TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 I412 2237522-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2021
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Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG 2005 §58 Abs13
AsylG 2005 §58 Abs8
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z2
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §8
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I412 2237522-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2021, ZI. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte erstmals nach illegaler Einreise am 15.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.08.2019, Zl. I415 2168671-1/8E rechtskräftig abgewiesen wurde, gleichzeitig wurde die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung bestätigt.

I.2. Am 21.08.2019 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3/4E rechtskräftig abgewiesen wurde, gleichzeitig wurde die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung bestätigt, jedoch die Dauer des Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt.

I.3. Am 23.09.2020 stellte der Beschwerdeführer einen ersten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG), welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2020, Zl. 1094871004-200909257, gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2020, Zl. I405 2237522-1/2E als unbegründet abgewiesen.

I.4. Am 01.06.2021 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen zweiten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG und wurde gleichzeitig der Zusatzantrag gestellt, die Heilung des Mangels vom Erfordernis eines Reisepasses zuzulassen.

I.5. Mit Verbesserungsauftrag vom 11.06.2021 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, binnen vier Wochen ein Lichtbild gemäß § 5 Asylgesetz-Durchführungsverordnung (AsylG-DV), ein gültiges Reisedokument (Original, Kopie, Übersetzung), eine Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (Original, Kopie, Übersetzung) sowie einen Nachweis für die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung oder einen Nachweis bei Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit (Original, Kopie, Übersetzung) vorzulegen und den Antrag zu begründen. Er wurde zudem darüber belehrt, dass sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht behandelt und zurückgewiesen werde, sollten die Mängel nicht behoben werden. Der Beschwerdeführer brachte keine entsprechende Stellungnahme bzw. keine Dokumente in Vorlage. Seinem Antrag auf Fristerstreckung vom 13.07.2021, dem letzten Tag der Frist, wurde seitens der belangten Behörde nicht entsprochen.

I.6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.08.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 8 AsylG-DV 2005 der Antrag auf Mängelheilung abgewiesen (Spruchpunkt II.). Begründend wurde ausgeführt, dass aus dem Antragsvorbringen ein geänderter Sachverhalt nicht hervorgehe, der eine neuerliche Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache.

I.7. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 31.08.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

I.8. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.09.2021 wurde das gegenständliche Verfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langte der Akt am 13.09.2021 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer reiste erstmals im November 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz (am 15.11.2015 und am 21.08.2019), die allesamt rechtskräftig negativ entschieden wurden.

Der Beschwerdeführer ist trotz der aufrechten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung (Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3/4E) seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht freiwillig nachgekommen, sondern hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG 2005 geht im Vergleich zur rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 12.06.2020 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

Dem Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 11.06.2021 betreffend Vorlage eines Lichtbildes gemäß § 5 AsylG-DV, eines gültigen Reisedokumentes, einer Geburtsurkunde oder eines diesem gleichzuhaltenden Dokuments, eines Nachweises für die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung oder eines Nachweises bei Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit und einer Antragsbegründung kam der Beschwerdeführer nicht nach. Dem am 13.07.2021, dem letzten Tag der Frist, eingelangten Antrag auf Fristerstreckung zur Vorlage entsprechender Integrationsunterlagen, wurde seitens der belangte Behörde nicht entsprochen. In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer keine entsprechende Stellungnahme bzw. keine Dokumente in Vorlage.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Er wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit Urteil vom 21.11.2018, Zl. XXXX , wegen § 27 (2a) SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellung zu seinen negativ entschiedenen Anträgen auf internationalen Schutz ergibt sich unstrittig aus dem Verwaltungsakt sowie dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zu I421 2168671-3/4E.

Die Feststellung zur Unrechtmäßigkeit des derzeitigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet beruht darauf, dass diesem - abgesehen von dem vorläufigen Aufenthaltsrecht während der Verfahren über seine letztlich unbegründeten Anträge auf internationalen Schutz - im Bundesgebiet nie ein Aufenthaltsrecht zugekommen war und sich vor dem Hintergrund des § 58 Abs. 13 AsylG 2005 und des § 16 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) weder aus der Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch aus der Beschwerdeerhebung ein Aufenthalts- oder Bleiberecht für den Beschwerdeführer in Österreich ableiten lässt.

Dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht, ergibt sich aus der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2020, Zl. I421 2168671-3/4E; dieser Umstand blieb auch vom Beschwerdeführer unbestritten.

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, dass sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt in Bezug auf Art. 8 EMRK geändert habe.

Diesen Ausführungen kann jedoch nicht beigetreten werden. Zwischen Eintritt der Rechtskraft des oben angeführten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2020 und der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages am 01.06.2021 ist lediglich ca. ein Jahr vergangen. Des Weiteren wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2020, Zl. I405 2237522-1/2E, bereits eine zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde betreffend einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 55 Abs. 1 AsylG des Beschwerdeführers bestätigt. Es konnten folglich keinerlei entscheidungswesentliche Veränderungen im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers während dieses Zeitraumes festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer verfügt nach wie vor über kein Familienleben im Bundesgebiet und hat ein solches auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer führte zwar in der Beschwerde an, dass er seit 2018 nicht mehr straffällig geworden sei, ein geordnetes Leben führe und seine Deutschkenntnisse vertiefe und über Einstellungszusagen verfüge, legte diesbezüglich aber keine Unterlagen vor. Zudem begründet die Einstellungszusage keinen Rechtsanspruch und vermag somit seine Integration nicht entscheidend zu intensivieren.

Weder der Antragsbegründung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG, noch den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt entnommen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

Die Feststellungen zum Verbesserungsauftrag und dem Antrag auf Fristerstreckung ergeben sich aus den entsprechenden im Akt einliegenden Schreiben.

Aus einem am 10.09.2021 eingeholten Strafregisterauszug geht die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers hervor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen der § 55 und § 58 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. 110/2021, lauten:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.“

„Antragstellung und amtswegiges Verfahren

(1-9) ...

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11-12...)

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. (...)“

3.1.2. Die maßgebliche Bestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr. 53/2019, lautet:

„Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

Zu Spruchpunkt A): Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK:

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung (plus)" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

§ 58 Abs. 8 AsylG 2005 bestimmt, dass das Bundesamt im verfahrensabschließenden Bescheid über die Zurück- oder Abweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 abzusprechen hat.

Gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 begründen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Gemäß § 16 Abs. 5 BFA-VG begründet eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. § 58 Abs. 13 AsylG 2005 gilt.

Schließlich bestimmt § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass Anträge gemäß § 55 als unzulässig zurückzuweisen sind, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid das Vorliegen der Voraussetzungen der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages auf Grund des § 58 Abs. 10 erster Satz AsylG 2005 bejaht. Gegen den Beschwerdeführer sei rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen worden und aus dem Antragsvorbringen gehe im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich mache, nicht hervor.

Dieser Ansicht der belangten Behörde ist - wie im Folgenden dargestellt - beizutreten:

Die ErläutRV (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur zuletzt angeführten Bestimmung dar, dass der neue (Abs. 10) im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspreche. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung sei die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolge nun durch das Bundesamt. Dementsprechend seien Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes habe sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass - im Rahmen einer Neubewertung - wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird.

Es hat also im Rahmen des Verfahrens nach § 55 AsylG 2005 eine Neubewertung einer Rückkehrentscheidung nur bei einem geänderten Sachverhalt zu erfolgen, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, wobei sich diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen hat (vgl. VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037).

Gemäß diesen Ausführungen ist die maßgebliche, zu klärende Rechtsfrage daher jene, ob nach der rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht. Die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung ist nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 MRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 MRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. VwGH, 03.10.2013, 2012/22/0068).

Die belangte Behörde hat gegen den Beschwerdeführer am 27.01.2020 eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen und diese ist vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.06.2020 bestätigt worden. Im vorliegenden Fall ist die Behörde nunmehr zu Recht davon ausgegangen, dass sich der maßgebende Sachverhalt seither nicht geändert hat und somit eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK für den Zeitraum zwischen der Erlassung der Rückkehrentscheidung und dem Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG nicht erforderlich war.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung durch den (illegalen) Verbleib im Bundesgebiet verlängert hat, während ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden nicht festzustellen war. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht substantiiert behauptet bzw. aufgezeigt. Alle vorgebrachten Umstände waren von der belangten Behörde sowie vom Bundesverwaltungsgericht bereits in ihren früheren Entscheidungen berücksichtigt worden. Ein Deutschzertifikat Niveau A2 wurde trotz Ankündigung nicht in Vorlage gebracht und in der Beschwerde lediglich auf eine Vertiefung von Deutschkenntnissen, ohne Urkundenvorlage verwiesen.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthalts bewusst war und sohin einem allfällig entstandenem Privat- und Familienleben ohnehin ein entsprechend geringes Gewicht zuzumessen wäre. Dies gilt umso mehr für Integrationsaspekte, die erst nach einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung entstanden sein mögen, welche - wie im vorliegenden Fall - durch sein wiederholtes beharrliches illegales Verbleiben im Bundesgebiet (trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung) weiter vermindert werden, zumal diese verwaltungsrechtliche Delinquenzen gewichtige Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, darstellen, die eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lassen (vgl. VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190).

Auch durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers ist seine Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung klar zu erkennen. Durch die Begehung der Straftaten hat er in besonders geschützte menschliche Rechtsgüter eingegriffen und damit eindeutig seine negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung dokumentiert.

Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er einen Vorvertrag bezüglich einer Arbeit vorweisen könne, so ist dazu auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach der Ausübung einer Beschäftigung, sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage an einen Fremden, der über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011). Der Verwaltungsgerichtshof geht weiters davon aus, dass sich aus einer bedingten Einstellungszusage nicht ein bereits erreichter Grad an Integration in wirtschaftlicher Sicht ableiten lässt, sondern bloß eine noch ungewisse Möglichkeit deren künftigen Eintretens ist und daher eine Einstellungszusage keinen Beleg für seine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit bildet, sondern allenfalls ein Hinweis dafür sein kann, dass der Beschwerdeführer, sofern er sich am entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich bewährt, in die Situation kommen könnte, seinen Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten (VwGH 14.12.2010, 2010/22/186). Zudem wurde seitens des Beschwerdeführers die behauptete Einstellungszusage auch nicht in Vorlage gebracht.

Der Beschwerdeführer gründet seine Beschwerde auch darauf, dass die belangte Behörde seinem Antrag auf Fristerstreckung vom 13.06.2021 nicht schriftlich stattgegeben habe und es ihm nicht möglich gewesen sei, innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist die geforderten Dokumente (Reisepass, Geburtsurkunde) zu besorgen. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der gegenständliche Antrag auf Fristerstreckung des Beschwerdeführers nicht auf die Beschaffung von Reisedokumenten, sondern auf die Beibringung von Integrationsunterlagen bezog. Zudem hemmt ein Antrag auf Fristerstreckung weder den Fristablauf noch ist über einen solchen Antrag förmlich abzusprechen (VwGH 23.05.1979, 398/79; VwGH 29.03.2006, 2005/04/0118), soweit die belangte Behörde in der Begründung des Zurückweisungsbescheides auf die Angemessenheit der Frist eingeht (VwGH 19.09.1990, 90/01/0043; Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 29). Dieses Erfordernis erfüllt die belangte Behörde, wenn sie im angefochtenen Bescheid ausführt, dass die geforderten Dokumente im Zeitraum der von der Behörde erteilten Frist beschafft werden hätten können und der Beschwerdeführer aufgrund seiner vorangegangen Antragstellung gemäß § 55 AsylG bereits vorab über die dafür notwendigen Unterlagen Kenntnis gehabt hätte. Auch in der Beschwerde wurden keinerlei Unterlagen und Dokumente in Vorlage gebracht.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war.

Das Bundesverwaltungsgericht ist auch der Auffassung, dass die im angefochtenen Bescheid gewählte Vorgangsweise, die Zurückweisung nicht mit einer neuerlichen Rückkehrentscheidung zu verbinden, rechtens war. Da dem Beschwerdeführer gegenüber eine vorherige, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung noch aufrecht ist, war eine neuerliche Rückkehrentscheidung nicht zu erlassen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 und 13.02.2018, Ra 2017/18/0332).

3.2.2. Zur Abweisung des Mängelheilungsantrages (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Zur Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Bedingung, wonach die Erteilung des Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK erforderlich sein muss, in jenen Konstellationen, in denen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist, voraussetzungsgemäß erfüllt ist (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168). Auch im Fall eines Antrags auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gilt, dass die Voraussetzungen für die verfahrensrechtliche Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 die gleichen sind wie für die materielle Stattgabe des verfahrenseinleitenden Antrags. Die Prüfung, ob einem Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 stattzugeben ist, unterscheidet sich also inhaltlich nicht von der Beurteilung, ob der Titel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist. Daraus folgt auch, dass bei einem Antrag nach § 55 AsylG 2005 in Bezug auf die Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 in erster Linie und vorrangig die Voraussetzungen der Z 2 der genannten Bestimmung zum Tragen kommen und dass es unzulässig ist, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 trotz Vorliegens der hierfür erforderlichen Voraussetzungen wegen Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückzuweisen (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0092 bis 0094). Wie ausgeführt, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 aber gegenständlich nicht vor.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005 kann die Behörde auf begründeten Antrag eines Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 leg. cit. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise auch dann zulassen, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Fallgegenständlich stellte der Beschwerdeführer zugleich mit seinem Antrag auf Erteilung eines „Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 einen Mängelheilungsantrag gemäß 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV. In diesem behauptete er pauschal, dass er keinen Reisepass besitze und auch die nigerianische Botschaft keinen ausstellen könne, er werde demnächst eine Bestätigung nachreichen.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, dass einem Heilungsantrag im Hinblick auf die Nichtvorlage von Identitätsnachweisen immer dann gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005 stattzugeben ist, wenn die vom Fremden nicht zu vertretenden Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung darin liegen, dass die Beschaffung der notwendigen Urkunden oder Nachweise für den Fremden (iSd § 4 Abs. 1 Z 3 AsylGDV 2005) nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war (vgl. VwGH 31.08.2017, Ro 2016/21/0019).

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer behauptete Unmöglichkeit der Erlangung eines Reisepasses nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV geht das Bundeverwaltungsgericht aufgrund des vom Beschwerdeführer in den abgeschlossenen Verfahren gezeigten Verhaltens jedenfalls davon aus, dass er keine ernsthaften Bemühungen unternommen hat, sich einen Reisepass seines Herkunftsstaates zu beschaffen. Die nigerianische Botschaft in Wien stellt selbstverständlich Reisepässe an ihre Staatsbürger aus. Einen Nachweis wonach, bzw. warum ihm die nigerianische Botschaft in Wien keinen Reisepass ausstellt, erbrachte der Beschwerdeführer nicht. Der Beschwerdeführer hat die tatsächliche Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit einer Erlangung derartiger Dokumente somit nicht nachgewiesen.

Daher ist dem Antrag des Beschwerdeführers auf Heilung eines Mangels nach § 4 Abs. 1 AsylG-DVO nicht stattzugeben und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht nur etwa eineinhalb Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Dem Beschwerdeführer wurde im Administrativverfahren zeitnah zur bescheidgemäßen Erledigung die Möglichkeit zur Verbesserung seines Antrages gewährt. Auch in seinem Beschwerdevorbringen vom 31.08.2021 wurde kein Sachverhalt vorgebracht, der eine entscheidungsmaßgebliche Veränderung gegenüber dem Administrativverfahren erkennen lässt.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung entschiedene Sache geänderte Verhältnisse Identität der Sache Integration Interessenabwägung Mängelheilung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata wesentliche Änderung wesentliche Sachverhaltsänderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I412.2237522.2.00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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