TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 W187 2208593-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W187 2208593-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 und 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seiner Identität, seiner Reiseroute und seinen Fluchtgründen einvernommen. Hier gab der Beschwerdeführer an, ledig zu sein und keine Kinder zu haben. Er sei am XXXX in der afghanischen Provinz Ghazni im Distrikt XXXX geboren, afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und Moslem. Seine Eltern und drei Brüder hielten sich nach wie vor in Afghanistan auf. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer an, er habe in einem Geschäft Alkohol verkauft, was ihm immer wieder Probleme bereitet habe. Er habe Angst um sein Leben.

3. Mit Schreiben vom XXXX und XXXX teilte das Arbeitsmarktservice dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit, dass für den Beschwerdeführer ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestellt worden sei. In einem ersuchte das Arbeitsmarktservice um Auskunft über das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde teilte dem Arbeitsmarktservice am XXXX bzw. XXXX mit, dass dessen Verfahren seit XXXX zugelassen sei.

4. Am XXXX langte ein Bescheid des Arbeitsmarktservice vom XXXX betreffend die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer bei der belangten Behörde ein.

5. Am XXXX ersuchte die XXXX um Übermittlung des Protokolls der Erstbefragung des Beschwerdeführers. In einem legte sie eine Vollmacht und einen Lehrvertrag vom XXXX , abgeschlossen zwischen dem Beschwerdeführer als Lehrling und der XXXX als Lehrberechtigter, vor.

6. Mit Aktenvermerk vom XXXX stellte die belangte Behörde das Verfahren gemäß § 24 Abs 1 Z 1 und Abs 2 AsylG 2005 ein. Begründend hielt sie fest, der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers sei wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht trotz Belehrung über etwaige negative Konsequenzen weder bekannt, noch sonst leicht feststellbar. Eine Entscheidung könne ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen. Der Beschwerdeführer habe die Unterkunft der Betreuungseinrichtung ohne Angabe einer weiteren Anschrift verlassen. Es bestehe keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet.

7. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Eingangs wurde der Beschwerdeführer nach seiner Begleitperson gefragt und gab an, sie sei seine Deutschlehrerin und habe ihn zur heutigen Einvernahme begleitet. Die belangte Behörde wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass eine Begleitperson nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sei und Informationen an Dritte weitergeben könne. Gefragt, ob der Beschwerdeführer dennoch unbedingt wolle, dass seine Begleitperson bei der Einvernahme dabei sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er seine Begleitperson bei der Einvernahme nicht benötige und sein eigener Mann sei. Der Beschwerdeführer gab zu Beginn seiner Einvernahme an, der schiitischen Glaubensrichtung des Islams anzugehören und gesund zu sein. Seine Eltern, drei Brüder, zwei Onkel väterlicherseits, ein Onkel mütterlicherseits, drei Tanten väterlicherseits und zwei Tanten mütterlicherseits hielten sich nach wie vor im Heimatdorf auf; seine Kernfamilie lebe von der Landwirtschaft. Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst aus, er habe in Afghanistan Probleme mit seinen Nachbarn, seinen Cousins und mit dem Dorfältesten gehabt. Er sei kein strenger Moslem und habe unter der Hand Alkohol verkauft. Er sei damals jung gewesen und habe gut verdient. Einige junge Männer hätten viel getrunken und seien betrunken gewesen. Die Dorfvorsteher hätten den betrunkenen jungen Männern und dem Beschwerdeführer etwas unterjubeln wollen, um bei den Dorfbewohnern Hass gegen die Jungen zu schüren, weil sie Alkohol getrunken und der Beschwerdeführer Alkohol verkauft habe. Unter anderem hätten die Dorfvorsteher über den Beschwerdeführer und seine Familie schlecht geredet und den Beschwerdeführer mehrmals mit Holzstücken geschlagen, wodurch sie ihm die Nase gebrochen hätten. Der Beschwerdeführer sei immer von den Dorfvorstehern beobachtet worden. Diese hätten ihn schlagen bzw. gar umbringen wollen. Außerdem habe der Beschwerdeführer mit zwei älteren Cousins Probleme, welche sich für den Beschwerdeführer schämen würden. Diese Cousins hätten andere Dorfbewohner bezahlt, damit diese dem Beschwerdeführer etwas antun. Unter anderem sei der Beschwerdeführer öfters geschlagen worden. Auch sein Vater habe immer mit dem Beschwerdeführer geschimpft und gesagt, er sei nicht mehr sein Sohn. Der Beschwerdeführer sei immer vor seinem Vater weggelaufen und habe lieber mit seinen Freunden Alkohol verkauft. Insgesamt sei das Leben für den Beschwerdeführer sehr schwierig gewesen. Von allen Seiten sei Druck auf ihn ausgeübt worden: von seiner eigenen Familie, seinen Cousins, den Dorfbewohnern und den Dorfältesten. Zudem habe der Beschwerdeführer auch vor der Polizei Angst gehabt. Seine Mutter habe schließlich entschieden, dass der Beschwerdeführer das Land verlassen müsse. Er habe nichts Schlimmes getan und wolle lediglich normal leben. Aus diesen Gründen habe sich der Beschwerdeführer zur Flucht entschlossen.

8. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sodann sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde unter Spruchpunkt VI. gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, mit Schreiben vom XXXX fristgerecht vollumfängliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung.

10. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt.

11. Am XXXX langte eine Dokumentenvorlage bzw. Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein, mit welcher ein Schreiben einer Vertrauensperson des Beschwerdeführers vorgelegt wurde. Diesem Schreiben ist zu entnehmen, dass die Vertrauensperson nicht zur Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde zugelassen worden sei. Anschließend sei Druck auf den Beschwerdeführer ausgeübt worden, auf sein Recht, in Begleitung einer Vertrauensperson einvernommen zu werden, zu verzichten.

12. Mit Dokumentenvorlage XXXX legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor.

13. Am XXXX langte ein weiteres Konvolut an Integrationsunterlagen für den Beschwerdeführer beim erkennenden Gericht ein.

14. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom XXXX wurde die gegenständliche Rechtssache der erkennenden Gerichtsabteilung zugewiesen.

15. Mit Ladung vom XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den XXXX an, übermittelte den Parteien einschlägige Länderinformationen zu Afghanistan und gab ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme.

16. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom XXXX mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. In einem beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Abweisung gegenständlicher Beschwerde und ersuchte um Übersendung des Verhandlungsprotokolls.

17. Am XXXX langte eine Vollmachtbekanntgabe der BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH für den Beschwerdeführer samt einem Konvolut an Integrationsunterlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein.

18. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari vom erkennenden Richter zu seinem Antrag auf internationalen Schutz und seinen Beschwerdegründen einvernommen wurde. Die belangte Behörde blieb der mündlichen Verhandlung fern.

Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:

„[…]

Richter: Verstehen Sie die Dolmetscherin gut?

Beschwerdeführer: Ja.

Richter: Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen? Liegen Gründe vor, die Sie daran hindern?

Beschwerdeführer: Ich bin gesund und kann der Verhandlung beiwohnen.

Richter: Nehmen Sie regelmäßig Medikamente, befinden Sie sich in medizinischer Behandlung?

Beschwerdeführer: Ich stehe nicht in ärztlicher Behandlung, aber aufgrund dessen, dass ich in einer Fabrik arbeite und mein Kreuz immer belastet ist, bekomme ich von meinem Arzt Schmerztabletten.

[…]

Richter: Können Sie sich an Ihre Aussage vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erinnern? Waren diese richtig, vollständig und wahrheitsgetreu?

Beschwerdeführer: Es ist alles richtig und ich habe die Wahrheit gesagt.

Richter: Geben Sie Ihr Geburtsdatum an. Wo sind Sie auf die Welt gekommen?

Beschwerdeführer: Ich am XXXX (= XXXX ) in XXXX geboren. Das ist in der Provinz Ghazni.

Richter: Welche Sprachen sprechen Sie? Können Sie diese lesen und schreiben?

Beschwerdeführer: Ich kann Dari sprechen. Ich kann Dari lesen und schreiben, ich spreche auch Deutsch. Ich habe 8 Jahre die Schule in Afghanistan besucht. Ich habe XXXX im Distrikt XXXX im Zentrum XXXX besucht.

Richter: Geben Sie Ihre Volksgruppe, Religion und Ihren Familienstand an.

Beschwerdeführer: Ich bin Hazara. Meine Eltern sind Schiiten. Ich bin zwar als Moslem geboren, aber ich habe selbst noch keine Religion. Ich bin ledig.

Richter: Sind Sie aus dem Islam ausgetreten?

Beschwerdeführer: Ich glaube an den Islam nicht. Der Beginn war Krieg und es herrscht noch immer Krieg. Ich bin selbst Afghane und akzeptiere die Kultur der Araber nicht. Kann ich das begründen? Ich habe in einem Land gelebt, wo jeder ein Vertreter, ein Befürworter des Gottes ist. Jeder vertritt die Kultur der Araber und jeder unterstützt diese Richtlinie. Ich bin kein Befürworter davon. Wegen der Kultur der Araber wurde unser Land zerstört. Vor 1400 Jahren wurde Mohammad in Arabien geboren. Sogar nach 1400 Jahren wird diese dunkle Kultur von damals auf die afghanische Bevölkerung durchgesetzt. Ich sitze heute vor dem Gesetz und ich kann darüber sprechen. Vor einem Moslem kann ich solche Sachen nicht sagen. Ich sitze heute gegenüber dem Gesetz und ich kann heute nur für mich sprechen. Diese Möglichkeit wird mir heute gegeben.

Richter: Haben Sie Kinder?

Beschwerdeführer: Nein.

Richter: Können Sie bitte soweit wie möglich chronologisch angeben, wann und wo Sie sich in Afghanistan aufgehalten haben.

Beschwerdeführer: Ich habe nur in XXXX gelebt. Seit 6 Jahren lebe ich in Österreich.

Richter: Wie haben Sie in Afghanistan gewohnt?

Beschwerdeführer: Ich habe im elterlichen Haus gelebt. Es war unser Haus und wir hatten ein durchschnittliches Leben.

Richter: Was haben Sie in Afghanistan gemacht, gearbeitet, gelernt oder etwas Anderes?

Beschwerdeführer: Ich habe 8 Jahre die Schule besucht. Mit 14 Jahren habe ich die Schule abgebrochen. Im Alter von 16 Jahren habe ich mit Unterstützung meines Vaters ein kleines Geschäft auf dem Bazar geöffnet. Im Alter von 16 Jahren bin ich an falsche Freunde geraten. Vom 16. bis zum 18. Lebensjahr hatte ich falsche Freunde und ich habe illegale Sachen gemacht, was von den Afghanen für sehr schlecht angesehen wurde.

Richter: Wo und wie leben Ihre Verwandten?

Beschwerdeführer: Im Heimatdorf XXXX , wo ich früher gelebt habe, lebt die Familie nach wie vor.

Richter: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Onkel)?

Beschwerdeführer: Zu meiner Mutter habe ich gelegentlich Kontakt.

Richter: Haben Sie in Afghanistan Verwandte oder sonstige wichtige Kontaktpersonen und wie heißen sie? Wo leben sie? Haben Sie zu ihnen Kontakt?

Beschwerdeführe (Auf Deutsch): Nein, ich habe Verwandte aber habe keinen Kontakt mit ihnen.

Richter: Wie ist Ihr Leben derzeit in Österreich? Was machen Sie in Österreich?

Beschwerdeführer: Ich arbeite als Facharbeiter als Fliesenleger. Ich habe XXXX meine Lehre als Fliesenleger abgeschlossen und seit 5 Jahren und 2 Monaten arbeite ich für die selbe Firma.

Richter: Haben Sie Freunde in Österreich?

Beschwerdeführer: Ich habe Freunde. Ich habe internationale Freunde.

Richter: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

Beschwerdeführer: Nein. Ich bin in keinem Verein Mitglied.

Richter: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?

Beschwerdeführer: Ich selbst hatte keine Probleme, aber als Zeuge habe ich mitgewirkt. Ich war zweimal Zeuge. Es ging um Alkohol.

Richter: Schildern Sie den Vorfall, der zu Ihrer Flucht geführt hat!

Beschwerdeführer: Die letzten 2 Jahre, die ich in Afghanistan verbracht habe, habe ich illegale Sachen mit meinen Freunden gemacht. Ich bin an falsche Personen geraten. Wir haben mit Alkohol gehandelt. Aufgrund dieser Sache wurde ich auch verprügelt, bedroht. Denn jeder hat für uns Richter oder Anwalt gespielt. Ich möchte mich kurzfassen: Es sind sehr viele Vorfälle passiert. Ich möchte nur die wichtigen Vorfälle erwähnen, denn sonst würden wir mehrere Stunden brauchen. Ich war gezwungen, Afghanistan zu verlassen, denn ich hatte Angst, umgebracht zu werden. Ich hatte Angst, dass man mich gegen Bezahlung von Geld umbringt. Meine Mutter war diejenige, die mich weggeschickt hat, weil sie nicht wollte, dass ich getötet werde. Die Vorfälle, die mir passiert sind, ich habe Narben von den Verletzungen in meinem Gesichtsbereich. An der Augenbraue und am Kinn sind die Narben noch zu sehen. Ich hatte auch einen Nasenbruch und Verletzungen im Wangenbereich. Wegen meinem Nasenbeinbruch war ich nicht beim Arzt, aber auf der Reise haben mir andere Flüchtlinge erklärt, dass ich eine Schiene tragen muss, damit sich mein Nasenbein wieder aufbauen kann. Diese Vorfälle haben dazu geführt, dass ich meine Heimat verlassen musste. Ich hatte kein bestimmtes Reiseziel. Ich bin zu meinem Heimatdorf Richtung XXXX gereist. Von dort ging es dann über XXXX in den Iran. Mein Reiseziel war eigentlich in den Iran zu reisen. Meine Eltern haben mich auch unterstützt. Ich hatte aber dennoch ein bestimmtes Reiseziel und bin dann von XXXX Richtung Europa aufgebrochen. Ich kann Ihnen aber auch Genaueres erzählen, wenn Sie mir eine detaillierte Frage stellen.

Richter: Können Sie die Vorfälle in Ihrem Dorf etwas detailliertet schildern?

Beschwerdeführer: Ich habe Ihnen erzählt, dass ich von meinem 16. bis zum 18. Lebensjahr mit falschen Leuten zu tun hatte. Ich habe Alkohol verkauft, bin dann mit den Leuten in der Umgebung in Streit geraten. Alle haben beschlossen, dass ich für diese Gesellschaft etwas Schlechtes bin. Ob es der Nachbar war oder ob es die Verwandten waren oder ob es die Dorfbewohner waren. Jeder wurde Richter über mich und jeder hat über mich geurteilt und jeder war Vertreter Gottes. Jeder war Vertreter des Korans, der arabischen Kultur oder Vertreter der Polizei. In Wahrheit ist es so, dass die Menschen dort einen Gott geschaffen haben und nicht umgekehrt. Ich möchte Sie, Herr Rat bitten, dass Sie mir Fragen stellen, dann kann ich diese auch besser beantworten. Wenn Sie mir eine Frage stellen, dann kann ich diese detailliert und mit Begründung beantworten.

Richter: Sie haben gesagt, dass Sie Alkohol verkauft haben. Mir ist vollkommen bewusst, dass Alkohol in den meisten islamischen Ländern schlecht angesehen wird oder tatsächlich verboten ist. Was ich Ihnen jedoch nicht sagen kann, welche Dorfbewohner wie auf Sie zugegangen sind oder welche sonstigen aggressive Akte sie gegen Sie gesetzt haben. Ich war nicht dabei. Diese Sachen müssen Sie von sich aus erzählen. Ich kann es nicht wissen.

Beschwerdeführer: Ich habe vorher schon gesagt, dass Sie Vertreter und Richter Gottes sind. Wir sind Schiiten. In Afghanistan gibt es zwei Arten der Moslems. Nämlich, die richtigen Moslems und die sogenannten falschen Moslems. Wir gehören zu der falschen Art der Moslems. Ich hatte keine Rechte dort. Aufgrund meiner Tätigkeit wurde nicht nur ich als schlecht angesehen, sondern auch meine Mutter und mein Vater. Wenn man etwas Schlechtes tut, hat man in Afghanistan nicht einmal einen Wert. Man wird dort nicht geschätzt. Hier in Europa werden sogar Tiere geschätzt. In Afghanistan wird man wie ein Tier behandelt. In Afghanistan werden sogar Menschen nicht geschätzt und haben keinen Wert.

Richter: Sind Sie jemals persönlich bedroht oder angegriffen worden? Wenn ja, schildern Sie bitte die konkreten Vorfälle im Detail?

Beschwerdeführer: Ich wurde von XXXX bedroht. Er ist der Vorsitzende unseres Dorfes. Ich wurde von meiner Familie und von meinem Nachbarn bedroht. Sie wollten, damit meine ich diese Leute, ihre Gesetze ausüben. Sie haben sich alle in der Dorfmoschee versammelt. Bei dieser Versammlung haben sie beschlossen, dass sie mich aus der Gesellschaft eliminieren müssen, da ich für die Gesellschaft etwas Schlechtes bin.

Richter: Was ist dann passiert?

Beschwerdeführer: Auch mein Vater wurde zu dieser Versammlung geladen. Die Dorfältesten, die Dorfbewohner und alle anderen sind zu dem Entschluss gekommen, dass sie mich aus der Gesellschaft eliminieren müssen. Ich wurde von meinem Cousin väterlicherseits bedroht. Sie sagten, dass ich in meiner Heimatregion einen schlechten Ruf habe und somit die Ehre der Familie verletzt habe.

Richter: Welche Folgen hatte das für Sie persönlich?

Beschwerdeführer: Damals war es mir nicht bewusst, aber man muss es erkennen, dass es falsch war, was ich getan habe. Die Folgen sind, dass ich sogar hier in Österreich sehr zurückgezogen und schüchtern bin. Das alles sind die Folgen eines islamischen Staates. Ich kann mit einer Frau nicht offen sprechen. Das sind all die Folgen von dem, was ich erlebt habe. Es hat sehr lange gebraucht, dass ich wieder gesellschaftsfähig wurde und ich wieder mit Leuten reden konnte. Nach diesen Vorfällen habe ich an keiner afghanischen Veranstaltung teilgenommen. Ich bin seit 6 Jahren hier und habe an keiner Veranstaltung teilgenommen und ich schätze es auch nicht, daran teilzunehmen.

Richter: Wer konkret hat Sie so bedroht, dass Sie fürchten mussten, getötet zu werden?

Beschwerdeführer: Ich wurde von meinem Cousin väterlicherseits bedroht. Er sagte, dass ich Schande über den Stamm XXXX gebracht hätte. Er heißt XXXX und er behauptet, das ich über den ganzen Stamm XXXX Schande gebracht habe, ich sei ein schlechtes Wesen und müsste aus der Gesellschaft eliminiert werden. Mein anderer Cousin namens XXXX hat mich ebenfalls bedroht. Er hat mich einmal in der Nacht angegriffen. Er arbeitet im Krankenhaus von XXXX als Portier. Er hat mich mit einem Jagdgewehr angegriffen. Seine Mutter und seine Frau konnten ihn davon abhalten. Ich konnte mich in Sicherheit bringen. Er war auf dem Weg zu uns nachhause. Seine Mutter und seine Ehefrau sind ihm gefolgt. Sie haben versucht, ihn davon abzubringen. Sie wurden alle sehr laut. Meine Mutter hat das gehört und hat mich informiert. Vor diesem Vorfall wurde ich verprügelt. Nachdem mein Cousin mich mit einem Jagdgewehr angreifen wollte, wurde mir bewusst, dass die Lage sich verschlechtert hat und ich von dort weggehen muss. Ich wusste, dass die dortigen Gesetze anders sind und man diese Gesetze an mir durchführen wird. Ich wollte nicht, dass meine Eltern meine Leiche bekommen, denn sie sind die einzigen, die leiden werden. Der Nachbar, die Dorfbewohner oder sonst wer, wird nicht wegen mir leiden. Die einzige Person, die Leid erfahren muss, ist meine Mutter oder vielleicht auch mein Vater.

Richter: Wodurch sind Sie in Afghanistan aktuell bedroht?

Beschwerdeführer: Dort gibt es viele Drohungen gegen mich. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan gibt es überhaupt keine Möglichkeit für mich, dort zu leben. Weder Herat noch Mazar-e Sharif ist sicher. Ich kann das auch begründen. In meiner Heimatregion, wo meine Eltern und mein Bruder leben, dort kann ich überhaupt nicht zurück. Auch in Kabul ist es unmöglich zu leben und zurückzukehren. Nach Kabul kann ich nicht zurückkehren, da vergangene Woche 85 Hazara getötet und 150 Menschen verletzt wurden. Es wurden nur Schiiten und Hazara getötet. Vorgestern wurde XXXX getötet. Er war Talibanführer der Region Herat und Mazar-e Sharif. Gestern hat sein Sohn seine Stellung übernommen und hatte im Zentrum Herat die Versammlung. Damit möchte ich sagen, dass in unserem Land keine Gesetze und auch keine Freiheiten existieren. Was in der Vergangenheit alles passiert ist, möchte ich jetzt nicht erzählen, sondern möchte nur über die Vorfälle der letzten Woche sprechen. Letzte Woche war das Eid-Fest der Moslems. XXXX der Provinzgouverneur von Balkh hat gemeinsam mit dem General XXXX mit den Taliban einen dreitätigen Waffenstillstand vereinbart.

Richter wiederholt die Frage.

Beschwerdeführer: In Afghanistan habe ich keine Freiheiten. Ich kann kein Bier und keinen Wodka trinken. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan kann man nicht von mir erwarten, dass ich 5-Mal am Tag in die Moschee gehe und dort Gott anbete. Wenn ich in Afghanistan getötet werde, gibt es dort niemanden, der nach dem Grund meiner Tötung jemals fragen wird. In Afghanistan finden täglich 100 Vorfälle statt. Es gibt aber niemanden, der einen einzigen Vorfall untersucht und fragt, warum diese Person gestorben ist.

Richter: Gab es eine Fatwa, die gegen Sie gerichtet ist?

Beschwerdeführer: Der Vorsitzende der Heimatregion hat eine Fatwa gegen mich ausgesprochen.

Richter: Was sind die Folgen dieser Fatwa?

Beschwerdeführer: Dass ich aus der Gesellschaft eliminiert, das heißt, getötet werden muss. In Afghanistan müssen zuerst die Gesetze der Region beachtet und ausgeführt werden. Erst dann kommt die Polizei. Ich habe etwas vergessen. Am XXXX habe ich eine Beschwerde eingebracht. Am XXXX haben die Taliban meine Heimatregion angegriffen. Meine zwei Brüder konnte ich in den Iran schicken lassen. Ein jüngerer Bruder lebt noch mit der Familie in der Heimat. Am XXXX fanden die Kämpfe der Taliban dort statt. Am XXXX hat BBC berichtet, wie viele Menschen geflüchtet sind. Ich habe mein Möglichstes versucht, auch meine Eltern aus der Heimatregion wegbringen zu lassen, aber sie wollten ihr Haus und ihr Hab und Gut nicht zurücklassen. Diese Vorfälle haben sich, nachdem ich die Beschwerde eingebracht habe, ereignet.

Richter: Wie sind Sie nach Österreich gekommen?

Beschwerdeführer: Illegal.

Richter: Wie haben Sie die Reise bezahlt?

Beschwerdeführer: Das weiß ich nicht, mein Vater hat alles bezahlt.

Richter: Schildern Sie bitte nochmals die Gründe Ihrer Beschwerde!

Beschwerdeführer: Ich bin zufrieden in Österreich. Ich habe hier persönliche Freiheiten. Ich habe hier in Österreich eine Berufsausbildung erlernt. Mein Heimatland ist kein sicherer Staat. Ich habe keine Möglichkeiten, in mein Land zurückzukehren.

Richter: Was würde passieren, wenn Sie jetzt nach Afghanistan zurückkehren müssten?

Beschwerdeführer: Ich werde dort nicht weiter leben können. Wohin nach Afghanistan sollte ich gehen?

Beschwerdeführervertreterin: Waren Sie schon einmal in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif?

Beschwerdeführer: Nein.

Beschwerdeführervertreterin: Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Beschwerdeführer: Ich gehe mit meinen Freunden in ein Lokal. Wir trinken ein Bier. Ich habe viele Freunde. Ich habe viele österreichische Freunde und Freunde aus unterschiedlichen Ländern. Ich habe noch Kontakt zu meinen Freunden aus der Berufsschule. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich eine andere Lebensweise hier in Österreich habe. In Afghanistan kennt man nur die Religion. Ich habe mich hier in jeder Hinsicht in Österreich verändert, wenn ich das mit Afghanistan vergleiche.

Beschwerdeführervertreterin: Könnten Sie nach den Werten in Afghanistan leben?

Beschwerdeführer: Das ist unmöglich.

Der Beschwerdeführer bringt nichts mehr vor.

Richter: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?

Beschwerdeführer: Ja.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und den Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Beschwerdeführer, insbesondere durch Einsicht in die vorgelegten Dokumente und Integrationsunterlagen, sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die ins Verfahren eingeführten Länderberichte sowie aktuelle und allgemein zugängliche Medienberichte.

1. Feststellungen

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Leben in Afghanistan

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist im Entscheidungszeitpunkt volljährig und Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Er gehört der Volksgruppe der Hazara an und wuchs als schiitischer Moslem auf. Seine Muttersprache ist Dari, welche er sowohl lesen als auch schreiben kann. Weiter spricht der Beschwerdeführer bereits gut Deutsch. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer wurde in der afghanischen Provinz Ghazni im Distrikt XXXX im Dorf XXXX geboren und wuchs dort im afghanischen Familienverband im familieneigenen Haus mit seinen Eltern und drei jüngeren Brüdern auf. Neben diesem Haus besitzt die Familie des Beschwerdeführers mehrere landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Der Vater des Beschwerdeführers betreibt eine große Landwirtschaft und sorgt für den Unterhalt der Familie. Der Beschwerdeführer besuchte acht Jahre die Schule, welche er im Alter von 14 Jahren beendete. Anschließend half er seinem Vater ein Jahr lang in der Landwirtschaft und eröffnete schließlich mit Hilfe seines Vaters ein kleines Lebensmittelgeschäft. Dieses Lebensmittelgeschäft führte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise Anfang des Jahres XXXX .

Die Eltern und die drei Brüder des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Heimatdorf im familieneigenen Haus. Die Familie erwirtschaftet ihren Lebensunterhalt durch die familieneigene Landwirtschaft. Zwei Brüder des Beschwerdeführers besuchen die Schule, ein Bruder arbeitet als Mechaniker. Weiter leben zwei Onkel väterlicherseits, ein Onkel mütterlicherseits und insgesamt fünf Tanten des Beschwerdeführers im Heimatdorf. Ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers abreitet als Krankenpfleger, ein Onkel väterlicherseits ist Inhaber eines Restaurants. Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers ist durchschnittlich. Der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt mit seiner Mutter.

1.2 Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich

Der Beschwerdeführer gelangte im XXXX in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Seither hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer wohnt in Österreich in einer Privatwohnung in XXXX . Er bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist erwerbstätig. Seit seiner Einreise nahm der Beschwerdeführer an mehreren Deutsch- und Integrations- bzw. Basisbildungskursen teil. Dabei zeigte er besonderes Interesse und Engagement beim Erlernen der deutschen Sprache und absolvierte bereits im XXXX eine Deutschprüfung auf Niveau A1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Am XXXX legte der Beschwerdeführer eine Deutschprüfung auf Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen ab. Das Prüfungsergebnis liegt im Entscheidungszeitpunkt noch nicht vor. Er spricht jedoch bereits gut Deutsch. Weiter bemühte sich der Beschwerdeführer seit seiner Einreise nach Österreich sehr um Erlangung einer Erwerbstätigkeit. Bereits im Jahr XXXX bewarb sich der Beschwerdeführer erfolgreich um eine Lehrstelle und begann mit XXXX eine Lehre im Lehrberuf Platten- und Fliesenleger bei der XXXX . Im Rahmen seiner Ausbildung absolvierte der Beschwerdeführer mehrere Weiterbildungsseminare und besuchte ab dem Schuljahr XXXX die Berufsschule XXXX die er im XXXX abschloss. Am XXXX legte der Beschwerdeführer die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Platten- und Fliesenleger mit gutem Erfolg ab. Nach erfolgreichem Abschluss seiner Lehrausbildung wurde der Beschwerdeführer von der XXXX am XXXX als Facharbeiter übernommen. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers beschreibt ihn als überaus pünktlich, selbstständig, lernbereit und genau. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über einige soziale Kontakte – auch zu österreichischen Staatsbürgern – und ist bereits gut in die österreichische Gesellschaft integriert.

Es leben keine Verwandten oder sonstige wichtige Bezugspersonen des Beschwerdeführers in Österreich. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer ist – abgesehen von gelegentlichen Kreuzschmerzen – im Wesentlichen gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3 Zu seinen Fluchtgründen und der Rückkehr nach Afghanistan

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen in weiterer Folge unter anderem mit Verfolgung wegen seiner Abkehr vom Islam („Apostasie“).

Der Beschwerdeführer wuchs als schiitischer Moslem in seinem Heimatdorf XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz Ghazni auf. Bereits in Afghanistan zeigte der Beschwerdeführer kein großes Interesse am islamischen Glauben.

In Österreich hatte der Beschwerdeführer erstmals die Möglichkeit, sich kritisch mit dem islamischen Glauben auseinanderzusetzen. Der Beschwerdeführer hat sich während seines Aufenthaltes in Österreich vom islamischen Glauben abgewandt und folgt keiner Religion mehr. Er lehnt den konservativen Islam ab und übt keine religiösen Riten aus; er fastet – auch im Ramadan – nicht, betet nicht und besucht nicht die Moschee. Weiter hält sich der Beschwerdeführer nicht an die islamischen Speisegesetze und trinkt Alkohol. Der Beschwerdeführer glaubt nicht an Gott, hat jedoch liberale Werte wie die Religions- und Meinungsfreiheit verinnerlicht und respektiert den Glauben anderer Menschen. Er bringt seine Lebenseinstellung in Österreich in der Öffentlichkeit klar zum Ausdruck.

Der Beschwerdeführer hat sich während seines Aufenthaltes in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung und von Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit getragen von seiner früheren Religion, dem Islam, abgewandt. Er folgt aus ideeller Überzeugung keiner Religion mehr und sieht seine Konfessionslosigkeit als wesentlichen Bestandteil seiner Identität. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seine Abkehr vom Islam in seinem Herkunftsstaat Afghanistan verleugnen würde.

Bei einer Niederlassung in Afghanistan droht dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Religion wegen seines Glaubensabfalls vom Islam (Apostasie). Er würde in Gefahr laufen, aufgrund seiner Abwendung vom Islam Opfer von Übergriffen, psychischer oder physischer Gewalt bis hin zum Tod zu werden. Von einer solchen Verfolgung ist im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan auszugehen. Als Apostat steht dem Beschwerdeführer keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.

Zu den Angaben des Beschwerdeführers über die (weiteren) Gründe, aufgrund derer er eine Verfolgung im Fall seiner Rückkehr befürchtet, werden wegen Entscheidungsreife keine Feststellungen getroffen.

1.4 Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Stand: 23.8.2021)

Die folgenden Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

•        Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation, Stand 11.6.2021 (im Folgenden: LIB);

•        European Asylum Support Office (EASO): Country Guidance: Afghanistan, Dezember 2020 (im Folgenden: EASO);

https://easo.europa.eu/country-guidance-afghanistan-2020;

•        UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 30.8.2018 (im Folgenden: UNHCR);

•        Kurzinformation der Staatendokumentation – Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan, Stand 19.7.2021 (im Folgenden: KI 19.7.2021);

https://www.ecoi.net/en/file/local/2056250/2021-07-19_KI_Afghanistan.pdf;

•        Kurzinformation der Staatendokumentation – Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan, Stand 2.8.2021 (im Folgenden: KI 2.8.2021);

https://www.ecoi.net/en/file/local/2057229/2021_08_02_AFGH_KI.pdf;

•        Sonderkurzinformation der Staatendokumentation – Aktuelle Lage in Afghanistan, Stand 17.8.2021 (im Folgenden: KI 17.8.2021);

https://www.ecoi.net/en/file/local/2058516/2021_08_17_Sonder_KI-Afghanistan.pdf;

•        Kurzinformation der Staatendokumentation – Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan, Stand 20.8.2021 (im Folgenden: KI 20.8.2021);

https://www.ecoi.net/en/file/local/2058630/AFGH_KI_2021_08_20.pdf

•        United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA): United Nations Compound in Herat Attacked, 30.7.2021 (im Folgenden: UNAMA 30.7.2021);

https://unama.unmissions.org/united-nations-compound-herat-attacked;

•        Human Rights Watch (HRW): Afghanistan: Mounting Taliban Revenge Killings (im Folgenden: HRW 30.7.2021);

https://www.hrw.org/news/2021/07/30/afghanistan-mounting-taliban-revenge-killings;

•        FDD’s Long War Journal (LWJ): Mapping Taliban Contested and Controlled Districts in Afghanistan (im Folgenden: LWJ);

https://www.longwarjournal.org/mapping-taliban-control-in-afghanistan;

•        UNICEF: Afghanistan: Mindestens 27 Kinder getötet und 136 verletzt in den letzten 72 Stunden, 9.8.2021 (im Folgenden: UNICEF 9.8.2021);

https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2021/afghanistan-gewalt-eskaliert/246258;

•        Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN OCHA): Afghanistan – Weekly Humanitarian Update, 19 – 25 July 2021 (im Folgenden: UN OCHA, Weekly Humanitarian Update 19 – 25 Juli 2021);

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afghanistan_humanitarian_weekly_28_july_2021-2.pdf;

•        Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN OCHA): Afghanistan – Weekly Humanitarian Update, 26 July – 1 August 2021 (im Folgenden: UN OCHA, Weekly Humanitarian Update 26. Juli – 1. August 2021);

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/afghanistan_humanitarian_weekly_3_aug.pdf

•        Amnesty International: Afghanistan: Taliban responsible for brutal massacre of Hazara men – new investigation (im Folgenden: Amnesty International 19.8.2021);

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2021/08/afghanistan-taliban-responsible-for-brutal-massacre-of-hazara-men-new-investigation/

•        Medienberichte und Zeitungsartikel:

–        orf.at 17.6.2021: Mehr als 20 Spezialkräfte in Afghanistan getötet (im Folgenden: orf.at 17.6.2021);

https://orf.at/stories/3217730/;

–        orf.at 21.6.2021: Taliban setzen Eroberungszug fort (im Folgenden: orf.at 21.6.2021);

https://orf.at/stories/3218260/;

–        ARD tagesschau 9.7.2021: Taliban nehmen wichtige Handelsorte ein (im Folgenden: ARD tagesschau 9.7.2021);

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-taliban-155.html;

–        orf.at 13.7.2021: Afghanistans Sicherheitskräfte straucheln (im Folgenden: orf.at 13.7.2021);

https://orf.at/stories/3220887/;

–        DerStandard.at 20.7.2021: Raketen stören Gebet in afghanischem Präsidentenpalast (im Folgenden: DerStandard.at 20.7.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128305692/raketen-nahe-praesidentenpalast-in-kabul-waehrend-gebet-eingeschlagen;

–        DerStandard.at 29.7.2021: Afghanistan steht laut USA vor „existentieller Krise“ (im Folgenden DerStandard.at 29.7.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128545193/afghanistan-steht-laut-usa-vor-existenzieller-krise;

–        TheGuardian.com 31.7.2021: Herat residents fear Taliban in their homes and workplaces as it masses outside city (im Folgenden: TheGuardian.com 31.7.2021);

https://www.theguardian.com/world/2021/jul/31/herat-residents-fear-taliban-in-their-homes-and-workplaces-as-it-masses-outside-city;

–        DerStandard.at 31.7.2021: Taliban greifen afghanische Provinzhauptstädte an (im Folgenden: DerStandard.at 31.7.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128604362/taliban-greifenafghanische-provinzhauptstaedte-an;

–        TheGuardian.com 1.8.2021: Resurgent Taliban escalates nationwide offensive in Afghanistan (im Folgenden: TheGuardian.com 1.8.2021);

https://www.theguardian.com/world/2021/aug/01/resurgent-taliban-escalates-nationwide-offensive-in-afghanistan;

–        ToloNews.com 2.8.2021: Clashes Ongoing in Herat City for 6th Day (im Folgenden: ToloNews.com 2.8.2021);

https://tolonews.com/afghanistan-173927;

–        DerStandard.at 2.8.2021: Afghanistans Präsident macht raschen US-Abzug für Lage verantwortlich (im Folgenden: DerStandard.at 2.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128626333/afghanistan-praesident-macht-raschen-us-abzug-fuer-lage-verantwortlich;

–        CNN 2.8.2021: Taliban take over TV station in strategic city as US airstrikes pound key positions in Afghanistan (im Folgenden: CNN 2.8.2021);

https://edition.cnn.com/2021/08/02/asia/afghanistan-us-airstrikes-taliban-intl/index.html;

–        ToloNews.com 3.8.2021: Heratis March against Taliban, Support Afghan Forces (im Folgenden: ToloNews.com 3.8.2021);

https://tolonews.com/afghanistan-173936;

–        TheGuardian.com 3.8.2021: Taliban on brink of taking key Afghan city as residents told to flee (im Folgenden: TheGuardian.com 3.8.2021);

https://www.theguardian.com/world/2021/aug/03/fears-for-afghan-city-of-lashkar-gah-as-fierce-clashes-continue;

–        Salzburger Nachrichten SN.at 3.8.2021: US-Abzug aus Afghanistan zu 95 Prozent abgeschlossen (im Folgenden: SN.at 3.8.2021);

https://www.sn.at/politik/weltpolitik/us-abzug-aus-afghanistan-zu-95-prozent-abgeschlossen-107511601;

–        DerStandard.at 3.8.2021: Autobombe erschütterte afghanische Hauptstadt Kabul (im Folgenden: DerStandard.at 3.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128666590/heftige-explosion-erschuetterte-afghanische-hauptstadt-kabul;

–        DerStandard.at 4.8.2021: Taliban reklamieren Autobombenanschlag mit 13 Toten in Afghanistan für sich (im Folgenden: DerStandard.at 4.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128677528/taliban-reklamieren-autobombenanschlag-mit-13-toten-in-afghanistan-fuer-sich;

–        ARD tagesschau 5.8.2021: EU wirft Taliban Kriegsverbrechen vor (im Folgenden: ARD tagesschau 5.8.2021);

https://www.tagesschau.de/ausland/eu/eu-taliban-kriegsverbrechen-101.html;

–        DiePresse.com 6.8.2021: Taliban ermorden Sprecher der afghanischen Regierung (im Folgenden: DiePresse.com 6.8.2021);

https://www.diepresse.com/6017901/taliban-ermorden-sprecher-der-afghanischen-regierung;

–        orf.at 7.8.2021: Taliban erobern zweite afghanische Provinzhauptstadt (im Folgenden: orf.at 7.8.2021);

https://orf.at/stories/3223979/;

–        orf.at 8.8.2021: Taliban erobern weitere Provinzhauptstädte (im Folgenden: orf.at 8.8.2021);

https://orf.at/stories/3224061/;

–        DerStandard.at 8.8.2021: Taliban erobern Kundus und zwei weitere afghanische Provinzhauptstädte (im Folgenden DerStandard.at 8.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128769336/schwere-kaempfe-im-zentrum-von-nordafghanischer-stadt-kunduz;

–        FAZ.net 8.8.2021: Eine Provinzhauptstadt fällt nach der nächsten (im Folgenden FAZ.net 8.8.2021);

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/taliban-auf-vormarsch-in-afghanistan-kundus-eingenommen-17476107.html#void;

–        DerStandard.at 9.8.2021: Taliban eroberten sechste Provinzhauptstadt (im Folgenden: DerStandard.at 9.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128797930/taliban-eroberten-sechste-provinzhauptstadt-in-afghanistan;

–        orf.at 10.8.2021: EU-Botschafter in Kabul: Afghanistan-Abschiebungen aussetzen (im Folgenden: orf.at 10.8.2021 Abschiebungen);

https://orf.at/stories/3224334/;

–        DerStandard.at 10.8.2021: EU-Botschafter in Kabul fordern Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan (im Folgenden: DerStandard.at 10.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128824067/eu-botschafter-in-kabul-fordert-abschiebe-stopp-nach-afghanistan;

–        orf.at 10.8.2021: Taliban erobern weitere Provinzhauptstadt in Afghanistan (im Folgenden: orf.at 10.8.2021 Farah);

https://orf.at/stories/3224360/;

–        orf.at 11.8.2021: Kabul wird laut Geheimdiensten bald fallen (im Folgenden: orf.at 11.8.2021 Vormarsch);

https://orf.at/stories/3224411/;

–        orf.at 11.8.2021: Deutschland stoppt vorerst Abschiebungen (im Folgenden: orf.at 11.8.2021 Abschiebungen);

https://orf.at/stories/3224474/;

–        kurier.at 11.8.2021: Taliban haben Flughafen und große Militärbasis eingenommen (im Folgenden: kurier.at 11.8.2021);

https://kurier.at/politik/ausland/us-geheimdienste-rechnen-mit-baldigem-fall-von-kabul/401469196;

–        DerStandard.at 11.8.2021: Niederlande und Deutschland stoppen Abschiebungen nach Afghanistan wegen Taliban-Vormarschs (im Folgenden: DerStandard.at 11.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128854309/niederlande-und-deutschland-setzen-abschiebungen-nach-afghanistan-aus

–        DieZeit.de 11.8.2021: Hunderte afghanische Sicherheitskräfte ergeben sich den Taliban (im Folgenden: DieZeit.de 11.8.2021);

https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-08/afghanistan-taliban-soldaten-ergeben-sich-kundus;

–        ARD tagesschau 12.8.2021: Taliban erobern Provinzhauptstadt nahe Kabul (im Folgenden: ARD tagesschau 12.8.2021);

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-taliban-167.html;

–        kurier.at 12.8.2021: Nun setzt auch Frankreich Abschiebungen nach Afghanistan aus (im Folgenden: kurier.at 12.8.2021);

https://kurier.at/politik/ausland/nun-setzt-auch-frankreich-abschiebungen-nach-afghanistan-aus/401470882

–        DerStandard.at 12.8.2021: Taliban erobern auch drittgrößte afghanische Stadt Herat (im Folgenden: DerStandard.at 12.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128888689/taliban-erobern-drittgroesste-afghanische-stadt-herat

–        orf.at 12.8.2021: Taliban bringen Herat unter ihre Kontrolle (im Folgenden: orf.at 12.8.2021);

https://orf.at/stories/3224653/

–        BBC.com 13.8.2021: Afghanistan: Major cities fall to Taliban amid heavy fighting (im Folgenden: BBC.com 13.8.2021);

https://www.bbc.com/news/world-asia-58184202

–        ARD tagesschau 13.8.2021: Taliban nehmen Kandahar ein (im Folgenden: ARD tagesschau 13.8.2021);

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-usa-botschaftspersonal-103.html

–        DerStandard.at 13.8.2021: Taliban eroberten nach Kandahar 15. Provinzstadt Firuzkoh (im Folgenden: DerStandard.at 13.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128891970/taliban-melden-einnahme-von-afghanistans-zweitgroesster-stadt-kandahar

–        Salzburger Nachrichten SN.at 13.8.2021: Taliban eroberten 15. Provinzhauptstadt in Afghanistan (im Folgenden: SN.at 13.8.2021);

https://www.sn.at/politik/weltpolitik/taliban-eroberten-15-provinzhauptstadt-in-afghanistan-107903731

–        kurier.at 13.8.2021: Afghanistan: 18 von 34 Provinzhauptstädten sind in Taliban-Händen (im Folgenden: kurier.at 13.8.2021);

https://kurier.at/politik/ausland/afghanistan-taliban-erobern-kandahar/401471407

–        orf.at 14.8.2021: Mazar-e Sharif erobert, Kabul umzingelt (im Folgenden: orf.at 14.8.2021);

https://orf.at/stories/3224887/;

–        DerStandard.at 14.8.2021: Taliban nahmen Mazar-i-Sharif ein und nähern sich Kabul (im Folgenden: DerStandard.at 14.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128918913/taliban-haelt-mehr-als-die-haelfte-aller-provinzhauptstaedte-afghanistans

–        ARD tagesschau 15.8.2021: Kabul vor Übergabe an Taliban (im Folgenden: ARD tagesschau 15.8.2021);

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-kabul-111.html;

–        orf.at 15.8.2021: Ghani rechtfertigt Flucht aus Afghanistan (im Folgenden: orf.at 15.8.2021);

https://orf.at/stories/3225004/

–        kurier.at 15.8.2021: Taliban verkünden ihren Sieg: Protokoll einer Übernahme – und wie es jetzt weitergeht (im Folgenden: kurier.at 15.8.2021);

https://kurier.at/politik/ausland/afghanistan-es-naht-das-islamische-emirat/401473360;

–        orf.at 15.8.2021: Taliban nehmen Präsidentenpalast ein (im Folgenden: orf.at 15.8.2021 Einnahme Kabul);

https://orf.at/stories/3225011/;

–        DerStandard.at 15.8.2021: Kabul fällt kampflos an die Taliban (im Folgenden: DerStandard.at 15.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128937798/kabul-faellt-kampflos-an-die-taliban;

–        orf.at 16.8.2021: Chaos und Tote auf Flughafen von Kabul (im Folgenden: orf.at 16.8.2021);

https://orf.at/stories/3225043/;

–        DerStandard.at 16.8.2021: Verzweifelte Fluchtversuche: Mehrere Tote nach Chaos am Flughafen Kabul (im Folgenden: DerStandard.at 16.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000128960637/verzweifelte-fluchtversuche-mehrere-tote-nach-chaos-auf-flughafen-kabul;

–        orf.at 17.8.2021: Ein Alptraum für Frauen (im Folgenden: orf.at 17.8.2021);

https://orf.at/stories/3225041/

–        TheGuardian.com 17.8.2021: ‘Taliban sharpening their knives’: Hazara community in Australia terrified for relatives in Afghanistan (im Folgenden: TheGuardian.com 17.8.2021);

https://www.theguardian.com/world/2021/aug/18/taliban-sharpening-their-knives-hazara-community-in-australia-terrified-for-relatives-in-afghanistan

–        DerStandard.at 18.8.2021: Abschiebung nach Afghanistan aus Sicht des VfGH „derzeit nicht möglich“ – Anti-Taliban-Demonstranten erschossen (im Folgenden: DerStandard.at 18.8.2021);

https://www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000128999254/nehammer-sieht-keinen-grund-warum-afghanen-nach-oesterreich-kommen-sollten

–        orf.at 18.8.2021: Taliban bauen afghanische Regierung auf (im Folgenden: orf.at 18.8.2021);

https://orf.at/stories/3225375/

–        orf.at 19.8.2021: Anti-Taliban-Proteste nun auch in Kabul (im Folgenden: orf.at 19.8.2021);

https://orf.at/stories/3225465/

–        orf.at 19.8.2021: Taliban-Inszenierung: „Das ist alles nur Show“ (im Folgenden: orf.at 19.8.2021a);

https://orf.at/stories/3225186/

–        TheGuardian.com 21.8.2021: Afghanistan reports of torture and killing contradict Taliban’s promises (im Folgenden: TheGuardian.com 21.8.2021);

https://www.theguardian.com/world/2021/aug/20/afghanistan-reports-of-torture-and-killing-contradict-taliban-promises

–        TheIndependent.uk: The Taliban may pretend to show moderation – but the murderous reality is far different (im Folgenden: TheIndependent.uk 21.8.2021);

https://www.independent.co.uk/voices/afghanistan-taliban-afghan-war-refugees-b1905867.html

–        ze.tt 22.8.2021: „Die Hazara haben unter den Taliban mit am meisten zu befürchten“ (im Folgenden: ze.tt 22.8.2021);

https://www.zeit.de/zett/politik/2021-08/afghanistan-hazara-minderheit-taliban-verfolgung-ermordung-niamatullah-ibrahimi

–        orf.at 22.8.2021: Taliban nehmen Panjshirtal ins Visier (im Folgenden: orf.at 22.8.2021);

https://orf.at/stories/3225821/

–        orf.at 22.8.2021: Anschlagsgefahr auf Flughafen Kabul „akut“ (im Folgenden: orf.at 22.8.2021a);

https://orf.at/stories/3225801/

–        DerStandard.at 23.8.2021: Feuergefecht am Eingang zum Flughafen in Kabul (im Folgenden: DerStandard.at 23.8.2021);

https://www.derstandard.at/story/2000129094163/bidens-beliebtheitswerte-sacken-nach-truppenabzug-aus-afghanistan-ab

•        Landinfo, Informationszentrum für Herkunftsländer: Afghanistan: Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne (Arbeitsübersetzung durch Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation), 23.8.2017 (im Folgenden: Landinfo 1).

https://landinfo.no/asset/3590/1/3590_1.pdf

1.4.1 Allgemeine Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von 652.860 Quadratkilometern leben ca. 32,9 Millionen bis 39 Millionen Menschen (LIB, Kapitel Politische Lage).

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil. Seit Februar 2020 hielten die Taliban ein hohes Maß an Gewalt gegen die ANDSF (Afghan National Defense Security Forces) aufrecht, vermieden aber gleichzeitig Angriffe gegen Koalitionstruppen, welche in der Nähe von Provinzhauptstädten stationiert waren. Unabhängig davon begann IS/ISKP im Februar 2020 (zum ersten Mal seit dem Verlust seiner Hochburg in der Provinz Nangarhar im November 2019) Terroranschläge gegen die ANDSF und die Koalitionstruppen durchzuführen (LIB, Kapitel Sicherheitslage). Seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen verschlechterte sich die Sicherheitslage in Afghanistan drastisch. Es kam zu einem Anstieg von tödlichen Selbstmordattentaten in städtischen Gebieten, die der islamistischen Gruppe angelastet werden, sowie zu verstärkten Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen (LIB, Kapitel Politische Lage).

Drei Behörden sind für die Sicherheit in Afghanistan zuständig: Das afghanische Innenministerium (MoI), das Verteidigungsministerium (MoD) und das Nationale Direktorat für Sicherheit (NDS). Die dem Innenministerium unterstellte Afghanische Nationalpolizei (ANP) trägt die Hauptverantwortung für die innere Ordnung und für die Afghan Local Police (ALP), eine gemeindebasierte Selbstverteidigungstruppe, die rechtlich nicht in der Lage ist, Verhaftungen vorzunehmen oder Verbrechen unabhängig zu untersuchen. Die Afghanische Nationalarmee (ANA), die dem Verteidigungsministerium untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, ihre Hauptaufgabe ist jedoch die Aufstandsbekämpfung im Inneren. Das NDS fungiert als Nachrichtendienst und ist für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, die die nationale Sicherheit betreffen (LIB, Kapitel Sicherheitsbehörden).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv – insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan und stellt nicht nur für die beiden Länder eine Sicherheitsherausforderung dar, sondern eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität. Regierungsfeindliche Elemente sind für die meisten zivilen Opfer (62 % im Jahr 2020) verantwortlich (LIB, Kapitel Regierungsfei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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