Entscheidungsdatum
12.08.2021Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W284 2194565-3/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. WAGNER-SAMEK als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Afghanistan, vertreten durch Hochleitner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2021, Zl. 830770104-201001229, betreffend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) hat mit Bescheid vom 11.06.2021, Zl. 830770104-201001229, den Antrag des Beschwerdeführers vom 12.10.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen abgewiesen.
Mit der im Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er das Recht habe, innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung des Bescheides seine Beschwerde schriftlich bei der Behörde einzubringen.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 17.06.2021 mittels RSa an seinen ausgewiesenen, rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 16.07.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde.
Mit hg. Schriftsatz vom 03.08.2021 richtete das Bundesverwaltungsgericht einen Verspätungsvorhalt an den Beschwerdeführer. Darin wurde festgehalten, dass die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vier Wochen ab Zustellung des Bescheides betrage, und die Frist somit bereits am Vortag, dem 15.07.2021 abgelaufen sei. Die Beschwerde sei erst am 16.07.2021, per E-Mail bzw. danach per ERV bei der belangten Behörde eingelangt und stelle sich demnach als verspätet dar.
Dem Beschwerdeführer wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eine einwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Eine solche wurde binnen Frist jedoch nicht erstattet.
Mit am 10.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Fristerstreckungsantrag begehrte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine – urlaubsbedingte - Fristerstreckung auf den 23.08.2021.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der angefochtene Bescheid wurde dem BF laut Rückschein am 17.06.2021 durch Übernahme seiner rechtsfreundlichen Vertretung zugestellt. Die Beschwerde wurde am 16.07.2021 eingebracht.
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen rechtskräftig verurteilten Straftäter. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 06.03.2020, GZ 004 HV 88/2019g, rechtskräftig seit 19.10.2020, wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen gemäß §207(1) StGB zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Er verbüßt aktuell seine Strafhaft.
Aufgrund des Beschlusses des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 07.06.2021, Zl. 13 BE 136/21h, rechtskräftig seit 19.10.2020, soll der Beschwerdeführer am 29.08.2021 unter Anordnung der Bewährungshilfe und einer Probezeit von 5 Jahren, bedingt aus der Haft entlassen werden.
Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeräumte Frist von einer Woche ist ausreichend, um eine Stellungnahme zu einer verspäteten Beschwerde zu erstatten. Eine solche langte jedoch bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, insbesondere aus der korrekten Zustellverfügung der Behörde (AS 153) sowie dem aufliegenden Rückschein (AS 155). Auch die Bekanntgabe der Vollmacht, welche eine Zustellvollmacht des Vertreters umfasst, ist aktenkundig (AS 160). Soweit sich auf der Beschwerde der Hinweis findet, dass die Beschwerde „vorab per E-Mail“ (AS 159) eingebracht worden sei, ergibt sich nach Einsichtnahme in die Sendebestätigung, dass diese zwar um 09:11 Uhr, allerdings gleich der Übermittlung per ERV ebenfalls erst am 16.07.2021 – und somit verspätet – erfolgt ist.
Mit dem am letzten Tag der Frist hg. eingebrachten Fristerstreckungsantrag wurde inhaltlich keine Stellungnahme abgegeben, sondern lediglich um urlaubsbedingte Fristerstreckung bis zum 23.08.2021 angesucht. Hierzu ist zu sagen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Einräumung der Frist mit Blick auf die anstehende Haftentlassung des Beschwerdeführers gewählt hat. Da der Beschwerdeführer wegen sexuellen Missbrauches Unmündiger aktuell eine Haftstrafe (diesbezüglich wurde Einsicht in die Strafregisterauskunft genommen und liegen das entsprechende Urteil sowie der Beschluss zur geplanten bedingten Entlassung im Akt ein) verbüßt, in Kürze, am 29.08.2021, entlassen werden soll und das Bundesverwaltungsgericht eine zeitgerechte Erledigung der Beschwerdeangelegenheit, möglichst vor Entlassung des Beschwerdeführers, anstrebt, kann die dem Beschwerdeführer eingeräumte Frist zur Erstattung einer Stellungnahme nicht als unangemessen kurz erkannt werden. In dem Antrag wurde auch nicht dargetan, dass die gesamte Kanzlei auf Urlaub ist und somit niemand eine Stellungnahme abgeben kann. Dabei wurde mitberücksichtigt, dass es sich bei einem Verspätungsvorhalt um keinen komplexen Sachverhalt handelt und der Beschwerdeführer rechtsfreundlich vertreten ist. Mangels Erstattung einer Stellungnahme wurde seitens des Beschwerdeführers innerhalb der aufgetragenen Frist von einer Woche jedoch kein Sachverhalt dargetan, welcher der Annahme der verspäteten Einbringung seiner Beschwerde, entgegensteht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, anzuwenden.
Zu A)
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.
Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung ist korrekt.
Der Bescheid wurde am 17.06.2021 zugestellt. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde am 16.07.2021 per ERV übermittelt. Da die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vier Wochen ab Zustellung des Bescheides beträgt, war sie im vorliegenden Fall bereits am 15.07.2021 abgelaufen und stellt sich die gegenständliche Beschwerde als verspätet dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu zuletzt am 24.06.2020, Ra 2020/17/0017, Folgendes festgehalten: Bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit einer Beschwerde handelt es sich um eine Rechtsfrage gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG 2014, die, wenn Anhaltspunkte für die Verspätung vorliegen, von Amts wegen zu erfolgen hat. Das VwG hat dazu nach amtswegigen Erhebungen Tatsachen festzustellen. Dabei ist der Partei […] auch außerhalb einer mündlichen Verhandlung bereits im Rahmen der amtswegigen Prüfung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde Gelegenheit zu geben, zu dabei hervorkommenden Tatsachen und Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 03.08.2021 hielt das Bundesverwaltungsgericht dem BF die Verspätung vor. Eine Stellungnahme erstattete der Beschwerdeführer jedoch nicht.
Dem Fristerstreckungsantrag war aus folgenden Gründen nicht nachzukommen:
Nach § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Nach § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Zwar gehört die Wahrung des Parteiengehörs zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung und ist sie - amtswegig - ausdrücklich, in förmlicher Weise und unter Einräumung einer angemessenen Frist zu gewähren (VwGH v. 09.05.2017, Ro 2014/08/0065). Jedoch kann mit Blick auf die bereits in der Beweiswürdigung getätigten Aussagen nicht erkannt werden, dass sich die Einräumung einer Frist von einer Woche als nicht angemessen darstellt. Im vorliegenden Fall gilt es nämlich auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits am 29.08.2021 aus der Strafhaft, die er zum Entscheidungszeitpunkt wegen sexuellen Missbrauches Unmündiger verbüßt, entlassen werden soll und seitens des Bundesverwaltungsgerichtes die Erledigung der gegenständlichen Rechtssache vor Entlassung des Beschwerdeführers angestrebt wird. Hinzu kommt, dass es sich fallbezogen auch nicht um eine aufwendige Rechtsfrage handelt, sondern lediglich die verspätete Einbringung einer Beschwerde zu klären ist. Da der Beschwerdeführer zudem noch rechtsfreundlich vertreten war, war dem Fristerstreckungsantrag nicht stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
Da die gegenständliche Beschwerde wegen ihrer Verspätung zurückzuweisen war und keine über die Gewährung des Parteiengehörs hinausgehenden Ermittlungen nötig erschienen, der gegenständliche Sachverhalt im Hinblick auf die Verspätung somit eindeutig war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Die Beschwerde ist daher gemäß § 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 und § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltstitel Beschwerdefrist besonders berücksichtigungswürdige Interessen Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Parteiengehör Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung Rechtsmittelfrist rechtswirksame Zustellung Rechtzeitigkeit Strafhaft verspätete Beschwerde Verspätung Verspätungsvorhalt ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W284.2194565.3.00Im RIS seit
24.11.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021