TE Vfgh Erkenntnis 1994/12/15 B940/93, B712/94

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

94 Schiffahrt
94/01 Schiffsverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl 160/1993, über die Tragung der Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Donauschleusen
AVG §57
SchiffahrtsG 1990 §37a

Leitsatz

Zulässigkeit der Beschwerden gegen die Vorschreibung von Kosten für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei bestimmten Donauschleusen infolge Erschöpfung des Instanzenzugs; kein Vorliegen von Mandatsbescheiden; Abweisung der Beschwerden; kein Verstoß der angewendeten Regelung des SchiffahrtsG 1990 sowie der darauf gestützten Verordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Eigentumsrecht; kein zivilrechtlicher Charakter der für eine öffentlich-rechtliche Handlung auferlegten Kostenersatzpflicht; kein Widerspruch der Regelungen zum Legalitätsprinzip; gesetzliche Regelung hinreichend determiniert

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden werden daher abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch die angefochtenen Bescheide in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheiden des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wurden der beschwerdeführenden Gesellschaft "als Inhaber der schiffahrtsanlagenrechtlichen Bewilligung für die Staustufen Greifenstein, Altenwörth, Melk, Ybbs- Persenbeug, Wallsee-Mitterkirchen, Abwinden-Asten, Ottensheim- Wilhering und Aschach ... gemäß §37a des Schiffahrtsgesetzes 1990, BGBl. Nr. 87/1989 idF BGBl. Nr. 452/1992, (Schiffahrtsgesetz), in Verbindung mit §2 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Tragung der Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau, BGBl. Nr. 160/1993, für das Kalenderjahr 1993 die Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen der oben genannten Staustufen" in der Höhe von S 18.224.446,24, für das Kalenderjahr 1994 aber in der Höhe von S 18.688.749,20 vorgeschrieben.

In den auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf "Entscheidung durch ein Tribunal im Sinne von Art6 Abs1 EMRK", "auf Gesetzmäßigkeit der Verwaltung" sowie die Anwendung eines gleichheitswidrigen Gesetzes und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide sowie in eventu die Abtretung der Beschwerden gemäß Art144 Abs3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist nach eigenen Angaben Eigentümerin der Donaukraftwerke an den genannten Staustufen. Auf Grund einer "Empfehlung der Donaukommission, welche zukunftsorientiert auf der gesamten Donaustrecke doppelte Schleusenkammern empfiehlt", habe die Wasserrechtsbehörde bei jedem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid für die Donaukraftwerke jeweils doppelte Schleusenkammern zur Auflage gemacht, was für die beschwerdeführende Gesellschaft ua. höhere Betriebskosten bedeutete und "den Bund als Eigentümer des Areals bewog, bei den Kraftwerksbauten einen Teil der Mehrkosten der Schleusenerrichtung zu tragen". Am 26. März 1959 seien aus diesem Grund zwischen dem Bund und der beschwerdeführenden Gesellschaft zunächst für die Staustufe Ybbs-Persenbeug und danach am 19. Dezember 1969 für die Staustufen Aschach und Wallsee-Mitterkirchen sowie in weiterer Folge für alle nachfolgenden Donaukraftwerke "Verträge über den Betrieb, die Wartung und Instandhaltung der Schiffahrtsanlagen (geschlossen worden), auf Grund deren der Bund neben den ihm nach §9 Abs1 (des Bundesgesetzes vom 4. März 1964 über die Regelung und Sicherung des Schiffsverkehrs auf der Donau, dem Inn und der March) BGBl. Nr. 42/1964 und §6 der Verordnung (des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft vom 10. September 1964 über die Regelung und Sicherung des Schiffsverkehrs auf der Donau, dem Inn und der March), BGBl. Nr. 243/1964, obliegenden schiffahrtspolizeilichen Aufgaben auch die Bedienung der Schleusen und sonstigen Schiffahrtsanlagen sowie die Verkehrsabwicklung übernahm". Weiters sei darin festgehalten, "daß Tätigkeiten der Instandhaltung und Wartung hinsichtlich der maschinellen, elektrischen und baulichen Einrichtungen der Schleusen der Beschwerdeführerin, hinsichtlich der übrigen Schiffahrtsanlagen dem Bund obliegen und daß die von beiden Seiten aufgewendeten Kosten jeweils zum Jahresende abgerechnet und im Verhältnis 45 % (Bund) und 55 % (DOKW) geteilt bzw. beim Kraftwerk Ybbs-Persenbeug im Verhältnis 50 % zu 50 % geteilt werden". Diese Verträge hätten in allen Kraftwerksbewilligungsbescheiden der Donaustufen Eingang in den schiffahrtsrechtlichen Auflagenkatalog gefunden.

Mit Schreiben vom 17. Juli 1989 habe "das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Verträge hinsichtlich sämtlicher Donaukraftwerke zum 31.12.1989 aufgekündigt". Dieser Maßnahme habe die beschwerdeführende Gesellschaft widersprochen, da sie davon ausgehe, daß diese Verträge Bestandteil des Auflagenkatalogs der Kraftwerksbescheide wurden, die vorsehen, daß jeder Vertragsteil alle acht Jahre eine Überprüfung des Kostenteilungsschlüssels verlangen kann.

Mit einer Novelle zum Schiffahrtsgesetz, BGBl. 452/1992, sei durch die Einfügung eines §37 a die Kostenregelung dahingehend geändert worden, daß die Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung nunmehr "bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau vom Inhaber der schiffahrtsanlagenrechtlichen Bewilligung zu tragen sind".

Mit Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Tragung der Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau (Kostentragungsverordnung) wurden nähere Bestimmungen über "Art und Umfang", "Fälligkeit und Abstattung" der Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung erlassen.

a. Die beschwerdeführende Gesellschaft erblickt die Gleichheitswidrigkeit des §37 a Schiffahrtsgesetz sowie der Kostentragungsverordnung darin, daß dadurch die Kosten "einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe", die vorwiegend "im Interesse und zum Schutz einer breiten Allgemeinheit" wahrzunehmen ist, auf die beschwerdeführende Gesellschaft abgewälzt wurden, "wobei diese Belastung weder als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung noch als Abgeltung etwa eines adäquaten Vorteiles ... gelten kann". Bei den Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung handle es sich um einen Aufwand der Hoheitsverwaltung, der "Belange der Sicherheit von Personen und Sachen, die Flüssigkeit des Verkehrs, den Schutz vor Lärmbelästigung ebenso umfaßt, wie Zollaufsicht, Interessen der Fischerei, des Naturschutzes, des Fremdenverkehrs u.a.m.".

Die Kostentragungsbestimmung des §37 a Schiffahrtsgesetz richte sich weiters ausschließlich gegen die beschwerdeführende Gesellschaft und sei daher ein Maßnahmegesetz.

Der Gesetzgeber sei zudem bei einer Veränderung der Rechtslage an das Vertrauensschutzprinzip gebunden. Dies gelte insbesondere in jenen Bereichen, in denen Dispositionen des Rechtsunterworfenen langfristig getroffen werden müssen.

b. Schließlich meint die beschwerdeführende Gesellschaft, daß die angefochtenen Bescheide eine "Enteignung im materiellen Sinne" beinhalten. §37 a Schiffahrtsgesetz spreche von den "Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen", ohne den Verordnungsgeber an Richtlinien der Verhältnismäßigkeit zu binden. In der Kostentragungsverordnung würden Kosten miteinbezogen, die nicht mehr die Verkehrsregelung beträfen. So könnten etwa die Pensionstangenten für Beamte zur Finanzierung des Ruhegenusses nach zurückgelegter Dienstzeit nicht als Kosten der Verkehrsregelung gelten. Dazu komme, daß die Höhe der Pensionstangente nicht nur von der an Ort und Stelle mit der Verkehrsregelung zugebrachten Dienstzeit abhängt, sondern daneben von anderen Komponenten, wie etwa Vordienstzeiten in einer anderen Dienstverwendung, mitbestimmt wird. Auch die Gemeinkostenbeiträge für jeweils "5,5 Mannjahre je Schleusenanlage" seien mit den Kosten der Verkehrsregelung nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen, da die Dienstverrichtung der Beamten nicht allein die Verkehrsregelung betrifft, sondern ebenso eine Vielzahl anderer in §15 Schiffahrtsgesetz bezeichneter Belange.

Mit Hilfe dieses angesichts "der unveränderten äußeren Umstände" "exzessiven Eingriffes" sollten "vertraglich vorgesehene Schranken beseitigt" werden. Dies stelle einen "verfassungsgesetzlich unzulässigen Formenmißbrauch" dar.

Die Ermittlung der vorgeschriebenen Kosten könne außerdem nicht nachvollzogen werden.

c. Den Verstoß gegen Art6 Abs1 EMRK erblickt die beschwerdeführende Gesellschaft darin, daß "die ihr unmittelbar auferlegte Leistungsverpflichtung jedenfalls jenem Kernbereich der 'civil rigths' zuzuordnen ist, für den der Zugang zum Gericht im Sinne des Art6 Abs1 MRK in der Sache selbst unabdingbar ist". Nach dem Regelungsinhalt dieser Gesetzesbestimmung könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß es sich um einen Akt der Gebührenhoheit handelt.

§37 a Schiffahrtsgesetz ermögliche zudem keine ausreichende nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, da er es "trotz seiner, die Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde gemäß §42 Abs2 Z3 VwGG umschließenden Kontrolle (nicht) in der Hand habe, ... zur Annahme einer von der durch die Verwaltungsbehörde festgesetzten abweichenden Höhe des Kostenersatzanspruches zu gelangen".

d. Schließlich sei es mit dem Legalitätsprinzip nicht vereinbar, wenn es §37 a Schiffahrtsgesetz dem Verordnungsgeber überläßt, das Kostenvolumen frei zu bestimmen. Die Behörde könne "durch Personalentscheidungen und Sachdispositionen, deren Grundlagen und Anlässe außerhalb des Schiffahrtsgesetzes liegen", der beschwerdeführenden Gesellschaft willkürlich Kosten auferlegen.

2. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erstattete unter Vorlage der Verwaltungsakten Gegenschriften, in denen er die Verfassungsmäßigkeit der durch die Novelle BGBl. 452/1992 eingeführten Kostentragung der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung verteidigt.

Vor allem durch die Eröffnung der Rhein-Main-Donau-Wasserstraßenverbindung und die damit verbundene weitere Internationalisierung des Schiffsverkehrs auf der Donau habe die verstärkte schiffahrtspolizeiliche Überwachung auf Wasserstraßen an Bedeutung gewonnen und sei der Personal- und Sachaufwand für die Schiffahrtspolizei gestiegen. Im Hinblick auf die Budgetentlastung seien daher "gewisse Kostentragungsregelungen entsprechend dem Verursacherprinzip" erforderlich geworden. Gemäß den Bestimmungen der Belgrader Donaukonvention, BGBl. 40/1960, habe Österreich die Schiffahrtsfreiheit auf der Donau zu gewährleisten. Die sich daraus ergebende Abgabenfreiheit beziehe sich allerdings ausschließlich auf die Schiffahrtstreibenden, keineswegs jedoch auf die Errichtung und den Betrieb von Schiffahrtsanlagen und die damit zusammenhängenden Kosten.

Aus diesem Grund seien die "in den Jahren 1959 und 1969 ... mit der DoKW AG abgeschlossenen Verträge" im Jahr 1989 gekündigt worden. In einer neuen Vereinbarung aus dem Jahr 1991 sei die jährliche Zahlung eines indexgesicherten Pauschalbetrages als Beitrag des Bundes zu den Schleusenbetriebskosten der DoKW AG vorgesehen worden. Gegenstand dieser Verträge sei jedoch eine freiwillige Beteiligung des Bundes an Betriebskosten gewesen, die der DoKW AG erwachsen, nicht jedoch die später gesetzlich geregelten Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen.

Die Kosten, die dem Bund durch die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen erwachsen, fielen einzig und allein auf Grund der Kraftwerkserrichtung an. Es sei daher rechtspolitisch gerechtfertigt, im Interesse der Allgemeinheit die finanziellen Belastungen des Bundes möglichst gering zu halten und die eindeutig zuordenbaren Kosten entsprechend dem Verursacherprinzip zu überwälzen. Die damit verbundene, wirtschaftlich durchaus zumutbare Belastung der beschwerdeführenden Gesellschaft stelle sehr wohl eine Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung dar und könne auch als Abgeltung eines adäquaten eigenen Vorteiles der beschwerdeführenden Gesellschaft angesehen werden, da diese die Schleusenbedienung ansonsten mit eigenem Personal durchführen müßte.

§37 a Schiffahrtsgesetz sei weiters keineswegs ein Maßnahmegesetz, da die Vorschrift einen "abstrakt umschriebenen Personenkreis" erfasse, "die einen ganz bestimmten tatbestandmäßig abgegrenzten Personenkreis treffen will und treffen kann".

Hinsichtlich des Vertrauensschutzes wird zunächst klargestellt, daß der angefochtenen Regelung keine Rückwirkung zukommt. Im übrigen könne aus dem Umstand, daß die Tragung der dem Bund erwachsenden Kosten bisher nicht geregelt war, kein Vertrauenstatbestand abgeleitet werden, da es dem Gesetzgeber in Verfolgung rechtspolitischer Zielsetzungen jederzeit möglich sei, seinen Freiraum zur Rechtsgestaltung zu nützen. Eine Minderung oder Einschränkung eines wohlerworbenen Rechtes liege daher nicht vor. Ebensowenig könne bei der Vorschreibung des Jahresbetrages von einem "wesentlich mitbestimmenden Faktor bei der Finanzplanung" der beschwerdeführenden Gesellschaft gesprochen werden.

b. Entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft liege auch keine materielle Enteignung vor, da die durch die Bestimmung verfügte Eigentumsbeschränkung nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes berühre und im öffentlichen Interesse liege.

c. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren verweist die Behörde auf die Rechtsprechung der Europäischen Kommission für Menschenrechte, wonach die "bloß kassatorische Wirkung der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes aufgrund des §42 Abs2 Z3 litc des VwGG im Hinblick auf seine Tribunalqualität als unproblematisch anzusehen ist".

d. §37 a Schiffahrtsgesetz enthalte einen Verordnungsauftrag, wonach der Verordnungsgeber "unter Orientierung an den tatsächlich auflaufenden Kosten 'Art und Umfang der zu tragenden Kosten' genauer zu definieren hat". Der Verordnungsgeber sei daher bei den vorzuschreibenden Kosten nicht frei.

Für die Umsetzung der Kostentragungsregelung war der jährlich aus den schleusenspezifischen Verkehrsregelungsaufgaben entstehende Personal- und Sachaufwand zu ermitteln. Auf Grund der Organisationsstruktur der Schiffahrtspolizei sei es nicht möglich, eine genau definierte Gruppe von Bediensteten ausschließlich dieser dauernden Besetzung der Schleusen mit jeweils einem Mann zuzuordnen. Da somit Ist-Kosten nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ermittelt werden könnten und eine derartige Prozedur nicht mit den Gebarungsgrundsätzen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar wäre, erschien es der belangten Behörde sachlich geboten, entsprechend den gängigen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen von Plankosten auszugehen.

Für eine "rund um die Uhr"-Besetzung des Schleusenbefehlsstandes mit einem Bediensteten - dem denkmöglichen Minimum an Personalaufwand - seien 8.760 Mannstunden pro Jahr zu veranschlagen. Bei einer jährlichen Verfügbarkeit eines Bediensteten von 200 Arbeitstagen zu je 8 Stunden und somit 1.600 Mannstunden pro Jahr ergebe sich ein Personalbedarf von 5,5 Mannjahre pro Schleuse. Gemäß dem für die Schiffahrtspolizei geltenden Anforderungsprofil kommen im Schleusenschichtdienst Bedienstete der Verwendungsgruppe C zum Einsatz. Der den direkten Personalkosten zugrundegelegte Monatsbezug entspreche dem Mittelwert einer Normallaufbahn eines Bediensteten aus dieser Verwendungsgruppe. Die Prozentsätze für die Personalnebenkosten und den Gemeinkostenbeitrag entsprächen ebenfalls betriebswirtschaftlichen Grundsätzen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art144 B-VG ist ua. die Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges.

Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen Bescheide des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr und sind daher keinem devolutiven Rechtsmittel mehr zugänglich.

Wie die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet und die belangte Behörde in ihren Gegenschriften zugesteht, wurden die Bescheide ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erlassen. Die belangte Behörde begründet dies in ihrer Gegenschrift unter Verweis auf §57 AVG damit, daß sich die Höhe der vorgeschriebenen Beträge "unmittelbar aus den im Bescheid genannten Rechtsvorschriften ergibt und es sich somit um die Vorschreibung einer Geldleistung nach einem gesetzlich feststehenden Maßstab handelt".

Da ein (Mandats-)Bescheid gemäß §57 Abs2 AVG mit dem remonstrativen Rechtsmittel der Vorstellung bekämpfbar, die Erhebung der Vorstellung zur Erschöpfung des Instanzenzuges erforderlich und damit Voraussetzung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG ist, war zu prüfen, ob es sich bei den angefochtenen Bescheiden tatsächlich um Mandatsbescheide im Sinne des §57 Abs1 AVG handelt, wie von der belangten Behörde in ihren Gegenschriften behauptet wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, Z86/11/0142, ausgeführt, daß ein Bescheid nach §57 AVG von der Behörde in einer für die Partei als Mandatsbescheid erkennbaren Weise erlassen werden muß. Der Charakter als Mandatsbescheid muß aus dem Akt selbst, und zwar (wenn schon nicht aus dessen Spruch, so) zumindest aus seiner Begründung dadurch hervorgehen, daß entweder §57 AVG zitiert oder das Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Bestimmung dargetan wird (vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 1991, 5. Auflage, RdNr. 572).

Die vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheide lassen weder in ihrem Spruch noch in ihrer Begründung die Anwendung des §57 AVG durch die Behörde erkennen. Die den Bescheiden beigegebene Rechtsmittelbelehrung, derzufolge ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Bescheide nicht zulässig ist, spricht ebenso wie der Hinweis der Behörde auf die Zulässigkeit der Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen deren Absicht, durch Vorstellung anfechtbare Mandatsbescheide zu erlassen.

Der Verfassungsgerichtshof geht sohin davon aus, daß die angefochtenen Bescheide, anders als die belangte Behörde in ihren Gegenschriften dartut, keine Mandatsbescheide darstellen und dagegen kein administrativer Instanzenzug mehr beschritten werden kann.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Beschwerden zulässig.

2. Sie sind jedoch in der Sache nicht berechtigt:

a. Gemäß §37 a Abs1 Schiffahrtsgesetz, idF BGBl. 452/1992, sind "die Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau ... vom Inhaber der schiffahrtsanlagenrechtlichen Bewilligung zu tragen". Abs2 dieser Bestimmung verpflichtet den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, "nähere Bestimmungen über die Kostentragung ..., insbesondere über Art und Umfang der zu tragenden Kosten, den Zeitpunkt der Fälligkeit und die Form der Kostentragung" durch Verordnung zu treffen. Diesem Gesetzesauftrag wurde durch die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl. 160/1993, nachgekommen, derzufolge entsprechend einer Plankostenrechnung die direkten Personalkosten, Personalnebenkosten und ein Gemeinkostenbeitrag für jeweils einen Bediensteten pro Schleusenanlage zu veranschlagen sind.

Gemäß dem Bericht des Verkehrsausschusses zu §37 a Schiffahrtsgesetz soll "diese vollständige Refundierungsregelung ... dem Verursacherprinzip Rechnung tragen" (558 BlgNR 18. GP).

b. Die Notwendigkeit eines Schleusenbetriebes und damit auch seiner schiffahrtspolizeilichen Regelung ergibt sich aus der Errichtung der Donaukraftwerke. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber die beschwerdeführende Gesellschaft als Errichter und Betreiber jener Kraftwerke und somit als Verursacher jener Kosten zum (pauschalierten) Ersatz heranzieht, zumal die Schiffahrtstreibenden selbst schon wegen der Konvention über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau, BGBl. 40/1960, zu keinen Leistungen für die Benützung der Wasserstraße Donau und der dafür notwendigen Schiffahrtsanlagen vom Staat verhalten werden dürfen. Es ist auch nicht gleichheitswidrig, wenn die gesetzlich allgemein angeordnete Kostenersatzpflicht für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Donau ausschließlich die beschwerdeführende Gesellschaft trifft, weil nur diese gegenwärtig über entsprechende Staustufen und Schleusen verfügt.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Kostentragung für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau wurde durch die Novelle zum Schiffahrtsgesetz BGBl. 452/1992 angeordnet und trat gemäß ArtXIII Abs2 dieser Novelle für die Inhaber entsprechender schiffahrtsanlagenrechtlicher Bewilligungen mit 1. Jänner 1993 in Kraft. Es kann keine Rede davon sein, daß die davon betroffene beschwerdeführende Gesellschaft durch diese Regelung in ihrem Vertrauen auf die vordem bestehende Rechtslage in gleichheitswidriger Weise enttäuscht wurde. Die Regelung begründet weder eine Kostentragungspflicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Kosten schiffahrtspolizeilicher Tätigkeit, sodaß hier dahingestellt sein kann, ob und wieweit ein derartiger rückwirkender Eingriff in Vermögenspositionen für die von der beschwerdeführenden Gesellschaft veranlaßten schiffahrtspolizeilichen Agenden des Bundes sachlich gerechtfertigt sein könnte (vgl. zur Möglichkeit rückwirkender steuerlicher Regelungen VfSlg. 12186/1989, S. 287; 12241/1989; 12416/1990); noch kann davon die Rede sein, daß die beschwerdeführende Gesellschaft im Vertrauen auf das vordem bestehende Fehlen einer gesetzlichen Kostentragungspflicht wirtschaftliche Dispositionen traf, die sie ansonsten nicht oder anders getätigt hätte (vgl. VfSlg. 12944/1991), zumal Bau und Betrieb der für die Höhe der Kosten ursächlichen doppelten Schleusenanlagen pro Kraftwerk den Behauptungen der beschwerdeführenden Gesellschaft selbst zufolge auf den, der Empfehlung der Donaukommission folgenden, wasserrechtlichen Bescheiden beruhen.

Es kann hier auch dahingestellt bleiben, ob die Kosten der schiffahrtspolizeilichen Regelung für die Schleusen Gegenstand privatrechtlicher Vereinbarungen zwischen der beschwerdeführenden Gesellschaft und dem Bund in den Jahren 1959 und 1969 waren oder - wie die belangte Behörde meint - diese Vereinbarungen nur "eine freiwillige Beteiligung des Bundes an Betriebskosten, die der DoKW AG erwachsen", vorsahen. Denn diese Vereinbarungen wurden nicht nur vom Bund vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen aufgekündigt und durch eine Vereinbarung vom 29. Jänner 1991 ersetzt, die jedenfalls ausschließlich die Beteiligung des Bundes an den Schleusenbetriebs- (einschließlich der -instandsetzungs-)Kosten betrifft, sondern sie können als privatrechtliche Verträge jedenfalls die gesetzliche Verankerung einer öffentlich-rechtlichen, an sich - wie oben ausgeführt - sachlich gerechtfertigten Kostentragungspflicht des Schiffahrtsanlageninhabers nicht verhindern.

Der Gleichheitsgrundsatz wird durch die bei Erlassung der angefochtenen Bescheide angewendeten Regelungen des §37 a Schiffahrtsgesetz sowie der darauf gestützten Verordnung BGBl. 160/1993 sohin nicht verletzt.

c. Die genannten Regelungen verstoßen aber auch nicht gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Zwar bildet die gesetzliche Auferlegung einer Kostenersatzpflicht so wie jede öffentlich-rechtliche Geldleistungsverpflichtung einen Eingriff in das Eigentumsrecht. Gleichwohl liegt darin - mangels zwangsweisem Eigentumsübergang an einer Sache - weder eine Enteignung, noch eine, an besondere verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebundene Eigentumsbeschränkung, zumal die Kostentragungspflicht gemäß §37 a Abs1 Schiffahrtsgesetz idF BGBl. 452/1992 den Inhaber einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung trifft, die kraft schiffahrtsanlagenrechtlicher Bewilligung entsteht, und somit nicht von vornherein - jedenfalls nicht zwangsläufig - mit dem Eigentum an den betreffenden Schiffahrtsanlagen verbunden ist.

Auch der von der beschwerdeführenden Gesellschaft behauptete unverhältnismäßige Eingriff des Gesetzgebers zur Beseitigung "vertraglich vorgesehene(r) Schranken" liegt nicht vor. Unabhängig vom Inhalt und von einer eventuellen Weitergeltung der vom Bund bereits aufgekündigten Vereinbarungen über die Aufteilung der Betriebs- und Instandsetzungskosten für die Schleusenanlagen aus den Jahren 1959 und 1969 wurde durch §37 a Schiffahrtsgesetz jedenfalls nicht in diese oder ähnliche Vertragswerke eingegriffen. Eine Überprüfung, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen derartigen Eingriff vorlagen, erübrigt sich sohin.

d. Die durch das Schiffahrtsgesetz den Inhabern bestimmter schiffahrtsanlagenrechtlicher Berechtigungen auferlegte Kostenersatzpflicht für öffentlich-rechtliche, vom Staat hoheitlich wahrgenommene Aufgaben bildet auch keine zivilrechtliche Verpflichtung im Sinne des Art6 EMRK. Nachdem vermögensrechtliche Ansprüche nicht schlechthin als "civil rights" im Sinne des Art6 EMRK betrachtet werden dürfen (vgl. VfSlg. 13130/1992), trägt jedenfalls die vom Gesetzgeber für eine öffentlich-rechtliche Handlung auferlegte Kostenersatzpflicht keinen zivilrechtlichen Charakter, sodaß sich für Entscheidungen darüber die Einrichtung eines Tribunals im Sinne des Art6 EMRK - entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft - erübrigt.

e. Zum behaupteten Widerspruch des §37 a Schiffahrtsgesetz zum Determinierungsgebot des Art18 Abs2 B-VG verweist der Verfassungsgerichtshof auf die in seinem Erkenntnis VfSlg. 13309/1992 unter Berufung auf seine ständige Rechtsprechung vertretene Auffassung, daß mangels einer gesetzlichen Höchstgrenze eine gesetzliche Ermächtigung zur Festsetzung von Abgaben(Beiträgen) dann dem Art18 Abs2 B-VG entspricht, wenn das Gesetz ausreichende Bestimmungsgründe für den Aufwand der Behörde, der durch die Abgabe (bzw. den Beitrag) abgegolten wird, erkennen läßt. Umgekehrt gilt die gesetzliche Ermächtigung, kostendeckende Gebühren für eine eindeutig gesetzlich umschriebene Verwaltungsaufgabe zu fordern, als ausreichend vorherbestimmt im Sinne des Art18 Abs2 B-VG (so etwa VfSlg. 4488/1963). Unabhängig davon, ob §37 a Schiffahrtsgesetz überhaupt als Ermächtigung zur Festsetzung einer Abgabe im weiteren Sinn verstanden werden kann, findet die Überwälzung der Kosten für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau nach deren tatsächlichem Anfall, wenn auch in - durch Verordnung - pauschalierter Form statt. Umfang und Notwendigkeit der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung ergeben sich aus dem Schiffahrtsgesetz und den damit in Zusammenhang stehenden - vor allem völkerrechtlichen - Bestimmungen. Es kann daher der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, daß der Umfang ihrer schiffahrtspolizeilichen Regelungstätigkeit gesetzlich hinlänglich konkret festgelegt ist und die Maßnahmen zur Verkehrsregelung bei den Donauschleusen "die ständige Anwesenheit eines Schiffahrtspolizeiorganes, welches ausschließlich Dienst auf der Schleuse versieht," erforderlich machen. Die dadurch entstehenden Kosten lassen sich entsprechend einer betriebswirtschaftlichen Plankostenrechnung mittels Verordnung hinreichend genau bestimmen, wie auch die entsprechenden, in der Gegenschrift der belangten Behörde angestellten Berechnungen dartun. Der Verfassungsgerichtshof hält sowohl eine durch den Umfang der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen determinierte Kostenersatzpflicht im Sinne des Art18 Abs2 B-VG für gesetzlich hinreichend vorherbestimmt als auch die konkrete Art der Kostenberechnung in §2 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl. 160/1993, diesem gesetzlichen Maßstab entsprechend.

§37 a Schiffahrtsgesetz und die dazu ergangene Verordnung BGBl. 160/1993 widersprechen sohin dem Legalitätsprinzip gemäß Art18 Abs2 B-VG nicht.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Gesellschaft bei der Vollziehung der - wie dargestellt, unbedenklichen - Vorschrift des §37 a Schiffahrtsgesetz in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Der Behörde kann auch nicht der Vorwurf willkürlichen Verhaltens gemacht werden, weil auch der Entfall eines besonderen Ermittlungsverfahrens vor Erlassung der angefochtenen Bescheide schon wegen des - im Hinblick auf die angewendeten Rechtsvorschriften - eindeutigen Inhalts der angefochtenen Bescheide jedenfalls keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes bewirkt hat.

3. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist sohin durch die angefochtenen Bescheide weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, civil rights, Eigentumseingriff, Mandatsverfahren, Schiffahrt, Kostentragung (Schiffahrtspolizei), Vertrauensschutz, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B940.1993

Dokumentnummer

JFT_10058785_93B00940_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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