TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/2 I406 2175303-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2021
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Entscheidungsdatum

02.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
AVG §13 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
IntG §10 Abs2
IntG §11 Abs2
IntG §9 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs2

Spruch


I406 2174343-1/24E

I406 2175292-1/22E

I406 2175300-1/19E

I406 2175305-1/19E

I406 2175298-1/19E

I406 2175303-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter und XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter, alle vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Sebastian SIUDAK, Blütenstraße 15, 4040 Linz, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.08.2017, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX und Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2021

A)

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerdeverfahren werden hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. wegen Zurückziehung der Beschwerden im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

1.       Die Beschwerden gegen Spruchpunkte III., erster Satz der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

2.       In Stattgabe der Beschwerde werden die übrigen Spruchpunkte behoben und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführer gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG für auf Dauer unzulässig erklärt.

3.       Gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 wird den Beschwerdeführern der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Die Verfahren des am XXXX geborenen Erstbeschwerdeführers (BF1), seiner Ehefrau, der am XXXX geborenen Zweitbeschwerdeführerin (BF2), sowie ihrer vier gemeinsamen Kinder, des am XXXX geborenen Drittbeschwerdeführers (BF3), der am XXXX geborenen Viertbeschwerdeführerin (BF4), des am XXXX geborenen Fünftbeschwerdeführers (BF5) und der am XXXX geborenen Sechstbeschwerdeführerin (BF6) werden als Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG geführt. Die minderjährigen BF5 und BF6 werden im Verfahren durch ihre Mutter vertreten.

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige. Sie reisten gemeinsam unter Umgehung der Grenzkontrollen im September 2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 21.09.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin – auf das Wesentlichste zusammengefasst – an, sie seien im Irak wegen der Ehe des BF1, der sunnitischen Glaubens sei, mit der BF2, die schiitischen Glaubens sei, verfolgt worden. Ihre vier zum Zeitpunkt der Asylantragstellung minderjährigen Kinder machten keine eigenen Fluchtgründe geltend.

2.       Am 30.05.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin durch die belangte Behörde statt.

Der BF1 erklärte, die BF2 und er seien im Jahr 2007 wegen ihrer, trotz unterschiedlicher Glaubensrichtung geschlossenen Ehe in Bagdad bedroht worden. Aus diesem Grund seien sie nach Karbala gezogen, wo der BF1 als Sunnit Schwierigkeiten gehabt habe. Der BF1 sei im Jahr 2011 nach Bagdad zurückgekehrt, während seine Familie in Karbala geblieben sei. In Kurdistan habe er keine Arbeit gefunden. Im April 2015 sei er vor den Augen seiner Familie, die ihn gerade besucht habe, von schiitischen Milizen entführt worden. Er sei zwei Monate in Gefangenschaft gewesen und niemand habe gewusst, wo er sei. Sein Haus sei verkauft worden, um das Lösegeld für seine Freilassung zu bezahlen.

Die BF2 machte geltend, die gleichen Probleme wie ihr Mann gehabt zu haben. Sie möchte mit ihrem Mann und den Kindern zusammenleben. Ihre Kinder haben im Irak gelitten, weil sie immer zwischen Karbala und Bagdad gependelt seien.

Es wurden die Personalausweise der Beschwerdeführer sowie ein Konvolut an Unterlagen betreffend ihre Integration in Österreich vorgelegt.

3.       Mit den sechs im Spruch genannten Bescheiden, jeweils vom 17.08.2017, wies das BFA die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkte II.) ab. Zugleich wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Es wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak zulässig ist (Spruchpunkte III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkte IV.).

4.       Gegen diese Bescheide wurde mit Schriftsatz der damaligen Rechtsvertretung der Beschwerdeführer vom 04.09.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Beschwerdeführer monierten inhaltliche Rechtswidrigkeit, unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung. Der Beschwerde beigelegt waren drei handschriftliche Schreiben des Drittbeschwerdeführers, der Viertbeschwerdeführerin und des Fünftbeschwerdeführers und Unterlagen betreffend die Integration der Familie.

5.       Beschwerden und Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.11.2017 vorgelegt.

6.       Mit Schreiben vom 04.01.2018 und vom 04.09.2018 wurde ein Konvolut an Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer vorgelegt.

7.       Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.09.2018 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung I406 neu zugewiesen, wo der Beschwerdeakt am 04.10.2018 einlangte.

8.       Am 23.06.2019, 21.10.2019, 11.02.2020 übermittelten die Beschwerdeführer ein Auskunftsersuchen per E-Mail an das Bundesverwaltungsgericht.

9.       Am 27.01.2021 gab die BBU GmbH die ihr von den Beschwerdeführern erteilte Vertretungsvollmacht bekannt, die in weiterer Folge am 20.07.2021 zurückgelegt wurde.

10.      Am 31.05.2021 gab die nunmehrige Rechtsvertretung der Beschwerdeführer die ihr erteilte Vollmacht bekannt und übermittelte am 31.05.2021, 06.07.2021 und 07.07.2021 umfangreiche Unterlagen zu ihrer Integration im Bundesgebiet.

11.      Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.07.2021 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache, der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung und in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Im Rahmen der Verhandlung zogen die Beschwerdeführer ihre Beschwerden gegen Spruchpunkte I. und II. der im Spruch genannten Bescheide zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige, bekennen sich zum muslimischen Glauben und gehören der Volksgruppe der Araber an. Ihre Identitäten stehen fest.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind volljährig und seit 10.06.2001 miteinander verheiratet. Die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind ihre gemeinsamen Kinder.

Der Erstbeschwerdeführer wurde in Bagdad geboren. Er wuchs im Viertel XXXX auf, absolvierte eine 12-jährige Schulbildung und im Anschluss ein IT-Studium an der Universität. Ab 2007 lebte er vorübergehend mit seiner Familie in Kerbala, rund 80 km südlich von Bagdad, 2011 kehrte er allein nach Bagdad zurück. Ab 2004 bis zu seiner Ausreise war er beim XXXX tätig. Durch diese Tätigkeit erwirtschaftete er sein Einkommen und sicherte dadurch sowohl seinen, als auch den Lebensunterhalt der Zweitbeschwerdeführerin und der gemeinsamen Kinder.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Kerbala geboren und wuchs in ihrer Geburtsstadt auf. Sie besuchte dort vierzehn Jahre lang die Schule und machte danach eine Ausbildung als Englischlehrerin. Nach ihrer Eheschließung übersiedelte sie zu ihrem Mann nach Bagdad, ab 2007 lebte sie wieder in Kerbala. Sie war in dort und auch in Bagdad als Englischlehrerin tätig und pendelte mit ihren Kindern zwischen diesen beiden Orten.

Die Dritt-, Viert- Fünft- und Sechstbeschwerdeführer waren zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Irak 13 (BF3), zwölf (BF4), sieben (BF5) und vier (BF6) Jahre alt.

Die Beschwerdeführer reisten legal auf dem Luftweg aus dem Irak aus und im September 2015 nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet ein. Sie stellten am 21.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführer verfügen über ein schützenswertes Privatleben in Österreich. Sie zeigen sich seit ihrer Ankunft in Österreich um ihre Integration bemüht, haben mehrere Freunde und Unterstützer in Österreich gefunden und werden von ihren Mitmenschen geschätzt. Die Beschwerdeführer nehmen aktiv am kulturellen und sozialen Leben in XXXX teil, wo sie seit Oktober 2015 leben. Sie engagieren sich ehrenamtlich im Pfarrhof, im Garten und im Kirchengebäude der Stadtpfarre XXXX , die ihnen eine Unterkunft vermietet. Sie werden von einem Freund mit monatlichen Zahlungen in Höhe von EUR 180,00 unterstützt.

Der Erstbeschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse bis zum Niveau B1 sowie einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF besucht, am 13.12.2016 das ÖSD Zertifikat A1, am 28.03.2018 das ÖSD Zertifikat A2 und am 31.08.2019 die Integrationsprüfung B1 des ÖIF absolviert. Er hat sich im Jahr 2017 beim AMS um eine Arbeit in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gartenbau, Grünflächenpflege oder Tierzucht bemüht und 2019 eine Ausbildung zum Führen von Hubstaplern absolviert. Er ist seit Oktober 2017 Elternvereinsmitglied an der Volksschule seiner Kinder. Er hat sich im Oktober 2018 freiwillig beim Aufbau der Messe „ XXXX “ betätigt, von 03.08.2020 bis 07.08.2020 ein Schnupperpraktikum an der Schule XXXX absolviert, an einem 16-stündigen Erste Hilfe Grundkurs des Österreichischen Roten Kreuzes teilgenommen und engagiert sich ehrenamtlich in der Stadtpfarre XXXX . Der Erstbeschwerdeführer war zwischen Oktober 2017 und März 2021 fallweise im Rahmen des Dienstleistungsschecks geringfügig beschäftigt. Seit Oktober 2019 verfügt er über eine Berechtigung für das Gewerbe „ XXXX “, wobei seine Gewerbeausübung vorübergehend zwischen 01.04.2020 und 30.06.2021 ruhend gemeldet war. Außerdem kann er eine Einstellungszusage eines Personalbereitstellungsunternehmens älteren Datums sowie eine aktuelle Einstellungszusage eines Handyshops für die Tätigkeit als Verkäufer vorweisen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat mehrere Deutschkurse bis zum Niveau B1 und einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF besucht. Am 28.03.2018 absolvierte sie eine ÖSD Prüfung A2. Am 25.11.2019 bestand sie das Modul Werte- und Orientierungswissen einer ÖIF-Integrationsprüfung B1, wobei sie in den Modulen Hören/Lesen, Schreiben und Sprechen jeweils lediglich das Niveau A2 erreichte, sodass das Gesamtergebnis „Nicht bestanden“ lautete. Sie hat zwischen Oktober 2016 und Juni 2018 das Elternbildungsprogramm „ XXXX “ der XXXX besucht, an verschiedenen Workshops aus der Reihe XXXX teilgenommen, von Februar bis November 2020 und von Juni 2020 bis Juni 2021 drei Basislehrgänge zum Leiten einer interkulturellen Eltern-Kind-Gruppe der XXXX absolviert und ist bei der XXXX ehrenamtliche Mitarbeiterin. Weiters hat sie den Kindergarten XXXX bei verschiedenen Ausflügen begleitet, ab Herbst 2018 ehrenamtlich das Kindergartenteam des XXXX unterstützt, war im August 2019 an der Leitung einer interkulturellen Spielgruppe beteiligt, engagiert sich ehrenamtlich in der Stadtpfarre XXXX und hat am 26.05.2021 einen Erste-Hilfe-Kurs des XXXX besucht. Von August 2018 bis Juli 2019 ging sie für insgesamt 10 Stunden einer geringfügigen Beschäftigung über Dienstleistungsschecks nach. Sie kann eine Einstellungszusage für eine geringfügige Beschäftigung beim Verein XXXX vorweisen. Seit Oktober 2020 verfügt sie über eine Gewerbeberechtigung für XXXX und bringt dabei monatlich zwischen EUR 300,00 und 400,00 ins Verdienen.

Der Drittbeschwerdeführer besucht den zweiten Jahrgang einer HTL für XXXX , Ausbildungsschwerpunkt XXXX und ist Mitglied eines Fußballvereins. Er war gelegentlich geringfügig in einem Privathaushalt über Dienstleistungsschecks beschäftigt. Die Viertbeschwerdeführerin besucht die zweite Schulstufe des XXXX an einem BORG, ist Teil des Stipendienprogrammes „ XXXX , hat an der XXXX , lernt seit mehreren Jahren Querflöte an einer Musikschule und ist Mitglied in einem Instrumentalensemble. Sie hat einen 16-stündigen Erste Hilfe Grundkurs absolviert und am 27. und 28. März 2021 freiwillig beim XXXX mitgearbeitet. Außerdem ging sie einer geringfügigen Beschäftigung über Dienstleistungsschecks nach und verfügt über eine Einstellungszusage für die Tätigkeit als Verkäuferin in einem Handyshop. Der Fünftbeschwerdeführer besucht die zweite Klasse eines wirtschaftskundlichen Realgymnasiums und ist Mitglied eines Fußballvereins. Die Sechstbeschwerdeführerin besucht die dritte Klasse einer Volksschule und lernt Violine an der Musikschule. Sie sind gute und engagierte Schüler, haben sehr gute Deutschkenntnisse erworben, an außerschulischen Aktivitäten teilgenommen und sich in ihrer Klassengemeinschaft gut integriert. Die Viertbeschwerdeführerin, der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin haben bereits mehrmals an der Sternsingeraktion teilgenommen, die Viert- und die Sechstbeschwerdeführerin musizieren regelmäßig bei Gottesdiensten und anderen Pfarrveranstaltungen.

Die Familie bestreitet ihren Lebensunterhalt durch den Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und lebt in einer Mietwohnung der Stadtpfarre XXXX .

Die Erst-, Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten, der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin sind nicht strafmündig.

Die Beschwerdeführer haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.07.2021 ihre Beschwerden gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten Spruchpunkt II.) zurückgezogen.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Beschwerden und in die angefochtenen Bescheide, in die vorgelegten Verwaltungsakte unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch Befragung der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.07.2021.

Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister, dem Schengener Informationssystem und dem Betreuungsinformationssystem wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zu den Beschwerdeführern:

Die Identität der Beschwerdeführer steht aufgrund der vorliegenden irakischen Personalausweise fest.

Die Feststellungen zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu ihrer Herkunft gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde, sowie den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Aufgrund der glaubhaften Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer sowie der sich im Verwaltungsakt befindlichen Heiratsurkunde ist belegt, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer miteinander verheiratet und die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer ihre gemeinsamen Kinder sind.

Die Feststellungen hinsichtlich der Schulbildung und Arbeitserfahrung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie der Lebenssituation ihrer Familie im Irak ergeben sich aus deren glaubhaften Angaben im Rahmen ihrer Einvernahmen im Administrativverfahren und vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung zum Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich und zu ihrer Asylantragsstellung ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den eingeholten zmr-Abfragen und ihren eigenen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Auf den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Administrativ- und im Beschwerdeverfahren gründen die Feststellungen über den Verbleib ihrer im Irak lebenden Verwandten.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer resultieren ebenfalls aus ihren Angaben vor der belangten Behörde, die sie zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigten. Es ergaben sich diesbezüglich auch aus dem Akteninhalt keine anderslautenden Anhaltspunkte. Dass die volljährigen Erst- bis Viertbeschwerdeführer arbeitsfähig sind, ergibt sich unstrittig aus dem Akteninhalt und der beruflichen, schulischen und ehrenamtlichen Aktivität der Erst- bis Viertbeschwerdeführer in Österreich.

Die Feststellungen zur Integration der Beschwerdeführer in Österreich ergeben sich aus ihren eigenen Angaben und den umfangreichen in Vorlage gebrachten Unterlagen.

Für den Erstbeschwerdeführer wurden ÖSD-Prüfungszeugnisse vom 13.12.2016 (Niveau A1), vom 28.03.2018 (Niveau A2) und ein ÖIF Zeugnis zur Integrationsprüfung B1 vom 31.08.2019, eine Bestätigung des ÖIF vom 11.08.2017 über die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs, eine Deutschkursbestätigung des XXXX vom 25.06.2019, eine Anmeldebestätigung des AMS XXXX aus dem Jahr 2017, eine Bestätigung der XXXX vom 08.10.2019 über die Ausbildung zum Führer von Hubstaplern, eine Einstellungszusage der XXXX vom 11.10.2017, Beiblätter zum Dienstleistungsscheck, eine Gewerbeanmeldung vom 08.10.2019, eine Nichtbetriebsmeldung vom 07.04.2020 und eine Wiederbetriebsmeldung vom 29.06.2021, einen GISA-Auszug vom 07.10.2020, eine Bestätigung über seine Tätigkeit als Elternvereinsmitglied vom 18.10.2017, einen Nachweis über Freiwillige Tätigkeit des XXXX vom 18.06.2018, eine Bestätigung über freiwillige Arbeiten in der Pfarre, eine Beurteilung des Schnupperpraktikums der Schule XXXX vom 07.08.2020, eine Bescheinigung des Österreichischen Roten Kreuzes vom 09.08.2019 und eine Einstellungszusage eines Handyshops vom 25.06.2021 vorgelegt.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte eine Bestätigung des ÖIF vom 11.08.2017 über die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs, Deutschkursbestätigungen der XXXX vom 16.10.2019 und 13.11.2019 sowie des XXXX vom 04.04.2019 und vom 10.05.2019, ein ÖSD Zertifikat A2 vom 28.03.2018, ein ÖIF Zertifikat vom 25.11.2019, Zertifikate der Volkshochschule XXXX vom 27.06.2017, vom 12.06.2018, vom Juni 2018 und vom Juni 2019 sowie der XXXX vom 15.11.2019, 06.10.2020, 30.10.2020, 19.11.2020, 11.12.2020, 18.06.2021 und 23.06.2021 über die Teilnahme an verschiedenen Elternbildungsprogrammen und einem Ausbildungslehrgang zur Eltern-Kind-Gruppenleiterin, Beiblätter zum Dienstleistungsscheck, ein Schreiben des Magistrats XXXX , Unterstützungserklärungen der Stadtpfarre XXXX vom August 2019 und Oktober 2020, eine Bestätigung über freiwillige Arbeiten in der Pfarre, ein Bestätigungsschreiben XXXX vom 07.07.2020, eine Einstellungszusage des Vereins XXXX Linz vom 06.10.2020, einen GISA-Auszug vom 07.10.2020 und eine Teilnahmebestätigung des XXXX vom 26.05.2021 in Vorlage.

Die Feststellungen zum Schulbesuch der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer, zu ihren Freizeitaktivitäten und zu ihrem sozialen Engagement gründen auf den diesbezüglich vorgelegten Zeugnissen und diversen Bestätigungsschreiben der Stadtpfarre XXXX , der XXXX , des Roten Kreuzes, der Caritas und der Musikschule XXXX sowie zahlreiche Unterstützungsschreiben von Freunden und Bekannten. Außerdem brachte die Viertbeschwerdeführerin eine Einstellungszusage und einen Arbeitsvorvertrag der Firma XXXX vom 30.06.2021 in Vorlage.

Von den Sprachkenntnissen der Beschwerdeführer konnte sich der erkennende Richter im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich überzeugen.

Die Feststellungen zum Aufbau eines Freundeskreises, den sozialen Aktivitäten und die Integration der Beschwerdeführer in ihrem Wohnort ergeben sich aus zahlreichen persönlichen Unterstützungsschreiben, in welchen die Familie der Beschwerdeführer als außerordentlich hilfsbereit, engagiert und verlässlich beschrieben wird. Außerdem legten sie einen Mietvertrag der Stadtpfarre XXXX sowie eine Zahlungsverpflichtungserklärung eines Freundes vor, in der ihnen monatliche Zahlungen in Höhe von EUR 180,00 zugesichert werden.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben sowie aus den zusätzlich abgefragten Speicherauszügen aus dem Betreuungsinformationssystem des Bundes.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Erst- bis Viertbeschwerdeführer ergibt sich aus entsprechenden Abfragen des Strafregisters der Republik Österreich, die Strafunmündigkeit der Fünft- bis Sechstbeschwerdeführer aus ihrem Alter.

Die Feststellung hinsichtlich der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. ergibt sich unstrittig aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.07.2021 (Protokoll der Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 11).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Einstellung der Verfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide

§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf diese verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer diesbezüglich eindeutigen Erklärung (vgl. etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320 uvm., zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche eindeutige Erklärung liegt im gegenständlichen Fall vor. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide (hinsichtlich der Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz) zurückgezogen werden und nur die Beschwerden gegen die Nicht-Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz und die Rückkehrentscheidungen samt den davon abhängigen Aussprüchen aufrecht bleiben.

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Beschwerdeverfahren einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Allerdings legt § 28 Abs. 1 VwGVG nicht fest, wann das Verfahren einzustellen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits – unter Verweis auf seine Rechtsprechung bezogen auf das nach dem AVG geführte Berufungsverfahren – ausgesprochen, dass eine Verfahrenseinstellung im Beschwerdeverfahren dann vorzunehmen ist, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Die Verfahren über die Beschwerden gegen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide sind daher mit Beschluss einzustellen.

3.2. Zur Nicht-Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkte III., erster Satz):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 wurde von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war ihnen daher nicht zuzuerkennen und die Beschwerden gegen Spruchpunkte III., erster Satz als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Behebung der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte III., zweiter Satz) und zur Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005:

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.06.1979, Nr. 6833/74, Marckx).

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

Im gegenständlichen Fall verfügen die Beschwerdeführer über ein gemeinsames Familienleben in Österreich. Die Entscheidung greift jedoch nicht in ihr Familienleben ein (EGMR, 9.10.2003, 48321/99, Slivenko gg Lettland, EGMR, 16.6.2005, 60654/00 Sisojeva gg Lettland), da alle sechs Familienmitglieder gleichermaßen von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 22.11.2012, 2011/23/067; 26.02.2013, 2012/22/0239; 19.02.2014, 2013/22/0037).

Zu prüfen ist aber auch ein etwaiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua. gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist. Allerdings hat er auch betont, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070); bei einem Aufenthalt von fast fünf Jahren sprach der Verwaltungsgerichtshof zuletzt dagegen von einer „langen Aufenthaltsdauer“ (VwGH, 18.05.2020, Ra 2019/18/0356, Rz 16).

Die Beschwerdeführer sind nunmehr seit rund sechs Jahren im Bundesgebiet aufhältig, sodass die seitens des VwGH geforderten „außergewöhnlichen Umstände“, derentwegen den Beschwerdeführern ein dauernder Aufenthalt in Österreich ermöglicht werden müsste, nicht mehr erforderlich sind (vgl. dazu VwGH vom 10.04.2019, Ra, 2019/18/0049 und Ra 2019/18/0058, VwGH 19.06.2019, Ra 2019/01/0051).

Zugunsten der Beschwerdeführer ist außerdem ihr konsistentes Bemühen um Integration und Weiterbildung trotz der langen und ungewissen Verfahrensdauer zu berücksichtigen. So haben die Beschwerdeführer seit ihrer Einreise kontinuierlich an ihren Deutsch-Kenntnissen gearbeitet. Sie sprechen mittlerweile Deutsch auf hohem Niveau – der Erstbeschwerdeführer hat im August 2019 die Integrationsprüfung B1 des ÖIF absolviert, die Zweitbeschwerdeführerin am 28.03.2018 eine ÖSD Prüfung A2 und am 25.11.2019 das Modul Werte- und Orientierungswissen einer ÖIF Integrationsprüfung B1. Ihren Kindern gelingt es problemlos, dem deutschsprachigen Unterricht an ihrer Schule zu folgen. Sie erzielen durchaus gute Noten, nehmen auch an außerschulischen Aktivitäten teil und sind in ihrer Klassengemeinschaft gut integriert. Sämtliche Familienmitglieder nehmen aktiv am kulturellen und sozialen Leben in ihrem Wohnort teil und zeigen auch ehrenamtliches Engagement. So hat die Familie immer wieder freiwillige Tätigkeiten für ihre Pfarre verrichtet, der Erstbeschwerdeführer ist Mitglied des Elternvereins an der Schule seiner Kinder und die Zweitbeschwerdeführerin hat eine Ausbildung zur Leitung einer interkulturellen Eltern-Kind-Gruppe absolviert und zwei Kindergärten ehrenamtlich unterstützt. Die Viertbeschwerdeführerin, der Fünftbeschwerdeführer und die Sechstbeschwerdeführerin haben bereits mehrmals an der Sternsingeraktion teilgenommen, außerdem musizieren die Viert- und die Sechstbeschwerdeführerin immer wieder bei Gottesdiensten und anderen Pfarrveranstaltungen.

Ihr Bestreben, sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren ist seit ihrer Einreise nach Österreich klar erkennbar und sie haben die in Österreich verbrachte Zeit zur erfolgreichen Integration in sozialer und sprachlicher Hinsicht genützt, wie auch die zahlreichen in Vorlage gebrachten Unterstützungsschreiben belegen.

Zwar sind die Beschwerdeführer derzeit nicht selbsterhaltungsfähig und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer waren bisher nur in geringem Ausmaß erwerbstätig, doch sie werden durch die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus nunmehr in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet selbst zu bestreiten, zumal sie auch über entsprechende Einstellungszusagen verfügen.

In einer Gesamtschau ihres bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und der in dieser Zeit erlangten integrativen Schritte darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beschwerdeverfahren noch anhängig waren und für die Beschwerdeführer noch keine rechtskräftig auferlegte Rückkehrverpflichtung bestand (siehe dazu VfGH 7.10.2010, B 950/10 ua, VfSlg. 19.203, Punkt II.2.4. der Entscheidungsgründe).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat im Anschluss an diese Entscheidung schon dargelegt, dass „freilich“ ein gradueller Unterschied dahin zu machen sei, ob die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basiere oder während eines einzigen, ohne schuldhafte Verzögerung durch den Fremden lange dauernden Asylverfahrens erfolgt sei (siehe VwGH 29.2.2012, 2010/21/0233, und daran anschließend VwGH 20.3.2012, 2010/21/0471 bis 475). Somit, war auch die - ohne ihr Verschulden - unangemessen lange Dauer der gegenständlichen Verfahren von rund sechs Jahren unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG („Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist“) zu ihren Gunsten zu berücksichtigen (siehe VwGH vom 27.04.2020, Ra 2020/21/0121-3).

Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ist in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet; die Beschwerdeführer haben stets am Verfahren mitgewirkt und sie waren während ihres gesamten Aufenthaltes durchgehend melderechtlich erfasst. Zudem steht dem unsicheren Aufenthalt der Beschwerdeführer insbesondere die Verpflichtung des Staates gegenüber, Verfahren effizient zu führen (vgl. VfGH 25.02.2020, E4087/2019).

Zu ihren Ungunsten wiegt hingegen lediglich der Umstand, dass den Beschwerdeführern bekannt sein musste, dass die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für Asylwerber ein Aufenthaltsrecht nur für die Dauer des Asylverfahrens gewährt wurde. Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Privatlebens der Beschwerdeführer in Österreich dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat, in dem sie geboren und aufgewachsen sind und den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht haben, über sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen.

Abschließend ist auch festzuhalten, dass die strafmündigen Erst- bis Viertbeschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind, weshalb im Fall ihres Verbleibens im Bundesgebiet auch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu erkennen ist.

Die von der belangten Behörde verfügten Rückkehrentscheidungen sind angesichts der nunmehr vorliegenden persönlichen Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführer auf Dauer für unzulässig zu erklären.

Zur Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung plus“:

Es ist daher nach § 58 Abs. 2 AsylG von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist nach § 55 Abs. 2 AsylG eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt

2. - 5. (…)

Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 IntG als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

2. (…)

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach „Deutsch“ positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach „Deutsch“ auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet „Deutsch – Kommunikation und Gesellschaft“ im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

6. (…)

Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 IntG lautet: „Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.“

Der Erstbeschwerdeführer hat am 31.08.2019 eine Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Niveau B1 sowie zu Werte- und Orientierungswissen positiv absolviert, womit er nicht nur das Modul 1 der Integrationsvereinbarung, sondern gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 IntG bereits das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat am 28.03.2018 eine ÖSD Prüfung A2 absolviert und am 25.11.2019 das Modul Werte- und Orientierungswissen einer ÖIF-Integrationsprüfung B1 bestanden, wobei sie in den Modulen Hören/Lesen, Schreiben und Sprechen jeweils lediglich das Niveau A2 erreichte, sodass sie zumindest das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Abs. 4 Z 1 IntG erfüllt hat.

Die volljährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer haben jeweils das Unterrichtsfach „Deutsch“ auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen, sodass sie das Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 Z 5 IntG erfüllt haben.

Der minderjährige Fünftbeschwerdeführer besucht im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule und hat die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis nachgewiesen, sodass er gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 IntG das Modul 2 der Integrationsvereinbarung erfüllt.

Da die minderjährige Sechstbeschwerdeführerin – wie durch die in Vorlage gebrachten Zeugnisse belegt wird – im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule besucht, erfüllt sie das Modul 2 der Integrationsvereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 IntG.

Die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sind für sämtliche Familienmitglieder gegeben und den Beschwerdeführern ist der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen.

Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III., dritter Satz) und zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte IV.)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen.

Angesichts der Aufhebung der seitens der belangten Behörde ausgesprochenen Rückkehrentscheidungen verlieren auch die rechtlich darauf aufbauenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer sowie die Gewährung einer Frist für eine freiwillige Ausreise ihre Grundlage (vgl. zu alledem VwGH 28.01.2020, Ra 2019/20/0404), sodass die betreffenden Spruchpunkte III., dritter Satz und IV. der angefochtenen Bescheide - im Zuge der Stattgabe der Beschwerde - ebenfalls ersatzlos zu beheben waren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, sondern es war auf der Sachverhaltsebene abzuklären, ob die Beschwerdeführer in Österreich integriert sind und über ein schützenswertes Privat- und Familienleben verfügen. Bei der Beurteilung der Rechtsfragen konnte sich das erkennende Gericht an der vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientieren.

Die Revision ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK befristete Aufenthaltsberechtigung Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens ersatzlose Teilbehebung Integration Integrationsvereinbarung Interessenabwägung Kassation mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Rückkehrentscheidung behoben Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I406.2175303.1.01

Im RIS seit

23.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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