TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/25 W212 2238364-1

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Veröffentlicht am 25.08.2021
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Entscheidungsdatum

25.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch


W212 2238364-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Moldawien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2020, Zahl: 1272392801-201274802, zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG i.d.g.F. insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf ein Jahr herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine volljährige Staatsangehörige Moldawiens, wurde am 17.12.2020 im Bundesgebiet beim Schwarzfahren betreten und konnte anlässlich einer in der Folge durchgeführten polizeilichen Kontrolle keine Dokumente zum Nachweis ihrer Identität und ihres Aufenthaltsstatus vorweisen. In der Folge wurde diese auf Grundlage eines durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum verbracht.

Anlässlich der am 18.12.2020 im Verfahren zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durchgeführten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab die Beschwerdeführerin im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache zusammengefasst an, gesund zu sein und keinen Wohnsitz in Österreich zu haben. Ihr Pass befinde sich in einer Tasche, welche von einer Freundin aufbewahrt werde. Sie habe nie einen Aufenthaltstitel für Österreich besessen und halte sich seit Ende September 2020 durchgehend in Österreich auf. Zuvor sei sie bereits im Vorjahr zu Besuch in Österreich gewesen. Sie sei nach Österreich gekommen, um ihren Mann zu suchen, welcher ohne Nachricht von zuhause weggefahren wäre. Ein Freund habe ihr mitgeteilt, dass sich ihr Mann in Österreich aufhielte. Die Beschwerdeführerin sei legal in einem Kleinbus eingereist. Sie habe geplant, ihren Mann solange zu suchen, wie es nötig sei. Bei ihrer Einreise habe sie EUR 500,- besessen, zusätzlich habe sie EUR 300,- geliehen. Gegenwärtig habe sie noch rund EUR 80,-. Sie besitze keine Bankomat- oder Kreditkarte und habe auch sonst keine Möglichkeit, um in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen. Sie habe keine Familienangehörigen oder sonstigen soziale Kontakte in Österreich und spreche lediglich ein paar Wörter Deutsch. In ihrem Heimatland hielten sich noch ihre Mutter, ihr Bruder, ihr Sohn und ihre Tochter auf. Der Beschwerdeführerin wurde abschließend mitgeteilt, dass einer selbständigen Ausreise im Fall der Vorlage eines Reisedokumentes nichts entgegenstehen würde.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.12.2020 wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 AsylG und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Moldawien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot gegen die Beschwerdeführerin verhängt (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt werde (Spruchpunkt V.) sowie, dass einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte im Rahmen der Entscheidungsbegründung fest, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine gesunde und bislang unbescholtene moldawische Staatsbürgerin handle, welche keinerlei familiäre oder private Bindungen in Österreich aufweise. Am 17.12.2020 sei diese beim „Schwarzfahren“, sohin einer Verwaltungsübertretung, betreten worden. Diese habe sich unangemeldet und unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, sei mittellos und nicht zur Arbeitsaufnahme berechtigt. Sie habe keinen Wohnsitz im Bundesgebiet, ihr Lebensmittelpunkt befinde sich in Moldawien, wo sie familiäre Bindungen habe.

Zur Begründung des Einreiseverbotes wurde ausgeführt, die mittellose Beschwerdeführerin habe sich unrechtmäßig und unangemeldet im Bundesgebiet aufgehalten, sodass die Gefahr bestehe, dass sie im Fall eines weiteren Aufenthaltes darauf angewiesen sein würde, ihren Lebensunterhalt auf unrechtmäßige Weise zu finanzieren und eine potentielle Belastung für das österreichische Sozialsystem darstellen würde.

Da die sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin im Sinne der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich wäre, sei einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

Jener Bescheid sowie ein Mandatsbescheid über die Verhängung der Schubhaft wurden von der Beschwerdeführerin am 18.12.2020 persönlich übernommen.

3. Gegen Spruchpunkt IV. des dargestellten Bescheides richtet sich die am 28.12.2020 durch die damals bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde, zu deren Begründung ausgeführt wurde, die Beschwerdeführerin sei sich der Meldeverpflichtung nicht bewusst gewesen, diese sei nie einer unerlaubten Tätigkeit nachgegangen und habe sich hinsichtlich einer freiwilligen Ausreise bereit gezeigt. Die Entscheidung zur Verhängung eines fünfjährigen Einreiseverbotes sei nicht gerechtfertigt und überzogen. Die Beschwerdeführerin stelle keinerlei Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, vor allem keine solche, die ein Einreiseverbot in der Höchstdauer von fünf Jahren erfordern würde.

Am 30.12.2020 wurde die Beschwerdeführerin auf dem Luftweg nach Moldawien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Moldawiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; ihre Identität steht aufgrund der aktenkundigen Kopie ihres moldawischen Reisepasses fest.

1.2. Die Beschwerdeführerin reiste ihren Angaben zufolge im September 2020 in das Gebiet der Schengen-Staaten und in der Folge ins österreichische Bundesgebiet ein und hielt sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durchgehend in Österreich auf. Am 17.12.2020 wurde diese, nachdem sie beim „Schwarzfahren“ betreten worden war, einer Identitätsfeststellung durch Organe der Landespolizei Niederösterreich unterzogen und, nachdem in der Folge die Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthalts festgestellt worden war, nach den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen.

Die Beschwerdeführerin verfügte zum Zeitpunkt ihrer Festnahme im Bundesgebiet über Barmittel in Höhe von EUR 80,- und keine legalen Möglichkeiten zur Erlangung darüberhinausgehender finanzieller Mittel. Sie besitzt keinen österreichischen Aufenthaltstitel und hat einen solchen noch nie beantragt. Die Beschwerdeführerin war in Österreich zu keinem Zeitpunkt sozialversichert. Ebensowenig war diese im Besitz eines Aufenthaltstitels für einen anderen Mitgliedstaat. Die Beschwerdeführerin reiste eigenen Angaben zufolge zwecks Suche nach ihrem Ehemann ins Bundesgebiet ein und nahm hier unangemeldet Unterkunft.

Ein weiterer respektive neuerlicher Aufenthalt der Beschwerdeführerin würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellen.

Am 30.12.2020 wurde die Beschwerdeführerin auf dem Luftweg nach Moldawien abgeschoben.

1.3. Die in Österreich strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführerin ist verheiratet und spricht muttersprachlich Russisch. Ihr Lebensmittelpunkt liegt in Moldawien, wo sie durch ihre zwei Kinder, ihren Vater und ihren Bruder familiäre Bindungen hat. Mit Ausnahme der Meldung in einem Polizeianhaltezentrum von 18.12.2020 bis 30.12.2020 verfügte die Beschwerdeführerin nie über eine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

Die Beschwerdeführerin hat keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich oder im Gebiet der Mitgliedstaaten, diese ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über vorhandene Deutschkenntnisse. Eine Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.

1.4. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, die gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung, die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Moldawien sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin gründen auf den aktenkundigen Besitz eines moldawischen Reisepasses (AS 29).

2.2. Die Feststellungen über Datum und Umstände der Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts, die im Vorfeld der Festnahme nicht vorgelegene behördliche Meldung und deren Abschiebung in den Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes sowie Abfragen im Zentralen Melderegister und im Zentralen Fremdenregister.

Die Feststellung über die Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.12.2020, anlässlich derer sie anführte, lediglich über Barmittel in Höhe von EUR 80,- und keinerlei sonstigen Vermögenswerte zu verfügen. Die Beschwerdeführerin vermochte keine Nachweise über legale Einnahmequellen, Vermögenswerte und/oder Rechtsansprüche auf Geldleistungen nachzuweisen. In der Beschwerde wurde der festgestellten Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.

Die Beschwerdeführerin hat nicht dargetan, dass sie im Vorfeld ihres polizeilichen Aufgriffs bereits konkrete Schritte zur Beendigung ihres unrechtmäßigen Aufenthalts unternommen hätte, sondern verwies vielmehr darauf, dass sie einen Aufenthalt unbestimmter Dauer zwecks Auffinden ihres Ehemannes beabsichtigt hätte, sodass die Behörde zutreffend davon ausgehen konnte, dass diese einen längerfristigen unrechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet intendiert hatte und lediglich der zufällige polizeiliche Aufgriff sie von der Fortsetzung desselben abhielt.

Aufgrund der in der Vergangenheit gezeigten mangelnden Bereitschaft, sich den Regelungen über ein geordnetes Fremdenwesen unterzuordnen sowie des Besitzes unzureichender finanzieller Mittel zur längerfristigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts und ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Beschwerdeführerin bei einem weiteren respektive neuerlichen Aufenthalt im Gebiet der Mitgliedstaaten eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

2.3. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin in Österreich ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin in Österreich und im Raum Europa beruhen auf ihren Angaben im Verfahren in Zusammenschau mit der Beschwerdeschrift. Die Beschwerdeführerin brachte nicht vor, Anknüpfungspunkte sozialer oder wirtschaftlicher Natur im Bundesgebiet oder in sonstigen Mitgliedstaaten aufzuweisen oder Integrationsbemühungen gesetzt zu haben, sondern sie erklärte, ausschließlich zwecks Suche nach ihrem Ehemann ins Bundesgebiet eingereist zu sein und ihren Lebensmittelpunkt in Moldawien zu haben, wo sie familiäre Bindungen habe.

2.4. Die Feststellung, dass fallgegenständlich lediglich das ausgesprochene Einreiseverbot in Beschwerde gezogen wurde und die übrigen Spruchteile unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Beschwerdeschriftsatzes vom 28.12.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

3.1.2. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von fünf Jahren gegen die Beschwerdeführerin ausgesprochene Einreiseverbot. Die übrigen Spruchteile (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG, Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen die Beschwerdeführerin verhängten Einreiseverbotes (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.05.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.05.2013, 2011/18/0259; 24.05.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.

Zu A) Zur teilweisen Stattgabe der Beschwerde:

3.2. Zum Einreiseverbot:

3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

[…]

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

[…]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

[…]“

3.2.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass die Beschwerdeführerin, welche sich unrechtmäßig und unangemeldet im Bundesgebiet aufgehalten hätte, die nötigen Mittel zur Sicherung ihres Unterhaltes nicht nachzuweisen vermochte, sodass aufgrund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin diese als eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzusehen sei.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mwN).

Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12; 12.07.2019, Ra 2018/14/0282).

3.2.3. Die Behörde hat zunächst zutreffend ausgeführt, dass sich der Aufenthalt der Beschwerdeführerin aufgrund der nicht vorhandenen finanziellen Mittel zur Bestreitung ihres Unterhalts als unrechtmäßig erwies. Demnach ist auch die gegen die Beschwerdeführerin infolge ihres unrechtmäßigen Aufenthalts erlassene Rückkehrentscheidung nicht in Beschwerde gezogen worden.

3.2.4. Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht im Besitz von ausreichenden finanziellen Mitteln, zumal sie lediglich EUR 80,- besaß. Diese verfügt über kein Einkommen aus legalen Quellen, keine Ersparnisse und keine sonstigen Vermögenswerte. Rechtansprüche auf Geld- oder Unterhaltsleistungen wurden weder behauptet noch belegt, sodass es ihr nicht gelungen ist, genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat nachzuweisen. Sie hat weder belegt, wie lange sie noch im Gebiet der Mitgliedstaaten bleiben wollte, noch, wie sie die Rückreise finanzieren wollte, und auch kein (bereits bezahltes) Ticket dafür vorgelegt. Die Beschwerdeführerin hatte keine Möglichkeit, in Österreich auf legalem Weg weitere Unterhaltsmittel zu erwerben. Die Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass die Gefahr besteht, die Beschwerdeführerin, welche über keinen Krankenversicherungsschutz verfügte, werde ihren Lebensunterhalt künftig durch die Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit bestreiten oder eine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft herbeiführen. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet und eine ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgeübte Erwerbstätigkeit gefährden öffentliche Interessen (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0371).

Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin entgegen gültiger Meldepflichten (siehe § 2 Abs. 1 und 7 Abs. 1 MeldeG) unangemeldet Unterkunft in Österreich genommen hat.

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid dargelegt, aufgrund welchen individuellen Verhaltens der Beschwerdeführerin – nämlich des fehlenden Nachweises der erforderlichen Unterhaltsmittel sowie des unrechtmäßigen und unangemeldeten Aufenthalts – von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen ist und es wurde auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt, weshalb vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltes der Beschwerdeführerin die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen respektive der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft nicht begründet sein sollte.

3.2.5. Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens (vgl. VwGH 19.05.2004, 2001/18/0074), sowie der Hintanhaltung der illegalen Beschaffung von Unterhaltsmitteln (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282; 19.12.2018, Ra 2018/20/0309; 20.09.2018, Ra 2018/20/0349) im vorliegenden Fall festgestellt werden.

3.2.6. Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung und einem - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässigem - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005 ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen (VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0301). Wie an anderer Stelle dargelegt, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht, familiäre oder private Bindungen im Gebiet Österreichs oder der weiteren Schengen-Staaten zu haben, sodass mit der Verhängung des befristeten Einreiseverbotes kein unverhältnismäßiger Eingriff in ein im Gebiet der Mitgliedstaaten bestehendes Familien- oder Privatleben einhergeht. Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte demnach eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen. Letztlich ist auf die Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die Beschwerdeführerin mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in ihrem Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen hat (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417).

3.2.7. Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose muss eine Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Verhinderung von Schwarzarbeit kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Da der Beschwerdeführerin die Missachtung fremden- und melderechtlicher Vorschriften sowie das Fehlen ausreichender Existenzmittel zur Finanzierung ihres Aufenthaltes anzulasten sind, sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines bis zu fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt.

Im gegenständlichen Fall erweist sich jedoch die von der belangten Behörde verhängte fünfjährige Maximaldauer des Einreiseverbotes unter Berücksichtigung des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin, insbesondere deren strafgerichtlicher Unbescholtenheit und des nur vergleichsweise kurzen illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet, in welchem sich die Gefahr der Mittelbeschaffung aus illegalen Quellen noch nicht realisiert hat, als nicht angemessen, weshalb die Dauer des Einreiseverbots daher auf ein Jahr herabzusetzen war.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Ist der Beschwerdeführer nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt, kann gemäß § 9 Abs. 5 FPG eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Sachverhalt abschließend feststeht.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person der Beschwerdeführerin auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Der zur Begründung des Einreiseverbotes auf Basis des illegalen und unangemeldeten Aufenthalts sowie der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin getroffenen Gefährdungsprognose wurde inhaltlich nicht entgegengetreten und es wurden keine Bindungen der Beschwerdeführerin im Gebiet der Mitgliedstaaten genannt. Auch bei Zugrundelegung aller von der Beschwerdeführerin genannten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet, könnte angesichts des dargestellten Fehlverhaltens auch bei zusätzlicher Verschaffung eines persönlichen Eindrucks zu keinem anderen Ergebnis gelangt werden. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung Mittellosigkeit Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W212.2238364.1.00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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