Entscheidungsdatum
09.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
I422 1423669-2/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kamerun, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a Nadja LORENZ, Burggasse 116, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.06.2021, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat:
„Der Ihnen mit Bescheid vom 21.04.2015, Zahl: XXXX , zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.“
II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat:
„Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.“
III. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass das gegen den Beschwerdeführer mit Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides verhängte Einreiseverbot auf drei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste am 05.05.2011 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.05.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, aufgrund seiner Mitgliedschaft und seines Engagements in der politischen Bewegung XXXX (im Folgenden: XXXX ) der Gefahr einer staatlichen Verfolgung in Kamerun ausgesetzt zu sein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.12.2011, Zl. XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kamerun ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.04.2015, Zl. XXXX statt, behob den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das nunmehrige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) zurück. In weiterer Folge erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 21.04.2015, Zl. XXXX den Status des Asylberechtigten zu.
Mit Schreiben vom 26.05.2015 informierte das Bundesministerium für Inneres die belangte Behörde darüber, dass der Beschwerdeführer am 17.06.2015 bei seiner Ausreise nach Nigeria im Besitz eines gültigen kamerunischen Reisepasses war, der am 01.08.2013 in Berlin ausgestellt worden war.
Mit Schreiben vom 07.08.2017 informierte die Landespolizeidirektion Niederösterreich die belangte Behörde über eine Wahrnehmung der Grenzpolizei Schiphol, wonach beim Beschwerdeführer ein nachweislicher Aufenthalt in seinem Herkunftsstaat festgestellt worden sei. Aus betreffenden Ein- und Ausreisestempeln in seinem kamerunischen Reisepass sei im Rahmen einer Ausreisekontrolle am Flughafen Amsterdam Schiphol ersichtlich gewesen, dass er am 27.07.2017 in Kamerun ein- und am 05.08.2017 von dort wieder ausgereist sei. Als Rechtfertigung habe der Beschwerdeführer gegenüber der Grenzpolizei angegeben, dass er selbst gar nicht in Kamerun gewesen sei, sondern sein Bruder, welcher ihn gezwungen habe, ihm seinen Reisepass zu überlassen. Kopien des Reisepasses und der darin ersichtlichen Ein- und Ausreisestempel waren der Mitteilung angeschlossen.
Die belangte Behörde leitete daraufhin ein Asylaberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer ein und erkannte ihm nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 25.07.2018, Zl. XXXX den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Ihm wurde gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ihm wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Die Abschiebung gemäß § 46 FPG des Beschwerdeführers nach Kamerun wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.) und ihm für seine freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtkraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Überdies wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 23.08.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Am 02.06.2021 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung sowie eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kameruns, gesund und erwerbsfähig. Seine Identität steht fest.
Er stammt aus der XXXX Region Kameruns und hat in seinem Herkunftssaat knapp dreizehn Jahre die Schule besucht und einen Mittelschulabschluss erworben. Im Anschluss hat er bei seinem Onkel Berufserfahrung als Zimmermann gesammelt und zuletzt vor seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt als Betreiber eines Schreibwarengeschäfts bestritten.
Die gesamte Kernfamilie des Beschwerdeführers, insbesondere seine Mutter, seine Ehefrau und die gemeinsame volljährige Tochter, eine weitere volljährige Tochter und deren Kindesmutter, zwei Schwestern, zwei Brüder und ein Onkel leben in Kamerun. Seine Ehefrau lebt mit der gemeinsamen volljährigen Tochter in der Millionenstadt Douala in der Region Littoral, während seine übrigen Angehörigen alle in der Region XXXX leben. Der Beschwerdeführer steht beinahe täglich über moderne Kommunikationsmittel in Kontakt zu Angehörigen in seinem Herkunftsstaat, insbesondere zu seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter.
Seit Mai 2011 hält sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auf. Er verfügt in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über keine familiären Anknüpfungspunkte und er lebt in keiner Beziehung oder Lebensgemeinschaft.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.04.2015, Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Dazu wurde festgestellt, dass aufgrund der Ermittlungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in Verbindung mit seinem Vorbringen die behauptete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung als glaubwürdig erachtet werde.
Der Beschwerdeführer ging in Österreich von 17.09.2016 bis 19.09.2016, von 07.10.2016 bis 14.10.2016, von 24.10.2016 bis 16.01.2016, von 20.02.2017 bis 28.02.2017, von 01.03.2017 bis 30.12.2018, von 03.04.2019 bis 03.06.2019, von 03.05.2019 bis 09.08.2019 (geringfügig beschäftigt), von 24.06.2019 bis 27.06.2019, von 11.07.2019 bis 17.04.2020, am 30.04.2020, von 04.05.2020 bis 14.08.2020, sowie nunmehr laufend seit 01.03.2021 jeweils angemeldeten Erwerbstätigkeiten als Arbeiter nach, wiederholt unterbrochen durch den Bezug von Arbeitslosengeld sowie bedarfsorientierter Mindestsicherung.
Er kann sich auf Deutsch verständigen und hat in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen, verfügt abgesehen von seiner beruflichen Tätigkeit im Bundesgebiet jedoch über keine intensiven privaten Bindungen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 08.01.2016, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Geldwäsche nach §§ 165 Abs. 1, 12 dritter Fall StGB rechtkräftig zu Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, wovon sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er von 13.08.2015 bis 02.09.2015 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Mittäter die Herkunft von Vermögensbestandteilen, welche aus schweren Betrügereien herrührten, teils durch Falschangaben über die Verfügungsbefugnis an diesen Vermögensbestandteilen im Rechtsverkehr verschleierte, teils durch psychische Unterstützung zur Tat seines Mittäters beitrug, indem er im Rahmen von insgesamt elf Angriffen bei unterschiedlichen Kreditinstituten unter Vorlage fremder Reisepässe der Republik Kamerun und (zumindest inhaltlich) falscher Meldebestätigungen, jeweils in Verbindung mit der wahrheitswidrigen Behauptung, die im Reisepass angeführte Person zu sein sowie an der sich aus der (falschen) Meldebestätigung ergebenden Anschrift zu wohnen, Konten eröffnete. Als mildernd wurde im Rahmen der Strafbemessung die bisherige Unbescholtenheit und teilweise Geständigkeit des Beschwerdeführers, erschwerend hingegen die mehrfache Tatbegehung gewertet.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 04.06.2019, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z 2 StGB sowie § 207a Abs. 3 zweiter Satz StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er eine pornografische Darstellung zweier unmündiger Personen, nämlich eine Videodatei, welche wirklichkeitsnahe Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung, und zwar die Vornahme von Vaginal- sowie Oralverkehr zwischen einem unmündigen Mädchen und einem Knaben im Vorschulalter zeigte, via Facebook erhalten und im Juni 2018 einem anderen Facebook-Benutzer übermittelt hatte. Als mildernd wurde im Rahmen der Strafbemessung das geringfügige Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers, erschwerend hingegen das Zusammentreffen zweier Vergehen gewertet. Überdies geht aus dem Strafurteil hervor, dass Zweifel an einem ausreichenden Bewusstsein des Beschwerdeführers hinsichtlich der Strafbarkeit seines Verhaltes bestünden, wobei bereits seine zuvor erfolgte strafrechtliche Verurteilung zu keiner Umkehr seines delinquenten Verhaltens geführt habe. Da die Tathandlungen überdies innerhalb offener Probezeit aus seiner vorangegangenen Verurteilung verwirklicht wurden, wurde diese zugleich von drei auf fünf Jahre verlängert.
1.2 Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:
Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet beantragte der Beschwerdeführer im Juni 2013, während seines noch anhängigen Asylbeschwerdeverfahrens, in Wien die Ausstellung eines kamerunischen Reisepasses und stellte ihm die kamerunische Botschaft in Berlin am 01.08.2013 einen solchen aus. Zudem wurde ihm mit 04.08.2014 seitens der kamerunischen Botschaft in Berlin ein „Konsularausweis“ ausgestellt.
Am 25.07.2017 reiste der Beschwerdeführer freiwillig unter Verwendung seines kamerunischen Reisepasses über Nigeria nach Kamerun ein, verblieb dort für elf Tage und reiste am 05.08.2017, abermals unter Vorlage seines kamerunischen Reisepasses, von dort wieder aus.
Er hat sich durch die Beantragung und den Erhalt seines kamerunischen Reisepasses sowie durch seinen freiwilligen elftägigen Urlaubs- und Besuchsaufenthalt in seinem Herkunftsstaat ohne zwingenden Grund absichtlich dem Schutz jenes Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt und diesen auch erhalten. Auch vermochte der Beschwerdeführer nach dieser Unterschutzstellung nicht die neuerliche Erfüllung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft glaubhaft zu machen.
1.3. Zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr nach Kamerun mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Weder wird ihm dort seine Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
1.4. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Die Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers stellt sich hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes im Wesentlichen wie folgt dar:
1.4.1. Politische Lage:
Kamerun ist eine Präsidialdemokratie. Das Land wird seit 1966 von der Partei „Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais“ (RDPC, bis 1985 „Union Nationale Camerounaise“) regiert. Staatspräsident Paul Biya (87 Jahre) regiert seit 1982 (AA 17.8.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Er wurde bei den Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 erneut in seinem Amt bestätigt. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht völlig frei und fair. Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild. Der in der Verfassung vorgesehene Verfassungsrat (Conseil Constitutionel) wurde im Jänner 2018 eingerichtet. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der geschickt die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer austarierten Balance verharren. Bemühungen zur Dezentralisierung wurden von der kamerunischen Regierung bislang nur halbherzig durchgeführt, auch das am 24.12.2019 unterzeichnete neue Gesetz zur Dezentralisierung sieht zwar Regionalparlamente vor, die aber nicht durch direkte Wahlen besetzt werden (AA 17.8.2020).
Am 9.2.2020 fanden unter hohen Sicherheitsvorkehrungen Parlaments- und Kommunalwahlen statt (BAMF 10.2.2020; vgl. DW 9.2.2020; JA 9.2.2020). Die große landesweit aktive Oppositionspartei Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC) sowie die Separatisten in den beiden englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest hatten zu einem Wahlboykott aufgerufen (BAMF 10.2.2020; vgl. DW 9.2.2020). Die militante Separatistengruppe Ambazonia Defence Force (ADF) befahl der Bevölkerung eine Ausgangssperre für den Zeitraum 7. bis 12.2.2020 und drohte zudem jeden als Feind anzusehen und so zu behandeln, der ihre Anordnung nicht befolge (BAMF 10.2.2020; vgl. TNH 6.2.2020). Die anhaltende Gewalt behinderte die Wahlen (DW 9.2.2020) und die Wahlbeteiligung blieb niedrig (JA 9.2.2020). Der Wahltag wurde durch schwere Unruhen in der SW-Region geprägt (GIZ 12.2020a).
Am 7.4.2020 gab der Verfassungsrat bekannt, dass die Regierungspartei Cameroon Peoples Democratic Movement (CDPM) bei den am 20.03.20 erfolgten Parlamentsnachwahlen in den beiden anglophonen Regionen Südwest und Nordwest alle noch zu vergebenden 13 Parlamentssitze gewonnen hat. Damit verfügt die CDPM in der Nationalversammlung über 152 von 180 Sitzen (BAMF 20.4.2020; vgl. AA 17.8.2020; GIZ 12.2020a).
Am 26.3.2020 wurden Senatswahlen turnusgemäß durchgeführt, die von der Regierungspartei RDPC mit überwältigender Mehrheit gewonnen wurden. 87 von 100 Senatoren werden von der RDPC gestellt, sieben von der größten Oppositionspartei, Front Social Démocrate (SDF) und die restlichen sechs von mehreren kleineren Parteien. Senatspräsident bleibt der 85-jährige Marcel Niat Njifendji, Ex-Vizepremierminister (AA 17.8.2020).
Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen zur RDPC. Die größte im Parlament vertretene Oppositionspartei ist der SDF. Wie in der Regierungspartei RDPC, sind die Parteigründer oft gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei im autokratischen Stil, gestützt auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang die SDF in der anglophonen Region North West, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (78 Jahre) stammt. Die bisher sichtbarste Oppositionspartei war der Mouvement pour la renaissance du Cameroun (MRC). Ihr Vorsitzender Maurice Kamto und rund 100 Aktivisten wurden Monatelang wegen der Teilnahme an nicht genehmigten Versammlungen inhaftiert und Verhandlungen wurden durch Militärtribunale vorgenommen. Im Rahmen einer Amnestie des Staatspräsidenten, wurden insgesamt mehr als 300 sogenannte „politische Gefangene“ von den Anschuldigungen freigesprochen (AA 17.8.2020).
In den englischsprachigen Regionen North-West und XXXX hatten sich nach der Unterdrückung friedlicher Proteste im Jahr 2016, die sich gegen die empfundene Benachteiligung durch die Regierung gerichtet hatten, Gruppen bewaffneter Separatisten gebildet (AI 16.4.2020), was eine schwere humanitäre Krise ausgelöst hat die weiter andauert (AA 12.2.2020a). Sowohl die Separatisten als auch die Sicherheitskräfte waren weiterhin für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Vom 30.9.2019 bis zum 4.10.2019 fand ein "umfassender nationaler Dialog" statt, bei dem die grundlegenden Ursachen der Krise thematisiert und Lösungen für Frieden und Versöhnung gefunden werden sollten (AI 16.4.2020). Der "Grand Dialogue National" in Yaoundé wurde eher als Monolog der Regierungsvertreter gesehen und die Wünsche der Separatisten nach Gesprächen außerhalb Kameruns und mit Beteiligung ausländischer Mediatoren wurden von der Regierung abgelehnt (GIZ 12.2020a). Der nationale Dialog und die Verabschiedung eines Gesetzes zur Dezentralisierung haben die Grundforderung der anglophonen Bevölkerung nach politischer Mitsprache und Wiederherstellung des Föderalstaats bisher jedoch nicht berücksichtigt (AA 12.2.2020a). Das führte zum Boykott des Treffens durch wichtige Rebellenvertreter. Es wurden zumindest einige Vorschläge formuliert und der Oppositionspolitiker Maurice Kamto sowie weitere MRC-Aktivisten amnestiert. Im Juli 2020 trafen kamerunische Regierungsvertreter zum ersten Mal zu Waffenstillstandsgesprächen mit einer der wichtigsten Rebellengruppen zusammen, währenddessen dreht sich die Gewaltspirale weiter (GIZ 12.2020a; vgl. BAMF 6.7.2020).
Eigentlich hätten die Wahlen schon 2018 angestanden, wurden aber aufgrund der Unruhen in den anglophonen Regionen zweimal verschoben, bis sie am 9.2.2020 stattfinden konnten. Die Wahlen 2020 standen unter keinem guten Stern. Schon im Vorfeld der Regionalwahlen im Feber hatten die anglophonen Separatisten Gewalt gegenüber all jenen angedroht, die sich an der Wahl beteiligen würden und folglich gab es schon vor dem eigentlichen Wahltag Einschüchterungen, Brandstiftung und Kidnapping gegenüber Menschen, die sich für die Durchführung der Wahlen positionierten (HRW 13.1.2021; vgl. GIZ 12.2020a). Daraufhin wurden die kamerunischen Streitkräfte in der SW- und NW-Region deutlich erhöht. In der Nordregion Kameruns wurden die Wahlen durch verstärkte Aktivitäten von Boko Haram beeinträchtigt und auch die Oppositionspartei MRC (Bewegung für die Wiedergeburt Kameruns) von Maurice Kamto rief den Wahlboykott aus. Der Wahltag selbst wurde durch schwere Unruhen in der SW-Region geprägt. Das offizielle Wahlergebnis zeigt einen überragenden Sieg der Regierungspartei, mit dem Gewinn von letztendlich 153 Sitzen von 180, die Opposition versinkt damit in der Bedeutungslosigkeit (GIZ 12.2020a).
1.4.2. Sicherheitslage:
Die allgemeine Sicherheitslage ist durch zunehmende Gewaltkriminalität, vor allem in den Städten bzw. auf den Überlandstraßen, gekennzeichnet (GIZ 12.2020a).
Der Konflikt zwischen Sicherheitskräften auf der einen Seite und den Separatisten im anglophonen Nordwesten und Südwesten Kameruns auf der anderen Seite hat sich weiterhin verschärft, was zu zahlreichen Toten und Vertreibungen geführt hat (FH 3.4.2020).
Im ganzen Land besteht das Risiko von Anschlägen durch terroristische Gruppierungen. In den Regionen Nord und Extrême-Nord haben wiederholte Anschläge Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 29.3.2021).
In der Region Südwest wurde der Bürgermeister der Stadt Mamfe, Ashu Prisley Ojong am 10.5.2020, im Zuge eines Anschlages getötet. Laut Angaben des staatlichen Rundfunks (CRTV), wurde der Autokonvoi des Bürgermeisters von bewaffneten anglophonen Separatisten angegriffen. Reuters berichtete unter Berufung auf einen hohen Militär aus der Region, dass bei dem Anschlag auch zwei Soldaten getötet worden sein sollen. Ojong war am 25.2.2020 als Kandidat der Regierungspartei Rassemblement démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) zum Bürgermeister von Mamfe gewählt worden. Er ist einer der ersten höherrangigen gewählten Vertreter des Staates, der im Rahmen des in den beiden englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest andauernden Konflikts zwischen der Armee und den bewaffneten Milizen der Separatisten getötet worden ist (BAMF 11.5.2020).
Die Sicherheitslage bleibt in der gesamten Sahelzone kritisch, einschließlich der Subregion des Tschadsees und im ganzen Land besteht das Risiko von Anschlägen durch terroristische Gruppierungen (EDA 29.3.2021). Im Jahr 2020, nahmen die Angriffe und Überfälle der islamistischen bewaffneten Gruppe Boko Haram in der Region Extrême-Nord zu, mit fast täglichen Tötungen, Entführungen, Diebstählen und Zerstörung von Eigentum (HRW 13.1.2021; vgl. EDA 29.3.2021; FCO 29.3.2021). Die Boko Haram Kämpfer sind auch weiterhin im Grenzgebiet zu Nigeria aktiv (EDA 29.3.2021; vgl. FCO 29.3.2021), vor allem in der Region Extrême-Nord, wie auch die Terrororganisation Islamic State West Africa (ISWA) (FCO 29.3.2021). In den Regionen Nord und Extrême-Nord haben wiederholte Anschläge Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 29.3.2021).
Im April 2020 kam es in der Region Extrême-Nord zu zwei Selbstmordanschlägen mit Todesopfern. Es wird bei beiden Anschlägen davon ausgegangen, dass die Täter der islamistischen Terrororganisation Boko Haram angehörten (BAMF 20.4.2020).
Am 10.6.2020 wurde nach Zusammenstößen zwischen Regierungssoldaten und Separatisten eine Granate in den Hof des Distriktkrankenhauses in Bali in der Nord-West-Region gefeuert, was zum Tod eines Herzpatienten führte. Mindestens vier weitere Personen wurden verletzt. Am 30.6.2020 beschädigten Sicherheitskräfte in der Nord-West-Region eine Gesundheitseinrichtung und verhafteten am 6.7.2020 willkürlich sieben Mitarbeiter des Gesundheitswesens in der Süd-West-Region, wegen angeblicher Zusammenarbeit mit Separatisten (HRW 13.1.2021).
In der Nacht vom 1.8.2020 zum 2.8.2020 attackierten laut Angaben des Bezirksbürgermeisters im Norden Kameruns Bewaffnete das Lager für Binnenflüchtlinge beim Dorf Nguetchewe (Mayo Tsanaga Division, Region Extrême-Nord). Zwischen 15 und 18 Menschen wurden dabei getötet sowie mehrere verletzt. Für den Angriff wird die in der Gegend aktive dschihadistische Terrororganisation Islamic State West Africa Province (ISWA) verantwortlich gemacht (BAMF 3.8.2020).
Aufgrund der angespannten Sicherheitslage in die englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest (AA 29.3.2021; vgl. BMEIA 29.3.2021; EDA 29.3.2021), kommt es immer wieder zu politisch bedingten Unruhen, vor allem in Bamenda. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften sowie bewaffnete Überfälle auf Sicherheitskräfte dauern in beiden Regionen an und haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 29.3.2021). Die Straße zwischen Bamenda und Bafoussam darf laut Anordnung der kamerunischen Sicherheitskräfte nur noch im Konvoi mit bewaffneter Eskorte zu festgelegten Zeiten befahren werden (AA 29.3.2021)
Die prekäre Sicherheitslage in der Zentralafrikanischen Republik wirkt sich auch auf das Grenzgebiet zu Kamerun aus. Es besteht ein hohes Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie die Gefahr von Entführungen zwecks Lösegelderpressung (EDA 29.3.2021).
Zudem muss aufgrund der allgemein sehr schwierigen Lebensbedingungen der Bevölkerung mit Straßenprotesten gerechnet werden. Ausschreitungen und gewalttätige Zusammenstöße kommen vor. Zum Beispiel sind Ende Jänner 2019 bei politischen Protesten in Douala mehrere Personen durch Schüsse verletzt worden (EDA 29.3.2021).
1.4.3. Folter und unmenschliche Behandlung:
Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt (Art. 132 ff.). Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt (AA 17.8.2020).
In der Praxis kommen Misshandlungen (AA 17.8.2020) und Folter (USDOS 30.3.2021) vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie (AA 17.8.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor (AA 17.8.2020). Nach anderen Angaben sind die katastrophalen Zustände in den Gefängnissen berüchtigt, Folter und Misshandlung durch die Sicherheitskräfte sind üblich. In einem Bericht der kamerunischen Menschenrechtsorganisation ACAT (Action des Chrétiens pour l'abolition de la Torture) wird Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam als "Routine" bezeichnet (GIZ 12.2020a).
Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel weder angemessen untersucht noch verfolgt (USDOS 30.3.2021). Immer stärker geraten auch kamerunisches Militär und BIR in die Kritik von Menschenrechtsorganisationen. So wurde von Amnesty International über systematische Folter von mutmaßlichen Boko Haram-Anhängern berichtet (GIZ 12.2020a). Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese weiterhin meist ungestraft (USDOS 30.3.2021).
Die soziopolitische Krise, die Ende 2016 in den Regionen Nordwest und Südwest begann, entwickelte sich zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Regierungstruppen und separatistischen Gruppen. Der Konflikt führte zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen durch Regierungstruppen und anglophone Separatisten (USDOS 30.3.2021).
Bewaffnete Gruppen und Regierungskräfte begingen im Jahr 2020 in den anglophonen Regionen Kameruns weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, darunter außergerichtliche oder summarische Hinrichtungen und Massentötungen. Die Sicherheitskräfte reagierten mit harter Hand auf die Angriffe der Separatisten. Als Vergeltung für separatistische Angriffe auf Wahllokale zerstörten Sicherheitskräfte im Jänner 2020, im Zuge einer Militäroperation, in der Nord-West-Region über 50 Häuser und töteten mehrere Zivilisten, darunter zwei Männer mit geistiger Behinderung. Im Feber töteten Regierungstruppen und bewaffnete ethnische Fulani 21 Zivilisten, darunter 13 Kinder und eine schwangere Frau, in der Nord-West-Region. Gemäß Human Rights Watch habe der Angriff der Bestrafung von Zivilisten gedient, die verdächtigt wurden, separatistischen Kämpfern Unterschlupf zu gewähren. Die Regierung bestritt den Angriff zunächst, aber auf internationalen Druck hin, setzte Präsident Biya im März eine Untersuchungskommission ein. Im April 2020 bestätigte die Regierung, dass ihre Sicherheitskräfte eine gewisse Verantwortung für die Tötungen tragen und kündigte Verhaftungen an. Es kam auch zu Angriffen, Tötungen, Folter, Entführungen durch bewaffnete Separatisten. Im Vorfeld der Regionalwahlen im Feber 2020, nahmen bewaffnete Separatisten diejenigen ins Visier, die an den Wahlen teilnehmen wollten, sei es als Kandidaten, Wahlhelfer, Aktivisten oder Bürger, entführten über 100 Menschen und zerstörten Eigentum (HRW 13.1.2021).
Soldaten zwangen Zivilisten in Mozogo, im äußersten Norden, Nachtwache vor Ort zu halten, um das Gebiet vor Angriffen von Boko Haram zu schützen. Von Mitte März bis Ende April schlugen oder bedrohten die Soldaten jene, die sich weigerten (HRW 13.1.2021).
Auch im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram werden den kamerunischen Sicherheitskräften massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (AA 17.8.2020; vgl. FH 4.3.2020).
1.4.4. Allgemeine Menschenrechtslage:
Bewaffnete Gruppen und Regierungstruppen begingen im Jahr 2020 weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, darunter außergerichtliche oder summarische Hinrichtungen und Massentötungen in den anglophonen Regionen Kameruns (HRW 13.1.2021). Im Verlauf eines seit Ende 2016 andauernden regionalen Konfliktes zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten separatistischen bzw. kriminellen Gruppierungen hat sich die Menschenrechtslage in den beiden anglophonen Regionen Kameruns South West und North West weiter verschlechtert. Die Situation in der Region Extrême Nord ist weiterhin geprägt durch häufige gewaltsame Übergriffe terroristischer Gruppen (Boko Haram, ISWAP) auf die Zivilbevölkerung. Der nationale Dialog (Grand Dialogue National) hat bisher keine konkreten Lösungsmöglichkeiten für die dem Konflikt zugrundeliegenden Probleme (historisch, ethnisch, sprachlich, gesellschaftspolitisch, wirtschaftlich) hervorgebracht. Die Regierung strebt weiterhin eine rein militärische Lösung an. Ein Hauptproblem des Landes ist ein korruptes, unterfinanziertes und ineffizientes Justizsystem (AA 17.8.2020).
Die Verfassung von 1996 garantiert die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948), der Charta der Vereinten Nationen (1945) und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker (1981). Kamerun ist den folgenden zentralen Menschenrechtskonventionen und Fakultativprotokollen der Vereinten Nationen beigetreten:
• Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1966, ratifiziert 1971);
• Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966, ratifiziert 1984);
• Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966, ratifiziert 1984);
• Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1979, ratifiziert 1994); und Fakultativprotokoll (ratifiziert 2005);
• Übereinkommen über die Rechte des Kindes (1989, ratifiziert 1993);
• Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (1984, ratifiziert 1986); (AA 17.8.2020).
Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Folter und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte, vor allem von Häftlingen; Mangel an fairen und schnellen Gerichtsverfahren und lebensbedrohliche Haftbedingungen. Es kommt auch zu anderen bedeutenden Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Festnahmen, überlange Untersuchungshaft und Verstöße gegen die Privatsphäre. Die Regierung belästigt Journalisten und Separatisten und schränkt die Bewegungs-, Meinungs- und Pressefreiheit ein (USDOS 31.3.2021).
1.4.5. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:
Die durch die Verfassung geschützte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird in der Praxis immer wieder eingeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 17.8.2020; FH 4.3.2020). Die Versammlungsfreiheit ist erheblichen Einschränkungen unterworfen (FH 4.3.2020). Versammlungen werden zum Teil nicht genehmigt bzw. gewaltsam aufgelöst (AA 17.8.2020).
Die Regierung nutzt ein Gesetz, welches Genehmigungen für Demonstrationen vorschreibt. Viele Organisationen der Zivilgesellschaft und der Politik berichteten von erhöhten Schwierigkeiten bei der Einholung der Genehmigung öffentlicher Versammlungen (USDOS 30.3.2021). Es kommt mitunter zu Verboten oppositionsnaher Veranstaltungen mit der Begründung, dass diese eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellten. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu vorübergehenden Festnahmen (AA 17.8.2020).
Im Rahmen der anglophonen Krise kommt es zu massiven Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (AA 17.8.2020; vgl. FH 4.3.2020). Ende Juli 2019 kam es zu Aufständen anglophoner Separatisten in den Gefängnissen von Buea und Yaoundé und im August 2019 wurden mehrere führende Separatisten zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt (GIZ 12.2020a).
Die Regierung geht auch hart gegen die von Maurice Kamto geleitete Oppositionspartei Cameroon Renaissance Movement (CMR) vor: 2019 wurden Veranstaltungen verboten und es kam landesweit zu gewaltsamen Auflösung von Kundgebungen (FH 4.3.2020).
Im Juni 2019 veranstaltete CRM landesweite Kundgebungen, um die Freilassung von Kamto und anderen Parteifunktionären zu fordern, die Ende Jänner 2019 verhaftet worden waren. Die Polizei reagierte mit Gewalt, setzte Tränengas und Gummigeschosse ein, um die Kundgebungen aufzulösen, wobei mindestens zwei Teilnehmer verletzt und über 350 weitere im ganzen Land verhaftet wurden. Im November verbot die Regierung Treffen in den Städten Yaoundé, Douala und Ebolowa. Die Polizei griff mindestens 10 Demonstranten an und verhaftete insgesamt 33 Personen, die sich dem Verbot in Yaoundé widersetzten (FH 4.3.2020).
Organisatoren von öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder Prozessionen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Behördenvertreter vorab darüber zu informieren. Gesetzlich ist eine vorherige Zustimmung der Regierung jedoch nicht vorgesehen. Amtsträger behaupten dennoch regelmäßig, dass das Gesetz implizit eine behördliche Bewilligung von öffentlichen Veranstaltungen erfordert. Folglich verweigert die Regierung häufig die Bewilligung von Veranstaltungen bzw. wendet Gewalt an, um nicht genehmigte Veranstaltungen zu unterbinden (USDOS 30.3.2021).
1.4.6. Opposition / Anglophone:
Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert (GIZ 12.2020a; vgl. FH 4.3.2020). Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird (GIZ 12.2020a). Systematische politische Verfolgung der Opposition findet nicht statt, jedoch können sich Oppositionsparteien nur schwer entfalten. In einigen Fällen kommt es zu Festnahmen oder Gewaltanwendung gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung (AA 17.8.2020)
Angesichts der Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 wurden Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren und politischer Parteien (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) in der Regel wegen des Vorwurfs der Gefährdung der öffentlichen Ordnung verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Demonstrationen der Oppositionspartei MRC gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen wurden untersagt, Teilnehmer an diesen verbotenen Demonstrationen festgenommen (AA 17.8.2020).
Der zweitplatzierte Präsidentschaftskandidat und Vorsitzenden des MRC befand sich nach den Wahlen, Ende Jänner 2019, gemeinsam mit einigen Anhängern, für acht Monate im Gefängnis (GIZ 12.2020a; vgl. AA 17.8.2020, USDOS 30.3.2021). In verschiedenen Städten wurde die Zahl der Inhaftierten, Mitglieder und Sympathisanten des MRC auf fast 600 geschätzt (USDOS 30.3.2021). Etwa 50 von ihnen wurden am 27.1.2019 wieder freigelassen (BAMF 4.2.2019). Am 2.4.2020 verurteilte ein erstinstanzliches Gericht in der Region Ouest mehrere Unterstützer der MRC zu zwei Monaten Haft. Sie wurden nach der Verhandlung jedoch freigelassen, da sie bereits zwei Monate inhaftiert waren. Ihnen wurde vorgeworfen, in Bangangte Flugzettel verteilt zu haben, in denen zu einem Boykott der für den 9.2.2020 angesetzten Parlaments- und Kommunalwahlen aufgerufen wurde (BAMF 6.4.2020). Im September 2020, kam es in mehreren Städten Kameruns zu Antiregierungsprotesten, die von Kamtos Partei mitinitiiert wurden (GIZ 12.2020a).
Seit Oktober 2016 kommt es in den beiden anglophonen Regionen Kameruns South West und North West immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen bzw. kriminellen Gruppierungen, die zu über 2.000 Toten und zahlreichen Verletzten sowie zur Zerstörung von Infrastruktur (Straßen, Stromverbindungen, Schulen, sogar UNESCO-Welterbe) geführt haben. Auslöser waren Demonstrationen und Streiks von Juristen, Schülern und Studenten, die sich gegen eine jahrzehntelange Benachteiligung der anglophonen Regionen durch die frankophone Zentralregierung richteten und verstärkte politische Teilhabe der anglophonen Regionen fordern. Eine Minderheit setzt sich teilweise mit Gewalt für die Loslösung der beiden Regionen von Kamerun ein. Die beiden die Proteste ursprünglich tragenden Organisationen, die Cameroon Anglophone Civil Society (CACS) und die bereits 1994 gegründete separatistische „ XXXX “ ( XXXX ) wurden am 17.1.2017 für illegal erklärt und verboten. Der XXXX , der sich aus mehreren Splitterfraktionen zusammensetzt, die das Ziel eint, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten, hat durch den Konflikt einen politischen Aufschwung erhalten, nachdem er jahrelang nur noch ein Nischendasein geführt hatte. Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurden Mitglieder von CACS, XXXX und andere Teilnehmer an den Protestaktionen festgenommen und strafrechtlich verfolgt (AA 17.8.2020; vgl. GIZ 12.2020a).
Mehr als 700.000 Menschen wurden im Verlauf dieses Konfliktes zu Binnenflüchtlingen (AI 7.4.2021; vgl. GIZ 12.2020a).
Es kommt zu Einsatz staatlicher Gewalt, sowie außer- und innerparlamentarischer Winkelzüge gegen Versammlungen oder Aktionen der englischsprachigen Separatistenbewegung ( XXXX – XXXX ) und deren Sympathisanten (GIZ 12.2020a).
Der kamerunische Staat widmet den Aktivitäten der Exilorganisationen wenig Aufmerksamkeit. Im Gefolge der anglophonen Krise interessiert sich der kamerunische Staat jedoch zunehmend für exilpolitische Aktivitäten der anglophonen Opposition. Eine staatliche Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist aus den letzten Jahren nicht bekannt (AA 17.8.2020).
Am 3.7.2020 gab Ayuk Tabe, der bekannteste Vertreter der anglophonen Separatisten, bekannt, dass erstmals seit dem Beginn des bewaffneten anglophonen Konflikts 2017 Gespräche zwischen Regierungsvertretern und den wichtigsten Vertretern der Separatisten stattgefunden haben. Es sei die Möglichkeit eines Waffenstillstandes diskutiert worden. Offizielle Vertreter der Regierung haben zu den Gesprächen, zu denen die Vereinten Nationen die Konfliktparteien aufgerufen hatten, bisher nicht Stellung genommen. Tabe und neun weitere Anführer der Separatisten wurden im August 2019 von einem Militärgericht in Kamerun zu lebenslangen Haftstrafen wegen Terrorismus, Rebellion und separatistischer Bestrebungen verurteilt. Tabe rief im Oktober 2017 die aus den beiden kamerunischen anglophonen Regionen Nordwest und Südwest bestehende Republik Ambazonia aus und ernannte sich selbst zu deren Präsident (BAMF 6.7.2020). Allerdings verneinte Regierungssprecher Rene Emmanuel Sadi am 6.7.2020, dass diese Gespräche am 2.7.2020 stattgefunden hätten (BAMF 13.7.2020).
Bereits 2018 richtete Präsident Biya ein Nationales Komitee zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (NDDRC) für bewaffnete anglophone Separatistengruppen ein. Im Oktober 2019 führte Biya einen nationalen Dialog in dem Versuch, den Konflikt zu beenden, doch die Führer der Separatisten lehnten eine Teilnahme ab. Im Dezember gewährte das Parlament den anglophonen Regionen einen Sonderstatus, aber die Führer der Separatisten lehnten das Angebot ab und wiederholten ihre Forderungen nach Unabhängigkeit (FH 4.3.2020).
1.4.7. Grundversorgung und Wirtschaft:
Hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads mit Lebensmitteln liegt Kamerun weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Die bäuerliche Landwirtschaft wird vernachlässigt (GIZ 12.2020b). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist grundsätzlich durch eigene landwirtschaftliche Produktion und Lebensmittelimporte gesichert. Allerdings besteht ein Verteilungsproblem, das insbesondere in den drei nördlichen Provinzen zu Lebensmittelengpässen führt. Nach dem im September 2018 von UNICEF herausgegebenen Humanitarian Situation Report waren über 3,26 Mio. Kameruner, davon 1,81 Mio. Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Besonders prekär ist der Zugang zu sanitären Anlagen. 60 % der Bevölkerung haben Zugang zu sauberem Trinkwasser, lediglich 39 % Zugang zu einfachsten sanitären Anlagen (AA 17.8.2020).
Wer in soziale Not gerät, kann in Kamerun nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen; vielmehr werden Notlagen in der Regel von funktionierenden sozialen Netzen (Großfamilie) aufgefangen. Eine längere Abwesenheit gefährdet diese sozialen Netze. In ganz Kamerun gibt es karitative Einrichtungen, insbesondere Missionsstationen, die in besonderen Notlagen helfen (AA 17.8.2020).
Die Caisse Nationale de la Prévoyance Sociale (CNPS) finanziert ihre Leistungen wie Rentenzahlung, Verletztengeld, Invalidenrente aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen. Die Mehrheit der Kameruner hat zu dieser öffentlichen Sozialversicherung keinen Zugang, weil viele entweder ohne Arbeitsvertrag, auf selbstständiger Basis und im informellen Sektor arbeiten oder arbeitslos sind (GIZ 12.2020c; vgl. USSSA 9.2019). Zudem herrscht allgemein großes Misstrauen, ob man, trotz regelmäßiger Beitragszahlung, wirklich im Alter oder in einer Notlage von einer Leistung profitieren wird. Arbeitslosen- und Krankenversicherungsleistungen sowie Krankengeld werden von der CNPS nicht übernommen. Staatsbeamte dagegen sind über ihren Arbeitgeber versichert. Für sie existiert sogar eine staatliche Krankenversicherung; allerdings gibt es auch hier Probleme, sobald Gelder ausgezahlt werden sollen (GIZ 12.2020c).
Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) liegt bei circa 1.657 US-Dollar pro Kopf (WKO 2.2021). 20% der Kameruner müssen mit weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag auskommen. Bei den Armutsindikatoren wie die landesspezifische durchschnittlichen Schuljahre (12,7), die Lebenserwartung (58,9) oder die Müttersterblichkeit (596 Sterbefälle auf 100.000 Geburten) bestehen große regionale Unterschiede. Bei der aktuellen (2019) statistischen Fortschreibung der Human Development Indizes und Indikatoren erreicht Kamerun beim Gender Inequality Index Rang 141 von 160, beim HDI-Ranking 150 von 189 (GIZ 12.2020b).
Zwar ist Kamerun nicht so stark vom Erdöl abhängig wie andere afrikanische Ölexporteure, trotzdem wirkt sich der Ölpreiseinbruch auch auf die Wirtschaft Kameruns aus. Aufgrund der Außenfinanzierung staatlicher Infrastrukturgroßprojekte steigt die Außenverschuldung stark an (GIZ 12.2020b) und beträgt Stand 2021 45% des BIP (WKO 2.2021). Die Wirtschaftstrends in Kamerun wurden, vor der COVID-19-Pandemie, als mäßig gut eingeschätzt. Beklagt wird das investitionsfeindliche Geschäftsklima (GIZ 12.2020b).
Trotz der, im Vergleich zu anderen zentralafrikanischen Ländern, hohen Infektionsrate betreffend COVID-19 in Kamerun, werden vorerst keine massiven wirtschaftlichen Einbrüche erwartet. Man rechnet mit einem um 3 % verminderten Wirtschaftswachstum, damit blieben die Konjunkturdaten noch im positiven Bereich von 1-2 % (GIZ 12.2020b).
Der Primärsektor (ca. 23% v. GDP) wird aktuell vor allem von der Subsistenzlandwirtschaft und weniger von den traditionellen Export-"cash crops" stimuliert. Die Verwendung ertragreicherer Sorten und der Ausbau der Infrastruktur und, als Folge davon, ein stärkerer Binnenhandel, auch in die Nachbarländer, trugen zu diesem Wachstumserfolg bei (GIZ 12.2020b).
Im industriellen Sektor (ca. 28% des BIP) schnitten vor allem lebensmittelverarbeitende Betriebe und der Baubereich aufgrund von staatlich geförderten Infrastrukturmaßnahmen gut ab, ebenso die Rohstoffindustrie. Allerdings stellt die Energieknappheit weiterhin die größte Bremse der Wirtschaftsentwicklung dar. Zwar ist Kamerun nicht so stark vom Erdöl abhängig wie andere afrikanische Ölexporteure, trotzdem wirkt sich der Ölpreiseinbruch auch auf die kamerunische Wirtschaft aus (GIZ 12.2020b).
Im Dienstleistungsbereich (ca. 50% des BIP) boomten Telekommunikationsbranche, Transportwesen und Finanzdienstleistungen (GIZ 12.2020b).
Der informelle Sektor Kameruns erwirtschaftet mehr als der formelle. Besonders im urbanen Bereich hält sich ein Großteil der Bevölkerung (Schätzungen sprechen von weit über 50%) mit Aktivitäten im informellen Sektor über Wasser. Besonders für Frauen und junge Leute bieten sich hier Chancen, einen Lebensunterhalt zu verdienen. 75% der Bevölkerung legen ihr Geld in informellen Sparvereinen (Tontines) an, die auch ein System sozialer Absicherung darstellen (GIZ 12.2020b).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die zitierten Länderberichte zu Kamerun sowie in die seitens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen.
Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Überdies wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 02.06.2021 in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Vertreters der belangten Behörde.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und zur Identität des Beschwerdeführers leiten sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie seines kamerunischen Reisepasses ab. Die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet begründet sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den Familienverhältnissen, der Schulbildung, der Berufserfahrung, dem Gesundheitszustand und der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht, seine Erwerbsfähigkeit überdies aus seiner laufenden Beschäftigung als Arbeiter seit 01.03.2021.
Die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers in Österreich als Arbeiter sowie geringfügig beschäftigter Arbeiter, als auch die Feststellungen zu seinem Bezug von Arbeitslosengeld und bedarfsorientierter Mindestsicherung ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger, ebenso wie seine laufende Beschäftigung als Arbeiter seit 01.03.2021, welch sich überdies aus einer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung in Vorlage gebrachten Gehaltsabrechnung der Firma „ XXXX “ vom 12.05.2021 ergibt.
Dass sich der Beschwerdeführer auf Deutsch verständigen kann, ergibt sich aus dem unmittelbaren Eindruck, welchen das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnen konnte. So konnte er die Fragen des erkennenden Richters verstehen und war in der Lage, auf diese inhaltlich in einfachen, jedoch gut verständlichen Sätzen zu antworten. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren, zuletzt in der Verhandlung, kann jedoch nicht festgestellt werden, dass er tatsächlich eine Deutsch-Prüfung für das Sprachniveau A2 erfolgreich abgelegt hat, da sich kein entsprechendes Zertifikat im Akt befindet und auch in jenen Aktenbestandteilen, welche sein Asylverfahren betreffen, zu keinem Zeitpunkt auf ein solches Bezug genommen wird (in der Beschwerde wurde hierzu ausgeführt: „Das A2 Zertifikat des BF wurde im Verfahren auf internationalen Schutz vorgelegt und sollte sich in diesem Akt befinden. Der BF verfügt leider über keine Kopie desselben.“).
Dass der Beschwerdeführer in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen hat, abgesehen von seiner beruflichen Tätigkeit im Bundesgebiet jedoch über keine intensiven privaten Bindungen verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung, wo er u.a. zu Protokoll gab, dass er sich hauptsächlich auf seine persönlichen Angelegenheiten, „das sind zB meine Arbeit und die verschiedenen kleineren Dinge, die ich erledigen muss“, konzentriere und „nicht besonderen Wert“ darauf lege, viele Freunde zu haben. Er erwähnte lediglich, dass er sich im Zuge einer Arbeitstätigkeit mit einem Kroaten angefreundet habe und mit diesem samstags im Rahmen von wechselseitigen Besuchen etwas trinke, und ansonsten lediglich einmal monatlich das XXXX -Treffen in Österreich besucht habe, welches aufgrund von „CORONA“ derzeit jedoch ebenfalls nicht stattfinde. Ansonsten sei er „Mitglied“ des Österreichischen Roten Kreuzes und habe einen Freund namens „Hermann“ gehabt, welcher ihn gelegentlich besucht habe, jedoch sei man sich nicht wirklich nahegestanden und rufe der Beschwerdeführer diesen mittlerweile auch nicht mehr an, da dieser „beruflich immer zu tun“ habe. Auf die Frage des Vertreters der belangten Behörde, ob er denn in Österreich eine Freundin habe, entgegnete der Beschwerdeführer zunächst, er wolle dies eigentlich für sich behalten, da dies „sehr privat“ sei, um sogleich im Anschluss zu ergänzen, dass es „eigentlich keine ernsthafte Beziehung und auch keine sexuelle Beziehung, sondern eine Freundschaft“ sei, mehr wolle er dazu nicht sagen. Eine nachhaltige gesellschaftliche Integration von maßgeblicher Intensität ergibt sich aus all dem nicht.
Aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bescheid der belangten Behörde vom 21.04.2015, Zl. XXXX sowie einem beiliegenden Aktenvermerk der belangten Behörde vom selben Tag resultieren die Feststellungen betreffend des dem Beschwerdeführer zuerkannten des Status des Asylberechtigten und der für glaubhaft erachteten Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung, ergänzend zudem aus einer Abfrage im Informationsverbund zentrales Fremdenregister.
Die beiden rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich. Die Feststellungen bezüglich den seinen beiden strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlung sowie den Erwägungen der Strafgerichte im Rahmen der Strafbemessung ergeben sich aus den sich im Akt befindlichen Urteilsausfertigungen des Landesgerichts XXXX zur Zl. XXXX sowie zur Zl. XXXX .
2.3. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:
Die Feststellungen bezüglich der Ausstellung seines kamerunischen Reisepasses und des „Konsularausweises“ fußen auf den sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Dokumente, aus denen sich das Datum der Ausstellung und der Ausstellungsort bzw. die ausstellende Behörde entnehmen lassen, sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers im Administrativverfahren und zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Dass der Beschwerdeführer am 25.07.2017 unter Vorlage seines Reisepasses über Nigeria kommend nach Kamerun einreiste, dort für elf Tage verblieb und anschließend am 05.08.2017 wieder aus Kamerun ausreiste, begründet sich aus der vorliegenden Kopie seines kamerunischen Reisepasses. Dort befinden sich zwei Sichtvermerkstempel, die unzweifelhaft bestätigten, dass der Beschwerdeführer an den besagten Daten unter Vorlage seines kamerunischen Reisepasses über den nigerianisch-kamerunischen Grenzübergang bei Ekok nach Kamerun ein- und über diesen auch wieder ausreiste. Sein Beschwerdevorbringen sowie seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wonach ein Freund namens Nansise M[...] mit seinem Reisepass nach Kamerun gereist sei, erweisen sich als nicht glaubhaft. Hierfür spricht zunächst, dass der Beschwerdeführer sowohl betreffend die Person, die mit seinem Pass die Grenzübertritte vollzogen habe, als auch bezüglich des Einreisegrunds widersprüchliche Angaben tätigte. Wie sich aus einer sich im Akt befindlichen Mitteilung der Landespolizeidirektion Niederösterreich an die belangte Behörde vom 07.08.2017 ergibt, gab er an jenem Tag am Flughafen Schiphol auf Nachfrage der niederländischen Grenzpolizei, weshalb er in Kamerun gewesen sei, Folgendes an: „I didn´t go to Cameroun. My brother went to Cameroun, he forced me to give my passport to him. He said he had to take supplies and bring them to our mother in Cameroun.“. Im Widerspruch dazu behauptete er im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 18.01.2018, dass es ein Schulfreund namens Nansise M[...] gewesen sei, der mit dem Pass des Beschwerdeführers die Grenzübertritte getätigt habe. Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung behauptet der Beschwerdeführer, dass sein Freund Nansise mit dem Reisepass des Beschwerdeführers nach Kamerun ein- und von dort wieder ausgereist sei. Berücksichtigt man, dass bei einem Grenzübertritt der Reisepass mit der ihn vorlegenden Person abgeglichen wird, entbehren diese Ausführungen des Beschwerdeführers jeglicher Denklogik. Auch spräche der Umstand, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einem Verfolgungsrisiko ausgesetzt ist, ebenfalls nicht für seine Ausführungen. Seinem diesbezüglichen Einwand, dass er seinen Freund auf die betreffenden Risiken aufmerksam gemacht habe, dieser jedoch auf die Herausgabe des Reisepasses bestanden und dennoch den Grenzübertritt getätigt habe, wertet das erkennende Gericht als Schutzbehauptung um die aufgezeigte Denkunlogik zu entkräften. Des Weiteren ist es auch nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang zu bringen, dass die kamerunischen Grenzbehörden trotz Vorlage eines „falschen“ Reisepasses einen entsprechenden Sichtvermerk im Reisepass anbrachten. Ebenso widerspricht es der allgemeinen Denklogik, dass seinem Freund der „falsche“ Reisepass wieder ausgehändigt worden sei, sodass dieser ihn dem Beschwerdeführer in Nigeria wieder zurückgegeben habe. Seine diesbezüglichen Argumentationen in der mündlichen Verhandlung, wonach der Pass zuerst gestempelt worden sei und man im Nachhinein erkannt habe, dass es sich um eine „gesuchte Person“ handle bzw. die nigerianischen Grenzbehörden bei der Rückkehr seines Freundes auf einen Einreisestempel beharrt hätten, wertet das erkennende Gericht ebenfalls als gedankliches Konstrukt um die mangelnde Plausibilität seines Vorbringens zu entkräften. Hierfür spricht vor allem die Tatsache, dass der Beschwerdeführer die behaupteten Probleme seines Freundes bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 18.01.2018 völlig unerwähnt ließ. Wäre sein Freund mit dem Reisepass des Beschwerdeführers nach Kamerun ausgereist und dort tatsächlich mit Problemen beim Grenzübertritt konfrontiert gewesen bzw. inhaftiert worden, dann hätte ihm der Freund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits unmittelbar im Anschluss an seine Rückkehr aus Kamerun von diesen Vorkommnissen und Problemen berichtet. Deshalb erweist sich auch die erstmals in der E-Mail des Beschwerdeführers an die belangte Behörde vom 22.01.2018 vorgebrachte Behauptung, dass ihn sein Freund erst nach der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 18.01.2018 über dessen Inhaftierung informiert habe und ihm dieser als Nachweis eine mit 03.08.2017 datierten „Release Order“ übermittelt habe, als nicht glaubhaft. Dies vor allem deshalb, weil sich der Beschwerdeführer letztlich auch im Zuge der mündlichen Verhandlung betreffend der dem Freund widerfahrenen Probleme widersprach. So brachte er auf Nachfrage des erkennenden Gerichts vor, dass ihm sein Freund bei dessen Rückkehr aus Kamerun und Rückgabe des Reisepasses mitgeteilt habe, dass dieser nicht in die Stadt habe können, da er in eine Kontrolle geraten und für fünf Tage im Gefängnis gewesen sei. Ungeachtet dessen, vermag auch die Echtheit dieser „Release Order“ mangels Vorlage des Originaldokumentes nicht überprüft zu werden. Ebenso wenig vermag die seitens des Beschwerdeführers in Kopie vorgelegte, ebenfalls keiner Echtheitsüberprüfung zugängliche Hotelbestätigung hinsichtlich seines angeblichen Aufenthaltes in einem Hotel in Lagos vom 22.07.2017 bis zum 07.08.2017 seine Reisebewegung nach Kamerun zu widerlegen. Nicht zuletzt ist ausgehend von den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar, weshalb er – sofern er nicht bereits mit der vorgefassten Absicht, nach Kamerun zu reisen, seine Reisebewegung angetreten habe – seinen kamerunischen Reisepass während dieser Reise überhaupt mit sich geführt hat, zumal er sich im Zuge seiner Aus- und Wiedereinreise nach Europa – wie sich aus der sich im Akt befindlichen Mitteilung der Grenzpolizei Schiphol ergibt – wiederum mit seinem Konventionsreisepass ausgewiesen hatte. Vor diesem Hintergrund entbehrt sein Vorbringen in der Verhandlung, wonach er seinen Freund in einem Hotel in Nigeria zum Essen getroffen habe, dieser ihm hierbei erzählt habe, dass er gerne nach Kamerun reisen würde und der Beschwerdeführer dem Freund aufgrund dessen seinen kamerunischen Reisepass überlassen habe, welchen er zwar nicht benötigt, aber dennoch wohl zufällig mit sich geführt habe, jeglicher rationalen Grundlage.
Auch gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Gelegenheit dazu, nach seinem Aufenthalt in Kamerun im Sommer 2017 eine etwaige neuerliche Erfüllung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft darzutun, wobei dieser im Administrativverfahren sowie im Beschwerdeschriftsatz im Wesentlichen lediglich auf die Angaben aus seinem Asylverfahren verwies und vorbrachte, dass sich die Situation politisch Oppositioneller in Kamerun sowie insbesondere von Mitgliedern des mittlerweile verbotenen XXXX seitdem nicht verbessert, sondern eher noch verschlechtert habe. Sein nunmehr erstmalig in der Beschwerdeverhandlung erstattetes Vorbringen, wonach in Kamerun nach wie vor nach ihm gesucht werde und aufgrund dessen Militärs im „März oder April“ 2018 seine Schwester angeschossen und danach seinem Onkel einen Arm abgetrennt hätten, ist hingegen als gänzlich unglaubhaft zu qualifizieren. So hatte er im Rahmen seines Asylverfahrens vor dem Bundesasylamt am 04.08.2011 noch ausdrücklich zu Protokoll gegeben, dass nur er Probleme in Kamerun gehabt hätte, jedoch niemand seiner Angehörigen (vgl. AS 89: „F: Hat jemand aus Ihrer Familie Probleme mit staatlichen Behörden?; A: Ich denke nicht. Nein.“). Dass seine Familie zum Zeitpunkt seiner Ausreise somit unbehelligt in Kamerun leben hätte können, etwa sieben Jahre später jedoch Übergriffen seitens staatlicher Behörden ausgesetzt gewesen sei, da nach wie vor nach dem Beschwerdeführer gesucht werde und die Angreifer den Angehörigen überdies gesagt hätten, man solle den Beschwerdeführer über diese Übergriffen informieren, entbehrt jeglicher Denklogik und ist als gänzlich untauglicher Versuch seitens des Beschwerdeführers zu werten, den Eindruck zu erwecken, dass sich nach seiner freiwilligen Rückreise nach Kamerun im Sommer 2017 neue Umstände ergeben hätten, welche abermals für die Gefahr einer staatliche Verfolgung seiner Person in seinem Herkunftsstaat sprächen. Die Annahme, dass es sich bei diesen nunmehr in der Verhandlung behaupteten Übergriffen auf seine Familie im Frühjahr 2018 um ein reines Gedankenkonstrukt handelt, wird zusätzlich durch den Umstand untermauert, dass das betreffende Vorbringen sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme im Administrativverfahren vom 10.07.2018, als auch im Beschwerdes