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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde der F in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juni 1996, Zl. 4.188.265/3-III/13/96, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidkopie reiste die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Irak, am 13. oder 18. September 1995 in das Bundesgebiet ein. Am 7. Mai 1996 beantragte sie Asyl. Mit Bescheid vom 9. Mai 1996 wies das Bundesasylamt den Asylantrag ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin Flüchtling sei. Die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft machen können, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Die belangte Behörde schließe sich "den diesbezüglichen Ausführungen im bekämpften Bescheid der Behörde erster Instanz vollinhaltlich an". Auch der Umstand, daß die Beschwerdeführerin den Asylantrag erst nahezu acht Monate nach ihrer Einreise und erst nach dem Fehlschlagen aller anderen Versuche zur Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt habe, trage nicht zur Glaubhaftmachung der behaupteten Furcht vor Verfolgung bei. Daß der Asylantrag lediglich der Regelung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet dienen solle, gehe auch aus einer Aussage des Ehegatten der Beschwerdeführerin vor dem Bundesasylamt hervor. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens sei nicht feststellbar. Auch sonst liege kein Grund für eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 vor. Gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 sei auf das Berufungsvorbringen nicht näher einzugehen. Es ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin nicht Verfolgung aus den im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen zu gewärtigen gehabt habe bzw. im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat zu befürchten hätte, weshalb ihr die Flüchtlingseigenschaft nicht zugekommen und die Asylgewährung zwingend ausgeschlossen gewesen sei.
In der vorliegenden, im Rahmen der Verfahrenshilfe für die Beschwerdeführerin eingebrachten Beschwerde ist der Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) wie folgt formuliert:
"Beschwerdepunkt:
Ich wurde in meinen Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde entgegen den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991, BGBl. 8/1992 i.d.g.F. es unterlassen hat, amtswegige Erhebungen über die von mir vorgebrachte Tatsache, daß ich nach meiner Flucht aus der Republik Irak auch im Iran nicht in Sicherheit war, anzustellen und mir folglich das Asylrecht verweigerte, da sie zu der unrichtigen Annahme gelangte, mein Fall unterläge dem § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG."
Die Beschwerdegründe (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) lauten ungekürzt wie folgt:
"Begründung:
Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften:
Die Ablehnung meines Antrages auf Gewährung von Asyl in Österreich wird damit begründet, daß ich nach Verlassen meines Heimatlandes bereits im Iran in Sicherheit vor Verfolgung gewesen sei, weshalb aufgrund der Bestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 3 AsylG die Gewährung von Asyl nicht in Frage käme.
Tatsächlich war ich jedoch im Iran zu keiner Zeit wirklich in Sicherheit, sondern nur aus politischen Opportunitätsgründen wegen meiner Religion vorläufig geduldet. Überdies werden Menschen weiblichen Geschlechts im Iran in einer Weise diskriminiert, die einer Verfolgung aus religiösen, politischen und Gründen des Geschlechts absolut gleichzusetzen ist.
Nicht zuletzt bildet auch meine Ehe mit einem ehemaligen iranischen Staatsbürger, der inzwischen die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hat und damit in seinem Geburtsland als "Renegat" angesehen wird, einen weiteren Grund, warum ich bei einer Rückkehr in den Iran Verfolgung zu gewärtigen hätte.
Da zudem der Iran nicht dem Kreis der Vertragsstaaten der Flüchtlingskonvention angehört, ist er nicht an die Bestimmung gebunden, wonach der Personen, die zuerst auf sein Staatsgebiet geflüchtet sind, zurückzunehmen hat.
Ich müßte daher bei einer etwaigen Abschiebung in den Iran befürchten, daselbst verfolgt oder aber ohne rechtsförmiges Verfahren über die Staatsgrenze in den Irak abgeschoben und dort wie oben geschildert verfolgt zu werden.
Zu ihrer unrichtigen Entscheidung ist die belangte Behörde nur deshalb gelangt, weil sie es unterlassen hat, die von § 16 Abs. 1 AsylG angeordneten Erhebungen zur amtswegigen Beischaffung von Bescheinigungsmitteln, die meine obigen Darlegungen unterstützen und mein Vorbringen, ich sei im Iran nicht in Sicherheit gewesen, als Wahrheit erweisen konnten, durchzuführen.
Die belangte Behörde hat es sohin im Verfahren unterlassen, das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen meiner Flüchtlingseigenschaft zu prüfen, weshalb sie zu dem im angefochtenen Bescheid verkörperten unrichtigen Ergebnis kam, ich sei im Iran bereits in Sicherheit gewesen und hätte sohin gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 AsylG keinen Anspruch auf Asyl in Österreich."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdepunkt behauptete Rechtsverletzung kann nicht vorliegen, weil die belangte Behörde den Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht herangezogen hat. Aus demselben Grund geht auch die Beschwerdebegründung ins Leere. Nach dem Inhalt der mit der Beschwerde vorgelegten Bescheidkopie kann nicht davon die Rede sein, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung damit begründet hätte, daß die Beschwerdeführerin nach dem Verlassen ihres Heimatlandes "bereits im Iran in Sicherheit vor Verfolgung gewesen sei, weshalb aufgrund der Bestimmung des § 3" (gemeint: § 2) "Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz die Gewährung von Asyl nicht in Frage käme". Begründungselemente dieser Art werden auch insoweit, als sich das Bundesasylamt darauf gestützt haben sollte, von der belangten Behörde nicht übernommen. Der angefochtene Bescheid verweist nur hinsichtlich der Wiedergabe des Vorbringens der Beschwerdeführerin und hinsichtlich der Ausführungen zur Flüchtlingseigenschaft auf den erstinstanzlichen Bescheid.
Die Beschwerde wendet sich daher gegen Ausführungen, die der angefochtene Bescheid nicht enthält.
Der Verneinung der Flüchtlingseigenschaft, auf die die belangte Behörde ihre Entscheidung gegründet hat, lassen sich die Beschwerdeausführungen nicht zuordnen. Wenn (in inhaltlich, soweit man die Ausführungen auf den Irak beziehen wollte, auch völlig unsubstantiierter Weise) davon die Rede ist, die belangte Behörde habe es "sohin im Verfahren unterlassen, das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen meiner Flüchtlingseigenschaft zu prüfen", so liegt dem in Anbetracht des vorangegangenen Satzes (Unterlassung von Ermittlungen über die Behauptung, im Iran nicht in Sicherheit gewesen zu sein) und der beschriebenen Schlußfolgerung (unrichtiges Ergebnis, die Beschwerdeführerin sei im Iran bereits in Sicherheit gewesen) nur die unrichtige Rechtsansicht zugrunde, eine Heranziehung des Asylausschlußgrundes nach § 3 (gemeint: § 2) Abs. 1 (gemeint: Abs. 2) Z. 3 Asylgesetz 1991 bedeute auch eine Verneinung der Flüchtlingseigenschaft. Auf die Beurteilung der Behauptungen der Beschwerdeführerin darüber, weshalb sie 1991 den Irak verlassen habe und nicht in ihr Heimatland zurückkehren könne, beziehen sich diese Ausführungen nicht.
Ist die Beschwerdeführerin in bezug auf ihr Heimatland nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991, so ist dem Asylantrag nach § 3 dieses Gesetzes nicht stattzugeben. Darauf, ob die Beschwerdeführerin schon in einem Drittstaat vor Verfolgung sicher war, kommt es dabei nicht an. Mit der Widerlegung diesbezüglicher Ausführungen würde dem angefochtenen Bescheid daher auch dann, wenn er solche Ausführungen (zusätzlich) enthielte, nicht wirksam begegnet.
In Verbindung mit der vorgelegten Bescheidkopie läßt schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die in ihr behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996200729.X00Im RIS seit
20.11.2000