Entscheidungsdatum
15.10.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W135 2211245-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die gerichtliche Erwachsenenvertreterin XXXX , gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 08.10.2018, Zl. 610-601.033-001, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ersatz des Verdienstentganges nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer brachte am 12.06.2017, vertreten durch die gerichtliche Erwachsenenvertreterin XXXX , beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (in weiterer Folge: belangte Behörde), einen Antrag auf Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) in Form von Ersatz des Verdienstentganges sowie Heilfürsorge in Form von psychotherapeutischer Krankenbehandlung ein. Antragsbegründend gab der Beschwerdeführer an, dass er bei seiner Pflegefamilie 1984 Opfer von Gewalttaten geworden sei. Er sei daraufhin von 21.12.1984 bis zum 18.01.1985 im XXXX Kinderspital der Stadt Wien in stationärer Behandlung gewesen und sei nunmehr eine erwerbsunfähige Halbwaise. Hinsichtlich der Angaben zum Verbrechen verwies der Beschwerdeführer auf den in Kopie beigelegten Strafakt des XXXX zur Zahl XXXX , XXXX . Bei der Täterin handle es sich um seine damalige Pflegemutter.
Mit dem Antrag legte der Beschwerdeführer ein psychiatrisches Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 02.07.2001, welches im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahrens erstellt wurde, vor. In diesem wird ausgeführt, dass sich beim Beschwerdeführer klinisch das Bild eines intellektuellen und emotionalen Entwicklungsrückstands auf Vorpubertätsniveau auf Basis einer sowohl organischen als auch psychosozialen Störung zeige. Der Beschwerdeführer leide an einer schweren Entwicklungsretardation mit ausgeprägten intellektuellen und emotionalen Beeinträchtigungen. Der Zustand sei als schwere psychische Behinderung zu bezeichnen. Mit einer Beseitigung der bestehenden Behinderung durch therapeutische Maßnahmen sei nicht zu rechnen.
Aus dem beigelegten Strafakt des XXXX , XXXX , XXXX , geht hervor, dass der Beschwerdeführer von 12.04.1984 bis 21.12.1984 bei Pflegeeltern untergebracht war und vom Bezirksjugendamt am 21.12.1984 eine Strafanzeige gegen die Pflegeltern wegen des Verdachts der Kindesmisshandlung erstattet wurde.
Aus dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 30.01.1985 (Seite 32 des Verwaltungsaktes) geht hervor, dass den damaligen Pflegeeltern zu Last gelegt wurde, dass diese zumindest im Dezember 1984 in Wien als Mittäter den Beschwerdeführer als ihr Pflegekind misshandelt hätten, wobei die Tat unter anderem eine an sich schwere Verletzung des Beschwerdeführers, nämlich einen Schienbeinbruch, einen Wadenbeinbruch, einen Stirnbeinbruch zur Folge gehabt habe und diese andererseits dadurch, dass sie trotz der genannten Verletzungen des Beschwerdeführers keinen Arzt aufgesucht, diesem körperliche und seelische Qualen zugefügt hätten. Die Pflegeeltern hätten dadurch das Vergehen des Quälens und Vernachlässigens eines Unmündigen nach § 92 Abs. 1 und Abs. 3, erster Deliktsfall StGB begangen und seien nach dem ersten Strafsatz des § 92 Abs. 3 StGB zu bestrafen.
Im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem XXXX am 11.03.1985 gab die Pflegemutter an, die beim Beschwerdeführer vorgelegenen Verletzungen seien auf einen Rodelunfall vom 16.12.1984 und auf einen Treppensturz vom 18.12.1984 zurückzuführen. Sie habe den Beschwerdeführer mit Sicherheit nicht misshandelt und müsse zugeben, dass sie mit ihm hätte zum Arzt gehen sollen. Sie habe den Grad der Verletzung nicht erkannt.
Mit Urteil des XXXX vom 29.04.1985 wurde die Pflegemutter wegen des Vergehens des Quälens und Vernachlässigens eines Unmündigen gemäß § 92 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, da sie im Dezember 1984 ihre Verpflichtung zur Fürsorge und Obhut gegenüber ihrem Pflegekind (dem Beschwerdeführer) gröblich verletzte, indem sie trotz schwerer Verletzung des Genannten keinen Arzt aufsuchte und dadurch dessen Gesundheit beträchtlich schädigte. Der Pflegevater wurde freigesprochen.
Den Ermittlungen der belangten Behörde zufolge wurde am 31.10.2006 ein Sachverständigengutachten basierend auf der Aktenlage im Rahmen eines Verfahrens nach dem Familienlastenausgleichgesetz (FLAG) eingeholt. In diesem wurden, basierend auf dem Sachverständigengutachten vom 02.07.2001 und einem Befund eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie vom 12.09.2001 die Diagnosen Oligophrenie, ICD 10: F 79.0 und Dysphorie gestellt und nach der Richtsatzposition 579 mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. bewertet. Eine Nachuntersuchung in fünf Jahren wurde für erforderlich erachtet und festgehalten, dass der Untersuchte voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Das im Zuge der Nachuntersuchung eingeholte Gutachten vom 11.10.2011, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, ergab die Diagnose einer Mittelgradigen Intelligenzminderung, ICD 10: F 80.0, zugeordnet der Position 03.04.02 der – nunmehr in Geltung stehenden – Anlage zur Einschätzungsverordnung und mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. bewertet. Als Begründung für diese Bewertung führte die Sachverständige stattgehabte stationäre Aufenthalte und rezidivierende depressive Episoden mit Suizidgedanken an. Es liege ein Dauerzustand vor und sei der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd außerstande, sich den Unterhalt zu verschaffen.
Mit Begleitschreiben vom 15.07.2016 legte die Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit einem behaupteten sexuellen Missbrauch des Beschwerdeführers durch einen Mitschüler einen weiteren Strafakt des XXXX , XXXX , vor. Aus diesem geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien am 11.10.1996 gegen einen Mitschüler des Beschwerdeführers Anklage erhob, weil dieser ihn im September 1995 durch gefährliche Drohung sowie durch Gewaltanwendung dazu gezwungen haben soll, an ihm Oralverkehr durchzuführen. Im Zuge der Hauptverhandlung am 26.11.1996 wurde der Beschwerdeführer durch einen psychiatrischen Sachverständigen einvernommen, welcher Folgendes zu Protokoll gab: „Es liegt bei XXXX keine Nerven-, Geistes- oder Gemütskrankheit vor, jedoch sicher eine auf Grund seiner am unteren Rande der Norm angesiedelten Intelligenz eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung die nicht den Krankheitswert der obgenannten Erkrankungen aufweist, jedoch die Antizipationsfähigkeit also die Fähigkeit sinn- und planvoll vorausdenken zu können noch nicht hinreichend dem Lebensalter entsprechend zuzumessen ist. [...]“.
Mit Urteil des XXXX als Schöffengericht vom XXXX , XXXX , wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, zusammengefasst mit der Begründung, dass bloße Vermutungen keine Grundlage für eine Verurteilung des Angeklagten seien. Aufgrund von Widersprüchlichkeiten in den Aussagen aller Zeugen und des Sachverständigengutachtens, wonach der Beschwerdeführer durchaus freiwillig Handlungen gesetzt haben könnte, die er eigentlich gar nicht hätte tun wollen, habe im Zweifel nicht festgestellt werden können, dass der Angeklagte die ihm angelasteten strafbaren Handlungen begangen habe, sodass in dubio pro reo mit einem Freispruch nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen gewesen sei.
Mit Bescheid vom 20.04.2018 wurde der zwischenzeitig gestellte Antrag der Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers vom 20.11.2017 auf Gewährung einer monatlichen Rentenleistung in Höhe von € 300,00 seitens der belangten Behörde gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 2 des Heimopferrentengesetzes (HOG) abgewiesen, wogegen der Beschwerdeführer Klage an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht erhob. In der Tagsatzung am 06.08.2019 schloss die belangte Behörde mit dem Beschwerdeführer einen Vergleich, worin sich die belangte Behörde zur Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von EUR 300,00 ab 01.07.2017 gemäß § 1 HOG verpflichtete.
In weiterer Folge erließ die belangten Behörde einen Bescheid vom 12.09.2019, mit welchem sie den Antrag vom 20.11.2017 auf Gewährung einer monatlichen Rentenleistung entsprechend dem Vergleich des Arbeits- und Sozialgerichtes vom 06.08.2019 bewilligte. Die Rentenleistung betrug ab 01.07.2017 mtl. EUR 300,-, ab 01.01.2018 mtl. EUR 306,60 und ab 01.01.2019 mtl. EUR 314,60.
Im gegenständlichen Verfahren holte die belangte Behörde mit Auftragsschreiben vom 11.05.2018 ein medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Psychiatrie ein, welches am 09.06.2018, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.06.2018, erstellt wurde. Der Sachverständige hält darin im Wesentlichen wie folgt fest:
„[…]
2. EIGENE UNTERSUCHUNG:
Die eigene Untersuchung erfolgte am 5.6.2018 im Beisein der Betreuungsperson des Sozialtherapeutikums XXXX . Nach Aufklärung nach gutachterlichem Standard hat dieser keine weiteren Fragen zur Untersuchung.
Der Untersuchte gibt an, in XXXX geboren worden zu sein. Es wäre laut seinem Wissenstand zu keinen Problemen bei der Geburt gekommen. Er habe die Volksschule, die Hauptschule, davon 2 Jahre die Sonderschule absolviert. Er habe dann bei Jugend am Werk gearbeitet, habe danach an einem geschützten Arbeitsplatz ca. 6 Jahre in einer Backstube gearbeitet. Er habe 2010 für ein Jahr beim XXXX eine Therapie absolviert, nachdem er zuvor über mehrere Jahre, er schätze ca. 15 Jahre, diverse Drogen wahlweise eingenommen habe. Dabei hätte es sich vorrangig um einen Konsum von Kokain und THC gehandelt. Er lebe derzeit in einem vollzeitbetreuten Wohnen, dies schon seit 7 Jahren. Beim Rechnen, Lesen und Schreiben hätten er keine großen Probleme, er erlebe dabei nur geringe Einschränkungen. Bei der Konzentration und beim Gedächtnis ginge es ihm soweit sehr gut.
Er habe immer wieder aggressive Durchbrüche. Er fühle sich sehr schnell gereizt, er wäre sehr schnell impulsiv. Zum Auftreten von epileptischen Anfällen würde es jedoch nicht kommen.
Er sei damalig 1984 von seinen Pflegeeltern misshandelt worden. Er sei dann zu anderen Pflegeeltern gekommen, mit denen würde er sich heute noch sehr gut verstehen. Es sei ihm dann in seinem 15. Lebensjahr bewusst geworden, dass er diese schweren Misshandlungen erlebt habe und habe sich dann in den Drogenkonsum geflüchtet, dies ca. 15 Jahre lang. Jetzt konsumiere er keine illegalen Substanzen mehr.
Alkoholkonsum:
Kein Konsum.
Nikotinkonsum:
10 Zigaretten pro Tag.
Drogenkonsum:
Wird negiert.
Somatische Erkrankung:
Diabetes mellitus, Adipositas.
Medikation:
Cipralex, Janumet, Nervenruh, Pantoprazol, Ramipril, Depakine, Risperdal Consta Depotinjektion.
Psychotherapeutischer Status:
Patient wach, bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert. Die Stimmung indifferent, vom Affekt her schwingungsfähig, der Antrieb unauffällig, der Ductus formal und inhaltlich kohärent. Konzentration, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Auffassungsgabe gering reduziert, gelegentlich auftretende Flashbacks, gelegentlich auftretende Albträume, gepaart mit Schlafstörungen, keine Suizidgedanken.
GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME
Im Zuge der durchgeführten psychiatrischen Exploration sowie in Zusammenschau mit den aktenkundigen Darstellungen kann zu den an den gefertigten Gutachter gestellten Fragen wie folgt Stellung bezogen werden:
ad 1)
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung F 60.3
Zustand nach Polytoxikomanie F 19.2
Leichtes kognitives Defizit F 06.7
ad 2)
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die aktenkundigen Straftaten zurückzuführen, da sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung ausübten. Zwischenzeitlich bestand auch ein komorbides polytoxikomanes Zustandsbild, welches jedoch durch eine spezifische stationäre Therapie remittierte. Ein erworbenes kognitives Defizit stellt sich als leichtgradig dar und zeigt sich aktuell somit die aktenkundig dargestellte mentale Retardierung als kompensiert dar.
ad 3)
Die kausale Gesundheitsschädigung hat den beruflichen Werdegang nicht maßgeblich beeinflusst. Herr XXXX konnte einem Beschäftigungsverhältnis an einem geschützten Arbeitsplatz über mehrere Jahre nachkommen. Seit 2010 besteht kein Drogenkonsum mehr. Aktuell zeigen sich laut eigenen Angaben des Untersuchten keine wesentlichen Einschränkungen der Konzentrations- und Gedächtnisleistung. Beim Lesen, Rechnen und Schreiben bestehen keine wesentlichen Defizite.
Eine abgeschlossene Ausbildung als auch eine kontinuierliche Beschäftigung wären somit in den letzten Jahren möglich gewesen.
ad 4)
Eine psychotherapeutische Krankenbehandlung erscheint verbrechensbedingt in einem Ausmaß von ca. 25 Einheiten notwendig.“
Im Wege des Parteiengehörs vom 27.06.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Erwachsenenvertretung mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Übernahme der Kosten für die psychotherapeutische Krankenbehandlung zu bewilligen, hingegen den Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges abzuweisen.
Als Begründung führte die Behörde nach Zusammenfassung des Sachverhaltes im Wesentlichen aus, dass beim Beschwerdeführer laut dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 09.06.2018 eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, ein Zustand nach Polytoxikomanie und ein leichtes kognitives Defizit vorlägen, wobei diese Gesundheitsschädigungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Vorfälle in der Pflegefamilie zurückzuführen seien. Zwischenzeitig habe beim Beschwerdeführer ein komorbides polytoxikomanes Zustandsbild bestanden, welches durch eine spezifische stationäre Therapie remitiert sei. Ein erworbenes kognitives Defizit stelle sich als leichtgradig dar und zeige sich aktuell somit die aktenkundig dargestellte mentale Retardierung als kompensiert dar. Eine psychotherapeutische Behandlung erscheine laut dem Gutachter verbrechensbedingt notwendig. Die kausalen Gesundheitsschädigungen hätten den beruflichen Werdegang des Beschwerdeführers jedoch nicht maßgeblich beeinflusst. Laut dem Gutachter wäre eine abgeschlossene Ausbildung als auch eine kontinuierliche Beschäftigung in den letzten Jahren möglich gewesen. Rechtlich ergebe sich daraus, dass der Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges abzuweisen sei.
Mit Schreiben vom 12.07.2018 beantragte die Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers die Übermittlung des Gutachtens vom 09.06.2018.
Mit weiterem Schreiben vom 30.07.2018 nahm die Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung und monierte eingangs, dass das Gutachten noch immer nicht übermittelt worden sei. Die Behörde sei unrichtigerweise davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer einem Beschäftigungsverhältnis an einem geschützten Arbeitsplatz über mehrere Jahre nachgekommen sei, dass keine wesentlichen Einschränkungen der Konzentrations- und Gedächtnisleistung vorlägen und beim Lesen, Rechnen und Schreiben keine wesentlichen Defizite bestünden. Diese Ausführungen würden auf den Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen gründen und sei aber der Beschwerdeführer gerade aufgrund seiner kognitiven Beeinträchtigung nicht in der Lage, den Unterschied zwischen einer Beschäftigungstherapieeinrichtung/Tageswerkstätte und einem geschützten Arbeitsplatz zu erkennen. Der Beschwerdeführer werde tatsächlich im Rahmen der Behindertenhilfe nach dem Chancengleichheitsgesetzes Wien (CGW) in einer Tageswerkstätte betreut. Die Leistung der Tagesstruktur sei gemäß § 9 CGW für Menschen mit Behinderung, die aktuell oder dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Der erste Eintritt in eine Beschäftigungstherapie sei am 03.09.1997 erfolgt und sei für den Beschwerdeführer aktuell noch bis zum 31.09.2018 bewilligt. Ein Antrag auf Weitergewährung werde von der Erwachsenenvertreterin rechtzeitig gestellt. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beeinträchtigung weder auf einem geförderten Arbeitsplatz, auf dem freien Arbeitsmarkt, noch in einem Integrativen Betrieb tätig gewesen sei oder tätig sein könne. Die Aussage des Sachverständigen stehe im Übrigen im Widerspruch zu der amtsbekannten Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit dem Tod seiner Eltern eine Waisenpension und die erhöhte Familienbeihilfe beziehe. Beide Ansprüche würden die Erwerbsunfähigkeit (Waisenpension) bzw. Selbsterhaltungsunfähigkeit (erhöhte Familienbeihilfe) voraussetzen.
Als Beweismittel wurden zwei Schreiben der Stadt Wien vom 30.10.2015 über die Zusage betreffend die Gewährung der Tagesstruktur bis zum 31.09.2018 sowie über die Gewährung des vollbetreuten Wohnens nach dem CGW bis zum 30.09.2018 in Vorlage gebracht.
Mit Eingabe vom 16.08.2018 legte die Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers eine Bestätigung des Fonds Soziales Wien (FSW) vom 09.08.2018 vor, aus der die Zeiten, in denen der Beschwerdeführer die Leistung der Tagesstruktur in Anspruch nahm, hervorgehen.
Zur Überprüfung der Einwendungen holte die belangte Behörde ein ergänzendes Sachverständigengutachten ein und führte der bereits befasste Facharzt für Psychiatrie in seinem Aktengutachten vom 08.09.2018 aus wie folgt:
„[…]
STELLUNGNAHME
Wie bereits im Gutachten durch den gefertigten Gutachter vom 9.6.2018 festgehalten wurde, kam es über die Jahre hindurch zu einer zunehmenden Besserung der psychischen Beschwerden, insbesondere der Konzentration als auch der Gedächtnisleitungen. Es kam auch zu einem Sistieren des zuerst bestehenden regelmäßigen Drogenkonsums. Natürlich bleibt dabei festzuhalten, dass durch die Hilfe und Unterstützung der Tagesstruktureinrichtungen hierbei eine wesentliche Stütze für Herrn XXXX geboten wurde, womit über die letzten Jahre eine wesentliche Besserung der psychischen Beschwerden eingetreten ist, wodurch ein kontinuierliches Beschäftigungsverhältnis möglich gewesen wäre und somit die kausale Gesundheitsschädigung den beruflichen Werdegang nicht maßgeblich beeinflusst hat.“
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 08.10.2018 gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 12.06.2017 auf Gewährung von Hilfeleistungen in Form von Zuschüssen für verbrechensbedingt notwendige psychotherapeutische Behandlungen für die Dauer der verbrechensbedingten Notwendigkeit statt (Spruchpunkt I.), wies jedoch den zugleich gestellten Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges nach den Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes ab (Spruchpunkt II.).
Als Sachverhalt stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer als eheliches Kind geboren worden und bei seinen Eltern aufgewachsen sei. Die Mutter habe während ihrer dritten Schwangerschaft an Depressionen gelitten und seien er und sein Bruder im Zuge der Trennung der Eltern auf deren Wunsch am 12.04.1984 in Gemeindepflege zur Familie Waschak gegeben worden. Aus den vorliegenden Unterlagen lasse sich ableiten, dass er während der Unterbringung bei der Pflegefamilie W. im Jahr 1984 Opfer von strafbaren Handlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 VOG geworden sei. Danach sei er zu einer anderen Pflegefamilie gekommen und habe dort bis 1998 gelebt, bis sich der Pflegevater außer Stande gesehen habe, den Beschwerdeführer weiter zu betreuen. Seit 2007 bestehe eine Sachwalterschaft und lebe der Beschwerdeführer seit 2010 in einer betreuten Wohngemeinschaft. Zu seinem beruflichen Verlauf sei festzustellen, dass er acht Jahre eine heilpädagogische Schule besucht und keinen Hauptschulabschluss habe. Seit 24.12.1999 bis laufend stehe er im Bezug einer Waisenpension von der Pensionsversicherungsanstalt. Von Jänner 2002 bis 18.03.2002 sei der Beschwerdeführer bei der Stadt Wien MA 48 tageweise, geringfügig beschäftigt gewesen. Seit 01.09.2005 bis laufend sei er aufgrund des Pensionsbezuges bei der Gebietskrankenkasse krankenversichert. Laut den eingeholten Sachverständigengutachten hätten die kausalen Gesundheitsschädigungen seinen beruflichen Werdegang nicht maßgeblich beeinflusst. Der Beschwerdeführer habe laut seinen eigenen Angaben einem Beschäftigungsverhältnis an einem geschützten Arbeitsplatz über mehrere Jahre nachkommen können. Laut dem Gutachter wäre eine abgeschlossene Ausbildung als auch eine kontinuierliche Beschäftigung in den letzten Jahren möglich gewesen.
Dem nochmaligen Ersuchen der Erwachsenenvertretung um Übermittlung der in diesem Verfahren erstellten Gutachten kam die belangte Behörde schließlich mit Schreiben vom 31.10.2018 nach und übermittelte das der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten vom 09.06.2018 sowie das ergänzende Aktengutachten vom 08.09.2018.
Mit Eingabe vom 30.11.2018 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Erwachsenenvertreterin, das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den den Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges abweisenden Teil des Bescheides (Spruchunkt II.) vom 08.10.2018. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Schreiben des Fonds Soziales Wien vom 08.09.2018 bestätige, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beeinträchtigung weder auf einem geförderten Arbeitsplatz, auf einem freien Arbeitsmarkt noch in einem Integrativen Betrieb tätig gewesen sei oder tätig sein könne. Er sei in den Jahren 2006 bis 2010 – entgegen dem Gutachten – in einer Einrichtung im Rahmen der Leistung „Tagesstruktur“ in der sogenannten „Backstube“ beschäftigt gewesen. Das Angebot richte sich an Menschen mit Behinderung, die aktuell oder dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Die arbeitstherapeutische Struktur unterstütze die Menschen dabei, ihre individuellen Fähigkeiten durch unterschiedliche Tätigkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln. Diese Menschen seien von der österreichischen Rechtsordnung nicht als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn angesehen. Sie verfügen – abgesehen von der gesetzlichen Unfallversicherung – über keine eigenständige sozialversicherungsrechtliche Absicherung. Der pädagogische Leiter des XXXX , der den Beschwerdeführer seit 2005 kenne, bestätige in seiner Stellungnahme aus November 2018, dass der psychisch labile Zustand des Beschwerdeführers ihn an einer geregelten Arbeit hindere. Die Selbstwahrnehmung und Darstellung des Beschwerdeführers stimme mit seinem Verhalten im Alltag nicht überein und seien alle Versuche, ihn in ein selbständigeres Betreuungssetting zu überführen, nicht erfüllbar gewesen. Eine weitere pädagogische Leiterin bestätige, dass der Beschwerdeführer für sämtliche Arbeitsprozesse in der Tagesstätte eine konkrete für ihn und mit ihm erstellte Planung, umfassende Anleitungen, Unterstützen, Ermutigung und Kontrolle durch Betreuungspersonen benötige. Abschließend werde bestätigt, dass eine Form der Arbeitsintegration nicht zielführend sei. Wie sich auch aus dem beiliegenden Therapieverlauf des Psychotherapeuten des Beschwerdeführers entnehmen lasse, sei es immer wieder zu Phasen einer emotionalen Instabilität des Beschwerdeführers und auch zu Rückfällen in sein Suchtverhalten gekommen. Er befinde sich seit 17.09.2013 in ambulanter Behandlung im Beratungs- und Betreuungszentrum. Davor sei er von 16.11.2010 bis 01.11.2011 in der Einrichtung „Marienhof“ in stationärer Therapie gewesen. Die gutachterlichen Ausführungen zur Drogenabstinenz, sowie zum Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses würden sich allein auf die Aussage des kognitiv beeinträchtigten Beschwerdeführers stützen. Die genannten und vorgelegten Beweise würden diese Aussage entkräften. Zusammenfassend spreche erheblich mehr für das Vorliegen der Voraussetzungen des VOG, als dagegen. Es werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, in welcher die Erwachsenenvertreterin als Zeugin einzuvernehmen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht gab am18.11.2020 bei XXXX , Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, ein auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierendes nervenfachärztliches Sachverständigengutachten in Auftrag. Die medizinische Sachverständige führt in Ihrem Gutachten vom 01.04.2021 Folgendes aus:
„SACHVERSTÄNDIGENGUTACHTEN
Beauftragt wird, nach Aufnahme der Anamnese und Erstellung eines Untersuchungsbefundes, nachfolgendes zu beurteilen bzw. dazu Stellung zu nehmen und ausführlich zu begründen:
1) Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten psychischen Gesundheitsschädigungen
2) Kausalität
2a) Welche der festgestellten psychischen Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit auf die von der Pflegemutter im Dezember 1984 verübte Straftat, nämlich die gröbliche Verletzung ihrer Verpflichtung zur Fürsorge und Obhut gegenüber dem Beschwerdeführer, indem sie trotz schwerer Verletzung des Beschwerdeführers keinen Arzt aufsuchte und dadurch dessen Gesundheit beträchtlich schädigte, zurückzuführen?
2b) Falls die festgestellte Straftat nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht ob diese als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.
Es wird ersucht ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung) der Straftat spricht und was dagegen.
3) Falls die Kausalität unter 2a) oder 2b) verneint wird, wird um ausführliche Stellungnahme ersucht, worauf die festgestellte psychische Leidenszustand zurückzuführen ist.
4) Liegt bei dem Beschwerdeführer eine Arbeitsunfähigkeit vor? Wenn ja, wegen der kausalen oder wegen der akausalen Gesundheitsschädigungen?
5) Falls die Kausalität unter Punkt 2) bejaht wird: Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, ob die kausalen Gesundheitsschädigungen maßgebliche Ursache für Zeiten sind, in denen der Beschwerdeführer nicht gearbeitet hat?
6) Kann aus medizinischer Sicht gesagt werden, ob es dem Beschwerdeführer aufgrund der kausalen Schädigung nicht möglich war eine adäquate Ausbildung zu absolvieren und einer langfristigen Beschäftigung nachzugehen?
Insbesondere ist auf die Sachverständigengutachten vom 02.07.2001, 11.10.2011 Bedacht zu nehmen.
Sachverhalt
Mit Bescheid des SozialMinisteriumService vom 8.10.2018 wurde Herrn XXXX nach dem VOG die Kostenübernahme für die psychotherapeutische Krankenbehandlung bewilligt. Hingegen wurde der Ersatz des Verdienstentganges mit der Begründung, dass die kausale Gesundheitsschädigung den beruflichen Werdegang des AW nicht maßgeblich beeinflusst hat, abgelehnt.
Gegen den Bescheid richtet sich, unter Vorlage der zusätzlichen Befunde/Bestätigungen die Beschwerde der Erwachsenenvertreterin, XXXX . Der Beschwerdeführer habe in seinem Lebensverlauf lediglich an einer Tagestruktur teilgenommen, da ihm /verbrechenskausal/ eine Arbeit auf einem geschützten Arbeitsplatz nicht möglich war.
Hr. XXXX wurde vom 12.04.1984 bis zum 21.12.1984 von einer Pflegefamilie betreut. Am 21.12.1984 wurden bei dem fast zwei Jahre alten Beschwerdeführer auffällige Verletzungen, welche zu einer stationären Behandlung im XXXX Kinderspital geführt haben, festgestellt.
Die gerichtlich beantragte Durchuntersuchung des BFs ergab:
1. Bluterguss im Stirnbereich
2. Blutunterlaufungen beider Augen
3. Blutunterlaufungen und Kratzwunden beider Arme
4. Zahlreiche Blutunterlaufungen im Bereich des Rückens
5. Blutunterlaufungen in der Lenden-Kreuzregion
6. Blutunterlaufungen über dem re. Beckenkamm
7. Blutunterlaufungen der re. Gesäßbacke
8. Ausgedehnter Bluterguss am re. Unterschenkel, re. Sprunggelenk, Schwellung der Mittelfußregion
9. Hautabschürfungen an der Außenseite des re. Fußrückens
10. Keine traumatischen Knochenveränderungen im Schädel
11. Keine radiologischen Auffälligkeiten im Becken und linken Oberschenkel
12. Radiologischer Zustand nach einer Spiralfraktur des Unterschenkels re.
13. Keine radiologischen Auffälligkeiten in der Wirbelsäule, insbesondere keine traumatischen Schädigungen
14. Keine radiologischen Auffälligkeiten im Thoraxbereich
15. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen entsprechen einer schweren Körperverletzung
Eine konservative Therapie mit Gipsverband und Schonung wurde veranlasst bzw. durchgeführt.
Am 18.01.1985 konnte der BF im guten Allgemeinzustand zur leiblichen Mutter entlassen werden.
In der Hauptverhandlung hat die Pflegemutter vorgebracht, dass die bei dem BF vorgelegenen Verletzungen auf einen Rodelunfall vom 16.12.1984 und einen Treppensturz vom 18.12.1984 zurückzuführen seien.
Die Pflegemutter wurde wegen des Vergehens des Quälens und Vernachlässigen eines Unmündigen verurteilt. Der Pflegevater wurde freigesprochen.
Entgegen dem Vorbringen des BFs konnte im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden, dass er von seinen Pflegeeltern misshandelt wurde.
Hr. XXXX bezieht eine Heimopferrente und erhöhte Familienbeihilfe.
Beruflicher Werdegang des Beschwerdeführers:
8 Jahre heilpädagogische Schule ohne Schulabschluss
Tagesstruktur gemäß § Chancengleichheitsgesetz in den Zeiträumen:
03.09.1999 bis 31.08.2000 Jugend am Werk
03.09.2001 bis 20.05.2005 Caritas XXXX
21.05.2006 bis 05.03.2010 XXXX
14.05.2010 bis 16.11.2010 Lebenshilfe XXXX Gemeinnütziges Sozialtherapeutikum XXXX - laufend
Der Beschwerdeführer ist seit 2004 besachwaltet.
Aus den medizinischen/pädagogischen Befunden und Bestätigungen im Akt
Kontradiktische Befragung des SV XXXX , FA f. Kinder- u. Jugendpsychiatrie zu seinem GA in der HV am 28.01.1997
• Diagnosen: Intelligenz am Rande der Norm, Persönlichkeits- Entwicklungsstörung
Psychiatrisches Gutachten vom 2.07.2001, erstellt im Rahmen des Sach-Entwicklungsstörung, SV XXXX
• Diagnosen: schwere Entwicklungsretardierung mit ausgeprägten intellektuellen und emotionalen Beeinträchtigungen im Sinne einer schweren psychischen Behinderung
Feststellungen: Eine Besachwaltung für alle finanziellen Angelegenheiten von großer Tragweite sowie Vertretung vor Behörden und Institutionen erscheint notwendig.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass durch therapeutische Maßnahmen eine Beseitigung der bestehenden Behinderung erreichbar ist.
Neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 31.10.2006 nach dem FLAG und BBG, XXXX , FÄ f. Neurologie und Psychiatrie
• Diagnosen: Oligophrenie, Dysphorie GdB: 50vH
Neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 11.10.2011 nach dem BBG XXXX , FÄ f. Neurologie und Psychiatrie
• Diagnosen: Mittelgradige Intelligenzminderung, rezidivierende depressive Episoden mit Suizidgedanken
GdB: 60vH – Dauerzustand
EEG – Kl. f. Neurologie XXXX 2018 (dem GA von XXXX entnommen)
Keine Normabweichungen festgestellt.
Stationärer Aufenthalt von 23.02. bis 06.03.2018, KH XXXX , Abtg. f. Psychiatrie (dem GA von XXXX entnommen)
• Diagnosen: Diabetes mellitus Typ II, Adipositas, emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Facharztbefund Dr. Sailer vom 24.08.2018 (dem GA von XXXX entnommen)
• Diagnose: Impulskontrollstörung
Gutachten SMS vom 09.06.2018, XXXX FA f. Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
• Diagnosen: emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Z.n.
Polytoxikomanie, leichtes kognitives Defizit
Kausalität: Die Gesundheitsschädigungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die aktenkundigen Straftaten zurückzuführen, da sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung ausübten. Der maßgebliche Einfluss der kausalen Gesundheitsschädigung auf den beruflichen Werdegang lässt sich nicht nachweisen.
Herr XXXX habe einem Beschäftigungsverhältnis an einem geschützten Arbeitsplatz über mehrere Jahre aufrechterhalten können. Es sind keine Defizite in der Konzentrations- und Gedächtnisleistung sowie beim Lesen, Rechnen und Schreiben diagnostizierbar. Eine abgeschlossene Ausbildung und eine kontinuierliche Beschäftigung wäre dem AW seit 2010 (kein Drogenkonsum mehr) möglich gewesen.
Eine psychotherapeutische Krankenbehandlung wird verbrechensbedingt mit 25 Einheiten befürwortet.
Stellungnahme des VertretungsNetzes vom 30.07.2018
Herr XXXX ist aufgrund seiner kognitiven Beeinträchtigung nicht in der Lage, den Unterschied zwischen einer Beschäftigungstherapieeinrichtung / Tageswerkstätte und einem geschützten Arbeitsplatz zu treffen.
Ergänzungsgutachten SMS vom 08.09.2018, XXXX FA f. Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
Feststellung
Infolge der Besserung des psychischen Zustandes im Laufe der Jahre, insbesondere der Konzentration und der Gedächtnisleistungen wäre ein kontinuierliches Beschäftigungsverhältnis für Herrn XXXX möglich gewesen.
Stellungnahme des pädagogischen Leiters des XXXX , Hrn. XXXX , Nov.2018
Aufenthalt im KS Haus nach einem Gefängnisaufenthalt von 2006 bis 2010. Hr. XXXX konnte längerfristig nur in beschäftigungstherapeutischen Bereichen eingesetzt werden. Trotz Talenten und Fertigkeiten waren wegen der psychischen Labilität und Überforderung Versuche einer geregelten Arbeit zum Scheitern verurteilt. Seine Selbstwahrnehmung und Darstellung stimmen nicht mit dem Verhalten im Alltag überein.
Therapieverlaufsbericht vom 20.11.2018, XXXX , stationärer Aufenthalt 16.11.2010 bis 1.11.2011, ambulante Betreuung seit 17.09.2013
Im Verlauf der Therapie zeigten sich Phasen emotionaler Instabilität und Rückfälle in sein Suchtverhalten mit starker Überforderung bei Veränderungen und externen Reizen.
Als wichtig erwiesen sich klare Tagesabläufe, eingeübte Rituale und fixe Bezugs- und Betreuungspersonen.
Überforderung könnte bei ihm erneut den Suchtdruck erhöhen.
Beigebrachte Schriftstücke
Zusammenfassung der Betreuung im sozialpsychiatrischen Ambulatorium Landstraße vom 18.03.2003
Phasenweise Betreuung seit dem 12. LJ, mit ambulanter fallweise stationärer Betreuung.
Problematik: expansive Verhaltensweisen mit Impulsdurchbrüchen bei depressiv gereizter Grundstimmung, welche zu wiederholten Beziehungsabbrüchen führten.
Vorgeschichte: traumatische frühkindliche Lebensgeschichte - bis zum Alter von dreieinhalb Jahren in Betreuung der leiblichen Eltern, Misshandlung durch den leiblichen Vater bei Alkoholproblematik beider Eltern.
Fremdpflege ab dreieinhalb Jahren, zusammen mit dem jüngeren Bruder. Die weiteren Geschwister wurden vom Großelternsystem betreut. Scheidung der Pflegeeltern, als der Patient sechs Jahre alt war, beide Kinder verblieben beim Pflegevater.
Beschulung und Hortbetreuung in einer Spezialeinrichtung für autistische Kinder, wiewohl nie ein autistisches Syndrom diagnostiziert wurde.
Anlass der Erstvorstellung im Dezember 94: expansive Verhaltensweisen bei emotionaler Irritation.
Ein ambulanter testpsychologische Befund 1995 ergab eine deutliche Identitätsunsicherheit, hohe emotionale Belastung und Ängstlichkeit, geringe Ich-Stabilität und fehlende Affektkontrolle.
Erneute Vorstellung im Juni 1999, in einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft für Behinderte untergebracht, aufgrund der Verhaltensweisen weiteres Verbleiben beim Pflegevater unmöglich, weiterer Kontakt zum Pflegevater wurde gewünscht und aufrechterhalten.
Psychologischer Test ergab, bei intellektueller Leistungsfähigkeit am unteren Rand der Norm, Hinweise auf unerfüllte Beziehungssehnsüchte, massive Selbstwertproblematik bei depressiv gereizter Grundstimmung, fehlende Bewältigungsmechanismen für Krisen und Enttäuschungen, welche als eigenes Versagen erlebt werden.
Eine einzelpsychotherapeutische Betreuung, immer wieder empfohlen, wurde leider nicht umgesetzt.
Zusammenfassend handelt es sich bei Hrn. XXXX um einen jungen Mann mit multiplen Traumatisierungen in der Vorgeschichte durch frühkindliche Misshandlung/Vernachlässigung sowie wiederholte Beziehungsabbrüche.
Klinisch wurde eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung mit depressiver und impulsiver Komponente bei intellektueller Begabung an der unteren Grenze der Norm diagnostiziert.
• Diagnose: Persönlichkeitsentwicklung Störung vom emotional instabilen Typ F 60.3.
Bericht über stationäre Betreuung 1999, XXXX
Vorübergehende Unterbringung über Zuweisung des neurologischen Krankenhauses XXXX , Kontakte zum Pflegevater, dem Bewährungshelfer und dem behandelten Arzt wurden vereinbart.
Grund der Aufnahme: Verschlechterung des Verhaltens in der WG: Verweigerung der Einnahme von Medikamenten und der Zusammenarbeit mit den Betreuern, mangelnde Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Nach Impulsdurchbruch war eine Notunterbringung im KH notwendig, welche sich als längerfristig als nicht realisierbar dargestellt hatte.
Es folgte die Unterbringung bei der leiblichen Mutter, welche kurz darauf gestorben ist. Herr XXXX verblieb beim Lebensgefährten der Mutter.
Fachärztliche Bestätigung vom 7.03.2000, neuropsychiatrische Abteilung für Kinder und Jugendliche am XXXX
• Diagnosen: Persönlichkeitsentwicklungsstörung und leichter intellektueller Entwicklungsrückstand.
Ambulante Betreuung, integriert in einer beschäftigungstherapeutischen Werkstätte, Leben in einer betreuten Einzelwohnung organisiert.
Arztbrief Ambulatorium Landstraße vom 6.04.2004
Ablehnung der weiteren Medikation, symptomatisch Kokain- und Cannabisabusus. Besuch der Schule und Beschäftigungstherapie nur sporadisch, besachwaltet, Valproinsäure wurde laut Blutspiegel eingenommen.
Arztbrief, XXXX 11.10.2011
• Diagnosen: Zustand nach Polytoxikomanie F 19.2, emotional instabile Persönlichkeitsstörung F 60.3.
Aus der Anamnese ergibt sich der erste Drogenkonsum mit 14 Jahren: THC, später zunehmend Kokain und Heroin, stationäre Langzeittherapie. Besserung nach stationärem Aufenthalt vom 16.11.2010 bis 31.10.2011, Risperidol consta Therapie wurde etabliert.
Verlegung ins Betreute Wohnen XXXX , Nachbetreuung in der Ambulanz vom XXXX .
Bericht über den Aufenthalt vom 16.11.2010 bis 1.11.2011, XXXX
Verzeichnet wurden Phasen emotionaler Instabilität und Rückfälle in das Suchtverhalten, psychomotorische Unruhe und Anspannung, welche die Verarbeitung der Lebensgeschichte erschwerten. Gewohnte Umgebung, klare Abläufe, eingeübte Rituale und fixe Bezugs- und Betreuungspersonen für die emotionale Stabilität wichtig und hilfreich, raschere Überforderung durch irritierende Einflüsse von außen. Der Patient war bemüht nach seinen Möglichkeiten die therapeutischen Einheiten zu nutzen und einen Umgang mit Stress und vor allem auslösenden Faktoren zu finden.
XXXX , Stellungnahme zum Arbeitsverhalten vom 26.11.2018
Hr. XXXX hat an verschiedentlichen Beschäftigungsprozessen teilgenommen. Für sämtliche Arbeitsprozesse benötigte er eine konkrete, für ihn erstellte Planung, umfassende Anleitungen, Unterstützung, Ermutigung und Kontrolle durch eine Betreuungsperson.
Die Tagesverfassung, häufige Stimmungsschwankungen, zeitweise gereizte Stimmung und Konflikte mit Kollegen haben seine Arbeitsleistung bestimmt. Er habe die Rückzugsmöglichkeiten, regelmäßige Pause, intensive Gespräche, um seine persönlichen Probleme zu reflektieren, benötigt. Eine Arbeitsintegration insb. aufgrund seiner geringer Frustrationstoleranz und Ausdauer wäre zum Scheitern verurteilt.
Psychopharmakologische Therapie lt. Medikamentenliste:
Früh
Mittag
Abend
Nacht
Zusatzmed.
Seroquel 25 mg
4x1 Tbl.
Depakine chrono ret. 300mg
1
2
Cipralex 10 mg
2
Seroquel 25 mg
2
Risperidol consta 25 mg/2Wochen im
Seroquel 50 mg
1
Dominal forte
1
Lebensgeschichte – Informationen aus dem Aktenstudium und aus der nachgereichten Dokumentation
Unterbringungen:
Ursprungsfamilie
Eheliche Geburt, Mutter litt an Depressionen, mit Psychopharmaka behandelt.
Dokumentierte Misshandlung durch den leiblichen Vater bei Alkoholproblematik beider Eltern.
Übergabe des BF und seines Bruders in die Gemeindepflege
Unterbringung in der ersten Pflegefamilie (zusammen mit seinem Bruder)
12.04.1984 – 21.12.1984 (schwere Körperverletzung, Verurteilung der Pflegemutter wegen Quälens und Vernachlässigen eines Unmündigen
Widerruf der Pflege
Aufenthalt im XXXX Kinderspital vom 21.12.1984 -18.01.1985
Übernahme durch die leibliche Mutter, der längere Aufenthalt bei dieser nicht möglich.
Unterbringung in der zweiten Pflegefamilie, Scheidung der Pflegeeltern als der BF 6 a war.
Aufwachsen beim Pflegevater bis zum 16 LJ., weiterhin guter Kontakt zum Pflegevater. Wegen erzieherischen Problemen weitere Unterbringung nicht möglich.
Wiederholte Unterbringung bei der leiblichen Mutter
Verschiedene Wohngemeinschaften
Entwicklung:
Entwicklungsverzögerung bereits mit 3 Jahren vermerkt – konnte nicht sprechen.
Beschulung und Hortbetreuung in einer Spezialeinrichtung für autistische Kinder, wiewohl nie ein autistisches Syndrom diagnostiziert wurde. 8 Jahre der heilpädagogischen Schule, Ausscheiden ohne Abschluss
V.a. Missbrauch durch einen Mitschüler der ASO, dieser wurde nicht verurteilt.
Durchgängige, mehrfach dokumentierte Verhaltensauffälligkeiten in Bereichen der emotionalen und intellektuellen Entwicklung (dauerhafte geistige Behinderung).
Berufliche Laufbahn
Bezug der Waisenpension und erhöhter Familienbeihilfe seit 24.12.1999
Beschäftigungstherapie Fonds Soziales Wien seit 3.09.1997.
Vollbetreutes Wohnen und Tagesstruktur Gemeinnütziges Sozialtherapeutikum XXXX mit Beschäftigung in einer Tageswerkstätte von 1.10.2015 bis 30.9.2018
Geringfügige Beschäftigung Jänner 2003 bis 18.03.2003 (nur tageweise)
Gutachterliche Untersuchung am 09.02.2021 im Ärztezentrum XXXX
BF ausgewiesen mit dem Behindertenpass Nr.: XXXX
Begleitperson - Erwachsenenvertreterin XXXX , Führerschein Nr.: XXXX
Anamnese
Hr. XXXX gibt an:
Er sei zurzeit in XXXX wohnhaft und nehme an der Beschäftigungstherapie (Küche) im Ausmaß von 38 Std./Woche teil und beziehe dafür ein Taschengeld.
Durch Disziplin und Bewegung sei es ihm gelungen, seine gesundheitlichen Probleme in den Griff zu bekommen (BZ vom 500mg% sei auf 102mg% herabgesunken).
Er werde demnächst in eine Wohngruppengemeinschaft am XXXX , gegründet durch seinen langjährigen Betreuer, den er seit über 12 Jahren kenne, Herrn XXXX , übersiedeln. Was ihm wichtig sei: er werde in der Nähe zu seinem Pflegevater, welchen er Vater nennt, übersiedeln.
Er sei seit 10 Jahren im Betreuten Wohnen XXXX , habe früher in der Backstube gearbeitet. Am WE backe er Brot für die gesamte Gruppe, am WE gehe er einkaufen.
In den anderen Gruppen habe es Probleme mit den Kollegen geben.
Er nehme Medikamente gegen Diabetes und auch welche, um ruhiger zu werden, damit es ihm besser gehe. Diese werden ihm durch den Betreuer ausgehändigt. Ohne Medikamente sei er grantig gewesen, wenn ihm etwas nicht gepasst hatte. Jetzt gehe es ihm „super“. Er nehme die Medikamente seit 2011 durchgehend.
Er gehe 21:00/21:30 schlafen, stehe um 6:30 auf und bereite sich auf die Arbeit vor. Für gewöhnlich könne er gut schlafen, manchmal werde er in der Nacht munter.
Seine „richtige“ Mama sei mit 45 a gestorben, er habe nicht lange bei ihr gelebt. Nach ihrem Ableben eine Zeitlang bei ihrem Lebensgefährten. Sein „richtiger“ Papa sei vor 11/2 gestorben. Er habe in Waldviertel gewohnt. Zu diesem habe er lange keinen Kontakt gehabt.
Bei der 2. Pflegefamilie sei sein Bruder XXXX immer mit dabei gewesen.
Sein jüngerer Bruder, mit dem er lange zusammen untergebracht gewesen sei, sei drogensüchtig gewesen und an einer Überdosis gestorben. Sein Bruder sei ein Maschinenschlosser gewesen und habe den Präsenzdienst absolviert.
Ein anderer Bruder sei bei der Familie XXXX geblieben.
Er sei beim XXXX wegen Drogen gewesen. Er habe alles Mögliche geraucht und konsumiert, sei deswegen in XXXX im KH gewesen und später beim XXXX . Nun rauche er nur mehr Zigaretten 1 Pkg/Tag.
Er sei früher als Kind und Jugendlicher auf der Psychiatrie gewesen. Er sei „wild“ gewesen und habe jedem seine Meinung gleich gesagt.
Er sei in vielen sozialtherapeutischen Gemeinschaften untergebracht gewesen.
Befragt zum Missbrauch in der Schule sagt er, er wolle nicht darüber reden.
Befragt zu schulischen Bildung: Er sei in der VS, HS und ASO gewesen, habe keine Klasse wiederholt.
Freizeitbeschäftigung: Fernsehen, Spazieren, Freunde treffen, Spiele spielen im Glashaus Chili anbauen. Erzählt viel über besonders scharfe Chilisorten.
Klinische Untersuchung am 09.02.2021
Körperlicher/ neurologischer Befund:
Leicht adipöser Habitus, gepflegtes Aussehen, Erscheinung jünger als sein Alter, aufwendige Tätowierungen re. OA und li. Wade, Flinsel re. Ohr.
Neurostatus
Kopf normal konfiguriert, kein Meningismus, kein Hinweis auf eine Hirnnervenstörung
HWS frei beweglich, kein Palpationsschmerz
BWS verstärkte Kyphose
O. Extremität Kraft, Trophik, Tonus, Beweglichkeit in den Armgelenken
o.B., MER erhalten, keine Kontrakturen oder Muskelverkürzungen
LWS Nicht druckdolent, kein Lasègue
U. Extremität Kraft, Trophik, Tonus, Beweglichkeit in den Beingelen-ken seitengleich normal, MER erhalten.
Keine epileptischen Anfälle
Psychopathologischer Befund
Herr XXXX ist zum Zeitpunkt der Untersuchung bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert; im Kontaktverhalten bemüht.
Das Denken ist inhaltlich wenig differenziert, verarmt, mit begrenzter Umstellbarkeit, die Sprache im Konkreten verhaftet, im leicht verminderten bis normalen Tempo, die Psychomotorik leicht verlangsamt.
Die zentralen kognitiven Leistungen wie Begriffsbildung, Abstraktionen, schlussfolgendes Denken sind eingeschränkt.
Es ergeben sich keine Hinweise auf eine wahnhafte Realitätswahrnehmung oder Sinnestäuschungen.
Einbuße in der Aufmerksamkeit und Konzentration finden sich klinisch nicht.
Die Stimmungslage ist indifferent, die Affizierbarkeit verflacht. Hinweise auf überschießende affektive Reaktionen lassen sich nicht beobachten, möglicherweise aufgrund der etablierten Medikation.
Manifeste Nebenwirkungen der polypharmakologischen Medikation finden sich dennoch nicht. Bei enger therapeutischer Anbindung besteht eine gute Therapieadhärenz.
Der Vergleich der Selbsteinschätzung des Untersuchten mit den Beschreibungen seiner sozialen Kompetenzen und psychischen Fähigkeiten in den vorgelegten therapeutischen Berichten zeigt deutlich seine geminderte/falsifizierte Eigenwahrnehmung, welche, verstärkt durch die emotionale Labilität durchaus zu Überforderung führen kann.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung ergibt sich kein Hinweis auf Intrusionen oder Vermeidungsverhalten, keine Suizidalität.
Beantwortung der Fragestellungen mit ausführlicher Begründung
1) Medizinisch exakte Bezeichnung der festgestellten psychischen Gesundheitsschädigungen
Ad 1)
Bei den Untersuchten lassen sich folgende psychiatrische Diagnosen stellen:
• Grenzwertige intellektuelle Entwicklung
• Emotional instabile Persönlichkeit[s]störung, medikamentös behandelt
2) Kausalität
2a) Welche der festgestellten psychischen Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit auf die von der Pflegemutter im Dezember 1984 verübte Straftat, nämlich die gröbliche Verletzung ihrer Verpflichtung zur Fürsorge und Obhut gegenüber dem Beschwerdeführer, indem sie trotz schwerer Verletzung des Beschwerdeführers keinen Arzt aufsuchte und dadurch dessen Gesundheit beträchtlich schädigte, zurückzuführen?
2b) Falls die festgestellte Straftat nicht alleinige Ursache ist, wird um Beurteilung ersucht ob diese als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat.
Es wird ersucht ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss (vorzeitige Auslösung und/oder Verschlimmerung) der Straftat spricht und was dagegen.
Ad 2)
• Die grenzwertige intellektuelle Entwicklung ist anlagebedingt (angeboren) und nicht auf die angeschuldigten Ereignisse zurückzuführen.