Entscheidungsdatum
20.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W183 2239754-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Goldsteiner Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 18.12.2020, Zl. XXXX betreffend Zeugengebühren zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Fahrtkosten des Zeugen XXXX mit EUR 1.934,52, die Entschädigung für Zeitversäumnis mit EUR 369,20, der Mehraufwand für die Verpflegung mit EUR 85,00, die Nächtigungskosten mit EUR 105,92, die Zeugengebühren sohin gesamt mit gerundet EUR 2.494,70 bestimmt werden.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Ladung vom 15.07.2020 wurde XXXX im Verfahren vor dem Bezirksgericht (BG) Wiener Neustadt, GZ XXXX , zur Vernehmung als Zeuge in der Verhandlung am 05.10.2020 unter seiner spanischen Adresse geladen. Klagende Partei dieses Verfahrens ist der nunmehrige Beschwerdeführer.
2. Der Zeuge leistete der Ladung Folge und reiste von seiner Wohnadresse in Spanien mit dem Pkw nach Wiener Neustadt. Er wurde von seiner Ehefrau begleitet.
3. In der mündlichen Verhandlung trat der Zeuge dem Verfahren als Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei bei und wurde einvernommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung verzeichnete er im Kostenverzeichnis des Beklagtenvertreters Kosten als Nebenintervenient in der Höhe von EUR 3.305,22.
Zudem machte er nach Schluss der mündlichen Verhandlung Kosten in derselben Höhe als Zeugengebühren in der zuständigen Kanzlei des BG Wiener Neustadt geltend, beinhaltend Kilometergeld für 2 x 2.303 Kilometer, Mautgebühren, eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 26 Stunden sowie Verpflegungsaufwand (Mittag- und Abendessen für fünf Tage) und Kosten für insgesamt vier Übernachtungen für sich und seine Begleitperson. Die Begleitperson machte keinen eigenen Gebührenanspruch geltend. In einer angeschlossenen Stellungnahme brachte der Zeuge vor, dass er an einer virologischen Gürtelrose im linken Ohr erkrankt sei und unter erheblichen Gleichgewichtsstörungen leide. Insofern sei lediglich die Anreise mit dem Pkw in Begleitung seiner Ehefrau möglich gewesen.
4. Mit Urteil vom 05.10.2020 wies das BG Wiener Neustadt das Klagebegehren zur Gänze ab und sprach aus, dass die klagende Partei dem Grunde nach schuldig sei, die Prozesskosten des Nebenintervenienten zu ersetzen. Mangels ausreichender Bescheinigung durch den Nebenintervenienten wurden die Prozesskosten des Nebenintervenienten mit EUR 0,00 bestimmt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Nebenintervenient seine Kosten trotz Nachfrage des Gerichtes nach entsprechenden Nachweisen nicht belegt habe und Fehler bei der Verzeichnung von Kosten nach der Judikatur einer Verbesserung unzugänglich seien, weshalb der Kostenzuspruch der Höhe nach habe unterbleiben müssen. Weiters wurde ausgeführt, dass es umso kurioser anmute, dass der Nebenintervenient bei der unmittelbar nach Abschluss der Verhandlung zur Zl. XXXX ebenfalls erfolgten Geltendmachung von Zeugengebühren in gleicher Höhe offenbar eine äußerst detaillierte und damit jedenfalls im Vorfeld vorbereitete Aufstellung der verzeichneten Kosten samt Begründung vorgelegt habe.
5. In einem Telefonat mit dem BG Wiener Neustadt am 11.12.2020 erklärte der Zeuge, dass er seine Gebühren nur einmal aufgrund seiner Zeugenladung ersetzt haben wolle. Die Aufnahme in die Kostennote des Beklagtenvertreters sei irrtümlich erfolgt.
6. Mit E-Mail vom 16.12.2020 übermittelte der Zeuge eine korrigierte Aufschlüsselung seiner Kosten und brachte vor, dass ihm in der ursprünglichen Aufschlüsselung ein Rechenfehler unterlaufen sei. Tatsächlich habe sein Zeitaufwand 50 Stunden betragen (48 Stunden für die An- und Abreise sowie zwei Stunden Terminaufwand). Seine Gesamtkosten würden sich daher auf EUR 3.646,22 belaufen. Er brachte weiters vor, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie keine andere Anreise als mit dem Pkw möglich gewesen sei. Übermittelt wurden zudem ein ärztlicher Befund über seine Erkrankung an Herpes Oticus sowie eine Buchungsbestätigung für eine Übernachtung von zwei Personen vom 04.10.2020 auf den 05.10.2020 in einem Hotel in Wiener Neustadt. Der Zeuge brachte weiters vor, dass sich der Gerichtstermin samt Beantragung der Zeugengebühren bis gegen 14:00 Uhr hingezogen habe und er daher mit seiner Frau noch eine Nacht länger in diesem Hotel genächtigt habe.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.12.2020 wurden die Zeugengebühren mit EUR 2.894,30 bestimmt, beinhaltend Fahrtkosten für 2 x 2.303 Kilometer in Höhe von EUR 2.164,82 bei einem Kilometergeld von EUR 0,47, eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 26 Stunden in Höhe von EUR 369,20, einen Mehraufwand für Verpflegung in Höhe von EUR 170,00 für fünf Tage Mittag- und Abendessen für den Zeugen und seine Begleitperson sowie eine Vergütung für Nächtigungen in Höhe von gesamt EUR 190,24 (zwei Übernachtungen zu je EUR 70,32 in einem Hotel in Wiener Neustadt sowie zwei weitere Übernachtungen) für den Zeugen und seine Begleitperson. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Mit E-Mail vom 19.12.2020 ersuchte der Zeuge aufgrund des ihm unterlaufenen Fehlers um Berichtigung des Zeitaufwandes dahingehend, dass der Zeitaufwand 2 x 26 Stunden und somit 52 Stunden und nicht nur 26 Stunden betrage. Beim Zeitaufwand von 26 Stunden habe es sich um die einfache Wegstrecke gehandelt.
8. Gegen den Bescheid erhob der Kläger des Titelverfahrens vor dem BG Wiener Neustadt mit Schriftsatz vom 19.01.2021 durch seine Rechtsvertretung fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass der Nebenintervenient seine Kosten bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruches samt Bescheinigungen vor Abschluss der Verhandlung dem Gericht zu übergeben habe. Da der Nebenintervenient seine Kosten trotz Nachfrage des Gerichtes nicht belegt habe und Fehler bei der Verzeichnung von Kosten einer Verbesserung unzugänglich seien, habe ein Kostenzuspruch der Höhe nach unterbleiben müssen und das BG Wiener Neustadt daher rechtsrichtig das Kostenersatzbegehren des Nebenintervenienten abgewiesen. Die nach der Verhandlung zusätzlich geltend gemachten Zeugengebühren würden jeglicher Rechtsgrundlage entbehren und wäre das nach der Verhandlung gestellte Kostenersatzbegehren zurückzuweisen gewesen.
Auch allfällige Gebühren hinsichtlich der Begleitperson des Zeugen seien abzuweisen, da diese ihren Anspruch im eigenen Namen geltend machen müsse. Es sei auch nicht geprüft worden, welche Kosten dem Zeugen für eine Bus- oder Flugreise entstanden wären und sei nicht erwiesen, dass Zug- oder Busverbindungen zum relevanten Zeitpunkt nicht bestanden hätten. Der Zeuge sei auch gesundheitlich in der Lage gewesen, ein öffentliches Verkehrsmittel zu verwenden und habe nicht der Hilfe einer Begleitperson bedurft. Es gebe weiters keine Nachweise dafür, dass der Zeuge tatsächlich mit dem Auto angereist sei. Ebenso wenig würden sich im Akt (aktuelle) Befunde finden, die den Gesundheitszustand bzw. die behaupteten Gleichgewichtsstörungen des Zeugen bestätigen würden. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
9. Mit Schriftsatz vom 16.02.2021 (eingelangt am 22.02.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen sowie den relevanten Aktenteilen des Zivilverfahrens vor dem BG Wiener Neustadt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
10. Die Beschwerde wurde dem Zeugen mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.03.2021 zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt.
11. Mit E-Mail vom 14.04.2021 beantragte der Zeuge die Zahlung des Restbetrages in der Höhe von EUR 751,92 an Zeugengebühren und übermittelte eine Aufstellung seiner Kosten in Höhe von gesamt EUR 3.646,22 samt Stellungnahme, medizinischen Ausführungen zu seiner Erkrankung sowie einem Beleg über den Zahlungseingang von Zeugengebühren in Höhe von EUR 2.894,30 auf seinem Konto am 31.12.2020. Die Unterlagen wurden auch nochmals postalisch an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Zeuge wurde mit Ladung vom 15.07.2020 zu einer Verhandlung am 05.10.2020 am BG Wiener Neustadt, GZ XXXX , geladen. Die Ladung wurde am Wohnort des Zeugen in Spanien ( XXXX ) zugestellt. Der Zeuge reiste zusammen mit seiner Ehefrau als Begleitperson mit dem Pkw aus Spanien an. Der Zeuge ist selbständig erwerbstätig.
1.2. In der Verhandlung am 05.10.2020 trat der Zeuge dem Verfahren als Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei bei und wurde einvernommen. Seine Anwesenheit war von 13:20 Uhr bis 14:30 Uhr erforderlich.
1.3. Die einfache Wegstrecke vom Wohnort des Zeugen in Spanien zum BG Wiener Neustadt beträgt 2.303 km bei einer Fahrtzeit von rund 24 Stunden. Die An- und Abreise nahm insgesamt fünf Tage in Anspruch.
Der Zeuge übernachtete vom 03.10.2020 auf den 04.10.2020, vom 05.10.2020 auf den 06.10.2020 und vom 06.10.2020 auf den 07.10.2020 in einem Hotel. Einen Nachweis über diese Übernachtungskosten legte er für diese Nächtigungen nicht vor. Vom 04.10.2020 auf den 05.10.2020 übernachtete der Zeuge mit seiner Begleitperson im Hotel XXXX in Wiener Neustadt. Die Kosten betrugen inklusive einer Tourismusabgabe in Höhe von EUR 1,60 pro Person gesamt EUR 70,32.
1.4. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 05.10.2020 verzeichnete der Zeuge Kosten in Höhe von EUR 3.305,22 als Nebenintervenient im Kostenverzeichnis des Beklagtenvertreters.
Zudem machte er unmittelbar nach dem Schluss der Verhandlung Kosten in derselben Höhe als Zeugengebühren in der zuständigen Kanzlei des BG Wiener Neustadt geltend, beinhaltend Reisekosten für 2 x 2.303 Kilometer bei einem Gebührenanspruch von 0,47 je gefahrenem Kilometer in Höhe von EUR 2.164,82, Mautgebühren in Höhe von EUR 303,80, eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 26 Stunden (24 Stunden für die An- und Abreise sowie zwei Stunden Terminaufwand) in Höhe von EUR 369,20 sowie für sich und seine Begleitperson Verpflegungsaufwand (Mittag- und Abendessen für fünf Tage) in Höhe von jeweils EUR 85,00 (gesamt EUR 170,00) und Auslagen für insgesamt vier Nächtigungen in Höhe von EUR 297,60 für sich und seine Begleitperson.
1.5. Die Begleitperson des Zeugen machte keinen eigenen Gebührenanspruch geltend.
In der Ladung zur Verhandlung am 05.10.2020 wurde darauf hingewiesen, dass eine allfällige Begleitperson ihren Gebührenanspruch selbst bei Gericht geltend machen muss.
1.6. Mit E-Mail vom 16.12.2020 gab der Zeuge an, dass ihm bei der Berechnung seiner Reisekosten ein Fehler unterlaufen sei und er übermittelte eine korrigierte Aufschlüsselung, in welcher er seine Kosten auf insgesamt EUR 3.646,22 ausdehnte und eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von weiteren 24 Stunden, gesamt daher 50 Stunden, in Höhe von EUR 710,00 geltend machte.
1.7. Die mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid bestimmten Zeugengebühren in Höhe von EUR 2.894,30 wurden im Dezember 2020 auf das Konto des Zeugen überwiesen.
1.8. Mit E-Mail vom 19.12.2020 dehnte der Zeuge seine Entschädigung für Zeitversäumnis dahingehend aus, dass um eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von insgesamt 52 Stunden ersucht wurde.
1.9. Im Herbst 2020 kam es aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie immer wieder zu kurzfristigen Änderungen der Einreise- und Quarantänebestimmungen. Der am XXXX geborene Zeuge war zum Zeitpunkt der Verhandlung am 05.10.2020 über 65 Jahre alt und es stand zu diesem Zeitpunkt noch keine Impfung gegen COVID-19 zur Verfügung. Der Zeuge fiel damit hinsichtlich COVID-19 unter die Risikogruppe der älteren Personen. Der Zeuge leidet zudem an Herpes Oticus.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde sowie den entscheidungsrelevanten Aktenteilen des Titelverfahrens zur GZ XXXX des BG Wiener Neustadt (Protokoll der Verhandlung und gekürzte Urteilsausfertigung vom 05.10.2020).
2.2. Der Gesundheitszustand des Zeugen ergibt sich insbesondere aus dem von ihm vorgelegten medizinischen Befund vom 09.08.2018.
2.3. Die Kosten für die Übernachtung vom 04.10.2020 auf den 05.10.2020 im Hotel XXXX in Wiener Neustadt ergeben sich aus der vom Zeugen vorgelegten Buchungsbestätigung. Sonstige Bestätigungen für Übernachtungen legte der Zeuge nicht vor, sondern brachte er mit E-Mail vom 16.12.2020 vor, dass sich der Gerichtstermin samt Beantragung der Zeugengebühren bis gegen 14:00 Uhr hingezogen habe und er daher mit seiner Frau noch eine Nacht länger (vom 05.10.2020 auf den 06.10.2020) in diesem Hotel genächtigt habe.
2.4. Die einfache Strecke vom Wohnort des Zeugen in Spanien zum BG Wiener Neustadt sowie die Fahrtdauer ergeben sich aus der dem Antrag auf Erstattung von Zeugengebühren angeschlossenen Stellungnahme des Zeugen und stehen diese Angaben im Einklang mit der Fahrtdauer und -strecke laut den im Internet verfügbaren Routenplanern.
2.5. Dass der Zeuge selbständig erwerbstätig ist, ergibt sich aus dem Protokoll der Verhandlung am 05.10.2020 (Seite 2).
2.6. Die Feststellung zur Situation hinsichtlich der COVID-19-Pandemie insbesondere für ältere Personen zum Zeitpunkt der Verhandlung ist notorisch.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
3.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3.3. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.4. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt, steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
3.5. Zu A)
3.5.1. Gemäß § 41 der Zivilprozessordnung (ZPO) hat die in einem Rechtsstreit vollständig unterliegende Partei ihrem Gegner sowie dem diesem beigetretenen Nebenintervenienten alle durch die Prozessführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen.
Gemäß § 54 Abs. 1 ZPO hat die Partei bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruches das Kostenverzeichnis samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluss der Verhandlung dem Gericht zu übergeben.
Nebenintervenient ist jeder Dritte, der – ohne selbst Partei des Verfahrens zu sein – sich an einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit zur Unterstützung einer Partei, der sogenannten "Hauptpartei", beteiligt, an deren Obsiegen er ein rechtliches Interesse hat (VfGH 03.12.2019, G 234/2019; OGH 08.04.1992, 2 Ob 523/92). Dem Nebenintervenienten kommt nur die Stellung als Streithelfer zu und ist er daher als Zeuge zu vernehmen und nicht als Partei (Schneider in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 19 Rz 4, Stand 01.09.2014, rdb.at).
Gemäß § 1 Abs. 1 Gebührenanspruchgesetz (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, haben natürliche Personen, die als Zeugen in gerichtlichen Verfahren tätig sind, Anspruch auf Gebühren nach diesem Bundesgesetz. Gemäß § 2 Abs. 1 GebAG ist als Zeuge im Sinne dieses Bundesgesetzes jede Person anzusehen, die innerhalb eines förmlichen gerichtlichen Beweisverfahrens zu Beweiszwecken, aber nicht als Partei, gerichtlich vernommen wird.
Gemäß § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 GebAG hat der Zeuge, der aus dem Ausland geladen wird, seinen Anspruch auf Gebühr binnen vier Wochen nach Abschluss seiner Vernehmung bei sonstigem Verlust geltend zu machen.
3.5.2. Gemäß § 2 Abs. 2 GebAG ist eine Begleitperson des Zeugen einem Zeugen gleichzuhalten, wenn der Zeuge wegen seines Alters oder wegen eines Gebrechens der Begleitung bedurft hat.
Der Gebührenanspruch einer Begleitperson ist ein eigenständiger und hat die Begleitperson den Anspruch im eigenen Namen – nicht der Zeuge für sie – geltend zu machen (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG- GebührenanspruchsG4 (2018), § 2 GebAG Anm. 10).
3.5.3. Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Zeugengebühr den Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten (Z 1) und die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit durch die Befolgung der Zeugenpflicht ein Vermögensnachteil entsteht (Z 2).
Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 GebAG EUR 14,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht.
Der Ersatz der notwendigen Reisekosten umfasst gemäß § 6 Abs. 1 GebAG die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel. Die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, sind dem Zeugen gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 GebAG dann zu ersetzen, wenn u.a. ein Massenbeförderungsmittel nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist.
Gemäß § 9 Abs. 2 GebAG sind Kosten nach Abs. 1 leg. cit. die angemessenen, tatsächlich aufgelaufenen Kosten. Benützt der Zeuge ein eigenes Kraftfahrzeug, so gebührt ihm die nach der Reisegebührenvorschrift für Bundesbeamte hierfür vorgesehene Vergütung.
Gemäß § 10 Abs. 3 der Verordnung der Bundesregierung vom 29.03.1955 betreffend die Gebühren bei Dienstreisen, Dienstverrichtungen im Dienstort, Dienstzuteilungen und Versetzungen (Reisegebührenvorschrift 1955) gebührt für Personenkraftwagen je Fahrkilometer EUR 0,42. Gemäß § 10 Abs. 4 dieser Bestimmung gebührt für jede Person, deren Mitbeförderung notwendig ist, ein Zuschlag von EUR 0,05 je Fahrkilometer.
3.5.4. Die Aufenthaltskosten umfassen gemäß § 13 GebAG den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen, und die Kosten für die unvermeidliche Nächtigung während der Reise und am Ort der Vernehmung. Dem Zeugen sind gemäß § 14 GebAG als Mehraufwand für die Verpflegung für das Mittag- sowie das Abendessen jeweils EUR 8,50 zu vergüten. Der Mehraufwand für das Mittagessen ist zu vergüten, wenn er die Reise vor 11 Uhr antreten und nach 14 Uhr beenden hat müssen, derjenige für das Abendessen, wenn er sie nach 19 Uhr beenden hat müssen.
Gemäß § 15 GebAG steht an Kosten für jede unvermeidliche Nächtigung grundsätzlich ein Betrag von € 12,40 pro Person zu. Wenn höhere Kosten bescheinigt werden, ist der bescheinigte Betrag zuzusprechen, pro Person jedoch maximal EUR 37,20. Als unvermeidlich ist die Nächtigung auch dann anzusehen, wenn die Reise zur Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr) angetreten oder beendet werden müsste. Beweist der Zeuge, der aus dem Ausland geladen wird, dass ihm höhere als die in § 15 vorgesehenen Beträge erwachsen sind, und bescheinigt er, dass diese Mehrauslagen seinen Lebensverhältnissen entsprechen, so sind ihm gemäß § 16 GebAG diese höheren Beträge, jedoch nicht mehr als EUR 74,40 zu vergüten.
3.5.5. Gemäß § 20 Abs. 3 sind die Gebührenbeträge kaufmännisch auf volle 10 Cent zu runden.
3.5.6. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies wie folgt:
3.5.6.1. Dem Nebenintervenienten kommt die Stellung eines Zeugen zu und hat er grundsätzlich Anspruch auf Zeugengebühren. Der gegenständliche Zeuge hat seinen Gebührenanspruch samt Aufschlüsselung der Gebühren unmittelbar nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. nach seiner Einvernahme am 05.10.2020 vor dem BG Wiener Neustadt erhoben.
Der Zeuge hat damit seinen Gebührenanspruch rechtzeitig hinsichtlich seiner Reisekosten, der Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 26 Stunden, seines Verpflegungsaufwands und seiner Auslagen für Nächtigungen binnen der vierwöchigen Frist gemäß § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 GebAG geltend gemacht.
Die Geltendmachung einer Zeitversäumnis von weiteren 24 Stunden mit E-Mail vom 16.12.2020 sowie einer Zeitversäumnis von gesamt 52 Stunden und sohin von weiteren 26 Stunden mit E-Mail vom 19.12.2020 erfolgte hingegen nicht binnen vier Wochen nach Abschluss der Vernehmung des Zeugen am 05.10.2020 und erfolgte damit nach Ablauf der Frist gemäß § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 GebAG. Eine Zeitversäumnis über das fristgerecht beantragte Ausmaß von 26 Stunden bzw. eines Betrages von EUR 369,20 kann daher nicht berücksichtigt werden.
3.5.6.2. Gemäß § 2 GebAG hat die Begleitperson eines Zeugen ihren Gebührenanspruch im eigenen Namen geltend zu machen und ist aus den vorliegenden Verwaltungsunterlagen ersichtlich, dass dies die Begleitperson des Zeugen nicht tat, sondern vielmehr der Zeuge selbst die Gebühren seiner Begleitperson in Bezug auf Kilometergeld, Mehraufwand für Verpflegung und die vier Nächtigungen beantragte (vgl. die Unterschrift auf dem Gebührenbestimmungsblatt). Auch wurde in der Ladung vom 15.07.2020 darauf hingewiesen, dass eine allfällige Begleitperson ihren Gebührenanspruch selbst bei Gericht geltend machen muss. Die Gebühren der Begleitperson des Zeugen sind daher – unpräjudiziell für die Frage, ob eine Begleitperson erforderlich war – nicht Gegenstand dieses Verfahrens und können auch mangels eines entsprechenden Antrags nicht bestimmt werden. Die einzelnen Gebührenbestandteile sind daher in der Folge unter Ausschluss der Annahme einer Begleitperson zu bestimmen.
3.5.6.3. Die einfache Strecke vom Wohnsitz des Zeugen in Spanien bis zum BG Wiener Neustadt beträgt 2.303 Kilometer.
Ein Massenbeförderungsmittel konnte gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 GebAG aufgrund der zum Zeitpunkt der Verhandlung am 05.10.2020 weltweiten COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen sich stetig ändernden Einreise- und Quarantänebestimmungen sowie der Zugehörigkeit des Zeugen zur Risikogruppe hinsichtlich COVID-19 aufgrund seines Alters nicht benutzt werden. Die im Rahmen von Massenbeförderungsmitteln erhöhte Ansteckungsgefahr im Vergleich zu einer Fahrt mit dem Pkw ist evident und war eine Impfung gegen COVID-19 zum damaligen Zeitpunkt noch nicht verfügbar. Die Zurücklegung der Wegstrecke von Spanien nach Österreich zu Fuß war dem Zeugen auch ohne Zweifel nicht zumutbar. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge unter Herpes oticus leidet.
Dem Zeugen gebührt daher je Fahrkilometer gemäß § 10 Abs. 3 der Reisegebührenvorschrift 1955 ein Kilometergeld in Höhe von EUR 0,42, gesamt daher für die Hin- und Rückfahrt (4.606 Kilometer) ein Betrag von EUR 1.934,52 an Reisekosten (statt EUR 2.164,82 wie im angefochtenen Bescheid bestimmt).
Da das Kilometergeld alle mit der Anschaffung und der Haltung eines PKW verbundenen Kosten angemessen abdeckt (VwGH 29.02.2012, 2007/10/0297; RIS-Justiz RS0047476), sind die vom Zeugen geltend gemachten Mautgebühren – wie auch im angefochtenen Bescheid richtigerweise ausgeführt – nicht zusätzlich zuzusprechen.
3.5.6.4. Die Fahrtzeit für die einfache Strecke vom Wohnsitz des Zeugen zum BG Wiener Neustadt beträgt rund 24 Stunden. Hierzu ist die Dauer der erforderlichen Anwesenheit des Zeugen in der Verhandlung am 05.10.2020 von einer Stunde und zehn Minuten hinzuzurechnen, gesamt sohin zwei Stunden, da die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 GebAG für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, gebührt. Da der Zeuge fristgerecht einen jedenfalls angefallenen Zeitaufwand von 26 Stunden geltend machte, gebührt ihm daher eine Pauschalentschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von EUR 369,20 (26 x EUR 14,20).
3.5.6.5. Dem Zeugen gebührt weiters ein Betrag von EUR 85,00 als Mehraufwand für die Verpflegung (fünf Mal Mittag- und Abendessen) an den fünf Reisetagen, die für das Zurücklegen der Strecke von gesamt 4.606 Kilometern erforderlich waren.
3.5.6.6. Da der Zeuge vom 03.10.2020 auf den 04.10.2020, vom 05.10.2020 auf den 06.10.2020 und vom 06.10.2020 auf den 07.10.2020 in einem Hotel übernachtete, steht ihm für diese (nicht bescheinigten) Übernachtungen gemäß § 15 Abs. 1 GebAG ein Betrag von EUR 12,40 je Übernachtung, gesamt sohin ein Betrag von EUR 37,20 zu.
Der Zeuge übernachtete weiters vom 04.10.2020 auf den 05.10.2020 im Hotel XXXX in Wiener Neustadt und legte dafür die entsprechende Buchungsbestätigung für diese Nacht vor. Die Kosten betrugen (inklusive der Tourismusabgabe von je EUR 1,60 für sich und seine Begleitperson) EUR 70,32. Mit der Vorlage der Buchungsbestätigung hat der aus dem Ausland (Spanien) geladene Zeuge den Beweis und die Bescheinigung gemäß § 16 GebAG erbracht, zumal keine Gründe ersichtlich sind, weshalb diese Mehrauslagen nicht den Lebensverhältnissen des Zeugen entsprechen sollten und auch davon auszugehen ist, dass an eine solche Bescheinigung keine hohen Anforderungen zu stellen ist. Dem Zeugen ist daher grundsätzlich der im Vergleich zu § 15 GebAG höhere Betrag zu ersetzen. Der Betrag von EUR 70,32 enthält allerdings auch die Tourismusabgabe für die Begleitperson des Zeugen in Höhe von EUR 1,60, welche gegenständlich abzuziehen ist, womit dem Zeugen für diese Übernachtung ein Betrag von EUR 68,72 gebührt.
Da der Zeuge hinsichtlich der mit E-Mail vom 16.12.2020 vorgebrachten weiteren Nächtigung im Hotel XXXX vom 05.10.2020 auf den 06.10.2020 keine Buchungsbestätigung vorlegte, war für diese Nächtigung nur der Betrag von EUR 12,40 zu vergüten.
Die vier Übernachtungen waren aufgrund der Fahrtzeit von insgesamt 48 Stunden unvermeidlich. Gesamt gebühren dem Zeugen daher für Nächtigungen EUR 105,92 (statt EUR 190,24 wie im angefochtenen Bescheid bestimmt).
3.5.6.7. Die Gebühren des Zeugen waren daher insgesamt mit gerundet EUR 2.494,70 zu bestimmen und war der Beschwerde somit zum Teil Folge zu geben, im Übrigen war sie jedoch abzuweisen.
3.6. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.5. zitierte Judikatur). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und ergeben sich die hier zu lösenden Rechtsfragen aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des GebAG.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Auslandswohnsitz Begleitperson Fahrtkosten Frist Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Geltendmachung Gesundheitszustand Kilometergeld Mehraufwand mündliche Verhandlung Nächtigungskosten Nebenintervenient Pandemie Privat-Pkw Teilstattgebung Verpflegung Zeitversäumnis ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2239754.1.00Im RIS seit
24.11.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021