leistung des Rechtsvorgängers zurückzuführen ist (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 92/13/0297, und das dort zitierte Vorerkenntnis). Diese Rechtslage gilt analog auch auf dem Boden des § 8 Abs. 3 EStG 1988, soweit Firmenwerte bis zum 31. Dezember 1988 entgeltlich erworben wurden (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 1996, Zl. 94/13/0161).

Nach weiterer ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Firmenwert solange nicht als abnutzbares Wirtschaftsgut anzusehen, als der bisherige Geschäftsführer die von ihm hinsichtlich des Kundenstockes ausgeübte Tätigkeit weiterhin ausübt (siehe hiezu die hg. Erkenntnisse vom 13. Mai 1986, Zlen. 83/14/0089, 0094, und vom 10. Mai 1994, Zl. 91/14/0116).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß G.H. auch nach dem Erwerb eines Anteils von 49 % der Kommanditanteile an der Beschwerdeführerin durch die G-AG bei jener durch weitere fünf Jahre die Funktion als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer innehatte; dies war nach dem Berufungsvorbringen auch Bedingung für die Abtretung der Kommanditanteile.

Bei diesem Sachverhalt kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß die belangte Behörde den Firmenwert als nicht abnutzbar angesehen hat.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994150143.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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