Entscheidungsdatum
25.08.2021Norm
AEUV Art267Spruch
W194 2228635-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 27.12.2019, PNR: 12809175, Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird – soweit sie die Vorschreibung der Rundfunkgebühren für Radio und Fernsehen, das Programmentgelt inklusive Umsatzsteuer und den Kunstförderungsbeitrag betrifft – mit folgender Maßgabe als unbegründet abgewiesen:
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass
1. im ersten Satz des Spruchs die Wortfolge „zur Zahlung“ entfällt und
2. der zweite Satz des Spruchs nunmehr zu lauten hat: „Der noch nicht entrichtete Betrag von EUR 20,65 (Umsatzsteuer für das Programmentgelt) ist binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die GIS Gebühren Info Service GmbH zu zahlen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 18.06.2019, bei der belangten Behörde am 21.06.2019 eingelangt, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, „die GIS Info Service GmbH als angerufene Behörde möge das Programmentgelt, die Rundfunkgebühr, den Kunstförderungsbeitrag und den Wiener Kulturförderungsbeitrag für den Zeitraum Juni 2019 - Mai 2020 am Standort […] mir gegenüber bescheidmäßig festsetzen“.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Programmentgelt nicht der Umsatzsteuer von 10 % unterliege, weil dieses nicht steuerbar sei. Die vorgeschriebene Umsatzsteuer sei daher nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer werde die vorgeschriebenen Entgelte mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf das Programmentgelt an den „Rechtsträger der angerufenen Behörde überweisen“. Gegenstand dieses Verfahrens seien die Entgelte für den Zeitraum von Juni 2019 bis Mai 2020 am Standort in XXXX .
2. Mit Schreiben vom selben Tag wurde für die verfahrensgegenständliche Teilnehmernummer eine Stellungnahme zur „1) Rückerstattung von ORF-Programmentgelt im Ausmaß von EUR 319,98 samt Anhang“ und zur „2) Feststellung, dass für den Zeitraum 12/2018 – 01/2019 in Folge einer Aufrechnung des Antragstellers kein Anspruch auf Programmentgelt, Rundfunkgebühren, Kunstförderungsbeitrag und Wiener Kulturförderungsbeitrag besteht“ abgegeben, welche dem Österreichischen Rundfunk (ORF) gemeinsam mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.06.2019 bzw. vom 26.08.2019 zur Kenntnis übermittelt wurde.
3. Mit Schreiben vom 26.08.2019 übermittelte die belangte Behörde an den Beschwerdeführer unter dem Titel „Rechtssache: Vorschreibung der Rundfunkgebühren samt damit verbundener Abgaben und Entgelt für Rundfunkteilnehmer“ folgendes Schreiben:
„Im Hinblick auf Ihren Antrag vom 18.06.2019, eingelangt am 21.06.2019, hat die GIS Gebühren Info Service GmbH das Ermittlungsverfahren nach §§ 37 ff AVG eingeleitet. Als nach § 4 Rundfunkgebührengesetz mit der Einbringung der Rundfunkgebühren und Erfassung aller Rundfunkteilnehmer betrauter Rechtsträger, sind wir verpflichtet den gebührenrelevanten Sachverhalt festzustellen und die Rundfunkgebühren samt der damit verbundenen Abgaben und Entgelte vorzuschreiben.
[…]
Vorläufiges Ergebnis des Ermittlungsverfahrens:
im Zuge des Ermittlungsverfahrens (§ 37 ff AVG) hat die GIS Gebühren Info Service GmbH festgestellt, dass Sie auf Ihrem Standort […] über Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen verfügen.
Zur weiteren Sachverhaltserhebung:
Um den Sachverhalt genau erfassen zu können, geben Sie uns bitte bekannt, welche Rundfunkempfangsanlagen Sie am Standort […] betreiben. Hierfür ist auch die Produktbezeichnung etwa Fernsehgerät der Marke Grundig 46 VLE8160 schwarz erforderlich, welche Programme Sie empfangen und wie Sie die Programme empfangen können (SAT, Kabel, wenn Internet - welcher Anbieter und welches Paket, dvb-t...).
Sie haben die Möglichkeit zu den Ermittlungen Stellung zu nehmen. Ende der Einlangfrist ist der 13.09.2019.
[…]“
4. Hierauf teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schreiben vom 13.09.2019 mit, dass sich am verfahrensgegenständlichen Standort ein Fernseher mit Kabelanschluss sowie ein Radio befinden würden. Es könnten die Programme des ORF sowie etwa ORF1, 2 oder III und Ö1, Ö3 und FM4 empfangen werden. Faktum sei, dass die Produktbezeichnung und die Seriennummer der Geräte für die Gebührenbemessung irrelevant seien. Selbst die eigenen Formulare der belangten Behörde würden bei Privatpersonen nur die Angabe verlangen, ob Fernseh- oder Radiogeräte betrieben werden würden, nicht aber, um welchen Fernseher es sich handle.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.12.2019 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:
„[Dem Beschwerdeführer] mit der Teilnehmernummer […] werden für den Standort […] und den Zeitraum 1.6.2019 bis 31.5.2020 folgende Entgelte zur Zahlung vorgeschrieben:
- Rundfunkgebühren für Radio-Empfangseinrichtungen und Fernseh-Empfangseinrichtungen gemäß § 3 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz, BGBl 1159/1999 idFv BGBl I 70/2016 in der Höhe von EUR 18,24
- Kunstförderungsbeitrag gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl 573/1981 idFv BGBl I 15/2015 in der Höhe von EUR 5,76
- Wiener Kulturförderungsbeitrag gemäß §§ 1 ff Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000, LGBl 23/2000 idFv LGBI 45/2013 iVm § 3 Rundfunkgebührengesetz und § 31 ORF-Gesetz, BGBl 379/1984 idFv BGBl I 55/2014 in der Höhe von EUR 64,80
- ORF-Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz in der Höhe von EUR € 227,16 (darin enthalten EUR 20,65 an Umsatzsteuer)
Der Betrag von EUR 20,65 ist binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die GIS Gebühren Info Service GmbH zu zahlen.“
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
5.1. Der Beschwerdeführer betreibe seit dem 01.06.2019 die Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen auf dem Standort. Der Empfang der Fernsehprogramme des ORF erfolge jedenfalls über Kabelanschluss. Ein terrestrischer Empfang der Fernseh- und Radioprogramme des ORF sei am Standort mittels Zimmerantenne möglich. Der Beschwerdeführer sei an diesem Standort als Rundfunkteilnehmer registriert. Am 24.06.2019 habe der Beschwerdeführer den Betrag in der Höhe von 295,32 Euro an die belangte Behörde überwiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 18.06.2019 folgenden Antrag gestellt: „[…] die GIS Info Service GmbH als an gerufene Behörde möge das Programmentgelt, die Rundfunkgebühr, den Kunstförderungsbeitrag und den Wiener Kulturförderungsbeitrag für den Zeitraum Juni 2019-Mai 2020 am Standort […] bescheidmäßig festsetzen."
5.2. Bezüglich der Einhebung der Umsatzsteuer führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass für die belangte Behörde bei einer isoliert nach nationalem Recht vorzunehmenden Beurteilung kein Zweifel bestehen würden, dass das ORF-Programmentgelt steuerbar und nach § 10 Abs. 2 Z 5 UStG mit dem (ermäßigten) Steuersatz von 10% zu besteuern sei. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass der Inhalt der zu Tschechien ergangenen Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) aufgrund der Sonderbestimmungen für Österreich vor allem in der EU-Beitrittsakte und der MwStSystRL auf die Rechtslage in Österreich ganz grundsätzlich und unabhängig von der konkreten nationalen Ausgestaltung (dazu sogleich) nicht übertragbar sei und Österreich das ORF-Programmentgelt zu Recht besteuert habe.
5.3. Der Beschwerdeführer habe von den im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeschriebenen Entgelten in der Höhe von insgesamt 315,97 Euro bereits einen Betrag in der Höhe von 295,32 Euro an die belangte Behörde überwiesen. Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zahlung keine Rückstände aus Vorperioden bei der belangten Behörde gehabt habe, er in seinem verfahrenseinleitenden Antrag angekündigt habe, die zunächst formlos vorgeschriebenen Entgelte mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt zu zahlen, und der noch ausständige Betrag der Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt entspreche, sei davon auszugehen, dass es sich beim noch ausständigen Betrag in der Höhe von 20,65 Euro um die Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt handle. Es sei dem Beschwerdeführer daher nur die (Rest-)Zahlung eines Betrags in der Höhe von 20,65 Euro vorzuschreiben gewesen.
6. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vom 31.01.2020, mit welcher der Bescheid zur Gänze angefochten wird und die folgenden Anträge gestellt werden:
„[D]as Bundesverwaltungsgericht möge:
1.) in der Sache selbst entscheiden und den Bescheid der belangten Behörde in den angefochtenen Spruchteilen dahingehend abändern, dass
- das Programmentgelt für den Zeitraum 01.06.2019 bis 31.05.2020 mit insgesamt EUR 206,52 vorgeschrieben wird, und
- der Ausspruch über die Zahlungsverpflichtung von EUR 20,65 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in Folge einer vollständigen Entrichtung des Programmentgelts entfällt;
IN EVENTU
2.) den angefochtenen Bescheid, soweit über das Programmentgelt gemäß § 31 ORF-G abgesprochen wird und eine Zahlungsverpflichtung von EUR 20,65 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution auferlegt wird, aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.“
6.1. Der Beschwerdeführer führte zusammengefasst aus, dass die Steuerbarkeit des Programmentgelts anhand der Kriterien der Freiwilligkeit des Rechtsverhältnisses und des Vorliegens eines unmittelbaren Leistungsaustausches zu prüfen sei. In Summe würden somit mehrere Argumente gegen das Vorliegen eines freiwilligen Rechtsverhältnisses des Rundfunkteilnehmers zum ORF im Sinne des Unionsrechts sprechen; auch der unmittelbare Leistungsaustausch (das gesetzliche Synallagma) sei auf mehreren Ebenen durchbrochen.
6.2. Folglich hätte die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung für den Zeitraum vom 01.06.2019 bis zum 31.05.2020 das Programmentgelt nur mit 206,52 Euro (das seien monatlich 17,21 Euro x 12 Monate) ohne Ausweis der Umsatzsteuer bemessen müssen.
Damit hätte auch der Ausspruch über die Zahlungsverpflichtung im Ausmaß von 20,65 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution entfallen müssen, weil der Beschwerdeführer das bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht umsatzsteuerbare Programmentgelt bereits zur Gänze entrichtet habe.
6.3. Da bei der Erledigung der gegenständlichen Beschwerde größtenteils europarechtliche Fragen zu klären seien, rege der Beschwerdeführer an, das Bundesverwaltungsgericht möge den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV mit diesen europarechtlichen Fragestellungen befassen.
Dem EuGH mögen dabei insbesondere folgende Fragen vorgelegt werden:
„1.) Sind Art 2 Abs 1 und Art 378 Abs 1 MWStSyst-RL (bzw. die Vorgängerbestimmungen der 6. MWSt-RL) dahingehend auszulegen, dass die Republik Österreich von der Sonderbestimmung – Umsätze von Rundfunkanstalten besteuern zu dürfen – erst dann Gebrauch machen darf, wenn überhaupt ein mehrwertsteuerbarer Umsatz vorliegt, der in den Anwendungstatbestand des Art 2 MWStSyst-RL fällt?
2.) Ist Art 2 Abs 1 lit c MWStSyst-RL dahingehend auszulegen, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Programmentgelts
- bei Vorliegen eines betriebsbereiten Rundfunkgeräts im üblicherweise terrestrisch versorgten Rundfunkgebiet ohne Abgabe einer Willenserklärung gegenüber dem ORF
- unter gewissen Umständen auch ohne Leistungserbringung des ORF bzw. umgekehrt bei Inanspruchnahme von Leistungen des ORF die fehlende gesetzliche Verpflichtung dazu führt, dass das ORF-Programmentgelt insgesamt nicht mehrwertsteuerbar ist?“
Im Fall „Cesky Rozhlas" habe der EuGH eine Steuerbarkeit verneint. Auch aus den von der belangten Behörde zitierten EuGH-Entscheidungen (Rs C-599/12 und C-144/13) zu den Sonderbestimmungen des Art. 370 MWStSystRL gehe nicht hervor, dass die Sonderbestimmungen in der Richtlinie einen eigenen Steuertatbestand schaffen würden.
Aus diesen Gründen werde somit die Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV angeregt, zumal sich eine Frage der Auslegung von Unionsrecht stelle.
7. Am 05.02.2020 informierte die belangte Behörde den ORF über die eingelangte Beschwerde.
8. Mit Beschwerdevorlage vom 07.02.2020 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer betreibt jedenfalls seit dem 01.06.2019 am verfahrensgegenständlichen Standort XXXX , Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen und empfängt an diesem Standort die Programme des ORF über Kabel. Ein terrestrischer Empfang der Fernseh- und Radioprogramme des ORF ist am Standort mittels Zimmerantenne möglich.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.12.2019 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:
„[Dem Beschwerdeführer] mit der Teilnehmernummer […] werden für den Standort […] und den Zeitraum 1.6.2019 bis 31.5.2020 folgende Entgelte zur Zahlung vorgeschrieben:
- Rundfunkgebühren für Radio-Empfangseinrichtungen und Fernseh-Empfangseinrichtungen gemäß § 3 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz, BGBl 1159/1999 idFv BGBl I 70/2016 in der Höhe von EUR 18,24
- Kunstförderungsbeitrag gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl 573/1981 idFv BGBl I 15/2015 in der Höhe von EUR 5,76
- Wiener Kulturförderungsbeitrag gemäß §§ 1 ff Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000, LGBl 23/2000 idFv LGBI 45/2013 iVm § 3 Rundfunkgebührengesetz und § 31 ORF-Gesetz, BGBl 379/1984 idFv BGBl I 55/2014 in der Höhe von EUR 64,80
- ORF-Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz in der Höhe von EUR € 227,16 (darin enthalten EUR 20,65 an Umsatzsteuer)
Der Betrag von EUR 20,65 ist binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die GIS Gebühren Info Service GmbH zu zahlen.“
Der Beschwerdeführer entrichtete einen Betrag in der Höhe von 295,32 Euro vor Erlassung des angefochtenen Bescheides an die belangte Behörde.
1.3. Hinsichtlich der Neufestsetzung des Programmentgelts ab dem 01.04.2017 gab der ORF gemäß § 31 Abs. 19 ORF-G Folgendes bekannt:
„Mit Beschluss des Stiftungsrats des Österreichischen Rundfunks vom 15. Dezember 2016 wurden gemäß §§ 21 Abs. 1 Z. 7, 23 Abs. 2 Z. 8 und § 31 ORF-Gesetz die Programmentgelte (Radioentgelt, Fernsehentgelt) neu festgesetzt.
Mit Wirksamkeit vom 1. April 2017 beträgt demnach
a) die Höhe des Radioentgelts € 4,60 monatlich exklusive Umsatzsteuer und
b) die Höhe des Fernsehentgelts € 12,61 monatlich exklusive Umsatzsteuer.
Die Höhe des Kombientgelts beträgt daher € 17,21 monatlich exklusive Umsatzsteuer.“
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Antrag des Beschwerdeführers sowie auf die unter I. erwähnten Schriftsätze und Unterlagen, welche allesamt Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.
Die getroffenen Feststellungen bezüglich des Rundfunkempfangs am verfahrensgegenständlichen Standort und der bereits bezahlten Gebühren, Abgaben und Entgelte sind im Verfahren unbestritten. Sie wurden von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen:
3.1.1. Die maßgebenden Bestimmungen nach dem Rundfunkgebührengesetz (RGG), ORF-Gesetz (ORF-G) und Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG 1994) lauten:
§§ 2, 3, 4 und 6 RGG:
„Gebührenpflicht, Meldepflicht
§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.
[…]
Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ..............................1,16 Euro
monatlich.
[…]
(3) Das Entstehen oder die Beendigung der Gebührenpflicht sowie die Änderung des Standorts (Abs. 2) oder Namens ist vom Rundfunkteilnehmer dem mit der Einbringung der Gebühren betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) unverzüglich in der von diesem festgelegten Form zu melden. Die Meldung hat zu umfassen: Namen (insbesondere Vor- und Familiennamen, Firma, Namen juristischer Personen), Geschlecht und Geburtsdatum des Rundfunkteilnehmers, genaue Adresse des Standorts, Datum des Beginns/Endes des Betriebes und die Art der Rundfunkempfangseinrichtungen (Radio und/oder Fernsehen) sowie deren Anzahl, wenn sie für die Gebührenbemessung nach § 3 von Bedeutung ist.
(4) Die Entrichtung von Gebühren ist von dem mit deren Einbringung betrauten Rechtsträger (§ 4 Abs. 1) zu registrieren; dem Rundfunkteilnehmer ist die Teilnehmernummer mitzuteilen.
[…]
(6) Für die Verjährung von Forderungen und Verbindlichkeiten für Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte gegenüber Rundfunkteilnehmern gelten die Bestimmungen des § 1486 ABGB sinngemäß.“
Einbringung der Gebühren
§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der „GIS Gebühren Info Service GmbH“ (Gesellschaft).
[…]
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
[…]
(3) Rückständige Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte sind im Verwaltungsweg hereinzubringen; zur Deckung des dadurch entstehenden Aufwandes kann die Gesellschaft einen Säumniszuschlag von 10% des rückständigen Betrages vorschreiben. Die Gesellschaft ist zur Ausstellung von Rückstandsausweisen berechtigt.
[…]“
„Programmentgelt
§ 31. (1) Jedermann ist zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des Österreichischen Rundfunks gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt. Die Höhe des Programmentgelts wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Der Generaldirektor hat einen Antrag auf Neufestlegung des Programmentgelts nach Maßgabe der wirtschaftlichen Erfordernisse zu stellen, spätestens jedoch nach Ablauf von fünf Jahren ab dem letzten Antrag.
[…]
(10) Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§ 2 Abs. 1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß § 3 Abs. 1 terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften.
[…]
(17) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.
(18) Rückständige Programmentgelte können zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.
[…]“
§§ 1 und 10 UStG 1994:
„Steuerbare Umsätze
§ 1. (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;
[…]
Steuersätze
§ 10. (1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 20% der Bemessungsgrundlage (§§ 4 und 5).
(2) Die Steuer ermäßigt sich auf 10% für
[…]
5. die Leistungen der Rundfunkunternehmen, soweit hiefür Rundfunk- und Fernsehrundfunkentgelte entrichtet werden, sowie die sonstigen Leistungen von Kabelfernsehunternehmen, soweit sie in der zeitgleichen, vollständigen und unveränderten Verbreitung von in- und ausländischen Rundfunk- und Fernsehrundfunksendungen, die der Allgemeinheit mit Hilfe von Leitungen gegen ein fortlaufend zu entrichtendes Entgelt wahrnehmbar gemacht werden, bestehen;
[…].“
3.1.2. Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) lauten:
Art. 2 Abs. 1 lit. c) MwStSystRL:
„Artikel 2
(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
[…]
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;
[…].“
Art. 132 Abs. 1 lit. q) MwStSystRL:
„Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten
Artikel 132 (1)
Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
[…]
q) Tätigkeiten öffentlicher Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter.“
Art. 378 Abs. 1 MwStSystRL:
„Ausnahmen für Staaten, die der Gemeinschaft nach dem 1. Januar 1978 beigetreten sind
[…]
Artikel 378
(1) Österreich darf die in Anhang X Teil A Nummer 2 genannten Umsätze weiterhin besteuern.“
Anhang X Teil A Nummer 2 der MwStSystRL:
„ANHANG X
VERZEICHNIS DER UMSÄTZE, FÜR DIE DIE AUSNAHMEN GEMÄSS DEN ARTIKELN 370 UND 371 SOWIE 380 BIS 390 GELTEN
TEIL A
Umsätze, die die Mitgliedstaaten weiterhin besteuern dürfen
1. […]
2. Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, die keinen gewerblichen Charakter aufweisen;
[…].“
3.1.3. Im seinem Urteil in der Rechtssache C-11/15 bezog sich der EuGH auf die Regelungen der Vorgängerrichtlinie, dh. der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG). Die vorliegend relevanten Regelungen lauten:
Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie:
„Artikel 2
Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
[…]“
Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. q der Sechsten Richtlinie:
„Artikel 13
Steuerbefreiungen im Inland
A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten
(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Mißbräuchen festsetzen, von der Steuer:
[…]
q) die Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter.“
Art. 28 Abs. 3 lit. a der Sechsten Richtlinie:
„Artikel 28
[…]
(3) Während der in Absatz 4 genannten Übergangszeit können die Mitgliedstaaten
a) die in Anhang E aufgeführten nach Artikel 13 oder 15 befreiten Umsätze weiterhin besteuern;
[…].“
ANHANG E LISTE DER IN ARTIKEL 28 ABSATZ 3 BUCHSTABE a) VORGESEHENEN UMSÄTZE:
„[…]
7. in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe q) genannte Umsätze“
3.2. Zum bisherigen Verfahren:
3.2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.12.2019 sprach die belangte Behörde Folgendes aus:
„[Dem Beschwerdeführer] mit der Teilnehmernummer […] werden für den Standort […] und den Zeitraum 1.6.2019 bis 31.5.2020 folgende Entgelte zur Zahlung vorgeschrieben:
- Rundfunkgebühren für Radio-Empfangseinrichtungen und Fernseh-Empfangseinrichtungen gemäß § 3 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz, BGBl 1159/1999 idFv BGBl I 70/2016 in der Höhe von EUR 18,24
- Kunstförderungsbeitrag gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl 573/1981 idFv BGBl I 15/2015 in der Höhe von EUR 5,76
- Wiener Kulturförderungsbeitrag gemäß §§ 1 ff Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000, LGBl 23/2000 idFv LGBI 45/2013 iVm § 3 Rundfunkgebührengesetz und § 31 ORF-Gesetz, BGBl 379/1984 idFv BGBl I 55/2014 in der Höhe von EUR 64,80
- ORF-Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz in der Höhe von EUR € 227,16 (darin enthalten EUR 20,65 an Umsatzsteuer)
Der Betrag von EUR 20,65 ist binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die GIS Gebühren Info Service GmbH zu zahlen.“
Begründend wurde im angefochtenen Bescheid zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Rundfunkempfangsanlagen Radio und Fernsehen am beantragten Standort betreibe. Der Beschwerdeführer empfange mit den Rundfunkempfangsanlagen Fernseh- und Radioprogramme. Der Standort sei mit den Programmen des ORF terrestrisch versorgt. Sohin seien die gesetzlichen Voraussetzungen (Rundfunkteilnehmer, Versorgung des Standortes) erfüllt. Am 24.06.2019 habe der Beschwerdeführer den Betrag in der Höhe von 295,32 Euro an die belangte Behörde überwiesen. Es sei dem Beschwerdeführer daher nur die
(Rest-)Zahlung eines Betrags in der Höhe von 20,65 Euro vorzuschreiben gewesen.
Für die belangte Behörde bestehe bei einer nach nationalem Recht vorzunehmenden Beurteilung kein Zweifel, dass das ORF-Programmentgelt steuerbar und nach § 10 Abs. 2 Z 5 UStG mit dem (ermäßigten) Steuersatz von 10% zu besteuern sei. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass der Inhalt der zu Tschechien ergangenen Entscheidung des EuGH aufgrund der Sonderbestimmungen für Österreich vor allem in der EU-Beitrittsakte und der MwStSystRL auf die Rechtslage in Österreich ganz grundsätzlich und unabhängig von der konkreten nationalen Ausgestaltung (dazu sogleich) nicht übertragbar sei und Österreich das ORF-Programmentgelt zu Recht besteuert habe.
3.2.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen dargelegt, dass die Anwendung der richtlinienfonformen Interpretation bedeute, dass bezüglich der Steuerbarkeit des Programmentgelts die Freiwilligkeit des Rechtsverhältnisses und die Unmittelbarkeit des Leistungsaustausches zu prüfen seien. Beide Kriterien seien beim Programmentgelt nicht erfüllt. Auch Art. 378 Abs. 1 MwStSystRL schaffe keine Ausnahmebestimmung, die vorrangig vor Art. 2 Abs. 1 lit c MwStSystRL zu prüfen sei, da diese Ausnahme erst zum Tragen komme, wenn nach Unionsrecht das Kriterium der Steuerbarkeit bejaht werde. Vor diesem Hintergrund hätte der Ausspruch der Zahlungsverpflichtung im Ausmaß von 20,65 Euro entfallen müssen.
3.3. Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist rechtzeitig und zulässig. Sie ist aus den folgenden Gründen aber nicht berechtigt:
3.3.1. Zur Einhebung der Umsatzsteuer auf das ORF-Programmentgelt:
3.3.1.1. Der EuGH setzte sich in seinem Urteil vom 22.06.2016 in der Rechtssache
C-11/15 (?eský rozhlas) mit der Rundfunkgebühr in Tschechien, mit der die Rundfunkgesellschaft ?eský rozhlas und deren öffentliche Rundfunktätigkeit finanziert wurde, auseinander.
Im Ausgangsverfahren war zwischen der tschechischen Rundfunkgesellschaft und der Finanzverwaltung strittig, ob die in diesem Verfahren gegenständliche Tätigkeit des öffentlichen Rundfunks, die durch eine gesetzlich vorgesehene obligatorische Gebühr finanziert werde, grundsätzlich eine Dienstleistung „gegen Entgelt“ im Sinne der Sechsten Richtlinie darstelle, aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. q dieser Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit sei, oder ob eine solche Tätigkeit gar keinen steuerbaren Umsatz darstelle, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle (vgl. Rz 19 sowie zur konkreten Vorlagefrage Rz 18 des Urteils).
Der EuGH kam in diesem Fall zum Ergebnis, dass „die Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufweist, keine Dienstleistung ‚gegen Entgelt‘ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellt“ (Rz 28 des Urteils). Der EuGH verneinte die Steuerbarkeit der Rundfunktätigkeit dabei im Wesentlichen aus zwei Gründen: Erstens bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der obligatorisch zu leistenden Rundfunkgebühr. Zweitens stelle die Rundfunkgebühr auch keinen Preis oder Gegenwert für diese Dienstleistung dar (Rz 30 des Urteils mit Verweis auf die Rz 23 und 25).
Vergleicht man jedoch die tschechische Rundfunkgebühr mit dem ORF-Programmentgelt, ergibt sich – auch wenn einige Gemeinsamkeiten bestehen – keineswegs ein deckungsgleiches Bild (vgl. dazu auch Lang/Dziurd?, Die umsatzsteuerliche Behandlung des ORF-Programmentgelts im Lichte der jüngsten EuGH-Judikatur, SWK 29/2016, 1251f). Dies vor dem Hintergrund folgender Erwägungen:
Der EuGH hat in seinem Urteil insbesondere festgehalten (Rz 23 bis 28 des Urteils):
„23 Was die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende öffentliche Rundfunkdienstleistung angeht, ist festzustellen, dass zwischen ?eský rozhlas und den Schuldnern der Rundfunkgebühr kein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, noch besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der Gebühr.
24 Im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistung sind ?eský rozhlas und diese Personen nämlich weder durch eine vertragliche Beziehung oder Vereinbarung über einen Preis oder einen Gegenwert, noch durch eine rechtliche Verpflichtung verbunden, die die eine mit der anderen Seite freiwillig eingegangen ist.
25 Im Übrigen ergibt sich die Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühr nicht aus der Erbringung einer Dienstleistung, deren unmittelbaren Gegenwert sie darstellte, da diese Verpflichtung nicht an die Nutzung der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung durch die Personen, die dieser Verpflichtung unterliegen, gebunden ist, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts, und das ungeachtet der Art und Weise, in der dieses genutzt wird.
26 Somit sind Personen, die ein Rundfunkempfangsgerät besitzen, verpflichtet, diese Gebühr zu entrichten, auch wenn sie dieses Empfangsgerät allein dazu nutzen, um von anderen Rundfunkveranstaltern als ?eský rozhlas ausgestrahlte Rundfunksendungen wie kommerzielle Rundfunksendungen, die aus anderen Quellen als dieser Gebühr finanziert werden, zu hören, um CDs oder andere digitale Datenträger zu lesen, oder auch für andere Funktionen nutzen, über die die Geräte, die Rundfunksendungen empfangen und wiedergeben können, im Allgemeinen verfügen.
27 Zudem ist festzustellen, dass der Zugang zu der von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Rundfunkdienstleistung frei ist und sie in keiner Weise von der Entrichtung der Rundfunkgebühr abhängt.
28 Daraus folgt, dass die Erbringung einer öffentlichen Rundfunkdienstleistung, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufweist, keine Dienstleistung ‚gegen Entgelt‘ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie darstellt.“
Zur tschechischen Rechtslage ist dem EuGH-Urteil Folgendes zu entnehmen:
„5 Gemäß Art. 1 des Gesetzes Nr. 484/1991 über den ?eský rozhlas in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung wird eine Rundfunkgesellschaft, ?eský rozhlas, errichtet, die ihren Sitz in Prag (Tschechische Republik) hat. Nach dieser Bestimmung ist ?eský rozhlas eine juristische Person, die ihr eigenes Vermögen verwaltet und durch ihre eigenen Handlungen selbst Rechte erwirbt und Verpflichtungen eingeht.
6 Art. 10 dieses Gesetzes sieht vor, dass die Finanzierung von ?eský rozhlas insbesondere durch die Erhebung von Rundfunkgebühren gemäß einer besonderen Rechtsvorschrift und die Einkünfte aus seinen eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgt.
7 Nach Art. 1 des Gesetzes Nr. 348/2005 über Rundfunk? und Fernsehgebühren in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung dient die Rundfunkgebühr dazu, den von ?eský rozhlas erbrachten öffentlichen Dienst zu finanzieren.
8 Nach Art. 2 dieses Gesetzes wird die Rundfunkgebühr für ein technisches Gerät gezahlt, das in der Lage ist, eine Rundfunksendung individuell nach Bedarf wiederzugeben, unabhängig von der Art des Empfangs, (im Folgenden: Rundfunkempfangsgerät) auch dann, wenn dieses Gerät einem anderen Zweck dient.
9 Gemäß Art. 3 dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die Eigentümer eines Rundfunkempfangsgeräts ist oder die, ohne Eigentümer eines solchen Empfangsgeräts zu sein, dieses besitzt oder dieses aus einem anderen Rechtsgrund mindestens einen Monat lang nutzt, zur Entrichtung der Rundfunkgebühr verpflichtet.
10 Art. 7 dieses Gesetzes sieht vor, dass der Gebührenpflichtige die Rundfunk- oder Fernsehgebühr entweder unmittelbar oder über eine bevollmächtigte Person an den gesetzlichen Rundfunkveranstalter zahlt.“
3.3.1.2. Für Österreich ergibt sich zur Einrichtung und den Aufgaben sowie zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF zusammengefasst Folgendes:
Gemäß § 1 Abs. 1 ORF-G wird eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung „Österreichischer Rundfunk“ eingerichtet. Die Stiftung hat ihren Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit. Gemäß § 1 Abs. 2 ORF-G ist Zweck der Stiftung die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF im Rahmen des Unternehmensgegenstandes (§ 2 ORF-G). Der öffentlich-rechtliche Auftrag umfasst die Aufträge der §§ 3 bis 5 ORF-G.
„Kommerzielle Tätigkeiten“ im Sinne des ORF-G bezeichnen gemäß § 8a Abs. 1 ORF-G im Rahmen des Unternehmensgegenstandes liegende, über den öffentlich-rechtlichen Auftrag (§ 1 Abs. 2 ORF-G) hinausgehende Tätigkeiten. § 8a Abs. 2 Satz 2 ORF-G hält dazu fest, dass für kommerzielle Tätigkeiten keine Mittel aus dem Programmentgelt (§ 31 ORF-G) herangezogen werden dürfen.
Zum Programmentgelt legt § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 ORF-G fest, dass jedermann zum Empfang der Hörfunk- bzw. Fernsehsendungen des ORF gegen ein fortlaufendes Programmentgelt (Radioentgelt, Fernsehentgelt) berechtigt ist. Die Höhe des Programmentgelts wird auf Antrag des Generaldirektors vom Stiftungsrat festgelegt. Gemäß § 31 Abs. 10 ORF-G ist das Programmentgelt unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer an seinem Standort mit den Programmen des ORF terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Das Programmentgelt ist gemäß § 31 Abs. 17 ORF-G gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben.
Zu den Rundfunkgebühren normiert § 2 Abs. 1 RGG, dass derjenige, der eine Rundfunkempfangseinrichtung in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), Gebühren nach § 3 RGG zu entrichten hat. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten. Gemäß § 4 Abs. 1 RGG obliegt die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge der belangten Behörde. Die Rundfunkgebühren gemäß § 3 RGG fließen zur Gänze dem Bund zu; zum Teil bestehen Zweckbindungen zugunsten rundfunknaher Tätigkeiten (vgl. zB zur Aufwendung der Mittel des Digitalisierungsfonds, des Fernsehfonds Austria sowie der Fonds zur Förderung des nichtkommerziellen und des privaten Rundfunks die §§ 21, 26, 29 und 30 KOG; vgl. weiters Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 [2018] 949).
3.3.1.3. Das österreichische Recht unterscheidet folglich zwischen Rundfunkgebühren einerseits und dem Programmentgelt andererseits. Die Rundfunkgebühren und das Programmentgelt werden von der belangten Behörde (neben verschiedenen Landesabgaben und dem Kunstförderungsbeitrag) gleichzeitig eingehoben. Ebenfalls hebt die belangte Behörde unter einem (zum ermäßigten Steuersatz von 10%) Umsatzsteuer auf das Programmentgelt ein (vgl. § 10 Abs. 5 Z 5 UStG 1994; vgl. zur Historie der Besteuerung des Programmentgelts Lang/Dziurd?, aaO 1254ff).
Die Berechtigung zum Empfang der Programme des ORF ist nach § 31 Abs. 1 erster Satz
ORF-G gesetzlich mit der Verpflichtung zur Zahlung eines fortlaufenden Programmentgelts verknüpft. Nach der herrschenden Rechtsprechung und Lehre folgt aus dieser Anordnung die Fiktion eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen Rundfunkteilnehmer und ORF (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO 296f). Es wird in dieser Hinsicht ein zivilrechtliches Austauschverhältnis angenommen, bei dem das Programmentgelt als eine Gegenleistung für die Verfügbarkeit von ORF-Programmen fungiert. Nicht nur der ORF hat einen gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen, sondern auch der versorgte Rundfunkteilnehmer kann sich einem Entgelt für diese Versorgung nicht entziehen (vgl. Lang/Dziurd?, aaO 1253). Schon die Überschrift vor § 31 ORF-G („Programmentgelt“) legt nahe, dass eine Austauschbeziehung zwischen dem Empfang der Programme des ORF und dem dafür zu leistenden Entgelt besteht. Der Versorgungsauftrag des ORF nach § 3 ORF-G und das Programmentgelt im Sinne des § 31 ORF-G stehen miteinander verknüpft in der (gesetzlichen) Fiktion eines Synallagmas (vgl. VwGH 22.06.2016, Ro 2014/03/0067).
Anders als bei der vom EuGH zu beurteilenden tschechischen Rundfunkgebühr liegt dem Programmentgelt damit ein Leistungsaustausch zwischen dem ORF und einem Rundfunkteilnehmer zugrunde, der gesetzlich festgelegt wird und ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis begründet. Aus diesem Verhältnis folgt einerseits die Verpflichtung des ORF zur Versorgung des Rundfunkteilnehmers mit Programmen, und andererseits die Verpflichtung des Rundfunkteilnehmers – bei entsprechender Versorgung durch den ORF – zur Leistung des Programmentgelts an den ORF. Auch wenn dieser Leistungsaustausch seinen Ursprung in einer gesetzlichen (wechselseitigen) Verpflichtung hat (vgl. die Erwägungen des EuGH in Rz 35 des Urteils), weist die Konstruktion des § 31 Abs. 1 iVm Abs. 10 ORF-G schon ganz grundsätzlich deutliche Unterschiede zur Rechtslage in Tschechien auf, zumal sich dem EuGH-Urteil nicht entnehmen lässt, dass hinsichtlich der tschechischen Rundfunkgebühr eine dem § 31 Abs. 1 ORF-G vergleichbare Regelung bestehen würde (vgl. die Rz 8ff des Urteils).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass – sobald keine Versorgung des Standortes eines Rundfunkteilnehmers gegeben ist (§ 31 Abs. 10 ORF-G) – auch keine Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgelts besteht. Es gibt daher Konstellationen, in denen (infolge des Betriebes oder der Betriebsbereitschaft einer Rundfunkempfangseinrichtung) zwar der Tatbestand des Rundfunkteilnehmers nach dem RGG erfüllt ist (vgl. § 2 Abs. 1 RGG), jedoch keine „Programmteilnehmereigenschaft“ gemäß § 31 ORF-G vorliegt. Diese wäre zB der Fall, wenn der Standort durch den ORF überhaupt nicht mit terrestrischen Signalen versorgt wird oder der Empfang der ORF-Programme die Anschaffung zusätzlicher, äußerst kostenintensiver Gerätschaften (Module, Karten, oä.) erforderlich macht (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO 297f; Lang/Dziurd?, aaO, 1254).
Im Unterschied dazu knüpft die tschechische Rechtslage für das Entstehen der Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren (ähnlich wie § 2 Abs. 1 RGG für die Rundfunkgebühren in Österreich) allein (dh. ohne Hinzutreten des Erfordernisses der Versorgung des Standortes, an dem das Rundfunkempfangsgerät betrieben oder betriebsbereit gehalten wird, mit Rundfunksignalen) an den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes an (vgl. die Rz 25f des EuGH-Urteils).
Auch wenn Parallelen zwischen dem ORF-Programmentgelt und der tschechischen Rundfunkgebühr bestehen (vgl. Lang/Dziurd?, aaO, 1253, mit Hinweisen auf Kühbacher, SWK 2016, 969), muss vor dem Hintergrund der getroffenen Erwägungen davon ausgegangen werden, dass das Programmentgelt in wesentlichen Aspekten anders ausgestaltet ist, sodass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes anzunehmen ist, dass die vom ORF erbrachten Rundfunkdienstleistungen auch unter Bedachtnahme auf die Judikatur des EuGH in der Rechtssache C-11/15 (weiterhin) einen steuerbaren Umsatz bewirken bzw. als „gegen Entgelt“ erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der MwStSystRL erfasst werden; vgl. in dieser Hinsicht auch Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz Kommentar5 (2017) § 10 Rz 95:
„Die Ausführungen [des EuGH-] Urteils lassen wohl die Schlussfolgerung zu, dass (auch) die in Österreich erhobene Rundfunkgebühr (§ 2 Abs. 1 RGG) keine ustl relevante Gegenleistung darstellt. Die Entscheidung ist aber uE nicht auf das Programmentgelt übertragbar. Diesem liegt, wie der VwGH […] aufgezeigt hat, ein ex lege fixiertes synallagmatisches Rechtsverhältnis zugrunde (das Programmentgelt wird für die Bereitstellung der Programme entrichtet), weshalb davon auszugehen ist, dass das Programmentgelt als Entgelt für eine steuerbare Dienstleistung anzusehen ist.“
An dieser Stelle ist auch auf die Umsatzsteuerlichtlinien des BMF vom 16.11.2018, BMF-010219/0221-IV/4/2018, gültig ab 16.11.2018 hinzuweisen, deren Rz 1279 lautet: „Zu den Rundfunk- und Fernsehrundfunkentgelten gehört zB das Programmentgelt des ORF, nicht aber die Rundfunkgebühr auf Grund des Rundfunkgebührengesetzes, BGBl. I Nr. 159/1999. […]“
Dass im gegenständlichen Fall kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der öffentlichen Rundfunkdienstleistung – konkret der Versorgung des Beschwerdeführers mit Programmen des ORF, welche im Beschwerdefall, wie festgestellt, gegeben ist – und der Entrichtung des Programmentgelts des Beschwerdeführers besteht, kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden. Hinzu kommt, dass – anders als in dem vom EuGH zu beurteilenden Fall – das Programmentgelt in Österreich unmittelbar dem ORF zusteht und der ORF selbst dessen Höhe (durch den Stiftungsrat auf Antrag des Generaldirektors) festlegt (§ 31 ORF-G).
Dass der Beschwerdeführer am verfahrensgegenständlichen Standort die Programme des ORF empfängt, steht im Beschwerdefall fest.
3.3.1.4. Im Beschwerdefall ist zudem zu berücksichtigen, dass im EU-Beitrittsvertrag eine Regelung aufgenommen wurde, welche die Umsatzsteuer beim Programmentgelt sicherstellen sollte (vgl. Lang/Dziurd?, aaO, 1257):
In der Beitrittsakte (BGBl. 45/1995) wird festgehalten, dass bei der Anwendung von Art. 28 Abs. 3 lit. a der Sechsten Richtlinie die Republik Österreich die in Anhang E Nummer 7 aufgeführten Umsätze besteuern kann. Anhang E Nummer 7 der Sechsten Richtlinie verweist wiederum auf die in Art. 13 Teil A Abs. 1 lit q der Sechsten Richtlinie genannten Umsätze, dh. konkret auf „die Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter“. Eine vergleichbare Ausnahmeregelung wurde in die nunmehr aktuelle MwStSystRL (Art. 378 Abs. 1) aufgenommen.
Der EuGH hat im hier in Rede stehenden Urteil zur Ausnahmeregelung des Art. 13 der Sechsten Richtlinie ausgeführt:
„31 Gleiches gilt für das Vorbringen der tschechischen Regierung, wonach die in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. q der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung nur Sinn habe, wenn Tätigkeiten des öffentlichen Rundfunks wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallend angesehen würden.
32 Insoweit genügt zum einen der Hinweis, dass diese Bestimmung zwar die Steuerbefreiung von ‚Tätigkeiten der öffentlichen Rundfunk? und Fernsehanstalten, ausgenommen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter‘, vorsieht, jedoch nur unter der Bedingung anwendbar ist, dass diese Tätigkeiten im Sinne von Art. 2 der Sechsten Richtlinie ‚der Mehrwertsteuer unterliegen‘, und zum anderen, dass sie nicht so ausgelegt werden kann, dass der Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wie er in diesem Art. 2 definiert ist, erweitert würde.“
Der Beschwerdeführer ist einerseits darauf zu verweisen, dass nach den zuvor getroffenen Erwägungen (das Bestehen eines gesetzlich festgelegten Austauschverhältnisses in der Form von Programmentgelt als Gegenleistung für die Verfügbarkeit von ORF-Programmen, keine Verpflichtung zur Leistung des Programmentgelts bei fehlender Versorgung, der ORF legt selbst die Höhe des Programmentgelts fest, das Programmentgelt steht direkt dem ORF zu) anzunehmen ist, dass die vom ORF erbrachten Rundfunkdienstleistungen auch unter Bedachtnahme auf die Judikatur des EuGH (weiterhin) einen steuerbaren Umsatz bewirken bzw. als „gegen Entgelt“ erbrachte Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der MwStSystRL erfasst werden.
Andererseits kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht davon ausgegangen werden, dass die in die Beitrittsakte aufgenommene Ausnahmeregelung hinsichtlich der Sechsten Richtlinie, welche in der MwStSystRL übernommen wurde, keinen Anwendungsbereich (mehr) hat (vgl. Lang/Dziurd?, aaO, 1259ff). An dieser Stelle muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-11/15 nicht entnommen werden kann, dass im Zuge des EU-Beitritts Tschechiens vergleichbare Ausnahmeregelungen zwischen der EU und Tschechien getroffen wurden.
Dazu kommt, dass aus der Judikatur des EuGH zur Ausnahmeregelung des Art. 370 der MwStSystRL, der Ausnahmen für Staaten, die am 01.01.1978 Mitgliedstaaten waren, festlegt und im Wesentlichen gleichlautend zu Art. 378 der MwStSystRL ist, abgeleitet werden kann, dass es im Bereich der Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer keine Vollharmonisierung am Binnenmarkt gibt, woraus folgt, dass es in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen geben kann, die von den allgemeinen Grundsätzen der MwStSystRL abweichen.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht vor diesem Hintergrund auch keine Veranlassung, der Anregung des Beschwerdeführers auf ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nachzukommen.
3.3.2. Zur Höhe der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Gebühren, Abgaben und Entgelte:
3.3.2.1. Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für „den Standort […] und den Zeitraum 1.6.2019 bis 31.5.2020 folgende Entgelte zur Zahlung“ vor:
„- Rundfunkgebühren für Radio-Empfangseinrichtungen und Fernseh-Empfangseinrichtungen gemäß § 3 Abs 1 Rundfunkgebührengesetz, BGBl 1159/1999 idFv BGBl I 70/2016 in der Höhe von EUR 18,24
- Kunstförderungsbeitrag gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981, BGBl 573/1981 idFv BGBl I 15/2015 in der Höhe von EUR 5,76
- Wiener Kulturförderungsbeitrag gemäß §§ 1 ff Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000, LGBl 23/2000 idFv LGBI 45/2013 iVm § 3 Rundfunkgebührengesetz und § 31 ORF-Gesetz, BGBl 379/1984 idFv BGBl I 55/2014 in der Höhe von EUR 64,80
- ORF-Programmentgelt gemäß § 31 ORF-Gesetz in der Höhe von EUR € 227,16 (darin enthalten EUR 20,65 an Umsatzsteuer)“
Zudem hielt die belangte Behörde fest, dass der „Betrag von EUR 20,65 […] binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die GIS Gebühren Info Service GmbH zu zahlen“ sei.
3.3.2.2. Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über Abgaben nach § 1 Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000 gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG beim zuständigen Landesverwaltungsgericht liegt (vgl. dazu auch § 8 Abs. 1 zweiter Satz Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000, demnach zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Gesetz ausdrücklich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien normiert ist). Die gegenständlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes beziehen sich – mangels Zuständigkeit – demnach nicht auf den Ausspruch der belangten Behörde zum Wiener Kulturförderungsbeitragsgesetz 2000.
Wie festgestellt, entrichtete der Beschwerdeführer einen Betrag in der Höhe von 295,32 Euro vor Erlassung des angefochtenen Bescheides an die belangte Behörde.
Aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers im verfahrenseinleitenden Antrag [arg. „Ich werde die vorgeschriebenen Entgelte mit Ausnahme der Umsatzsteuer auf das Programmentgelt (somit insgesamt EUR 295,32) an den Rechtsträger der angerufenen Behörde überweisen.“] und in seiner Beschwerde (vgl. Seite 9 der Beschwerde, arg. „Damit hätte auch der Ausspruch über die Zahlungsverpflichtung im Ausmaß von EUR 20,65 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution entfallen müssen, weil der Beschwerdeführer das bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht umsatzsteuerbare Programmentgelt bereits zur Gänze entrichtet hat.“) ist davon auszugehen, dass mit der Bezahlung des Betrags in der Höhe von 295,32 Euro – soweit von der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes umfasst – ua. die folgenden Entgelte, Abgaben und Gebühren vom Beschwerdeführer entrichtet wurden:
Programmentgelt für Radio und Fernsehen (exklusive Umsatzsteuer) vom 01.06.2019 bis zum 31.05.2020: 206,52 Euro
Rundfunkgebühr für Radio vom 01.06.2019 bis zum 31.05.2020: 4,32 Euro
Rundfunkgebühr für Fernsehen vom 01.06.2019 bis zum 31.05.2020: 13,92 Euro
Kunstförderungsbeitrag vom 01.06.2019 bis zum 31.05.2020: 5,76 Euro
Die auf das Programmentgelt einzuhebende Umsatzsteuer im relevanten Zeitraum beläuft sich auf 20,65 Euro. Nur dieser Betrag wurde vom Beschwerdeführer noch nicht entrichtet.
Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde nicht ins Treffen, dass die Höhe der ihm im angefochtenen Bescheid konkret vorgeschriebenen Gebühren, Abgaben und Entgelte – mit Ausnahme der Einhebung der Umsatzsteuer auf das Programmentgelt – falsch bemessen worden seien. Auch für das Bundesverwaltungsgericht ist nicht erkennbar, dass die Höhe der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Rundfunkgebühren für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen sowie des im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Kunstförderungsbeitrages und Programmentgelts von der belangten Behörde falsch berechnet worden wäre.
Die angeführten Beträge wurden dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde demnach zurecht vorgeschrieben.
3.3.3. Ergebnis:
Die vorliegende Beschwerde war aus alledem abzuweisen.
Vor dem Hinterg