Entscheidungsdatum
28.09.2021Norm
TourismusG NÖ 2010 §13 Abs4 litbText
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr im Beschwerdeverfahren A GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwälte B C GesbR in ***, aufgrund des Vorlageantrages vom 2. Juni 2021 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 4. Mai 2021, Zahl ***, über die Beschwerde vom 2. Februar 2021 gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 5. Jänner 2021, Zahl ***, mit dem ein Interessentenbeitrag für das Jahr 2019 in der Höhe von € 1.100,00 festgesetzt wurde, folgenden
BESCHLUSS:
1. Der Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 5. Jänner 2021, Zahl: ***, sowie die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 4. Mai 2021, Zahl ***, werden aufgehoben. Die Sache wird an die Abgabenbehörde zurückverwiesen zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 278 Bundesabgabenordnung – BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG
B e g r ü n d u n g
1. Zum bisherigen Verfahren:
Die A GmbH & Co KG (in der Folge: Beschwerdeführerin) hatte im Jahr 2018 auf einer eine Baustelle im Krankenhaus *** eine Betriebsstätte ihres Installationsunternehmens eingerichtet.
Die der Beschwerdeführerin seitens der Abgabenbehörde der Stadt Wiener Neustadt übermittelte Abgabenerklärung wurde von der Beschwerdeführerin als Leermeldung retourniert. Es bestehe keine Abgabenpflicht. Die Beschwerdeführerin sei ein in *** ansässiger Installationsbetrieb und betreibe auch Baustellen in Niederösterreich. Ein Interesse der Beschwerdeführerin, dass irgendein Tourist nach Niederösterreich komme, sei nicht nachvollziehbar. Es könne daher auch keine Erklärung abgegeben werden, in der sich die Beschwerdeführerin selber als abgabepflichtig bezeichne. Es sei auch nicht möglich, den in den einzelnen Betriebsstätten erzielten Umsatz zu ermitteln, der auf einer Baustelle ermittelte Umsatz beschränke sich auf die Gegenleistung für erbrachte Montageleistungen. Der Großteil der im jeweiligen Entgelt enthaltenen Leistungen werde ab am Hauptstandort in *** erbracht.
Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 11. Februar 2020 wurde die A GmbH & Co KG aufgefordert, der Abgabenbehörde eine Abgabenerklärung für den Interessentenbeitrag 2019 vorzulegen.
Mit Schreiben vom 10. März 2020 ersuchte die Abgabenbehörde das Finanzamt *** um Mitteilung des Jahresumsatzes der Beschwerdeführerin im Jahr 2018. Daraufhin erfolgte seitens des Finanzamtes *** die Auskunft, dass der Jahresumsatz der Beschwerdeführerin im Jahr 2018 € 32.140.339,77 betragen habe.
Im Rahmen des dazu eingeräumten Parteiengehörs erstatte die Beschwerdeführer durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schreiben vom 9. September 2020 eine Stellungnahme. Die Nutzenfiktion des NÖ Tourismusgesetzes sei verfassungswidrig. Die Beschwerdeführerin sei nicht beitragspflichtig. Zudem sei auch eine Verordnung gemäß § 13 Abs. 6 lit. b NÖ Tourismusgesetz nicht kundgemacht, weshalb auch aus diesem Grund keine Abgabenpflicht bestehe.
Eine Zuordnung der ausgezahlten Löhne und Gehälter zu bestimmten Baustellen sei auch mit einem die Höhe der Abgabe übersteigenden Aufwand nicht möglich. Die Annahme, dass diese Berechnung von der Beschwerdeführerin vorgenommen werden könne, habe keinen Bezug zur wirtschaftlichen Realität. Selbst bei Bestehen einer Abgabenpflicht sei es nicht möglich, mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand die Höhe der Abgabe zu berechnen.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom
5. Jänner 2021, Zahl: ***, wurde der Beschwerdeführerin ein Interessentenbeitrag für das Jahr 2019 in der Höhe von € 1.100,00 vorgeschrieben. Begründend wurde dargelegt, dass sich die Berechnungsgrundlage aus dem Umsatz von € 32.140.339,77, somit dem Höchstbeitrag von € 1.150.000,00 vermindert um den Freibetrag von € 150.000,- ergebe. Von dieser Berechnungsgrundlage sei der Interessentenbeitrag 2019 für die Kategorie D mit 0,11 % (1,1 ‰) in der Höhe von € 1.100,00 errechnet worden.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2021 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass sie keinen Nutzen aus dem Tourismus in Niederösterreich ziehe. Die Nutzenfiktion des NÖ Tourismusgesetzes sei verfassungswidrig, die Tourismusabgabe als Umsatzsteuer widerspreche zudem dem geltenden Unionsrecht. Angeregt wurde, das Landesverwaltungsgericht möge beim VfGH ein Gesetzesprüfungsverfahren, in eventu beim EuGH ein Vorabentscheidungsverfahren beantragen. Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung ersatzlos aufzuheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. Mai 2021 wurde diese Beschwerde vom Bürgermeister der Stadt Wiener Neustadt, Zahl ***, als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 aufgrund einer in *** bestehenden Bauausführung eine Betriebsstätte gehabt habe und dort auch Umsätze erzielt habe.
Mangels standortbezogener Abgabenerklärung sei die Berechnung auf Basis der Auskunft des Finanzamtes *** erfolgt. Da der Umsatz mehr als € 1.000.000,- betrage, sei die Höchstbeitragsgrundlage heranzuziehen.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 2. Juni 2021, in welchem auf das Beschwerdevorbringen verwiesen wird.
Mit Schreiben vom 10. Jänner 2021 legte der Bürgermeister der Stadt Wiener Neustadt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt samt Aktenverzeichnis zur Entscheidung vor.
Am 21. September 2021 fand die in der Beschwerde ausdrücklich beantragte Beschwerdeverhandlung beim LVwG NÖ statt.
Weder seitens der Beschwerdeführerin, aufgrund deren ausdrücklichen Antrages in der Beschwerde die Verhandlung durchzuführen war, noch seitens der belangten Behörde erschien ein Vertreter zur Verhandlung. Bei der Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Verlesung bzw. Einbeziehung des vorgelegten Abgabenaktes ins Beweisverfahren. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat somit Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen dem Verwaltungsgericht vorliegenden Akt der Abgabenbehörde.
2. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin unbestritten im Jahr 2018 an einem Standort in *** die Tätigkeit als Gas- und Wasserleitungsinstallateur ausgeübt hat.
Vom Finanzamt *** wurde der Jahresumsatz 2018 des Unternehmens bekannt gegeben. Welcher Umsatz davon auf den Standort *** entfiel, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt.
3. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
3.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
3.2. NÖ Tourismusgesetz 2010 idF LGBl. 7400-2 (in der hier maßgeblichen Fassung vor der mit 1. Jänner 2017 in Kraft getretenen Änderung durch LGBl. 93/2016):
Gliederung der Gemeinden
§ 3. (1) Ortsklassen
Die Gemeinden des Landes Niederösterreich werden durch Verordnung der Landesregierung nach ihrer Tourismusbedeutung wie folgt gegliedert:
* Gemeinden der Ortsklasse I
* Gemeinden der Ortsklasse II
* Gemeinden der Ortsklasse III
Interessentenbeiträge
§ 13. (1) Abgabenform
Der Interessentenbeitrag ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe. Die Einhebung dieser Abgabe besorgen die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich.
(2) Aufteilung der Abgabenerträge
95 % der Einnahmen aus dem Interessentenbeitrag gebühren der Gemeinde und 5 % des Abgabenertrages sind für das Land Niederösterreich vorgesehen.
(3) Zweckwidmung
a) Die Ertragsanteile der Gemeinde aus dem Interessentenbeitrag sind zur Weiterentwicklung und Förderung des Tourismus zu verwenden. Hierüber ist die Gemeindebevölkerung gemäß § 9 lit.d) einmal jährlich in schriftlicher Form zu informieren. Dem Tourismusverband und der regionalen Tourismusdestination ist auf Verlangen Auskunft zu erteilen.
b) Die Ertragsanteile des Landes Niederösterreich aus dem Interessentenbeitrag sind für Maßnahmen zur Weiterentwicklung, Förderung und Vermarktung des landesweiten und des regionalen Tourismus zur Verfügung zu stellen.
(4) Abgabenpflicht
a) Tourismusinteressenten und damit beitragspflichtig sind alle natürlichen Personen, juristischen Personen, Personengesellschaften des Unternehmensrechtes, vergleichbare rechtsfähige Gesellschaftsformen, Erwerbsgesellschaften des bürgerlichen Rechtes sowie Personenvereinigungen, welche
aa) in Niederösterreich eine oder mehrere Tätigkeiten selbständig ausüben, durch die sie aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen Nutzen ziehen und diese in einer Verordnung gemäß Abs. 6 lit.b) in Abgabengruppen angeführt sind, sowie
ab) zu Zwecken der Erwerbstätigkeit bzw. Vermietung oder Verpachtung in einer niederösterreichischen Gemeinde der Ortsklasse I, II und III einen Standort haben:
? bei Erwerbstätigkeiten mit festem Standort:
einen Sitz im Sinne des § 27 der Bundesabgabenordnung oder eine Betriebsstätte im Sinne dieses Gesetzes,
? bei Erwerbstätigkeiten ohne festem Standort:
einen Wohnsitz gemäß § 26 Bundesabgabenordnung, oder
? bei Vermietungen oder Verpachtungen:
einen Standort des in Bestand gegebenen Objektes.
In Gemeinden der Ortsklasse III sind nur die in den Abgabengruppen A und B angeführten Tätigkeiten abgabenpflichtig.
b) Wird von einem selbständig Erwerbstätigen eine oder mehrere der in den Abgabengruppen der Abgabengruppenordnung gem. Abs. 6 lit.b) aufgezählten oder eine ähnliche Tätigkeit ausgeübt, so besteht die Rechtsvermutung, dass Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird.
c) Werden mehrere die Abgabenpflicht gemäß Abs. 4 lit.a) auslösende Tätigkeiten ausgeübt, so ist der Interessentenbeitrag für jede dieser Tätigkeiten getrennt nach der jeweiligen Abgabengruppe und dem jeweiligen Anteil am Gesamtumsatz zu berechnen, jedoch in einem Gesamtbetrag zu entrichten.
d) Die Tourismusinteressenten haben für jedes Kalenderjahr bzw. abweichende Wirtschaftsjahr (Beitragszeitraum) Interessenbeiträge zu entrichten.
e) Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres beziehungsweise zu Beginn des abweichenden Wirtschaftsjahres, für das der Interessentenbeitrag erhoben werden soll. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit des Interessentenbeitrages ist ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.
(5) Standortbezogener Interessentenbeitrag
a) Der Interessentenbeitrag ist für jene Gemeinde zu entrichten, innerhalb deren Gebiet der jeweilige Standort des Tourismusinteressenten (gemäß Abs. 4 lit.ab)) gelegen ist.
b) Ist der Tourismusinteressent in mehreren Gemeinden abgabepflichtig, so ist der Interessentenbeitrag für jede Gemeinde getrennt zu berechnen und zu entrichten. Lässt sich der für die einzelnen Gemeinden von der jeweiligen Gemeinde als Berechnungsgrundlage heranzuziehende Umsatz nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand feststellen, ist der Umsatz auf die einzelnen Gemeinden, in denen sich Standorte befinden, wie folgt aufzuteilen:
? Umsatzzuordnung nach dem Verhältnis der Löhne und Gehälter der Dienstnehmer in den einzelnen Standorten oder
? Umsatzzuordnung nach dem Verhältnis der Löhne und Gehälter der tätigen Inhaber bzw. familieneigenen Arbeitskräfte, sofern keine Dienstnehmer beschäftigt sind.
c) lit.b gilt sinngemäß, wenn ein Tourismusinteressent in einer oder mehreren Gemeinden und in anderen Bundesländern Standorte unterhält.
(6) Abgabengruppen
a) Zur Berechnung der Interessentenbeiträge werden die Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit.aa) der Tourismusinteressenten in die Abgabengruppen
A bis D eingeteilt.
b) Die Auflistung und die Einreihung der einzelnen Tätigkeiten in Abgabengruppen hat die Landesregierung durch Verordnung vorzunehmen (Abgabengruppenordnung). Für die Auflistung ist der jeweilige mittelbare oder unmittelbare Nutzen für die einzelne Tätigkeit aus dem Tourismus zu berücksichtigen. Für die Einreihung ist das Verhältnis des von der einzelnen Tätigkeit nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen aus dem Tourismus mittelbar und unmittelbar erzielten Nutzens zum entsprechenden Gesamtnutzen unter Beachtung der branchentypischen Umsatzstruktur maßgebend.
(7) Abgabenberechnung
a) Berechnungsgrundlage:
Unter beitragspflichtigem Jahresumsatz ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, die Summe der im zweit vorangegangenen Veranlagungsjahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 zu verstehen. Davon sind folgende Umsätze befreit:
aa) Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 7, 12 und 24 des Umsatzsteuergesetz 1994 sowie Umsätze im Sinne der Binnenmarktregelung gemäß dem Anhang zu § 29 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz 1994 (Binnenmarktregelung).
ab) Umsätze aus der Dauervermietung von Wohnungen oder Teilen von Wohnungen, soweit es sich nicht um Ferienwohnungen handelt, Umsätze aus der Verwaltung von geförderten Wohnungen sowie aus der Verpachtung von Grundstücken für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Dauervermietung liegt vor, wenn die Vermietung an dieselbe Person mindestens durch zwei Monate erfolgt und beim Mieter ein ständiger Wohnbedarf gedeckt wird.
ac) Umsätze aus Leistungen der Kranken- und Pflegeanstalten, Sanatorien und Ambulatorien gemäß NÖ Krankenanstaltengesetz, LGBl. 9440, öffentlichen Altenheime, öffentlichen Behindertenheime, öffentlichen Kindergärten, öffentlichen Kinder- und Jugendheime.
ad) Umsätze von nicht auf Gewinn gerichteten Betrieben und Einrichtungen der Gebietskörperschaften, sofern kein Überschuss, sondern höchstens Kostendeckung angestrebt wird.
ae) Umsätze aus der Veräußerung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebes im ganzen (§ 4 Abs. 7 des Umsatzsteuergesetzes 1994) sowie der Verkauf von Anlagevermögen.
af) Umsätze aus Lieferungen an einen Ort außerhalb des Landes Niederösterreich und Umsätze aus sonstigen Leistungen (§ 3a Umsatzsteuergesetz 1994), soweit sie nicht ausschließlich oder überwiegend in Niederösterreich erbracht wurden.
Tourismusinteressenten, die eine Ausnahmeregelung betreffend die Berechnungsgrundlage in Anspruch nehmen, müssen entsprechende Nachweise erbringen.
Wählt ein Tourismusinteressent ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr als umsatzsteuerlichen Veranlagungszeitraum, so ist maßgebende Berechnungsgrundlage die Summe der Umsätze, die im zweit vorangegangenen, 12 Monate umfassenden Veranlagungszeitraum, erzielt worden sind. Hinsichtlich dieser Regelung und der Übergänge vom Kalenderjahr auf das abweichende Wirtschaftsjahr und umgekehrt gelten die Vorschriften des § 20 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz 1994.
b) Freibetrag, Bagatellgrenze
ba) Bei der Berechnung der Interessentenbeiträge gemäß Abs. 7 lit.a) bleibt ein Freibetrag von € 150.000,– außer Ansatz. Werden mehrere die Abgabenpflicht auslösende Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit aa) ausgeübt, so kommt der Freibetrag im Verhältnis der in den einzelnen Tätigkeiten erzielten Umsätze zur Anwendung.
bb) Interessentenbeiträge, die € 10, unterschreiten, sind nicht vorzuschreiben.
c) Höchstberechnungsgrundlage
Die Interessentenbeiträge sind mit jenem Betrag begrenzt, der sich bei Anwendung des jeweiligen Promillesatzes auf einen Jahresumsatz von € 1.000.000,– ergibt. Werden mehrere die Abgabenpflicht auslösende Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit.aa) ausgeübt, so kommt die Höchstberechnungsgrundlage im Verhältnis der in den einzelnen Tätigkeiten erzielten Umsätze zur Anwendung.
d) Abgabensatz
Die Höhe des Interessentenbeitrages beträgt unter Berücksichtigung der für den Tourismusinteressenten zutreffenden Abgabengruppe und der Ortsklasse, in der jene Gemeinde eingestuft ist, in der die Abgabenpflicht des Tourismusinteressenten besteht, den nachstehenden Promillesatz des beitragspflichtigen Umsatzes:
Gemeinde Ortsklasse I
Ortsklasse II
Ortsklasse III
Abgabengruppe A
2,30 ‰
1,90 ‰
1,50 ‰
Abgabengruppe B
1,90 ‰
1,50 ‰
1,10 ‰
Abgabengruppe C
1,50 ‰
1,10 ‰
0,00 ‰
Abgabengruppe D
1,10 ‰
0,70 ‰
0,00 ‰
Soweit in dieser Tabelle der Promillesatz mit 0,00 ‰ festgelegt ist, ist kein Interessentenbeitrag zu entrichten.
…
(13) Abgabenerklärung, Aufzeichnungen
a) Jeder Tourismusinteressent hat bis 31. Mai eines jeden Jahres der Gemeinde eine Abgabenerklärung über den für die Abgabenberechnung nach den vorstehenden Bestimmungen maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Interessentenbeitrag abzugeben. Die Abgabenerklärung ist unter Verwendung eines von der Gemeinde aufzulegenden Formulars abzugeben.
b) Kommt für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage ein Umsatzsteuerbescheid nicht in Betracht, so sind Angaben auf Grund von Aufzeichnungen in die Erklärung aufzunehmen. Solche Aufzeichnungen sind so zu führen, dass die Richtigkeit der Angaben glaubhaft gemacht werden kann.
c) Auf Verlangen der Abgabenbehörde hat der Abgabenpflichtige den für die Abgabenberechnung maßgebenden Umsatzsteuerbescheid im Original bzw. in Ablichtung oder sonstige Unterlagen und Aufzeichnungen, denen bei der Abgabenberechnung Bedeutung zukommt, vorzulegen.
d) Die Abgabenerklärung als auch sonstige Unterlagen und Aufzeichnungen stellen eine Abgabenerklärung im Sinne der Bundesabgabenordnung dar.
(14) Abgabenleistung
a) Der Tourismusinteressent hat den Interessentenbeitrag binnen 15 Tagen ab Einlangen des Bescheides an die Gemeinde ohne weitere Aufforderung zu leisten.
b) Die Gemeinden haben für jedes Kalendervierteljahr jeweils bis zum 15. der Monate Februar, Mai, August und November eines jeden Jahres den eingehobenen Anteil des Landes am Abgabenertrag der Interessentenbeiträge gemäß Abs. 2 an das Amt der NÖ Landesregierung abzuführen.
(15) Mitwirkung der Gemeinde
Die Überprüfung der Abgabenerklärungen sowie die Einhebung sowie Einbringung der Interessentenbeiträge obliegt den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich. Die Gemeinden sind ferner verpflichtet bei der Ermittlung der für die Beitragspflicht und Beitragshöhe maßgebenden Umstände unentgeltlich mitzuwirken.
…
(17) Mitwirkung anderer Behörden
a) Die Gewerbebehörden haben Auskunft über die in Betracht kommenden bekannten Gewerbeberechtigungs- und Betriebsverhältnisse zu geben.
b) Die für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständigen Abgabenbehörden haben den für die Festsetzung des Interessentenbeitrages zuständigen Abgabenbehörden über deren Ersuchen die zur Erfassung der Tourismusinteressenten erforderlichen Auskünfte zu geben, und zwar über das für die Umsatzsteuer zuständige Finanzamt, die Steuernummer, die Namen und die Anschrift des Betriebes, einen Berufshinweis sowie über Details betreffend die Jahresumsätze. Die Abgabenbehörden werden ermächtigt, zu diesem Zweck Listen der Abgabenpflichtigen, insbesondere auch über Neuzugänge und Abgänge, mittels maschinell lesbarer Datenträger auszutauschen.
Wirkungsbereich, Abgabenbehörden, Verweisungen
§ 15. (1) Wirkungsbereich
Die nach diesem Gesetz den Gemeinden zukommenden Aufgaben gemäß § 12 und § 13 sind solche des übertragenen Wirkungsbereiches.
(2) Abgabenbehörden
a) Die Abgabenbehörde im Sinne der §§ 12 und 13 ist der Bürgermeister.
b) Die Abgabenbehörden haben bei der Einhebung der Nächtigungstaxen und des Interessentenbeitrages die für Landesabgaben geltenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden.
(…)
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 17. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 2011 in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das NÖ Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, außer Kraft.
(3) Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes können bereits von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erlassen werden. Diese Verordnungen dürfen frühestens gleichzeitig mit diesem Gesetz in Kraft treten.
(4) Die Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen (nach ihrer Tourismusbedeutung), LGBl. 7400/1–16 gilt als Verordnung gemäß § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes.
(5) Bis zur Erlassung einer Verordnung der Landesregierung gemäß § 13 Abs. 6 lit.b) dieses Gesetzes gilt der Anhang zum Niederösterreichischen Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, als Auflistung und Einreichung der einzelnen Tätigkeiten gemäß § 13 Abs. 4 lit.a sublit.aa).
…
3.3. NÖ Tourismusgesetz 1991 idF LGBl. 7400-5 – Anhang
D
…
Gas- und Wasserleitungsinstallateure
…
4. Würdigung:
4.1. Zu Spruchpunkt 1:
Nach den Bestimmungen des Tourismusgesetzes 2010 sind zur Förderung und Pflege des Tourismus zweckgebundene Tourismusabgaben (Nächtigungstaxen und Interessentenbeiträge) zu entrichten.
Gemäß § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Gemäß § 13 Abs. 4 NÖ Tourismusgesetz 2010 wird die Abgabenpflicht in Niederösterreich durch die selbständige Ausübung einer oder mehrerer Tätigkeiten, durch die sie aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen Nutzen gezogen wird und welche in einer Verordnung gemäß Abs. 6 lit. b) in Abgabengruppen angeführt sind.
Gemäß § 17 Abs. 5 NÖ Tourismusgesetz 2010 gilt bis zur Erlassung einer Verordnung der Landesregierung gemäß § 13 Abs. 6 lit. b) dieses Gesetzes der Anhang zum Niederösterreichischen Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, als Auflistung und Einreichung der einzelnen Tätigkeiten gemäß § 13 Abs. 4 lit. a sublit. aa). Dort ist in der Gruppe D die Tätigkeit „Gas- und Wasserleitungsinstallateure“ angeführt, welche von der Beschwerdeführerin unbestritten im Jahr 2018 an einem Standort in *** ausgeübt wurde.
Aufgrund der im Tourismusgesetz verankerten Rechtsvermutung, dass Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird (§ 13 Abs. 4 lit. b NÖ Tourismusgesetz 2010), ist der Kreis der Abgabepflichtigen nicht auf die Tourismusbetriebe im engeren Sinne beschränkt, sondern schließt auch Wirtschaftsbetriebe mit ein, die – obwohl ihre Tätigkeit nicht unmittelbar auf den Tourismus abgestimmt ist – gleichfalls vom Tourismus positiv betroffen sind. Ein erhöhtes Maß an Tourismus beeinflusst erwiesenermaßen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung einer Gemeinde, einer Destination oder eines Bundeslandes.
Wie sich aus dem oben wiedergegebenen, klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt, stellt das Gesetz dadurch, dass die Tätigkeiten, bei denen "aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar ein Nutzen" gezogen wird, im Anhang ausdrücklich genannt sind, eine diesbezügliche Nutzenfiktion auf. Darauf, ob etwa im Einzelfall derjenige, der eine der im Anhang aufgezählten Tätigkeiten ausübt, aus dem Tourismus tatsächlich keinen Nutzen zieht, kommt es nach dem Gesetz nicht an.
Die Abgabenbehörde ist der Prüfung eines aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar gezogenen Nutzens im Sinne des § 13 Abs. 4 NÖ Tourismusgesetz 2010 schon deshalb enthoben, weil die Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Abgabengruppenordnung ausdrücklich genannt ist (vgl. VwGH 87/17/0346).
Ein Freibeweisen des einzelnen Abgabepflichtigen, dass dieser keinen Nutzen aus dem Tourismus zieht, ist daher nicht möglich, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die in einer Abgabengruppe ausdrücklich genannt ist oder ihr ähnlich ist (vgl. VwGH vom 93/17/0303, 93/17/0305).
Der Einwand, es werde keinerlei Nutzen aus dem Tourismus gezogen, geht daher ins Leere. Die Frage, ob der einzelne Interessent durch eine ausdrücklich in der Abgabengruppenordnung genannte Tätigkeit tatsächlich unmittelbar oder mittelbar einen Nutzen aus dem Tourismus zieht, stellt sich nicht. Es ist für das Wirtschaftsleben keineswegs charakteristisch, sondern eher atypisch, dass ein Unternehmer aus dem Tourismus keinen Nutzen zieht.
Ob die erzielten Umsätze unmittelbar fremdenverkehrsorientiert sind, d.h. „mit Touristen“ oder allenfalls betriebsfremden Kantinengästen erzielt wurden, was nach Ansicht der Beschwerdeführerin erforderlich sei, ist dementsprechend auch nicht entscheidend. Auch wenn (unbestritten) ausschließlich eine nicht öffentliche Betriebskantine betrieben wird, so ändert dies nichts an der Abgabenpflicht.
Der genannten Abgabengruppenordnung lässt sich entnehmen, dass die Tätigkeit „Gas- und Wasserleitungsinstallateure“ zur Abgabengruppe D zu zählen ist und ist die Beschwerdeführerin daher aufgrund der unwiderleglichen Nutzenfiktion des § 13 Abs. 4 lit. b des NÖ Tourismusgesetzes 2010 als Tourismusinteressent abgabepflichtig im Sinne des NÖ Tourismusgesetz 2010.
Soweit in Beschwerde bzw. Vorlageantrag angeregt wird, das Landesverwaltungsgericht möge Normprüfungsanträge stellen, so wird festgestellt, dass die geäußerten Bedenken vom Landesverwaltungsgericht nicht geteilt werden.
Gerade für Abgabenvorschriften sind typisierende bzw. pauschalierende Betrachtungsweisen aus verfahrensökonomischen Gründen durchaus üblich und können selbst im Hinblick auf allfällige Härten eines Einzelfalles dennoch keine Unbilligkeit, d.h. Gleichheitswidrigkeit, der entsprechenden Regelung begründen.
Eine derartige, aus Gründen der Verwaltungsökonomie zweckmäßige, vielfach sogar unerlässliche Durchschnittsbetrachtung rechtfertigt auch die Außerachtlassung atypischer Fälle (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1973, Slg. 7082, und die dort angegebenen weiteren Judikaturhinweise), sodass das Landesverwaltungsgericht keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der sich so darstellenden Rechtslage im Hinblick auf das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot hegt. Auch eine EU-Widrigkeit kann nicht erkannt werden
Im Übrigen ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bzw. der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Die Abgabenbehörde wie auch das Landesverwaltungsgericht sind zufolge des verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzips an die bestehenden Gesetze und Verordnungen gebunden.
Die Abgabenhöhe richtet sich nach der Einreihung der Gemeinden in Ortsklassen und der Einreihung des Unternehmens in der Abgabengruppenordnung.
Gemäß § 1 der Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen, LBGl. 7400/1 idF LGBl. 92/2015, gehört die Stadt Wiener Neustadt zu den Gemeinden der Ortsklasse I und ist der Interessentenbeitrag 2019 mit 1,1 ‰ gerechnet vom steuerbaren Umsatz des Jahres 2018 zu berechnen.
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Interessentenbeitrages ist der im zweitvorangegangenen Jahr erzielte steuerbare Jahresumsatz (im gegenständlichen Fall aus dem Jahre 2018).
Seitens des Finanzamtes *** erfolgte die Auskunft, dass der Jahresumsatz der Beschwerdeführerin im Jahr 2018 € 32.140.339,77 betragen habe.
Letztlich stellt das Ergebnis der Umsatzsteuerfestsetzung durch das zuständige Finanzamt auch eine taugliche und nachvollziehbare Grundlage zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage dar.
Allerdings handelt es sich beim Interessentenbeitrag um eine standortbezogene Abgabe. Ist ein Unternehmer in mehreren Gemeinden abgabepflichtig, so ist der Interessentenbeitrag für jede Gemeinde getrennt zu berechnen und zu entrichten.
Dementsprechend eignet sich der Jahresumsatz der Beschwerdeführerin auch nicht als Bemessungsgrundlage für den Standort ***.
Lässt sich der für die einzelnen Gemeinden von der jeweiligen Gemeinde als Berechnungsgrundlage heranzuziehende Umsatz nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand feststellen, so ist der Umsatz auf die einzelnen Gemeinden, in denen sich Standorte befinden, aufzuteilen. Eine Umsatzzuordnung könnte insbesondere nach dem Verhältnis der Löhne und Gehälter der Dienstnehmer in den einzelnen Standorten vorgenommen werden. Auskünfte (z.B. zu Kommunalsteuer oder Dienstgeberbeiträgen) über ausbezahlte Arbeitslöhne an mehreren Standorten eines Unternehmens könnten - bei gänzlicher Unterlassung der im NÖ Tourismusgesetz 2010 auferlegten qualifizierten Mitwirkungspflichten durch den Abgabepflichtigen - im Wege der Amtshilfe von den Finanzbehörden eingeholt werden. Letztlich wäre die Bemessungsgrundlage für einen Standort von der Behörde unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Umstände zu schätzen § 184 BAO) und wäre jedenfalls diesbezüglich vor Bescheiderlassung noch Parteiengehör (§ 115 Abs.2 BAO) einzuräumen.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde jedoch keinerlei Feststellungen zum steuerbaren Jahresumsatz der Beschwerdeführerin am Standort *** getroffen. Diesbezügliche Ermittlungen (§ 115 Abs.1 BAO) wurden unterlassen.
Die Aufgabe des Verwaltungsgerichtes ist nicht, die Verwaltung zu führen, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr gegenüber der Verwaltung eine Kontrollfunktion. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, anstatt seine Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen.
Hinsichtlich des standortbezogenen Jahresumsatzes hat die belangte Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, sondern – wohl im Hinblick auf die gesetzliche Höchstbemessungsgrundlage aber dennoch rechtswidrig – den Jahresumsatz des Unternehmens (an allen Standorten) der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegt. Ob durch den – nicht festgestellten - standortbezogenen Jahresumsatz die Höchstbemessungsgrundlage überschritten wird oder nicht, kann mangels entsprechender Ermittlungen überhaupt nicht beurteilt werden. Die Unterlassung dieser Ermittlungen ist dementsprechend wesentlich, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass nach Durchführung dieser Ermittlungen ein anderslautender Bescheid zu erlassen wäre.
Der in § 115 Abs. 1 BAO verankerte Amtswegigkeits- und Untersuchungsgrundsatz („Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln …“) legt der Abgabenbehörde die Verpflichtung zur Ermittlung des entscheidenden tatsächlichen Sachverhaltes auf.
Wenngleich das Verwaltungsgericht nach Art 130 Abs. 4 B-VG bzw. § 279 BAO grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, gilt dies bei Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht schlechthin.
Vielmehr besteht in derartigen Fällen aufgrund der genannten Bestimmungen in Zusammenschau mit § 278 Abs. 1 BAO eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zu einer solchen Ergänzung und einer darauffolgenden Sachentscheidung nur dann, wenn dies im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, also das Verfahren insgesamt schneller oder kostengünstiger zu einem Abschluss gebracht werden kann.
Davon kann jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die belangte Behörde wesentliche Sachverhaltsermittlungen unterlassen hat, sodass in derartigen Fällen eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Sachentscheidung nicht besteht und es sich auf eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zurückziehen kann (vgl. u.a. VwSlg. 11.795 A/1985, sowie VwGH 84/05/0097; 91/06/0235; 93/06/0242; 94/06/0006; 94/06/0137; 95/05/0293).
Im Hinblick auf die Nähe zur Sache wird die Abgabenbehörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (standortbezogener Jahresumsatz als Bemessungsgrundlage) zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Verwaltungsgericht bewerkstelligen können.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4.2. Zu Spruchpunkt 2:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Tourismusabgabe; Interessentenbeitrag; Nutzen; Verfahrensrecht; Zurückverweisung; Ermittlungspflicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.443.002.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021