Entscheidungsdatum
15.09.2021Norm
BFA-VG §9Spruch
W191 2245606-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Kosovo, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael-Thomas Reichenvater, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2021, Zahl 322396909-210568295, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 BFA-VG und §§ 46, 52, und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird abgewiesen und die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 auf zwei Jahre angehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Dem Beschwerdeführer (in der Folge BF), einem Staatsangehörigen des Kosovo, wurde am 14.04.2011 von der Aufenthaltsbehörde eine Niederlassungsbewilligung ausgestellt. Am 10.04.2012 beantragte der BF die Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot-Karte Plus“, die ihm am 18.04.2012 ausgestellt wurde. Auf Antrag wurde der Aufenthaltstitel mehrmals, zuletzt bis 18.04.2023, verlängert.
1.2. Seit seinem Aufenthalt in Österreich wurde der BF seit ca. 2010 wiederholt strafgerichtlich verurteilt. Zuletzt wurde er vom Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 26.05.2021, 110 Hv 9/2021v, wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung und des Vergehens der Nötigung gemäß §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
1.3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom 02.06.2021 wurde der BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme – Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes – in Kenntnis gesetzt und ihm eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
1.4. Mit Schreiben seines Vertreters vom 28.06.2021 erstattete der BF eine Stellungnahme und brachte vor, dass er sich bereits seit 2005 im Bundesgebiet aufhalte, verheiratet sei und Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder habe. Zum Heimatland würden keinerlei familiäre oder sonstige soziale Bindungen mehr bestehen. Der BF sei gelernter KFZ-Mechaniker und habe zuletzt als Zusteller gearbeitet. Vor seiner Inhaftierung sei er arbeitslos gewesen und habe Notstandshilfe erhalten. Er verfüge über eine „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ und sei sozialversichert. Er stelle keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
1.5. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 15.07.2021 wurde gegen den BF gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt I.) und in Spruchpunkt II. festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Kosovo gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).
In Spruchpunkt III. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von „ein“ [einem] Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen.
In der Begründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF in den Kosovo. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens nicht entgegen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde damit begründet, dass beim BF gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG „die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich“ sei.
Die Erlassung des Einreiseverbotes begründete das BFA mit § 53 Abs. 3 Z 1 FPG. Der BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
1.6. Der BF erhob mit Schreiben seines Vertreters vom 17.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG).
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der BF mit dem Unwert seiner Straftaten ausführlich auseinandergesetzt habe und keinerlei Grund zur Annahme bestehe, dass der BF auch in Zukunft wieder straffällig werden würde. Die vom BF dargelegten Umstände wären nur unzureichend berücksichtigt worden. Der BF halte sich seit mehr als zwanzig Jahren im Bundesgebiet auf. Sämtliche Familienangehörige seien hier wohnhaft. Der BF sei verheiratet und habe drei minderjährige Kinder. Der BF verfüge nach seiner Strafhaft über eine Einstellungszusage und könne einer geregelten Beschäftigung nachgehen.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Stellungnahme vom 18.06.2021, den angefochtenen Bescheid, die Beschwerde vom 17.08.2021 und die eingeholten Strafurteile.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
3.1. Der BF ist Staatsangehöriger des Kosovo, führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Seine Muttersprache ist Serbisch.
Der BF wurde in XXXX , Kosovo, geboren und ist dort aufgewachsen.
3.2. Der BF verfügt laut Ergebnis der Einschau in das Zentrale Melderegister über einen ab 24.06.2015 gültigen kosovarischen Reisepass.
3.3. Der BF hält sich seit 1999 in Österreich auf. Er verfügt über eine „Rot-Weiß-Rot Karte plus“, gültig von 19.04.2020 bis 18.04.2023. Bereits zuvor verfügte der BF über eine „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ bzw. eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt, gültig von 17.04.2011 bis 18.04.2020.
3.4. Der BF wies laut Ergebnis der Einschau in das Zentrale Melderegister zu folgenden Zeitpunkten eine Meldeadresse im Bundesgebiet auf:
? 08.06.1999 – 07.11.2004 Babenbergerstraße 1 in 8020 Graz
? 17.03.2005 – 28.04.2006 Winkelgasse 2/27 in 8010 Graz
? 28.04.2006 – 27.03.2007 Riesstraße 54/4 in 8047 Graz
? 27.03.2007 – 26.11.2008 Kleinstübing 204 in 8114 Deutschfeistritz
? 26.11.2008 – 11.02.2011 Riesstraße 54/3 in 8047 Graz
? 11.02.2011 – 18.05.2012 Andersengasse 60/3 in 8041 Graz
? 18.05.2012 – 25.11.2015 Karl-Frisch-Gasse 20/10 in 8020 Graz
? 25.11.2015 – 12.12.2018 Auf der Heide 3 in 8041 Graz
? 14.03.2019 – 04.02.2020 Auf der Heide 3 in 8041 Graz
? 25.02.2020 – 14.07.2020 Auf der Heide 3 in 8041 Graz
Der BF befand sich von 28.04.2021 bis 27.08.2021 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.
3.5. Der BF ist verheiratet und hat drei minderjährige Kinder, die allesamt in Österreich leben und aufenthaltsberechtigt sind.
3.6. Der BF war von 17.05.2016 bis 23.09.2016 bei einem Transportunternehmen angestellt. Seit 2014 hat der BF regelmäßig Notstands- oder Überbrückungshilfe erhalten.
3.7. Strafgerichtliche Verurteilungen:
3.7.1. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 03.11.2010, 9 Hv 99/2010W, gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 und Abs. 4, 129 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
3.7.2. Am 11.01.2012 wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, 11 Hv 154/2011z, gemäß §§ 107 Abs. 1 und 105 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt.
3.7.3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 18.05.2015, 12 U 235/2014i, wurde der BF gemäß § 198 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
3.7.4. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.09.2020, 230 Hv 21/2020i, gemäß §§ 107 Abs. 1 und Abs. 2, 198 Abs. 1, 146, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Der BF wurde schuldig gesprochen, in Graz
1. im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.07.2016 und vom 01.11.2016 bis 01.11.2020 seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinem minderjährigen Sohn gröblich verletzt zu haben, indem er die vorgeschriebenen monatlichen Unterhaltszahlungen nicht leistete und es insbesondere unterließ, einem Erwerb nachzugehen, der ihm die Erfüllung dieser Pflicht ermöglichen würde, und hat dadurch bewirkt, dass der Unterhalt oder die Erziehung des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre (Unterhaltsrückstand in Bezug auf diesen Zeitraum: 10.822,86 Euro);
2. am 25.08.2017 eine andere Person durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu den nachangeführten Handlungen, und zwar 1. durch die Ankündigung „Ich bringe dich um, ich schlage dir eine Flasche auf den Kopf, wenn du nicht zu mir zurückkommst!“, zur Wiederaufnahme der Beziehung zu ihm, und 2. durch die Ankündigung „Ich schieße dir in den Kopf! Ich schneide dir den Kopf ab!“ zum Verlassen der Stadt zu nötigen versucht zu haben.
3. am 13.04.2019 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, eine Person durch die listige Vorgabe, zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Betankung seines Fahrzeuges, mithin zu einer Handlung verleitet zu haben, die den Tankstellenbetreiber in einem Betrag von 90 Euro an seinem Vermögen schädigte.
4. am 12.07.2019 eine Person durch die Ankündigung, „die Bude (gemeint ein Casino) anzuzünden und die Automaten zu zerstören“, mit einer Verletzung am Vermögen ihres Arbeitgebers bzw. mit einer Brandstiftung gefährlich bedroht zu haben, um sie in Furcht und Unruhe zu verletzen.
Mildernd wurden die geständige und reumütige Verantwortung und der teilweise lange zurückliegende Tatzeitraum, erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit mehreren Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen gewertet.
3.7.5. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11.08.2020 (rechtskräftig am 17.11.2020), 230 Hv 7/2020f, wurde der BF gemäß §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Geldstrafe von 540 Tagessätzen zu je fünf Euro verurteilt.
Der BF wurde schuldig gesprochen, in Graz mehrere Personen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, durch Erstatten inhaltlich unrichtiger Schadensmeldungen, in denen zur Versicherungsleistung berechtigende Unfallhergänge bzw. Schadensfälle vorgespiegelt wurden, mithin durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Vorlage inhaltlich unrichtiger, von sämtlichen angeblichen Unfallbeteiligten unterfertigter Unfallberichte sowie überhöhter oder nur zum Schein ausgestellter Rechnungen, mithin unter Benützung falscher Beweismittel, teils unter Vorlage nachträglich veränderter Kostenvoranschläge, mithin unter Benützung verfälschter Urkunden, zu den nachangeführten Handlungen teils verleitet, teils zu verleiten versucht zu haben, die die nachgenannten Versicherungsunternehmen in einem jeweils insgesamt 5.000 Euro, nicht jedoch 300.000 Euro übersteigenden Betrag an deren Vermögen schädigten.
Der BF handelte in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei er binnen Jahresfrist mehr als zwei solche Taten beging, teils als unmittelbarer Täter, indem er die Schadensmeldungen bei den Versicherungsunternehmen selbst erstattete oder seinen diesfalls im Zweifel vorsatzlos handelnden Bruder anwies, diese zu erstatten, teils als Beitragstäter.
Als mildernd wurden das reumütige und zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis, das teilweise Handeln als bloßer Beitragstäter, der lange zurückliegende Tatzeitraum und die Tatsache, dass es bei zwei ihn betreffenden Fakten beim bloßen Versuch blieb, als erschwerend seine zwei Vorstrafen und die Begehung während offener Probezeit gewertet.
3.7.6. Der BF wurde vom Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 26.05.2021, 110 Hv 9/2021v, wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung und des Vergehens der Nötigung gemäß §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Er wurde schuldig gesprochen, im Zeitraum 22. – 27.04.2021 XXXX durch die wiederholte telefonische Ankündigung, sie solle sich von XXXX fernhalten, weil ihr sonst etwas zustoßen werde und sie „Leute aus dem Kosovo“ aufsuchen werden, sohin durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Verletzung am Körper, zur Bekanntgabe der aktuellen Wohnadresse der XXXX sowie zur Abstandnahme von weiteren Kontakten zu dieser zu nötigen versucht zu haben.
Er wurde außerdem schuldig gesprochen, am 25.04.2021 durch die Ankündigung, sie werde nun wieder auf seiner schwarzen Liste stehen, wobei er seine Ankündigung dadurch unterstrich, dass er mit einer kleinen schwarzen Pistole auf das Opfer zielte, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zur Abstandnahme zu weiteren Kontakten zu XXXX genötigt zu haben.
Er wurde schuldig gesprochen, durch sinngemäße telefonische Ankündigung, wenn er noch einmal etwas von „Ali“ höre, werde dieser im Rollstuhl landen und es werde ihn nicht mehr geben, sohin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung einer Sympathieperson, zur Abstandnahme von weiteren Kontakt zu XXXX genötigt zu haben.
Er wurde schuldig gesprochen, am 25.04.2021 XXXX durch die gegenüber einer anderen Person per Videotelefonie getätigte Äußerung „Schau Cousine, wenn sie nicht zurückkommt – mit dieser Pistole löse ich das Problem!“ und Vorzeigen einer kleinen schwarzen Pistole, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, nämlich dem Zurückkehren in die Familienwohnung, zu nötigen versucht zu haben.
Mildernd wurden der Versuch, das Bemühen um die Aussöhnung und das Teilgeständnis, erschwerend die Begehung während zweier offener Probezeiten, das Zusammentreffen von zwei Vergehen mit zwei Verbrechen, zwei einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall gewertet.
4. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in der Stellungnahme und in der Beschwerde. Die Identität des BF steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF in Österreich stützen sich auf die Angaben des BF in der vorgelegten Stellungnahme und der Beschwerde sowie aus den eingeholten Registerabfragen des BVwG (Strafregister, Zentrales Melderegister, Fremdenregister, Versicherungsdatenauszug) und die im Akt einliegenden Strafurteile.
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das FPG und das AsylG verweisen, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchteil A):
5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 21.07.2021 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 20.08.2021 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
5.2.2. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war bezüglich der Spruchpunkte I., II., IV. und V. nicht geeignet, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen.
Die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes war jedoch angesichts des massiven straffälligen Verhaltens des BF auf zwei Jahre anzuheben.
5.2.3. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:
5.2.3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung):
5.2.3.1.1. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 4 FPG, gestützt, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.
Gemäß § 52 Abs. 4 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 Asylgesetz 2005 (AsylG) oder § 11 Abs. 1 und 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.
Gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG darf ein Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei indiziert, da der BF den Tatbestand des § 53 Abs. 3 FPG erfülle.
Der BF ist Staatsangehöriger des Kosovo und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er verfügt über den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“, gültig bis 18.04.2023. Sein Aufenthalt ist daher rechtmäßig.
Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten (zu ergänzen: unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat) eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).
Der Wohlverhaltenszeitraum des Fremden in Freiheit ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (VwGH 26.04.2018, Ra 218/21/0027).
5.2.3.1.2. Der BF wurde bereits im Jahr 2010 wegen des schweren Einbruchsdiebstahls, im Jahr 2012 wegen Nötigung und Gefährlicher Drohung und im Jahr 2015 wegen Verletzung seiner Unterhaltspflicht zu bedingten Freiheits- und Geldstrafen verurteilt.
Die offene Probezeit sowie seine Vorstrafen konnten den BF jedoch nicht davon abhalten, erneut massiv straffällig zu werden.
In den Jahren 2020 und 2021 wurde der BF erneut mehrfach wegen schwerer Nötigung, Gefährlicher Drohung und Verletzung der Unterhaltspflicht zu (bedingten) Freiheitsstrafen verurteilt.
Der BF hat eine andere Person durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Wiederaufnahme der Beziehung zu ihm und zum Verlassen der Stadt zu nötigen versucht.
Er hat außerdem eine andere Person durch gefährliche Drohung mit dem Tod und Zielen mit einer Waffe auf das Opfer dieses zur Abstandnahme zu weiteren Kontakten mit einer dritten Person genötigt.
Weiters hat er eine andere Person mit Vorzeigen einer kleinen schwarzen Pistole und einer gefährlichen Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, nämlich dem Zurückkehren in die Familienwohnung, zu nötigen versucht.
Diese Äußerungen zeigen die Gewaltbereitschaft und das Gewaltpotenzial, das der BF an den Tag legt. Er hat auch keine Therapie besucht, um sein Verhalten zu ändern oder in den Griff zu bekommen.
Aufgrund des erkennbaren Gewaltpotenzials, der sich steigernden kriminellen Energie des BF, der Tatsache, dass selbst bedingte Freiheitsstrafen sowie die offene Probezeit ihn nicht von der Begehung einer weiteren Straftat abhalten konnten sowie aufgrund der Notwendigkeit der Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, widerstreitet der Aufenthalt des BF den öffentlichen Interessen, da sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.
Beim BF handelt es sich um einen Mann, von dem eine hohe Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit, vor allem in Bezug auf strafbare Handlungen gegenüber Frauen, ausgeht. Der BF hat im Laufe seines Aufenthaltes jedenfalls seit 2010 eine umfassende erhebliche kriminelle Energie gezeigt.
Es muss zudem festgehalten werden, dass das persönliche Fehlverhalten des BF nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens bestand. Er steigerte sein Gewaltpotenzial vielmehr über die Jahre.
Es kann daher für den BF keine positive Zukunftsprognose erstellt werden, sodass vom BF auch weiterhin eine wesentliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht, zumal er erst vor wenigen Tagen aus der Strafhaft entlassen worden ist.
Es wird nicht verkannt, dass der BF über einen mehrjährigen Zeitraum unbescholten in Österreich gelebt hat und zeitweise in den österreichischen Arbeitsmarkt eingegliedert war; nichtsdestotrotz hat sich über die Jahre eine Gefährlichkeit seiner Person manifestiert, angesichts derer die frühere Unbescholtenheit nicht als Indiz für eine nicht gegebene Wiederholungsgefahr erachtet werden kann, zumal sich das Gewaltpotenzial über mehrere Jahre aufbaute und der BF, obwohl er sich noch in offener Probezeit befand, nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden konnte.
Dazu kommt, dass der BF im Jahr 2020 wegen des gewerbsmäßigen, schweren Versicherungsbetruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt worden ist.
Der BF wollte sich durch den gewerbsmäßigen, schweren Betrug eine (fortlaufende) Einnahmequelle verschaffen und nahm dafür die Schädigung von Dritten in Kauf.
Der BF war ohne Rücksicht auf die Interessen anderer auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht und trotz seiner einschlägigen Vorstrafe nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.
Der BF stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen war.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).
Zu den in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.
Der EGMR bzw. die EMRK verlangen zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines „effektiven Familienlebens“, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. v. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hierfür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979). Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der VwGH feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Nach der Rechtsprechung des EGMR sind Kinder aus einer Familienbeziehung im Sinne des Art. 8 EMRK allein auf Grund ihrer Geburt und von diesem Zeitpunkt an ipso iure Teil dieser Familie. Mit der Trennung der Eltern endet nicht automatisch das Familienleben eines der Elternteile zu seinem minderjährigen Kind. Zur Beurteilung der Frage, ob ein „Familienleben“ im Sinne des Art. 8 EMRK besteht, ist im Einzelfall auf das tatsächliche Vorliegen enger persönlicher Bindungen („close personal ties“) abzustellen, wobei es insbesondere auf das nachweisliche Interesse des betreffenden Elternteiles am Kind und sein diesbezügliches Engagement ankommt (vgl. EGMR 03.12.2009, Zaunegger gegen Deutschland, Beschwerde Nr. 22028/04, Randnummer 37 und 38; VwGH 28.06.2011, 2008/01/0583).
Gemäß der Rechtsprechung des VfGH sind die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des BF auf das Kindeswohl zu berücksichtigen (vgl. VfGH 24.09.2018, E 1416/2018-14). Wie der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR 21.06.1988, Fall Berrehab, Appl. 10.730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16.969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.02.1996, Fall Gül, Appl. 23.218/94 [Z 32]).
Ferner ist es nach Auffassung des EGMR ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können. Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (vgl. VfGH 28.02.2012, B 1644/10 mit Hinweis auf EGMR 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99 sowie insbesondere EGMR 28.06.2011, Fall Nunez, Appl. 55.597/09; 02.10.2016, E 1349/2016).
Der VwGH hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis allerdings dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden (oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug) der Fall ist. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN; 08.04.2020, Ra 2020/14/0108).
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Kinderwohl nicht nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Rückkehrentscheidung gegenüber einer minderjährigen Person ergeht. Vielmehr ist es auch dann zu beachten, wenn die Rückkehrentscheidung sich gegen die Eltern einer minderjährigen Person richtet. […] Nach alledem ist Art. 5 der Richtlinie 2008/115 in Verbindung mit Art. 24 der Charta dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten vor Erlass einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung das Wohl des Kindes gebührend zu berücksichtigen haben, selbst wenn es sich beim Adressaten der Entscheidung nicht um einen Minderjährigen, sondern um dessen Vater handelt. […] Diese Vorschrift ist also an sich schon weit gefasst und auf Entscheidungen anwendbar, die – wie etwa eine gegen einen Drittstaatsangehörigen, der Vater eines Minderjährigen ist, erlassene Rückkehrentscheidung – nicht an den Minderjährigen gerichtet sind, aber weitreichende Folgen für ihn haben. (EuGH 11.03.2021, Rs C-112/30).
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der VwGH hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwN).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).
Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.
Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).
5.2.3.1.3. Der BF verfügt im Bundesgebiet über Familienangehörige, seine Ehefrau und seine minderjährigen Kinder.
Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass eine Rückkehrentscheidung für den BF eine maßgebliche Beschränkung des Kontaktes zu seinen Kindern und seiner Ehefrau mit sich bringen würde, die alle in Österreich aufenthaltsberechtigt sind.
Der BF hat – ohne Zweifel – großes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens in Österreich.
Es muss jedoch festgehalten werden, dass sich der BF die letzten Monate in Strafhaft befunden hat und ein regelmäßiger Kontakt zu seinen Kindern unter diesen Umständen nicht gegeben war. Dazu kommt, dass der BF bereits zweimal rechtskräftig verurteilt wurde, da er seine Unterhaltspflicht über Jahre verletzt hat.
Die Ehefrau und die Kinder können den Kontakt zum BF über Besuche im Kosovo und moderne Kommunikationsmittel (z.B. Telefon oder Videotelefonie) aufrechterhalten.
Zu Lasten des BF ist – wie bereits ausgeführt – sein mehrmaliges strafgesetzwidriges Fehlverhalten zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen (vgl. VwGH 03.05.2005, Ra 2005/18/0076; VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 28.09.2004, 2001/18/0187; VwGH 07.09.2004, 2001/18/0134; VwGH 25.09.2003, 99/18/0262).
Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Schon vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Den persönlichen Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte gegenüber (vgl. VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076; VwGH 09.09.2014, 2013/22/0246).
Die privaten und familiären Interessen des BF werden auch vor dem Hintergrund, dass der BF während offener Probezeit erneut massiv straffällig wurde und seine kriminelle Energie noch steigerte, geschmälert. Die sich seit Jahren aufbauende kriminelle Energie des BF, die strafgerichtlichen Verurteilungen zu teilweise unbedingten Freiheitsstrafen (unter anderem während offener Probezeit) und die erst sehr kurze Zeit in Freiheit vermögen keine positive Zukunftsprognose zu stellen.
Nach Ansicht des BVwG überwiegen daher zum Entscheidungszeitpunkt die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben. Es liegen nach den Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vor, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 46 und 52 FPG als unbegründet abzuweisen.
5.2.3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Aufgrund der mehrmachen, massiven Straffälligkeit (teilweise Begehung während offener Probezeit) und der negativen Zukunftsprognose war einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. als unbegründet abzuweisen.
5.2.3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Das BFA erkannte mit Bescheid vom 15.07.2021 einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.), weshalb die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu beanstanden ist.
5.2.3.4. Zum Einreiseverbot:
5.2.3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; […]
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Gemäß § 53 Abs. 5 FPG liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Letztlich liege auch eine negative Gefährlichkeitsprognose vor.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Der BF ist als Staatsangehöriger des Kosovo Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er wurde von einem inländischen Strafgericht zu mehreren teilbedingten Freiheitsstrafen von zehn, zwölf und 18 Monaten rechtskräftig verurteilt. Diese Strafen sind noch nicht getilgt (§ 53 Abs. 5 FPG).
Die belangte Behörde hat das Einreiseverbot daher zu Recht auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten) gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens davon auszugehen sei, dass der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Der BF hat eine andere Person durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu den nachangeführten Handlungen, und zwar 1. durch die Ankündigung „Ich bringe dich um, ich schlage dir eine Flasche auf den Kopf, wenn du nicht zu mir zurückkommst!“, zur Wiederaufnahme der Beziehung zu ihm, und 2. durch die Ankündigung „Ich schieße dir in den Kopf! Ich schneide dir den Kopf ab!“ zum Verlassen der Stadt, zu nötigen versucht.
Er hat außerdem durch die Ankündigung, sie werde nun wieder auf seiner schwarzen Liste stehen, wobei er seine Ankündigung dadurch unterstrich, dass er mit einer kleinen schwarzen Pistole auf das Opfer zielte, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zur Abstandnahme zu weiteren Kontakten mit einer dritten Person, genötigt.
Weiters hat er sie mit einer gegenüber einer anderen Person per Videotelefonie getätigten Äußerung „Schau Cousine, wenn sie nicht zurückkommt – mit dieser Pistole löse ich das Problem!“ und Vorzeigen einer kleinen schwarzen Pistole, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, nämlich dem Zurückkehren in die Familienwohnung, zu nötigen versucht.
Diese Äußerungen zeigen die Gewaltbereitschaft und das Gewaltpotenzial, dass der BF an den Tag legt. Er hat auch keine Therapie besucht, um sein Verhalten zu ändern oder in den Griff zu bekommen.
Aufgrund des erkennbaren Gewaltpotenzials, der sich steigernden kriminellen Energie des BF, der Tatsache, dass selbst bedingte Freiheitsstrafen sowie offene Probezeiten ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten konnten sowie aufgrund der Notwendigkeit der Verhinderung von Gewalt gegen Frauen, widerstreitet der Aufenthalt des BF den öffentlichen Interessen, da sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.
Beim BF handelt es sich um einen Mann, von dem eine hohe Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit ausgeht. Der BF hat im Laufe seines Aufenthaltes (bereits seit 2010) eine umfassende erhebliche kriminelle Energie gezeigt.
Es muss zudem angemerkt werden, dass das persönliche Fehlverhalten des BF nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens bestand. Er steigerte sein Gewaltpotenzial vielmehr über die Jahre.
Es kann daher für den BF keine positive Zukunftsprognose erstellt werden, sodass vom BF auch weiterhin eine wesentliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht, zumal er erst vor wenigen Tagen aus der Strafhaft entlassen worden ist.
Dazu kommt, dass der BF im Jahr 2020 wegen des gewerbsmäßigen, schweren Versicherungsbetruges zu einer bedingten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe verurteilt worden ist.
Der BF wollte sich durch den gewerbsmäßigen, schweren Betrug eine (fortlaufende) Einnahmequelle verschaffen und nahm dafür die Schädigung von Dritten in Kauf.
Der BF war ohne Rücksicht auf die Interessen anderer auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht und trotz seiner einschlägigen Vorstrafe nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.
Dieses Fehlverhalten bietet einen klaren Grund für die Annahme, dass vom Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Stellt man hier das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in Österreich dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gegenüber, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der straffällige BF eine derartige Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, dass sein privates Interesse an einem Verbleib in Österreich zurückstehen muss. Die Trennung von seinen Kindern und seiner Ehefrau in Österreich ist dadurch, dass dem hohen öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Einreiseverbotes aufgrund der besonderen Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, gerechtfertigt.
Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).
5.2.3.4.2. Im gegenständlichen Fall erweist sich jedoch die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots als nicht angemessen:
Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG kann für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes sind das konkrete Fehlverhalten und der Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe, aber auch die familiären und privaten Umstände des Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen.
Das dargestellte Verhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung von strafbaren Handlungen massiv zuwidergelaufen.
Im Hinblick auf die schwere und Vielzahl der Taten erweist sich die vom BFA festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes von einem Jahr als zu niedrig. Der BF wurde alleine in den Jahren 2020 und 2021 zu insgesamt drei (bedingten) Haftstrafen von zehn, zwölf und 18 Monaten verurteilt. Er besserte sein Verhalten über die Jahre hinweg jedoch nicht, vielmehr steigerte er seine kriminelle Energie auch noch.
Das Verhalten des BF lag nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daranfolgenden Besserung seines Verhaltens. Die dargestellte Vorgangsweise des BF zeigt insbesondere im Hinblick auf den Versicherungsbetrug unmissverständlich, dass die Straftaten nicht aufgrund einer sich plötzlich bietenden Gelegenheit spontan, sondern in überlegter, wohl geplanter und tatsächlich umgesetzter Weise begangen wurden.
Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass der BF über Familienangehörige (Ehefrau und drei minderjährige Kinder) im Bundesgebiet verfügt. Festzuhalten ist jedoch, dass der BF den Unterhalt für seine Kinder über Jahre nicht leistete und auf Grund dessen bereits zwei Mal strafgerichtlich verurteilt wurde. Dazu kommt, dass der BF zuletzt ein halbes Jahr in Strafhaft war und ohnedies keinen regelmäßigen Kontakt zu seiner Ehefrau und seinen Kindern pflegen konnte.
Die Dauer des verhängten Einreiseverbotes war daher aufgrund der massiven Straffälligkeit des BF auf zwei Jahre anzuheben. Die nunmehrige – nach wie vor niedrig angesetzte – Dauer des Einreiseverbotes steht auch im Einklang mit dem Kindeswohl