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L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AgrVG §9 Abs2 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde
1.)
des JP, 2.) der MP, 3.) des JB, 4.) der A, 5.) des X und
6.)
der Z, alle in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1995, Zl. VI/3-AO-298/16, betreffend Zusammenlegungsplan und Bewertungsplan im Zusammenlegungsverfahren N (mitbeteiligte Parteien: 1.) JF und 2.) MF, beide in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides (teilweise Aufhebung des Bewertungsplanes N) wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides (teilweise Aufhebung des Zusammenlegungsplanes N.) richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Berufung der mitbeteiligten Parteien (mP) gegen den von der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde (AB) im Zusammenlegungsverfahren N. erlassenen Zusammenlegungsplan erklärte die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. November 1995 den Bewertungsplan N. (Bescheid der AB vom 29. September 1989) auf einer näher bezeichneten Teilfläche für nichtig (Spruchpunkt 1).
Unter Spruchpunkt 2 wurde der Zusammenlegungsplan N. (Bescheid der AB vom 31. Jänner 1994) in Ansehung der Abfindungen der mP sowie der Beschwerdeführer und A.N. behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die AB zurückverwiesen.
In der Begründung heißt es, die mP hätten gegen den Zusammenlegungsplan mit der Begründung berufen, das ihnen zugeteilte Abfindungsgrundstück Nr. 690 sei zu einem Großteil vernäßt, was bei den eingebrachten Altgrundstücken nicht der Fall gewesen sei. Auf Grund dieser Vernässung sei eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht möglich. Örtliche Erhebungen durch Mitglieder der belangten Behörde hätten ergeben, daß im Mittelteil des Abfindungsgrundstückes Nr. 690 eine Naßstelle liege, die naturgemäß abhängig von den Witterungsverhältnissen in ihrer Ausdehnung schwanke. Am Tag der Erhebungen habe eine Fläche von ca. 3.960 m2 als vernäßt bezeichnet werden können. Die Ursache der Vernässung werde in einem geohydrologischen Gutachten des Dr. H. vom Niederösterreichischen Gebietsbauamt II im Bau der Autobahn und in den Maßnahmen im Zuge der Errichtung des Autobahnzubringers gesehen. Südwestlich des Grundstückes Nr. 690 liege im ausgeschlossenen Gebiet ein Retentionsbecken, welches Oberflächenwasser aufnehme, das aus dem Durchlaß unter dem Autobahnzubringer komme. Es werde angenommen, daß aus diesem Becken Wasser über einer undurchlässigen Bodenschicht in der Geländetiefenlinie vom Becken aus zum Mittelteil des Grundstückes Nr. 690 "krieche". Da der Mittelteil des Grundstückes Nr. 690 in einer Mulde liege, sei wahrscheinlich, daß die undurchlässige Bodenschicht in diesem Bereich relativ nahe an der Oberfläche liege und daher Wasser bis in die Ackerkrume aufgestaut werde. Durch diesen Mißstand könnten die mP ihr Grundstück nicht ordnungsgemäß bewirtschaften. Auf Grund der Erklärungen der mP und der Aktenlage ergebe sich, daß diese Vernässung bereits zum Zeitpunkt der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens gegeben gewesen sein müsse. Die mP hätten auf ihren Altgrundstücken keine Naßstelle gehabt. Die nun vorhandene Naßstelle als nicht zu vernachlässigendes Bewirtschaftungshindernis sei aber dazu geeignet, die tunlichst gleiche Beschaffenheit der neuen Grundstücke im Vergleich zu den Altgrundstücken in Zweifel zu ziehen. Da die Naßstelle offensichtlich schon zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung vorhanden gewesen sei, hätten diese Bodenverhältnisse in der amtlich durchgeführten Bewertung ihren Niederschlag finden müssen, was aber nicht geschehen sei. Damit sei auf der betreffenden Teilfläche des Operationsgebiets die Bewertung falsch festgelegt worden. Die belangte Behörde habe sich daher veranlaßt gesehen, die Bewertung auf dieser Teilfläche als nichtig zu erklären. Die AB werde den Bewertungsplan für diesen Bereich neu erlassen müssen. Von der neu festzulegenden Bewertung und der damit verbundenen Bewertungsänderung seien nicht nur die mP, sondern auch jene Eigentümer von Abfindungsgrundstücken betroffen, die in dem von der Nichtigerklärung betroffenen Gebiet Grundstücke im Altbestand besessen hätten und auch jene Eigentümer, deren Abfindungsgrundstücke im von der Nichtigerklärung betroffenen Gebiet gelegen seien. Diese Eigentümer könnten auch zusätzlich von einer eventuellen Nachbewertung betroffen werden, wenn durch geeignete Maßnahmen eine Änderung der Bodenverhältnisse erreicht werden könne. Es sei daher gleichzeitig für alle diese Parteien der Zusammenlegungsplan zu beheben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, die belangte Behörde habe keine Feststellungen darüber getroffen, wann das Zusammenlegungsverfahren eingeleitet worden sei, wann die Vernässung eingetreten und wann die Bewertung durchgeführt worden sei. Das Verfahren leide daher an wesentlichen Feststellungsmängeln, da das Zusammenlegungsverfahren 1989 eingeleitet worden sei, der Bewertungsplan vom September 1989 stamme und erste Vernässungen erst im April 1992 aufgetreten und zu diesem Zeitpunkt von den mP gerügt worden seien. Die mP hätten die Grundabfindung mit ihrer Zustimmung übernommen. Sie hätten sich um Zuteilung dieser Abfindung beworben, was angesichts ihrer vorherigen Kenntnis dieser Teilfläche als Anrainer wohl ebenfalls gegen eine zum Zeitpunkt der Bewertung bereits vorhandene Vernässung spreche. Weiters hätten die mP nach Zuteilung dieser Abfindung diese als neue Bewirtschafter im ersten Jahr ohne Anzeichen einer Vernässung und bei einer der damals guten Qualität dieser Fläche entsprechenden guten Ernte bewirtschaften können. Die Bewertung sei daher richtig gewesen. Für eine Anwendung des § 12 Abs. 3 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes bleibe kein Raum.
Die belangte Behörde habe den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen. Aus der Aktenlage ergebe sich nämlich nicht, daß die Vernässung schon bei Verfahrenseinleitung vorhanden gewesen sei und daß die mP derartiges vorgebracht hätten.
Die belangte Behörde habe auch den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt, weil sie den beschwerdeführenden Parteien keine Möglichkeit gegeben habe, zu der Feststellung, daß die Vernässungen bereits vor Verfahrenseinleitung vorhanden gewesen seien, Stellung zu nehmen. Hätten die beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, hätten sie entsprechende Gegenbeweise vorgebracht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, daß die belangte Behörde § 12 Abs. 3 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG) nicht angewandt hat, sodaß die diesbezüglichen Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien ins Leere gehen.
Nach § 12 Abs. 5 FLG leidet der Bewertungsplan bis zur Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler (§ 68 Abs. 4 lit. d AVG), wenn die Bewertung eines Grundstückes oder Grundstücksteiles unrichtig ist.
Die belangte Behörde erblickt die Unrichtigkeit des Bewertungsplanes darin, daß eine schon bei Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens vorhandene Naßstelle, die sich wertmindernd auswirkt, bei der Bewertung nicht berücksichtigt wurde. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten, daß die Naßstelle schon zur Zeit der Bewertung vorhanden war und bemängeln die Verweigerung des Parteiengehörs zu dieser Frage.
Mit diesem Vorbringen sind sie im Ergebnis im Recht.
Die belangte Behörde stützt ihre Annahme, daß die Vernässungen zumindest im Sommer 1989 bekannt waren, auf das Gutachten des Dr. H. vom 24. August 1994 und den darin enthaltenen Hinweis auf die Stellungnahme desselben Gutachters vom 13. August 1992. In diesen beiden Sachverständigenäußerungen finden sich aber keine Aussagen, die ausreichten, das Vorhandensein der Naßstelle schon 1989 (Bewertungsjahr) zu dokumentieren. Zum einen läßt sich den Äußerungen des Sachverständigen der Zeitpunkt nicht entnehmen, zu dem der Autobahnzubringer und damit verbunden das Retentionsbecken gebaut wurden. Zum anderen setzt sich der Sachverständige nur mit den Ursachen der Vernässung auseinander, ohne anzugeben, ob diese Vernässung zeitlich zwingend unmittelbar mit der Verwirklichung jener Autobahnbaumaßnahmen eingetreten ist, die als ihre Ursache angesehen werden oder ob sie erst als Folge dieser Maßnahmen eingetreten ist. Daß der Autobahnbau Ursache für die Vernässung war, sagt für sich allein noch nichts über den zeitlichen Zusammenhang von Ursache und Wirkung, könnte es doch durchaus, abhängig von den konkreten Umständen des Falles, sein, daß die Ursache der Vernässung zwar im Autobahnbau zu erblicken ist, daß die Wirkung dieser Ursache aber erst mit einer gewissen Zeitverzögerung eintrat. Somit steht auch nicht fest, ob bereits zum Zeitpunkt der Bewertung die Vernässung aufgetreten ist. Daß allenfalls ihre Ursache schon zu diesem Zeitpunkt vorhanden war, würde eine Nichtigerklärung des Bewertungsplanes nicht rechtfertigen, da § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG nicht zur Anwendung kommt, wenn ein Widerspruch des Bescheides der Unterbehörde mit dem Gesetz nur dann feststellbar ist, wenn von einem Sachverhalt ausgegangen wird, von dem die Unterbehörde gar nicht ausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1979, Zl. 1543/78).
Im Recht sind die beschwerdeführenden Parteien auch mit ihrem Vorwurf, der belangten Behörde sei ein relevanter Verfahrensmangel unterlaufen, weil sie ihnen das Parteiengehör verweigert habe. Die Berufung der belangten Behörde in der Gegenschrift auf § 9 AgrVG vermag die Unterlassung des Parteiengehörs nicht zu rechtfertigen. § 9 Abs. 2 lit. f leg. cit. entbindet die Behörde nur von der Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nicht aber von der Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich der teilweisen Aufhebung des Bewertungsplanes als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die belangte Behörde begründet die teilweise Aufhebung des Zusammenlegungsplanes N. damit, daß den mP Abfindungsgrundstücke zugeteilt wurden, die eine die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Abfindung unmöglich machende Vernässung von beträchtlicher Größe aufweisen, während die in die Zusammenlegung eingebrachten Grundstücke keine derartigen Vernässungen aufwiesen. Darin erblickt die belangte Behörde zu Recht eine Verletzung des § 17 Abs. 1 des niederösterr. Flurverfassungslandesgesetzes (FLG), wonach jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch darauf hat, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 2 bis 8 mit dem gemäß § 11 Abs. 1 bis 6 ermittelten Wert ihrer dem Verfahren unterzogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden.
Die Beschwerdeführer setzen sich in ihrer Beschwerde fast ausschließlich mit der teilweisen Aufhebung des Bewertungsplanes auseinander. Daß sich diese Aufhebung als rechtswidrig erweist, bedeutet aber nicht, daß auch die teilweise Aufhebung des Zusammenlegungsplanes rechtswidrig ist.
Der Behauptung der Beschwerdeführer, die mP hätten sich um die Abfindung, deren Zuteilung sie dann bekämpften, beworben, ist zu erwidern, daß dies, selbst wenn die Behauptung der Beschwerdeführer zutreffen würde, an der Rechtswidrigkeit des von der Erstbehörde erlassenen Zusammenlegungsplanes nichts änderte. Eine solche "Bewerbung" war für die mP nicht bindend, da die typische Wunschabfindungserklärung keine bindende Erklärung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 90/07/0135). Im übrigen trifft die Behauptung der Beschwerdeführer, die mP hätten sich um die in Rede stehende Abfindung beworben, nicht zu. Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift aufgezeigt hat, haben die mP eine Abfindung im westlichen Teil des Riedes W. gewünscht, ohne jedoch diesen Wunsch lagemäßig näher einzugrenzen. Aus den dargestellten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides richtet, weshalb sie diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für nicht erforderliche Beschwerde- und Bescheidausfertigungen.
Schlagworte
Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996070125.X00Im RIS seit
20.11.2000