TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/23 W120 2222947-1

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Veröffentlicht am 23.06.2021
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Entscheidungsdatum

23.06.2021

Norm

AMD-G §2 Z3
AMD-G §2 Z30
AMD-G §2 Z4
AMD-G §31
AMD-G §31 Abs3
AMD-G §60
AMD-G §61 Abs1
AMD-G §62 Abs1
AMD-G §62 Abs4
AMD-G §9 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W120 2222947-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Eisner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Daniela Sabetzer und Dr. Margret Kronegger als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX in XXXX vertreten durch Dr. Niki Haas, Rechtsanwalt in 1070 Wien, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 23 XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als in Spruchpunkt 1. und Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „und der Religion oder des Glaubens“ entfällt.

Spruchpunkt 1. lautet nunmehr:

„Gemäß § 61 Abs. 1 und § 62 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G), BGBI. l Nr. 84/2001 idF BGBI. l Nr. 150/2020, wird festgestellt, dass der XXXX als Anbieter des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf „ XXXX ", abrufbar unter der Internetadresse https://www.youtube.com/user/ XXXX , die Bestimmung des §31 Abs. 3 Z 2 AMD-G dadurch verletzt hat, dass der in diesem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf am 13.11.2018 bereitgestellte Beitrag zum Thema ‚E-Card-Missbrauch‘ eine Diskriminierung einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft charakterisierten Bevölkerungsgruppe durch eine negative, pauschale Darstellung enthalten und gefördert hat.“

Der zu veröffentlichende Inhalt gemäß Spruchpunkt 3. lautet nunmehr:

„Die KommAustria hat im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht über private Rundfunkveranstalter und Mediendiensteanbieter Folgendes festgestellt: In dem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf , XXXX wurde am 13.11.2018 ein Beitrag zum Thema ,E-Card-Missbrauch' bereitgestellt, der eine Diskriminierung einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft charakterisierten Bevölkerungsgruppe durch eine negative, pauschale Darstellung enthielt und förderte. Dadurch wurde das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz verletzt."

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 2019 stellte die belangte Behörde mit Spruchpunkt 1. gemäß § 60 und § 61 Abs 1 AMD-G, fest, dass der XXXX (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) als Anbieter des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf „ XXXX ", abrufbar unter der Internetadresse https:// XXXX , die Bestimmung des § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G dadurch verletzt habe, dass der in diesem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf am 13. November 2018 bereitgestellte Beitrag zum Thema „E-Card-Missbrauch" eine Diskriminierung einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft und der Religion oder des Glaubens charakterisierten Bevölkerungsgruppe durch eine negative und pauschale Darstellung enthalten und gefördert habe.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 62 Abs 4 AMD-G festgestellt, dass es sich bei der Rechtsverletzung gemäß Spruchpunkt 1. um eine schwerwiegende Verletzung des AMD-G handle.

Mit Spruchpunkt 3. wurde der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, den Spruchpunkt 1. innerhalb von sechs Wochen ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides auf dem unter der Internetadresse https:// XXXX abrufbaren audiovisuellen Mediendienst auf Abruf „ XXXX " durch Verlesung und Texteinblendung als Kanaltrailer mit einer Dauer von mindestens 45 Sekunden an einem Werktag (von Montag bis Freitag) für einen Zeitraum von 24 Stunden in näher konkretisierter Weise zu veröffentlichen.

Spruchpunkt 4. sah die Verpflichtung zur unverzüglichen Vorlage von Aufzeichnungen der Veröffentlichung nach Spruchpunkt 3. zum Nachweis der Erfüllung des Auftrags zur Veröffentlichung vor.

2.1.    Die belangte Behörde gab den Verfahrensgang, von der Einleitung des Rechtsverletzungsverfahrens, über die Vorlage der verfahrensgegenständlichen Aufzeichnungen durch die beschwerdeführende Partei und der Vorlage der Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 14. Februar 2019 und vom 08. Mai 2019 wieder.

2.2.    In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juni 2014, XXXX , bestätigt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Februar 2016, W194 2009539-1/4E, rechtskräftig festgestellt worden sei, dass es sich bei dem unter der Internetadresse https:// XXXX angebotenen Dienst um einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf gemäß § 2 Z 4 AMD-G handle. Anbieterin des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf sei zum Zeitpunkt des Feststellungsbescheides die XXXX gewesen. Die Anzeige des inhaltsgleichen audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf „ XXXX unter der Internetadresse https://www. XXXX sei gemäß § 9 Abs 1 AMD-G 2016 durch die beschwerdeführende Partei erfolgt; im Rahmen der bisherigen Aktualisierungen seien keine Änderungen des verfahrensgegenständlichen Angebotes angezeigt worden. Wie im Sachverhalt dargestellt worden sei, sei das auf dem unter der Internetadresse https://www. XXXX abrufbare Angebot „ XXXX " überwiegend redaktionell bearbeitet worden sowie seien mit Kommentaren und Interviews versehene Beiträge zu aktuellen politischen Themen bereitgestellt worden. Regelmäßig erscheine dort auch das Magazin „ XXXX ". Daneben fänden sich auch Beiträge, in denen die Tätigkeit der XXXX in der (vormaligen) Regierung, bei eigenen Veranstaltungen ua dargestellt werde. Die belangte Behörde ging aufgrund des Angebotes zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung davon aus, dass das unter der Internetadresse https:// XXXX abrufbare Angebot „ XXXX " einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf gemäß § 2 Z 4 AMD-G dargestellt habe. Dies sei im Übrigen auch von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten worden. Damit fänden die auf audiovisuelle Mediendienste auf Abruf anzuwendenden Rechtsvorschriften des AMD-G auf das verfahrensgegenständliche Angebot Anwendung. Gemäß § 2 Z 40 AMD-G liege ideelle Werbung dann vor, wenn eine Äußerung zur Unterstützung einer Sache oder einer Idee, die gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung verbreitet werde, erfolge. In den Erläuterungen zur Novelle BGBI. l Nr. 50/2010 (611 BlgNR XXIV. GP) heiße es zu dieser Bestimmung: „Die Definition der Werbung (Z 40) wurde aus § 34 Abs. 3 PrTV-G herausgelöst. Für die nunmehr ebenfalls vom Begriff der Werbung erfasste, 'ideelle Werbung' (dazu zählt etwa Werbung für eine politische Partei) gelten zwar die qualitativen Anforderungen (insbesondere Erkennbarkeit), nicht aber die quantitativen Beschränkungen des Gesetzes (siehe § 45 Abs. 3 Z 6).“ In diesem Sinne habe auch der Bundeskommunikationssenat (BKS) in seinem Bescheid vom 18. Oktober 2010, 611.919/0005-BKS/2010, festgehalten, dass ein Spot der Arbeiterkammer, der sich gegen die Steuerpläne der damaligen Regierung gewendet habe, als ideelle Werbung anzusehen sei. Der verfahrensgegenständliche Beitrag bewerbe die Ergreifung von Maßnahmen der (damaligen) Regierung gegen Sozialmissbrauch durch die Einführung eines Fotos auf der E-Card und schreibe diese dem Einfluss der XXXX in der damaligen Regierungskonstellation zu. Elemente wie das Herausstreichen der Vorteile der neuen E-Card durch die (damalige) Bundesministerin XXXX sowie der Handlungsstrang des Clips selbst (es werde beispielhaft aufgezeigt, wie und warum der Missbrauch einer E-Card durch die beworbene Maßnahme verhindert werde) seien als typische qualitativ-wertende Äußerungen zur Bewerbung der Leistungen der XXXX erfolgt (vgl. etwa die Aussage der Sprecherin: „Die Praxis akzeptiert die E-Card nicht, denn Dank der XXXX muss künftig auf jede E-Card ein Foto.“). Derartige Spots würden typischerweise vor allem im Umfeld von Wahlen zur Bewerbung von Zielsetzungen bzw. Leistungsnachweisen politischer Parteien eingesetzt. In diesem Kontext bestehe daher kein Zweifel, dass es sich auch gegenständlich um ideelle Werbung für eine Sache bzw. Idee handle. Zum zweiten Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 2 Z 40 AMD-G, dem der Entgeltlichkeit, sei auszuführen, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa VwGH 27.01.2006, 2004/04/0114) auf einen objektiven Maßstab abziele. Das bedeute, dass es nicht auf die konkrete Vereinbarung zwischen den Parteien ankomme, sondern darauf, ob nach dem Verkehrsgebrauch für eine solche Leistung üblicherweise ein Entgelt geleistet werde (vgl. dazu auch Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 457). Dies sei auch bei politischer Werbung als regelmäßig der Fall anzunehmen.

Zusammenfassend gehe die belangte Behörde daher davon aus, dass es sich bei dem am 13. November 2018 auf dem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf „ XXXX " bereitgestellten Beitrag zum Thema „E-Card- Missbrauch" um Imageförderung zugunsten der XXXX und damit um ideelle Werbung im Sinne des § 2 Z 40 AMD-G handle. Dieser Rechtsauffassung werde auch durch die beschwerdeführende Partei nicht entgegengetreten.

2.3.    Der Oberbegriff der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation gemäß § 2 Z 2 AMD-G umfasse sämtliche explizit im AMD-G definierten Unterformen, wie das Sponsoring, die Produktplatzierung und die Werbung. Damit fänden die allgemeinen Anforderungen an die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation in allen audiovisuellen Mediendiensten, also auch audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf, gemäß §§ 31ff AMD-G auf alle genannten Erscheinungsarten Anwendung (vgl. dazu auch Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 433 und 555). Ideelle Werbung stelle gemäß § 2 Z 40 AMD-G einen Unterfall von Werbung dar, daher kämen auch bei dieser die allgemeinen Regeln über audiovisuelle kommerzielle Kommunikation gemäß §§ 31ff AMD-G zum Tragen. § 31 AMD-G normiere allgemeine Anforderungen an die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation. § 31 Abs 3 AMD-G normiere unter anderem Grundsätze ethischer Natur, wie etwa den Schutz der Menschenwürde oder das Verbot von Diskriminierung von gewissen, nach Merkmalen definierten Bevölkerungsgruppen. § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G enthalte demgemäß ein Verbot, im Rahmen audiovisueller kommerzieller Kommunikation Diskriminierungen nach Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Nationalität, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexuelle Ausrichtung vorzunehmen bzw. zu fördern. Diese Bestimmung entspreche der Umsetzung einer in Art 9 Abs 1 lit c ii) der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (AVMD-RL) normierten gemeinschaftsrechtlichen Mindestanforderung an die Mitgliedstaaten. Dieses Verbot ziehe sich auch durch die gesamte Rundfunkgesetzgebung, wie etwa gegenständlich durch das AMD-G, das ORF-G (§ 13 Abs 3 Z 2 ORF-G) oder das PrR-G (§ 16 Abs 4 PrR-G).

2.4.    Generell bezeichne der Begriff „Diskriminierung“ die Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen (https://de.wikipedia.org/wiki/Diskriminierung). Der Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/Diskriminierungsverbot) definiere Diskriminierungsverbot als „durch Gesetz oder Vertrag festgelegte Bestimmung, die eine Benachteiligung von Personen[gruppen] aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Parteizugehörigkeit o. Ä. verbietet." Die belangte Behörde habe in ihrem Einleitungsschreiben zu gegenständlichem Rechtsverletzungsverfahren den Verdacht geäußert, dass aufgrund der negativen Stereotypisierung von Personen islamisch-orientalischer Herkunft allenfalls zwei Diskriminierungstatbestände gemäß § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G, nämlich eine allfällige Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und aufgrund der Religion oder des Glaubens, verwirklicht worden seien. Zum Begriff der ethnischen Herkunft könne auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union zurückgegriffen werden.

Danach beruhe der Begriff der ethnischen Herkunft auf dem Gedanken, dass gesellschaftliche Gruppen insbesondere durch eine Gemeinsamkeit der Staatsangehörigkeit, Religion, Sprache, kulturellen und traditionellen Herkunft und Lebensumgebung gekennzeichnet seien (EuGH 16.07.2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C-83/14, Rn 46). Die Begriffsdefinition des Gerichtshofes der Europäischen Union hinsichtlich der ethnischen Herkunft bezeichne demnach nicht nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation bzw. einem einheitlichen Sprachraum, sondern auch die traditionelle Herkunft, die Religion sowie die Lebensumgebung bestimmter Personengruppen. Die Erläuterungen (RV307 BlgNR 22. GP, 15) zu §§ 11 und 12 Gleichbehandlungsgesetz habe zum Begriff der „Religion“ Folgendes festgehalten: „[...] Der Begriff ,Religion' ist nicht auf Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften beschränkt. Es ist jedoch davon auszugeben, dass für eine Religion zumindest ein Bekenntnis, Vorgaben für die Lebensweise und ein Kult vorhanden sein müssen. Religion umfasst jedes religiöse, konfessionelle Bekenntnis, die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft. Brockhaus - die Enzyklopädie definiert Religion formal als ein (Glaubens-)-System, das in Lehre Praxis und Gemeinschaftsformen die letzten (Sinn-)Fragen menschlicher Gesellschaft und Individuen aufgreift und zu beantworten sucht. [...] Auch das Tragen von religiösen Symbolen und Kleidungsstücken (z.B. Turbane) fällt in den Schutzbereich, da aus den Kleidungsstücken eine bestimmte Religionszugehörigkeit der Träger/innen abgeleitet bzw. diese als Ausdruck einer bestimmten Religion aufgefasst werden. [...]". Vor dem Hintergrund dieses weiten Begriffsverständnisses bedeute dies, dass gegenständlich der von § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G angestrebte Schutzzweck der Norm hinsichtlich der Diskriminierung aufgrund von ethnischer Herkunft und von Religion und Glauben tangiert werde. Im gegenständlichen Beitrag versuche sich der Protagonist „Ali“ durch Nutzung der E-Card seines Cousins „Mustafa" Leistungen aus der Sozialversicherung, nämlich eine Behandlung durch einen Zahnarzt, zu erschleichen. Er scheitere jedoch bei seinem Vorhaben. Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, sei „Ali" im gegenständlichen Beitrag mit einem Fes, einer (vorwiegend) in islamischen Ländern getragenen Kopfbedeckung, die seit Anfang des 20. Jahrhunderts landläufig Rückwärtsgewandtheit und Fortschrittsverweigerung verkörpere, bekleidet. Als solcher werde der Fes beispielsweise von den Präsidenten Atatürk und Nasser im Rahmen ihrer Bemühungen, aus der Türkei und Ägypten säkulare und moderne Staaten zu machen, verboten (vgl. dazu etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Fes_(Kopfbedeckung) oder https://derstandard.at/2000041145826/Egalitaeres-Ding-mit-Quaste-Symbol-des-lslam). Die Namen „Ali" und „Mustafa" würden zu den beliebtesten Vornamen in islamischen Ländern zählen (https://www.vomame.com/muslimische-vornamen.html). Der Fes als typisch orientalisch-islamisches Kleidungsstück sowie die beiden Vornamen „Ali“ und „Mustafa“ würden den Durchschnittsbetrachter unmissverständlich auf eine fremdländische, genauer eine orientalisch-islamische Herkunft dieser beiden Proponenten schließen lassen. Zudem würden sich „Ali" und „Mustafa" sehr ähnlich sehen, wodurch offensichtlich die Absicht verfolgt werde, diese Personengruppe in Bausch und Bogen als typischerweise Sozialmissbrauch begehend darzustellen. Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen vorgebracht, dass der inkriminierte Beitrag keinesfalls den allgemeinen Anforderungen an die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation nach § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G widerspreche, weil es sich lediglich um ein Informationsvideo zum Thema der Einführung von Lichtbildern auf den neuen E-Cards handle und keinesfalls diskriminierende Inhalte enthalte. Das Problem des „E-Card-Missbrauches" werde satirisch aufgemacht dargestellt und bewusst auf das Stilmittel von (minimal animierten) Zeichentrickfiguren zurückgegriffen. Der politische Kontext der Darstellung sei nicht eine Debatte um Migration und behaupteten Sozialmissbrauch durch Migranten und Asylwerber gewesen, sondern der Sozialmissbrauch im Zusammenhang mit dem „E-Card-Missbrauch" durch nicht versicherte Personen im Allgemeinen. Inhalt des Spots sei also schlicht die Einführung des Lichtbildes auf der E-Card, die den Missbrauch des Sozialversicherungssystems durch jede nicht versicherte Person verhindern solle. Der Umstand, dass die Protagonisten „Ali" und „Mustafa" mit einem Fes dargestellt werden würden, habe nichts mit einer Zuordnung dieser Figuren zu einer Ethnie oder Religion zu tun. Der Fes sei vor allem in der Vergangenheit von Personen unterschiedlichster Herkunft getragen worden. Eine Zuordnung des Fes zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe sei somit nicht möglich. Der Fes, den die beiden Protagonisten des Spots trügen, solle vielmehr andeuten, dass Personen, die auf den ersten Blick Ähnlichkeiten aufwiesen, bisher die E-Cards ohne Lichtbild leichter missbrauchen hätten können. Genauso wäre auch für diese Darstellung die Wahl der Protagonisten als zwei sich ähnlich schauende Holzfäller mit den Namen Hans und Franz, die beide einen Tiroler Hut tragen, möglich gewesen.

Die beschwerdeführende Partei bringe vor, es werde satirisch aufgemacht das Problem des
E-Card-Missbrauches dargestellt und sei bewusst auf das Stilmittel von (minimal animierten) Zeichentrickfiguren zurückgegriffen worden. Dieser Analyse sei grundsätzlich zuzustimmen, müsse nur der Vollständigkeit halber um die für die Gestaltung des Beitrags bedeutsame Auswahl der stereotypisierten Proponenten, wie oben darstellt, ergänzt werden. Laut Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/Satire) sei unter Satire eine Kunstgattung (Literatur, Karikatur, Film) zu verstehen, die durch Übertreibung, Ironie und (beißenden) Spott an Personen oder Ereignissen Kritik übe, sie der Lächerlichkeit preisgäbe, Zustände anprangere, mit scharfem Witz geißle. Das bedeute zusammengefasst, Satire beziehe sich auf einen (vermeintlichen) Tatsachenkern. Das bedeute aber auch, dass für die Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Beitrags die Personen eben nicht beliebig gewählt worden seien. Selbst wenn man hier eine satirische Zuspitzung annehmen wolle, würde als Tatsachenkern transportiert werden, dass Menschen wie die männlichen Protagonisten im Beitrag, denen – wie dargestellt - stereotyp Attribute von Menschen orientalisch-islamischer Herkunft zugeschrieben würden, Sozialmissbrauch begehen würden. Dabei werde aus Sicht des durchschnittlichen Zuschauers - wie von der belangten Behörde schon bei der Verfahrenseinleitung ausgeführt – die Absicht verfolgt, die Debatte um „Sozialmissbrauch bei E-Cards" in den Kontext der Migration zu stellen, und nicht den Sozialmissbrauch bei E-Cards schlechthin zu thematisieren.

Soweit von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht werde, dass auch ein Tiroler Trachtenpärchen mit den Namen Hans und Franz oder ein sogenannter (und nicht näher definierter) „Weißer" als Protagonisten genommen werden hätten können, sei dem entgegenzuhalten, dass Maßstab der Prüfung der tatsächlich bereitgestellte Beitrag sei und eben nicht diese genannten hypothetischen Protagonisten.

Dem Vorbringen, die inkriminierte Veröffentlichung könne auch deshalb nicht als diskriminierend qualifiziert werden, weil die beiden Protagonisten, selbst wenn man sie einer bestimmten Ethnie zuordnen wolle, zeigen würden, dass nicht alle als Sozialbetrüger bzw. nicht versicherte Personen dargestellt werden würden, da „Mustafa" im Spot eine E-Card habe und somit in das Versicherungssystem einzahle, begegne die belangte Behörde damit, dass – ebenso auch aus Sicht des durchschnittlichen Zuschauers – ganz im Gegenteil der Eindruck entstehe, dass „Mustafa" ebenso am Sozialmissbrauch beteiligt sei wie „Ali“, da er diesem den Zugang zu seiner E-Card verschafft habe. Der durch die beschriebenen Merkmale (Fes, Namen, Ähnlichkeit) charakterisierten Gruppe – Personen ausländischer, genauer orientalisch-islamischer Herkunft – werde auf diese Weise im verfahrensgegenständlichen Beitrag individuelles Fehlverhalten pauschal zugeschrieben und diese durch die Darstellung bestimmter Stereotypen kollektiv charakterlich fragwürdigen und sogar strafrechtlich relevanten Verhaltens bezichtigt.

Anzufügen sei letzten Endes, dass der Beitrag sich auch herabwürdigender bzw. der Lächerlichkeit preisgebender Ausdrucksweisen und Darstellungen bediene (vgl. dazu im Einzelnen Punkt 2.2). Zu nennen wären hier der Ausdruck „schummeln" im Zitat der (vormaligen) Bundesministerin, sowie der gesenkte Kopf von „Ali'', der mit einer Träne im Auge die Praxis verlasse, nachdem er bei seinem Versuch, die Zahnbehandlung durch Vorweisen der E-Card seines Cousins „Mustafa" in Anspruch zu nehmen, höhnisch gelacht habe. Dazu komme die Bezeichnung der handelnden erwachsenen Personen lediglich per Vornamen, selbst auf der neuen E-Card finde sich nur der Vorname von „Ali", der Nachname sei (im Sinne der oben geschilderten Pauschalisierung und Beliebigkeit) durchgestrichen.

Zusammenfassend würden die oben angeführten Elemente des Beitrags, nämlich negative Stereotypisierung in Hinblick auf ethnische Herkunft und Religion oder Glauben sowie die pauschalisierende Zuschreibung von bestimmten (negativen) Charaktereigenschaften an die genannten Gruppen und deren herabwürdigende Darstellung den Eindruck des durchschnittlichen Zusehers schaffen und fördern, dass ein Missbrauch von E-Cards und damit einer Sozialleistung lediglich oder jedenfalls vornehmlich von einer bestimmten Menschengruppe begangen werde.

Zu bestreiten sei auch die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, die Sichtweise der belangten Behörde führe dazu, dass ihre Meinungsfreiheit nach Art 10 EMRK eingeschränkt werde. Art 10 Abs 2 EMRK normiere nämlich einen Gesetzesvorbehalt, ua dann, wenn die Rechte Dritter beeinträchtigt werden würden. In diesem Sinne habe der Gesetzgeber im Wege des § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G diese Rechte im Wege eines Diskriminierungsverbots konkretisiert und stelle die Feststellung einer diesbezüglichen Rechtsverletzung einen berechtigten Eingriff in diese Rechtsposition dar.

Die belangte Behörde gehe daher zusammengefasst davon aus, dass der verfahrensgegenständliche Beitrag durch die negative und pauschale Darstellung einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft und der Religion oder des Glaubens charakterisierten Bevölkerungsgruppe die Bestimmung des § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G verletzt habe.

2.5.    Gemäß § 62 Abs 4 AMD-G habe die belangte Behörde in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handle. Beim Tatbestandsmerkmal der schwerwiegenden Rechtsverletzung sei der belangten Behörde insoweit Ermessen eingeräumt, als sie nach den Umständen des Einzelfalls eine Wertung vorzunehmen habe. Jedenfalls als schwere Rechtsverletzungen anzusehen seien Verstöße gegen § 30 Abs 2 AMD-G (Aufreizen zu Hass) oder § 42 Abs 1 AMD-G (ernsthafte Beeinträchtigung der Entwicklung von Minderjährigen). Wesentliches Gebot sei für die Behörde im Rahmen der Beurteilung, ob es sich bei der vorliegenden Verletzung um eine schwerwiegende Rechtsverletzung gemäß § 62 Abs 4 AMD-G handle, unter Berücksichtigung der Freiheit der Meinungsäußerung im Sinne des Art 10 EMRK und des Zwecks der Sendung, eine Einzelfallbetrachtung anzustellen (vgl. BKS 09.03.2009, GZ 611.192/0001-BKS/2009). Die belangte Behörde habe keinen Zweifel, dass die Regelung des § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G das gleiche Schutzziel wie § 30 Abs 2 AMD-G verfolge und der Gesetzgeber einer Verletzung von § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G einen vergleichbaren Unwertgehalt zumesse wie einer Verletzung von § 30 Abs 2 AMD-G, sodass auch eine Verletzung nach § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G grundsätzlich als schwerwiegend anzusehen sei. Der vorliegende Beitrag stelle geradezu einen typischen Fall eines von der Bestimmung verpönten Inhalts dar und es seien auch keine Umstände im konkreten Fall eingetreten, die ausnahmsweise die Beurteilung des gegenständlichen Beitrags als nicht schwerwiegende Verletzung des AMD-G erlauben würden. Auch der Umstand, dass der Beitrag – offenbar auch aufgrund der starken negativen medialen Rezeption – nach kurzer Zeit wieder aus dem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf entfernt worden sei, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Gerade diese starke öffentliche Wirkung des Beitrags zeige, dass schon die kurze Veröffentlichungsdauer ausgereicht habe, den von § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G verpönten Effekt zu erzielen.

2.6.    Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 19. August 2019 Beschwerde erhoben. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass durch den Inhalt des angefochtenen Videos eine (wie auch immer) definierte Personengruppe gar nicht benachteiligt werden könne. Selbst wenn eine nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe durch die Darstellung im Video betroffen gewesen wäre (was nicht der Fall sei), könne ein politisches Werbevideo zur Aufklärung über die Einführung einer neuen Version der E-Card mit Lichtbild zur Vermeidung von Sozialmissbrauch eine Bevölkerungsgruppe nicht benachteiligen. Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt habe, normiere § 31 Abs 3 AMD-G allgemeine Anforderungen an die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, wie das Verbot der Diskriminierung gewisser, nach Merkmalen definierter Bevölkerungsgruppen. Im angefochtenen Bescheid führe die belangte Behörde dann jedoch nicht aus, welche nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe im inkriminierten Video betroffen sein sollte: „Fremdländische" Personen, die mit „orientalisch-islamischer Herkunft", bezeichnet werden würden, könnten vom gegenständlichen Diskriminierungsverbot nicht betroffen seien, weil eine derartige Umschreibung keine nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe im Sinne der angeführten Gesetzesstelle sei. Eine ethnische Zuordnung einer Bevölkerungsgruppe als „orientalisch", den die belangte Behörde aus der Darstellung der Zeichentrickfiguren jeweils mit Fes als Kopfbedeckung ableiten wolle, gehe fehl. Orient bezeichne einen sich ständig im Wandel befindlichen und somit vollkommen undefinierten Begriff, der laufend im Diskurs stehe und je nach Zugang eine vollkommen unterschiedliche geographische, politische, sprachwissenschaftliche und kulturelle Bedeutung habe. Gleich welchen dieser Diskursansätze man verfolge, werde jedoch ein zusammenhängendes Reich oder ein Staat unter diesem Begriff niemals verstanden. Seien früher unter diesem Begriff sämtliche asiatischen Länder, Länder Süd- Osteuropas, des Balkans, Afrikas, teilweise aber auch sogar Spanien, Süditalien, Kreta und Zypern subsumiert worden, so würden heute eher nur der sog Nahe Osten und die arabischislamische Welt einschließlich Türkei, lran, Afghanistan und Nordafrika, manchmal auch die Länder des südlichen Zentralasien gemeint (vgl. dazu zB die Begriffsbestimmung auf der unter https://de.wikipedia.org/wiki/Orient abrufbaren Webseite). Gleich welche Begriffsbestimmung herangezogen werde, könne jedoch keine gesellschaftliche Gruppe gemeint sein, die durch ihre Gemeinsamkeit der Staatsangehörigkeit, Religion, Sprache, kulturelle und traditionelle Herkunft und/oder Lebensumgebung gekennzeichnet sei, weil es sich jedenfalls um vollkommen heterogen zusammengesetzte Gruppen handle. Der Fes sei im Gegensatz zur Kippa (für männliche Juden) und dem Dastar (Turban der männlichen Sikhs) gerade keine religiöse Kopfbedeckung für Muslime. Der Umstand, dass die Protagonisten „Ali" und „Mustafa" mit einem Fes bzw. Fez dargestellt werden würden, habe nichts mit einer Zuordnung dieser Figuren zu einer Religion zu tun. Der Fes sei vor allem in der Vergangenheit von Personen unterschiedlichster Herkunft getragen worden. Beispielsweise sei er Teil traditionell griechischer Landestracht. Im 19. Jahrhundert habe diese Kopfbedeckung auch in Europa – somit unter Christen – Verbreitung gefunden und werde auch heute von Personen nicht-muslimischen Glaubens getragen. Zudem finde man den Fes auch als militärische Kopfbedeckung. So trage beispielsweise die italienische Elite-lnfanterietruppe der „Bersaglleri" traditionell den Fes. Eine Zuordnung des Fes zu einer religiösen Gruppe sei somit nicht möglich. Die Entwicklung des Fes und der Umstand, dass es sich dabei gerade nicht um eine religiöse Kopfbedeckung für Muslime (im Gegensatz zB zur weißen Strickhaube der Salafisten) handle, gehe auch aus dem im angefochtenen Bescheid angeführten Artikel hervor, weshalb eine Kategorisierung des Fes als religiöses Symbol durch die belangte Behörde besonders verwundere und nicht nachvollziehbar sei. Aus diesem Grund könne die Abbildung von Zeichentrick-Protagonisten in einem politischen Werbevideo mit Fes auch nicht unter den Schutzbereich des Gleichbehandlungsgesetzes fallen. Abgesehen davon werde der Fes in Österreich heute de facto gar nicht mehr getragen, weshalb die Zuordnung einer nach Merkmalen definierten Bevölkerungsgruppe bereits aus diesem Grund ausscheide.

Aus der kritisierten „Ähnlichkeit" des Aussehens der dargestellten Protagonisten könne keine Diskriminierung abgeleitet werden, weil eine Ähnlichkeit die unbedingte Voraussetzung für die Aussage im Werbevideo für die Einführung von E-Cards mit Lichtbild sei. Die Vermeidung von Sozialmissbrauch durch sich ähnlich sehende Personen sei auch der Grund, weshalb diese Maßnahme der Einführung der Lichtbilder auf den E-Cards gewählt worden sei.

Hier müsse auf die Gestaltung des inkriminierten Videos als satirisch aufgemachtes, bewusst ganz einfach gezeichnetes Video abgestellt werden. Auf diesem einfachen Niveau der Darstellung sei eine unterschiedliche Zeichnung der Gesichter der Protagonisten gar nicht möglich. Der von der belangten Behörde kritisierte Tatsachenkern der satirischen Darstellung, der angeblich im Vorwurf des Sozialmissbrauches durch Menschen orientalisch-islamischer Herkunft liegen sollte, sei falsch extrahiert. Vielmehr solle durch das inkriminierte Video dargestellt werden, dass sich ähnlich sehende Personen (gleich welcher Herkunft, Ethnie. Religion etc.) mit einer E-Card ohne Lichtbild leichter Sozialmissbrauch begehen könnten, als wenn das Lichtbild des rechtmäßigen E-Card-Inhabers auf der Karte angebracht sei. Die Darstellung des Protagonisten mit gesenktem Kopf und einer Träne im Auge nach dem fehlgeschlagenen Versuch des Sozialmissbrauchs sei wieder dem Stilmittel der vereinfachten satirischen Darstellung des Themas in einem minimal animierten Zeichentrickvideo geschuldet und stelle keinesfalls eine Herabwürdigung dar. Das gleiche gelte für die Bezeichnung der Protagonisten lediglich mit Vornamen - dies sei bei Zeichentrickfiguren erstens üblich und würde zudem auch die Anführung von Nachnamen überhaupt keinen Mehrwert für das transportierte Thema haben. In Art 10 Abs 2 MRK werde ein Gesetzesvorbehalt vorgesehen, demzufolge die Äußerungsfreiheit ua zum Schutz „der Rechte anderer" eingeschränkt werden könne. Mangels Abgrenzbarkeit einer betroffenen Personengruppe würden durch das inkriminierte Video jedoch keine Rechte Dritter verletzt werden, weshalb der angefochtene Bescheid aufgrund eines nicht zulässigen Eingriffs in dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auch Art 10 MRK widerspreche. Eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes gemäß § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft und der Religion oder des Glaubens charakterisierten Bevölkerungsgruppe durch eine negative, pauschale Darstellung komme nicht in Frage, weil im inkriminierten Video das Thema des Sozialmissbrauchs mittels E-Card (ohne Lichtbild) allgemein dargestellt werde und mangels Abgrenzbarkeit dieses verpönte Verhalten nicht einer bestimmten Bevölkerungsgruppe unterstellt werde.

Selbst wenn das inkriminierte Video als diskriminierend gemäß § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G qualifiziert werden sollte, so liege keinesfalls eine schwerwiegende Verletzung dieses Gesetzes vor. Die Feststellung einer derartigen Verletzung bleibe massiven Verletzungen der nach dieser Bestimmung geschützten Rechten vorbehalten und könne nicht hinsichtlich einer allenfalls grenzwertig zu qualifizierenden satirischen Darstellung in einem Zeichentrickvideo ausgesprochen werden. Mangels Verwirklichung des Tatbestands gemäß § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G habe auch die aufgetragene Veröffentlichung und der Auftrag zur Vorlage derselben zu entfallen.

Die beschwerdeführende Partei beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. September 2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W120 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.     XXXX und audiovisueller Mediendienst auf Abruf „ XXXX “

Der XXXX ist ein im „Amtlichen Verzeichnis der MITGLIEDER, AUSSCHÜSSE und KLUBS“ geführter Parlamentsklub mit eigener Rechtspersönlichkeit (Stand 21. April 2021).

Mit Bescheid der KommAustria vom 4. Juni 2014, XXXX , bestätigt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Februar 2016, W194 2009539-1/4E, wurde rechtskräftig festgestellt, dass es sich bei dem unter der Internetadresse https://www.
youtube.com/user/ XXXX online angebotenen Dienst um einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf gemäß § 2 Z 4 AMD-G handelt. Anbieterin des audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf war zum Zeitpunkt des Feststellungsbescheides die XXXX

Der XXXX betreibt (jedenfalls) seit dem 16. Juni 2016 unter der Internetadresse https://www.youtube.com/user/ XXXX online den mit dem oben genannten audiovisuellen Mediendienst auf Abruf inhaltsgleichen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf „ XXXX “.

Auf dem verfahrensgegenständlichen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf „ XXXX “ wurden und werden mehrmals in der Woche Video-Beiträge, vorwiegend über das politische Geschehen in Österreich und Europa, angeboten. Die Beiträge befassten sich mit aktuellen politischen Themen wie Migration, Mindestsicherung, Sport, Europa und Pflege.

Die Aufbereitung der Beiträge erfolgte ähnlich der für das klassische Fernsehen typischen Nachrichteninhalte mit Kommentaren und Interviews und mit dem Logo „ XXXX “. Regelmäßig erschien auch das Magazin „ XXXX “, dieses behandelte ebenfalls aktuelle politische Themen. Es fanden sich des Weiteren ua Beiträge, in denen die Bilanz der (damaligen) Regierungsvertreter der XXXX dargestellt wurde, wie etwa Ausschnitte von Pressekonferenzen und von XXXX -Veranstaltungen.

1.2.    Beitrag zum Thema „E-Card-Missbrauch“

Der verfahrensgegenständliche Beitrag wurde am 13. November 2018 um 10:21 Uhr erstellt und etwa gegen 11:00 Uhr unter der Internetadresse https://www.youtube.com/user/ XXXX veröffentlicht.

Er beginnt als Animation mit dem Ausschnitt eines Hauses mit der Aufschrift „Zahnarzt“; darüber hinaus findet sich am rechten oberen Bildschirmrand das Logo „ XXXX “.

Abbildung 1

Eine männliche Figur, die Schnurrbart und Fes trägt, kommt zu dieser Zahnarztpraxis.

Abbildung 2

Sprecherin:

„Das ist Ali. Ali geht heute zum Zahnarzt um seine Zähne auf Vordermann zu bringen.“

Anschließend folgt ein Szenenwechsel in den Empfangsbereich der Zahnarztpraxis.

Abbildung 3

Im Hintergrund ist ein tiefes Lachen zu hören sowie leise Musikuntermalung. „Ali“ weist der Empfangsdame eine E-Card vor.

Sprecherin:

„Aber Halt!“

Es folgt ein Buzzer-Ton.

Sprecherin:

„Ali hat eine E-Card von Mustafa, denn Ali ist im Gegensatz zu seinem Cousin gar nicht versichert.“

Zeitgleich wird auf die E-Card ohne Foto, auf der der Nachname und die Sozialversicherungsnummer mit einem schwarzen Balken versehen und damit nicht ersichtlich sind, in „Alis“ Hand heran gezoomt. Die E-Card erscheint damit groß im Bild. Sie lautet auf eine Person mit dem Vornamen „Mustafa“.

Abbildung 4

Im darauffolgenden Bild wird „Alis“ Cousin „Mustafa“, der, mit Ausnahme seines Kinnbartes, aussieht wie dieser, in einer Gedankenblase dargestellt. Auch „Mustafa“ trägt einen Fes.

Abbildung 5

Es folgt wieder ein Buzzer-Ton.

Auf dem nächsten Bild wird auf einer der Empfangsdame zugeordneten Sprechblase die oben näher dargestellte, mit Balken versehene E-Card (Abbildung 4) durchgestrichen abgebildet.

Sprecherin:

„Die Praxis akzeptiert die E-Card nicht, denn Dank der XXXX muss künftig auf jede E-Card ein Foto.“

Abbildung 6

Die Empfangsdame drückt anschließend bildlich (in Form einer Sprechblase mit einer E-Card samt Foto von „Ali“, auf der der Nachname zwar noch immer durchgestrichen, über dem Balken aber der Vorname „Ali“ eingeblendet ist) aus, dass eine mit Foto versehene E-Card erforderlich ist.

Abbildung 7

Es folgt ein Schnitt und es wird ein Interview mit XXXX , der (vormaligen) Bundesministerin für XXXX , eingespielt.

XXXX :

„Ein Missbrauch soll verhindert werden. Ein Missbrauch, dass jene sich in unser Sozialversicherungssystem schummeln, die einfach keine Sozialversicherung gezahlt haben. Deshalb ist das Foto auf der E-Card von großer Bedeutung.“

Abbildung 8

Es folgt wieder ein Szenenwechsel in die animierte Zahnarztpraxis und zu „Ali“.

Sprecherin:

„Pech gehabt Ali. Es heißt nun, Sozialmissbrauch adé.“

Zeitgleich wird „Ali“, mit gebeugtem Kopf und einer Träne im Auge vor der Empfangsdame stehend, gezeigt.

Abbildung 9

Im nächsten Bild verlässt er mit einer Träne in den Augen und gesenktem Kopf die Zahnarztpraxis.

Abbildung 10

Abschließend wird für zwei Sekunden das Logo der XXXX eingeblendet.

Abbildung 11

Der Beitrag war danach etwa für drei Stunden auf dem audiovisuellen Mediendienst auf Abruf „ XXXX “ unter der Internetadresse https://www.youtube.com/user/ XXXX abrufbar. Danach wurde er gelöscht.

Die Gesamtdauer des Beitrags beträgt ca. 38 Sekunden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in den verfahrensgegenständlichen Beitrag und in den angefochtenen Bescheid – sowie in die vorliegende Beschwerde.

Die dem angefochtenen Bescheid entnommenen und zuvor wiedergegebenen Feststellungen wurden in der vorliegenden Beschwerde nicht bestritten und können insoweit auch dieser Entscheidung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1.    Die im Beschwerdefall maßgebenden gesetzlichen Grundlagen lauten (auszugsweise) wie folgt:

3.1.1.  § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

3.1.2.  Das Bundesgesetz über audiovisuelle Mediendienste (Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz – AMD-G), BGBl. I Nr. 84/2001 idF BGBI. l Nr. 150/2020, lautet auszugsweise:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Gesetzes ist:

2. audiovisuelle kommerzielle Kommunikation: Bilder mit oder ohne Ton, die

a) der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, oder

b) der Unterstützung einer Sache oder einer Idee dienen. Diese Bilder sind einer Sendung oder im Fall der lit. a auch einem nutzergenerierten Video gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder im Fall der lit. a als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten. Zur audiovisuellen kommerziellen Kommunikation zählen jedenfalls Produktplatzierung, die Darstellung von Produktionshilfen von unbedeutendem Wert, Sponsorhinweise und auch Werbung gemäß Z 40;

3. audiovisueller Mediendienst: eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, bei der der Hauptzweck oder ein trennbarer Teil der Dienstleistung darin besteht, unter der redaktionellen Verantwortung eines Mediendiensteanbieters der Allgemeinheit Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung über elektronische Kommunikationsnetze (Art. 2 Z 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, ABl. Nr. L 321 vom 17.12.2018, S. 36) bereitzustellen; darunter fallen Fernsehprogramme und audiovisuelle Mediendienste auf Abruf;

4. audiovisueller Mediendienst auf Abruf: ein audiovisueller Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den Empfang zu dem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und auf dessen individuellen Abruf hin aus einem vom Mediendiensteanbieter festgelegten Programmkatalog bereitgestellt wird (Abrufdienst);

20. Mediendiensteanbieter: die natürliche oder juristische Person, die die redaktionelle Verantwortung für die Auswahl der audiovisuellen Inhalte des audiovisuellen Mediendienstes trägt und bestimmt, wie diese gestaltet werden;

21. Medieninhaber: ein in- oder ausländischer Inhaber einer Tages- oder Wochenzeitung oder ein in- oder ausländischer Fernseh- oder Hörfunkveranstalter;

29. Schleichwerbung: die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marke oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Mediendiensteanbieter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit über ihren eigentlichen Zweck irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt;

30. Sendung: ein einzelner, in sich geschlossener Teil eines audiovisuellen Mediendienstes, der unabhängig von seiner Länge aus einer Abfolge von Bewegtbildern mit oder ohne Ton besteht und Bestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist; der Begriff schließt insbesondere Spielfilme, Videoclips, Sportberichte, Sitcoms, Dokumentationen, Nachrichten-, Kunst- und Kultursendungen, Kindersendungen und Originalproduktionen ein;

40. Werbung: jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die in Fernsehprogrammen vom Anbieter (Fernsehwerbung) oder als Bestandteil eines audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf vom Anbieter entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet oder bereitgestellt wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. Werbung umfasst weiters jede Äußerung zur Unterstützung einer Sache oder Idee, die gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung verbreitet wird (ideelle Werbung);

“ …

Allgemeine Anforderungen an die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation

§ 31. (1) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation muss leicht als solche erkennbar sein.

(2) Schleichwerbung, unter der Wahrnehmungsgrenze liegende audiovisuelle kommerzielle Kommunikation sowie vergleichbare Praktiken sind untersagt.

(3) Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation darf nicht

1. die Menschenwürde verletzen,

2. Diskriminierungen nach Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Nationalität, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung enthalten oder fördern;

3. Verhaltensweisen fördern, die die Gesundheit oder die Sicherheit gefährden;

4. Verhaltensweisen fördern, die den Schutz der Umwelt in hohem Maße gefährden;

5. rechtswidrige Praktiken fördern;

6. irreführen oder den Interessen der Verbraucher schaden.

Umgehung strengerer Vorschriften

§ 60. (1) Gelangt die Regulierungsbehörde zum Schluss, dass ein Mediendiensteanbieter, dessen audiovisueller Mediendienst ganz oder vorwiegend auf das österreichische Publikum ausgerichtet ist, sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, um im öffentlichen Interesse liegende, gegenüber den Regelungen der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), ABl. Nr. L 95 vom 15.4.2010, S. 1, in der Fassung der Richtlinie (EU) 2018/1808, ABl. Nr. L 303 vom 28.11.2018, ausführlichere oder strengere Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu umgehen, kann sie die zuständige Regulierungsbehörde des anderen Mitgliedstaates kontaktieren, um darum zu ersuchen, sich der festgestellten Schwierigkeiten anzunehmen, und hat diesfalls gemeinsam ernsthaft und zügig zu einer beiderseits zufriedenstellenden Lösung zusammenzuarbeiten. Die Regulierungsbehörde kann dazu auch das die österreichische Vertretung in den Kontaktausschuss nach Art. 29 der zitierten Richtlinie entsendende Bundeskanzleramt kontaktieren und um Prüfung des Falles im Kontaktausschuss ersuchen.

(2) Die Regulierungsbörde kann gegen den betreffenden Mediendiensteanbieter angemessene Maßnahmen ergreifen, wenn sie

1. zu dem Schluss gelangt, dass die nach Abs. 1 unternommenen Schritte keine zufriedenstellenden Ergebnisse erbracht haben,

2. es anhand von Belegen oder Indizien als hinreichend glaubhaft gemacht ansieht (der Nachweis der Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich), dass der betreffende Mediendiensteanbieter sich in dem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, um strengere oder ausführlichere Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu umgehen,

3. der Kommission und dem anderen Mitgliedstaat und dessen Regulierungsbehörde die Absicht mitgeteilt hat, derartige Maßnahmen zu ergreifen, und die Gründe dargelegt, auf die sich ihre Beurteilung stützt,

4. dem betreffenden Mediendiensteanbieters rechtliches Gehör gewährt und insbesondere Gelegenheit gegeben hat, sich zu der behaupteten Umgehung und zu den beabsichtigten Maßnahmen zu äußern,

5. die Kommission entschieden hat, dass die Maßnahmen mit dem Unionsrecht vereinbar sind und dass die Beurteilung der Regulierungsbehörde zutreffend begründet sind.

Die Maßnahmen müssen objektiv notwendig sein, auf nichtdiskriminierende Weise angewandt werden sowie in Bezug auf die damit verfolgten Ziele verhältnismäßig sein.

(3) Entscheidet die Kommission, dass die Maßnahmen nicht mit Unionsrecht vereinbar sind, und hat sie dazu aufgefordert, die beabsichtigten Maßnahmen nicht zu ergreifen, so hat die Regulierungsbehörde von diesen Maßnahmen Abstand zu nehmen.

Beschwerden

§ 61. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet über Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden

1. einer Person, die durch diese Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

2. einer Person, die an ihrem Wohnsitz das beschwerdegegenständliche Fernsehprogramm empfangen kann oder Zugang zum beschwerdegegenständlichen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf hat, sofern eine solche Beschwerde von mindestens 120 derartigen Personen unterstützt wird. Die Unterstützung ist durch eine Unterschriftenliste nachzuweisen, aus der die Identität der Person, die die Beschwerde unterstützt, festgestellt werden kann;

3. eines Unternehmens, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch die behauptete Verletzung berührt werden;

4. einer gesetzlichen Interessenvertretung, die zum Schutz von Verbraucherinteressen ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der Bestimmungen der §§ 31 bis 34, § 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 und 2 sowie §§ 37 und 38 und §§ 42 bis 46 in Bezug auf die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation in audiovisuellen Mediendiensten hat;

5. des Vereins für Konsumenteninformation hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen der §§ 31 bis 34, § 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 und 2 sowie §§ 37 und 38 und §§ 42 bis 46 in Bezug auf die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation in audiovisuellen Mediendiensten;

6. einer der im Amtsblatt der Europäischen Union von der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Abs. 3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr. L 166 vom 11.6.1998 S. 51, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/123/EG, ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, soweit eine Verletzung der Bestimmungen der §§ 31 bis 38 und §§ 42a bis 46 hinsichtlich der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation in Fernsehprogrammen behauptet wird, sofern

a) die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

b) der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung die Antragstellung rechtfertigt.

(2) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, bei der Regulierungsbehörde einzubringen.

Feststellung der Rechtsverletzung

§ 62. (1) Die Entscheidung der Regulierungsbehörde besteht in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist. Wird von der Regulierungsbehörde eine Verletzung dieses Bundesgesetzes festgestellt, die im Zeitpunkt der Feststellung noch andauert, so hat der Mediendiensteanbieter unverzüglich einen der Rechtsansicht der Regulierungsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen.

(2) Die Regulierungsbehörde hat über Beschwerden ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde, zu entscheiden. Bei Beschwerden an die Regulierungsbehörde sind die Tage des Postenlaufs nicht einzurechnen.

(3) Die Regulierungsbehörde kann auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Mediendiensteanbieter auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm oder Mediendienst diese Veröffentlichung zu erfolgen hat.

(4) Die Regulierungsbehörde hat in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handelt.“

3.2.    Im konkreten Fall ist zu beurteilen, ob audiovisuelle kommerzielle Kommunikation vorliegt, die gegen § 31 Abs 3 Z 2 AMD-G, so wie von der belangten Behörde angenommen, verstößt. Gemäß dieser Bestimmung darf audiovisuelle kommerzielle Kommunikation nicht „Diskriminierungen nach Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Nationalität, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung enthalten oder fördern.“

3.3.    Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der verfahrensgegenständliche Beitrag eine Diskriminierung einer bestimmten, nach Merkmalen der ethnischen Herkunft und der Religion oder des Glaubens charakterisierten Bevölkerungsgruppe durch eine negative und pauschale Darstellung enthalte und gefördert habe. Zum Verständnis des Begriffes „Diskriminierung“ wurde von der belangten Behörde auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. I.2.4.) zurückgegriffen.

Die Beschwerde wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid zusammengefasst mit dem Argument, dass, selbst wenn aufgrund der Darstellung im gegenständlichen Video eine nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe betroffen gewesen wäre (was aus den näher angeführten Gründen nicht der Fall sei), ein politisches Werbevideo zur Aufklärung über die Einführung einer neuen Version der E-Card mit Lichtbild zur Vermeidung von Sozialmissbrauch eine Bevölkerungsgruppe nicht benachteiligen könne.

Unstrittig im konkreten Fall ist, dass es sich um audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, und zwar um ein Werbevideo, handelt. Fraglich ist, ob dieses Video die gesetzlichen Vorgaben einhält oder dagegen verstößt (zur unbestritten gebliebenen Anwendbarkeit des AMD-G vgl das Erkenntnis des BVwG vom 19. Februar 2016, W194 2009539-1). Im Folgenden ist dies aufgrund der inhaltlichen Gestaltung zu beurteilen. Allein aus dem Umstand, dass aus Sicht der beschwerdeführenden Partei über die Einführung einer neuen E-Card aufgeklärt werden soll, kann jedenfalls nicht die Rechtmäßigkeit der Zurverfügungstellung des Videos ohne inhaltliche Beurteilung abgeleitet werden.

3.4.    Die beschwerdeführende Partei erblickt eine (weitere) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die belangte Behörde nicht ausführe, welche nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe im inkriminierten Video betroffen sein sollte. „Fremdländische" Personen „orientalisch-islamischer Herkunft" könnten vom gegenständlichen Diskriminierungsverbot nicht betroffen sein, weil eine derartige Umschreibung keine nach Merkmalen definierte Bevölkerungsgruppe im Sinne der angeführten Gesetzesstelle sei. Eine ethnische Zuordnung einer Bevölkerungsgruppe als „orientalisch", den die belangte Behörde aus der Darstellung der Zeichentrickfiguren jeweils mit Fes als Kopfbedeckung ableiten wolle, gehe fehl. „Orient“ bezeichne einen sich ständig im Wandel befindlichen und somit vollkommen undefinierten Begriff, der laufend im Diskurs stehe und je nach Zugang eine vollkommen unterschiedliche geographische, politische, sprachwissenschaftliche und kulturelle Bedeutung habe. Der Fes sei im Gegensatz zur Kippa (für männliche Juden) und dem Dastar (Turban der männlichen Sikhs) gerade keine religiöse Kopfbedeckung für Muslime. Der Umstand, dass die Protagonisten „Ali" und „Mustafa" mit einem Fes bzw. Fez dargestellt werden würden, habe nichts mit einer Zuordnung dieser Figuren zu einer Religion zu tun.

3.4.1.  Entscheidungswesentlich hielt die belangte Behörde diesbezüglich fest, dass der Fes als typisch orientalisch-islamisches Kleidungsstück sowie die beiden Vornamen „Ali“ und „Mustafa" den Durchschnittsbetrachter unmissverständlich auf eine fremdländische, genauer eine orientalisch-islamische, Herkunft dieser beiden Proponenten schließen lassen. Zudem sehen sich „Ali" und „Mustafa" sehr ähnlich, wodurch offensichtlich die Absicht verfolgt worden sei, diese Personengruppe in Bausch und Bogen als typischerweise Sozialmissbrauch begehend darzustellen.

3.4.2.  Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur Frage der Diskriminierung wegen nationaler Herkunft im Zusammenhang mit Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG Folgendes aus (vgl. VwGH 24.04.2018, Ro 2017/03/0016):

„8 Die sich im Revisionsverfahren stellende Frage ist damit, ob durch Postings, in denen auf der Facebook-Seite eines Lokals (und auf dem Twitter-Account des Lokals) ‚Wir sind ab jetzt wieder asylantenfrei‘ verkündet wird (wobei dies auf Facebook um einen Satz ergänzt wird, in dem darauf hingewiesen wird, dass, um dieses ‚Problem‘ - womit nur gemeint sein kann, dass das Lokal zwischenzeitlich nicht ‚asylantenfrei‘ gewesen sei - zu stoppen, ein Eintritt eingeführt worden sei), eine Diskriminierung im Sinne des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG bewirkt werden kann.

[…]

19 Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG verbietet die Diskriminierung unter anderem aus Gründen der nationalen oder ethnischen Herkunft oder des religiösen Bekenntnisses. Eine demnach verpönte Diskriminierung kann sowohl darauf abstellen, dass die diskriminierte Person einer Ethnie, Nation oder Religion angehört, als auch, dass sie einer solchen Ethnie, Nation oder Religion nicht angehört.

20 Im Revisionsfall bezogen sich die Postings auf ‚Asylanten‘; dabei handelt es sich um keinen Rechtsbegriff, sondern um eine - auch als abwertend empfundene (vgl. Österreichisches Wörterbuch, 41. Auflage, S. 64) - Bezeichnung für Personen, die Asyl suchen. Die Personengruppe der Asylwerber ist verbunden durch das ihnen gemeinsame charakteristische Merkmal, nicht österreichische Staatsangehörige zu sein, mögen sie auch unterschiedlichen Staaten angehören und sich von anderen Ausländern, die nicht Asylwerber sind, unterscheiden. Eine Diskriminierung aufgrund der nationalen Herkunft verlangt nicht zwingend, dass die diskriminierte Personengruppe durch das Vorhandensein oder Fehlen einer bestimmten nationalen Herkunft bereits abschließend definiert ist, sodass auch eine Einschränkung auf einen ausreichend bestimmten Teil einer nach der nationalen Herkunft abgegrenzten Gruppe (hier: Asylwerber) dann nichts daran ändert, dass eine Diskriminierung aufgrund der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Nation vorliegen kann, wenn die (fehlende) Zugehörigkeit ein wesentliches Element der Zielrichtung der Tathandlung darstellt (in diesem Sinn OGH 5.4.2017, 15 Os 25/17s, zur vergleichbaren Frage der Abgrenzung der von Verhetzung im Sinne des § 283 Abs. 1 Z 1 StGB betroffenen Gruppe). Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat - und von der mitbeteiligten Partei auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wie auch in der Revisionsbeantwortung nicht in Zweifel gezogen wurde - bestehen daher keine Bedenken dagegen, Diskriminierungen von Asylwerbern unter den Tatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG (als Diskriminierung aufgrund nationaler Herkunft) zu subsumieren.

21 Der in Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG seit der Novelle BGBl. I Nr. 50/2012 verwendete Begriff ‚diskriminiert‘ wird weder im Gesetz selbst noch in den Gesetzesmaterialien definiert. Bei Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG handelt es sich um eine Ausführungsbestimmung zum Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (das auf die "Beseitigung der rassischen Diskriminierung in allen ihren Formen" gerichtet ist). Diese Bestimmung ist daher im Lichte dieses Übereinkommens sowie des BVG zur Durchführung des genannten Übereinkommens, BGBl Nr. 390/1973 (das "jede Form rassischer Diskriminierung" verbietet), auszulegen. Schon dies steht einem einschränkenden Verständnis des Diskriminierungsbegriffes, wonach bloß unmittelbare, nicht aber mittelbare Diskriminierung verboten wäre, entgegen.

22 Für dieses Verständnis spricht auch, dass zum Zeitpunkt der Novelle BGBl. I Nr. 50/2012 bereits auf einen gef

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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