TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/14 W113 2245523-1

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Veröffentlicht am 14.09.2021
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Entscheidungsdatum

14.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §16
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W113 2245514-1/5E

W113 2245515-1/5E

W113 2245523-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina David über die Beschwerden von XXXX und XXXX , BNr. XXXX , gegen die Bescheide des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/16-16532844010, AZ II/4-DZ/18-16533746010 und AZ II/4-DZ/19-16534222010 betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für die Antragsjahre 2016, 2018 und 2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführer stellten für die Antragsjahre 2016, 2018 und 2019 einen Mehrfachantrag-Flächen, wobei die Gewährung von Direktzahlungen beantragt wurde. Zum Zweck der Antragstellung spezifizierte sie im Rahmen der graphischen Antragstellung im INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Am 17.06.2020 und 03.08.2020 fand am Betrieb der Beschwerdeführer eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der u.a. eine Differenzfläche auf Feldstück 4 ha festgestellt wurde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheiden gewährte die Behörde den Beschwerdeführern Direktzahlungen in unterschiedlicher Höhe, wobei jeweils ein Abzug wegen Flächenabweichungen und Sanktionen bei Übererklärungen abgezogen wurden. Aus der Begründung des Bescheides ergibt sich, dass in Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle (VOK) eine Flächenabweichung festgestellt wurde; aufgrund der Differenzfläche auf Feldstück 4 ergebe sich eine Flächenabweichung von über 3% oder über 2 ha. Daher werde der Betrag für die Basisprämie um das 1,5fache der Differenzfläche gem. Art. 19a Abs. 1 VO 640/2014 gekürzt.

4. Im Rahmen ihrer gegen diese drei Bescheide gerichteten Beschwerden machten die Beschwerdeführer geltend:

Zu den Antragsjahren 2018 und 2019:

Ich habe bei FS1 0,4997ha und bei FS4 0,4340ha Fläche angegeben, die von der AMA beanstandet wurden. Bei FS1 handelt es sich um eine Brutstätte von Schmetterlingen und bei FS4 wurden auf dieser Fläche Gehölze zur Bodengesundung gesetzt. Es handelt sich somit um eine bewachsene Fläche für den Umweltschutz. Umweltschutz ist eine vom Umweltprogramm zu fördernde Angelegenheit. Des weiteren weise ich darauf hin, dass ich an der Kleinerzeugerregelung teilnehme und damit von den Greeningauflagen und den Cross Compliance Sanktionen befreit war.

Zum Antragsjahr 2016:

Ich habe bei FS4 0,4048ha beantragt, die von der AMA beanstandet wurde. Auf dieser Fläche wurden Gehölze zur Bodengesundung gesetzt. Es handelt sich somit um eine bewachsene Fläche für den Umweltschutz. Umweltschutz ist eine vom Umweltprogramm zu fördernde Angelegenheit. Des weiteren weise ich darauf hin, dass ich an der Kleinerzeugerregelung teilnehme und damit von den Greeningauflagen und den Cross Compliance Sanktionen befreit war.

5. Bei der Vorlage der Beschwerde legte die Behörde eine Stellungnahme des Prüfers mit Fotos zu den in der Beschwerde angesprochenen Schlägen vor. Die Behörde brachte vor:

Es wurde weder eine Greening- noch eine CC-Sanktion vergeben. Die Rückforderung ergibt sich aus der Reduktion der Fläche am Feldstück 4. Auf den Fotos ist eine große Verbuschung am Feldstück 4 ersichtlich (Siehe "Zuordnung der Fotos_VOK2020_17.06.2020").

Aus den Vor-Ort-Kontrollberichten ergaben sich die jeweiligen Abweichungen und wurden diese durch den Prüfer mittels Fotos untermauert.

6. Die Stellungnahme der Behörde wurde den Beschwerdeführern zwecks Parteiengehör übermittelt, die dazu wiederum Stellung nahmen. Sie führten aus, dass die beanstandete Fläche auf Feldstück 4 im Mehrfachantrag-Flächen 2020 als Grünlandbrache beantragt worden sei. Auf den Fotos seien zwar einzelne Bäume zu erkennen, dazwischen würden aber nur Pflanzen wachsen, die in diesem Jahr gewachsen seien. Die Pflegearbeiten seien zu diesem Zeitpunkt der Aufnahme der Fotos noch nicht durchgeführt gewesen, aber im September 2020 gemacht worden. Das Bepflanzen mit Bäumen sei auf Rat von Experten geschehen zur Bodengesundung. Es würden aber keine Holzarbeiten durchgeführt und sei auch keine Umwidmung in Waldfläche geplant. Die Flächen sollten daher als landwirtschaftliche Nutzfläche qualifiziert werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die Beschwerdeführer stellten für die Antragsjahre 2016, 2018 und 2019 einen Mehrfachantrag-Flächen, wobei die Gewährung von Direktzahlungen beantragt wurde.

1.2. Bei Vor-Ort-Kontrollen am 17.06.2020 und 03.08.2020 wurden Unregelmäßigkeiten bei der Flächenberechnung am Heimbetrieb festgestellt.

1.3. Die vom Prüfer bei den Vor-Ort-Kontrollen erfolgte Klassifizierung von Flächen als nicht landwirtschaftliche Flächen bzw. die Reduktion der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist nicht zu beanstanden.

In den Antragsjahren 2018 und 2019 befand sich am Feldstück 1 eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 0,3617 ha.

In den Antragsjahren 2018 und 2019 befand sich am Feldstück 4 eine beihilfefähige Fläche von 0,9727 ha. Im Antragsjahr 2016 befand sich am Feldstück 4 eine beihilfefähige Fläche von 1,0024 ha.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen in 1.1. ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, (Mehrfachantrag-Flächen, angefochtener Bescheid, Beschwerde und Stellungnahme der AMA).

Die Feststellungen in 1.2. ergeben sich aus den beiden Vor-Ort-Kontrollberichten aus dem Akt.

Die Feststellungen in 1.3. ergeben sich aus den Berichten und Stellungnahmen der AMA sowie der Beschwerdeführer selbst:

Zu Feldstück 1:

Das Feldstück 1 wurde mit 0,8614 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (Mähwiese/-Weide, 2 Nutzungen) und 31 Landschaftselementen Bäume/Büsche sowie dem Code „WF“ beantragt.

Aus dem Vor-Ort-Kontrollbericht vom 03.08.2020 ergibt sich nachvollziehbar, dass auf Feldstück 1 lediglich eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 0,3617 ha vorhanden war.

Auf den Fotos des Prüforgans zum Feldstück 1 ist klar ersichtlich, dass die beanstandete Fläche nicht die Voraussetzungen einer landwirtschaftlichen Nutzfläche erfüllt. Pflegemaßnahmen wurden hier nicht durchgeführt. Die Flächen weisen einen hohe Grad an Verbuschung und Verwaldung auf. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach es sich hier um eine Brutstätte für Schmetterlinge handelt ändert daran nichts, sondern bestärkt die Einschätzung des Prüforgans, dass hier keine landwirtschaftliche Nutzfläche vorliegt.

Zu Feldstück 4:

Das Feldstück 4 wurde mit 1,4066 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (Mähwiese/-Weide, 2 Nutzungen) und 55 Landschaftselementen Bäume/Büsche beantragt. Im Antragsjahr 2016 wurden 1,4106 ha in dieser Weise beantragt.

Aus dem Vor-Ort-Kontrollbericht vom 03.08.2020 ergibt sich nachvollziehbar, dass auf Feldstück 4 in den Antragsjahren 2018 und 2019 lediglich eine beihilfefähige Fläche von 0,9726 ha vorhanden war. Die Fläche wurde vom Prüforgan zudem als „Grünlandbrache“ eingestuft. Im Antragsjahr 2016 wurde die vorgefundene beihilfefähige Fläche mit 1,0046 ha eingestuft. Davon wurden 0,0022 ha von einem anderen Antragsteller beantragt und somit abgezogen. Die verbleibende beihilfefähige Fläche betrug somit 1,0024 ha.

Auf den Fotos des Prüforgans sind weite Flächen mit einem hohen Verwaldungsgrad ersichtlich. Auch wenn die Beschwerdeführer darlegen, dass sie eine Bepflanzung mit Bäumen auf Grund eines Expertenrates zum Zweck der Bodengesundung durchgeführt hätten, ändert dies nichts daran, dass Pflegemaßnahmen auf den beanstandeten Flächen offenbar nicht durchgeführt wurden. Auch das Vorbringen zum Antragsjahr 2020 geht ins Leere, da es hier um die Antragsjahre 2016, 2018 und 2019 geht.

Zu beiden Feldstücken:

Ein Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene wurde von den Beschwerdeführern nicht erstattet und war dem schlüssigen und nachvollziehbaren Vorbringen des Prüforgans in seinen Prüfberichten zu folgen, insbesondere, da dieser seine Einstufungen mittels Fotos gut belegen konnte.

Die festgestellten Abweichungen auf den landwirtschaftlichen Flächen des Betriebes der Beschwerdeführer beruhen auf den Ergebnissen der oben genannten Vor-Ort-Kontrollen, denen die Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die Beschwerdeführer haben insbesondere nicht konkret dargetan, inwiefern die Beurteilung durch die Prüforgane der AMA unzutreffend wäre bzw. zu welchem anderen Ergebnis die Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten hätte führen können (vgl. VwGH 07.10.2013, 2012/17/0165).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für die hier relevanten Antragsjahre geltenden Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

„Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[…]

e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird; […]

h) "Dauergrünland und Dauerweideland" (zusammen "Dauergrünland") Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind; es können dort auch andere Pflanzenarten wachsen wie Sträucher und/oder Bäume, die abgeweidet werden können, sofern Gras und andere Grünfutterpflanzen weiterhin vorherrschen; sowie ferner – wenn die Mitgliedstaaten dies beschließen – Flächen, die abgeweidet werden können und einen Teil der etablierten lokalen Praktiken darstellen, wo Gras und andere Grünfutterpflanzen traditionell nicht in Weidegebieten vorherrschen;

i) "Gras oder andere Grünfutterpflanzen" alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden;

[…]

k) "Niederwald mit Kurzumtrieb" Flächen, die mit von den Mitgliedstaaten festzulegenden Gehölzarten des KN-Codes 0602 90 41 bestockt sind, bei denen es sich um mehrjährige Gehölzpflanzen handelt, deren Wurzelstock oder Baumstumpf nach der Ernte im Boden verbleibt und in der nächsten Saison wieder austreibt, wobei die maximalen Erntezyklen von den Mitgliedstaaten festzulegen sind; […].“

„Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten […].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[…].“

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

(4) Die Flächen gelten nur dann als beihilfefähige Hektarflächen, wenn sie - außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände - jederzeit während des Kalenderjahres die Begriffsbestimmung für die beihilfefähige Hektarfläche erfüllen. […]

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[…].“

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549, im Folgenden VO (EU) 1306/2013:


„Artikel 58
Schutz der finanziellen Interessen der Union

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;

b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;

c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;

d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;

e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.

(2) Die Mitgliedstaaten richten wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme ein, um die Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Stützungsregelungen der Union, die das Risiko eines finanziellen Schadens für die Union so weit wie möglich reduzieren sollen, sicherzustellen.
[…].“

„Artikel 63
Zu Unrecht gezahlte Beträge und Verwaltungssanktionen

(1) Stellt sich heraus, dass ein Begünstigter die Förderkriterien, die mit der Gewährung der Beihilfe oder Stützung verbundenen Auflagen oder anderen Verpflichtungen gemäß den sektorbezogenen Agrarvorschriften nicht erfüllt, so wird die Beihilfe nicht gezahlt oder ganz oder teilweise zurückgenommen und werden gegebenenfalls die entsprechenden Zahlungsansprüche nach Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 nicht zugewiesen oder zurückgenommen […].

(2) Soweit sektorbezogene Agrarvorschriften dies vorsehen, verhängen die Mitgliedstaaten gemäß den in den Artikeln 64 und 77 festgelegten Vorschriften überdies auch Verwaltungssanktionen. Dies gilt unbeschadet der des Titels VI Artikel 91 bis 101.

(3) Unbeschadet Artikel 54 Absatz 3 werden die von der Rücknahme gemäß Absatz 1 und den Sanktionen gemäß Absatz 2 betroffenen Beträge, einschließlich Zinsen, und die Zahlungsansprüche zurückgefordert.

[…].“

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[…].

23. „ermittelte Fläche“:

a) im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt, oder […]“

„Artikel 18

Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen

(1) Für Beihilfeanträge im Rahmen der Basisprämienregelung, der Kleinerzeugerregelung, der Umverteilungsprämie, der Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen und gegebenenfalls der Regelung für Junglandwirte in den Mitgliedstaaten, die die Basisprämienregelung anwenden, gilt Folgendes:

a) Liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so wird die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt;

b) ergibt sich eine Differenz zwischen der Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche und der angemeldeten Fläche, so wird die angemeldete Fläche an den niedrigeren der beiden Werte angeglichen.

Dieser Absatz gilt nicht im ersten Jahr der Zuweisung von Zahlungsansprüchen.

[…].

(6) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die angemeldete Fläche größer als die ermittelte Fläche für eine Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1, so wird die Beihilfe oder Stützung unbeschadet etwaiger nach Artikel 19 vorzunehmender Verwaltungssanktionen auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

[…].“

„Artikel 19a

Verwaltungssanktionen bei Übererklärungen von Flächen für die Basisprämienregelung, die Regelung für die einheitliche Flächenzahlung, die Umverteilungsprämie, die Regelung für Junglandwirte, die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen, die Kleinerzeugerregelung, die Zahlungen im Rahmen der Natura-2000- und der Wasserrahmenrichtlinie und die Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete

(1) Übersteigt bei einer Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1 die für die Beihilferegelungen gemäß Titel III Kapitel 1, 2, 4 und 5 und Titel V der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und für die Stützungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 30 und 31 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gemeldete Fläche die gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung ermittelte Fläche, so wird die Beihilfe oder Stützung auf der Grundlage der ermittelten Fläche berechnet und um das 1,5fache der festgestellten Differenz gekürzt, wenn diese Differenz mehr als 3 % der ermittelten Fläche oder mehr als 2 ha beträgt.

Die Verwaltungssanktion darf sich nicht auf mehr als 100 % der auf der Grundlage der gemeldeten Fläche berechneten Beträge belaufen.

(2) Wurde gegen den Begünstigten noch keine Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 wegen Übererklärung von Flächen für die betreffende Beihilferegelung oder Stützungsmaßnahme verhängt, so wird die in Absatz 1 genannte Verwaltungssanktion um 50 % gekürzt, wenn die Differenz zwischen der gemeldeten Fläche und der ermittelten Fläche nicht mehr als 10 % der ermittelten Fläche beträgt.

[…].“

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015:

„Nutzungsarten

§ 16. Die Nutzungsarten eines Feldstückes ergeben sich aus den Nutzungsarten, wie sie für die Sammelanträge (Mehrfachantrag-Flächen) vorgesehen sind. Als vom Antragsteller anzugebende Nutzungsarten gelten jedenfalls:
1.         Acker,
2.         Grünland,
3.         Dauer-/Spezialkulturen,
4.         Weingartenflächen einschließlich Schnittweingärten,
5.         Weingartenflächen einschließlich Schnittweingärten – Terrassenanlagen,
6.         Geschützter Anbau auf Substratkulturen oder in Töpfen,
7.         Alm,
8a.         naturschutzfachlich wertvolle Pflegeflächen,
8.         Gemeinschaftsweide,
9.         Forst und
10.         sonstige auszuweisende Nutzungsarten.

[…]“

3.2. Zu A):

In den vorliegenden Beschwerden bestreiten die Beschwerdeführer die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen der Flächen ihres Betriebes am 17.06.2020 und 03.08.2020 betreffend die Antragsjahre 2016, 2018 und 2019.

Es ist den Beschwerdeführern allerdings nicht gelungen, diesen substantiiert entgegenzutreten. Sie haben es insbesondere unterlassen, schlagbezogen konkret darzulegen, aufgrund welcher Umstände von der Unrichtigkeit der Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen auszugehen wäre bzw. zu welchem anderen Ergebnis die Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten hätte führen können (vgl. VwGH 07.10.2013, 2012/17/0165). Es ist nicht ausreichend, wenn die Beschwerdeführer in ihren Beschwerden lediglich pauschal darauf hinweisen, die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen seien unrichtig, weil die Flächen zum einen Schmetterlingsbrutstätten wären und zum anderen aus Gründen der Bodengesundheit mit Bäumen bestockt worden seien.

Die Darlegung des Prüforgans, wonach es sich bei Teilen der beantragten Flächen nicht um landwirtschaftliche Nutzfläche handelte, war dementgegen schlüssiger, wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt. Flächen, die so stark verbuscht oder bereits verwaldet sind, dass der Großteil der Fläche überschirmt ist können nicht als Teil der förderfähigen Fläche anerkannt werden kann.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind zu Unrecht gewährte Prämien, auch aus den Vorjahren, zurückzufordern (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat aber zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

Die zusätzlich ausgesprochenen Sanktionen sind auch nicht unverhältnismäßig, wie der Europäische Gerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt haben (vgl. etwa VwGH 28.6.2016, 2013/17/0025 mwN).

Die Entscheidung der AMA erfolgte daher zu Recht.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu einigen im vorliegenden Fall entscheidenden Rechtsfragen liegt – oben angeführte – einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes vor. Im Übrigen erscheint die Rechtslage so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann, vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Bescheidabänderung Direktzahlung Flächenabweichung INVEKOS konkrete Darlegung Konkretisierung Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung Zahlungsansprüche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W113.2245523.1.00

Im RIS seit

26.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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