Entscheidungsdatum
19.10.2021Norm
AVG §38Spruch
W170 2239979-2/35Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH im Verfahren über die Beschwerde XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Marcus Hohenecker, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts Josefstadt vom 10.02.2021, Zl. Jv 148/21a-39, beschlossen:
A)
I. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde wird gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
II. Das Verfahren wird gemäß §§ 38 AVG, 17 VwGVG bis zur rechtskräftigen Erledigung des durch die Anzeige des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.10.2021, W170 2239979-2/34Z, an die Staatsanwaltschaft Wien eingeleiteten Strafverfahrens ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 27.09.2021 hat der (zu diesem Zeitpunkt bereits durch den im Spruch bezeichneten Rechtsanwalt vertretene) XXXX durch den Boten XXXX beim Infopoint des Bundesverwaltungsgerichts einen USB-Stick „als Beweismittel zu Verfahren W170 2239979-2/7Z“ abgeben lassen. Dieser wurde in weiterer Folge durch die Kanzlei dem verfahrensführenden Richter vorgelegt.
Auf dem USB Stick konnten vier Videos mit Ton gesichtet werden, die offensichtlich zum Teil im und zum Teil vor dem Bezirksgericht Josefstadt aufgenommen wurde und zum Teil den Eindruck erwecken, dass versucht wurde, die Videos versteckt aufzunehmen. In diesen ist etwa der Ablauf einer Amtshandlung durch ein Justizorgan in Wort und Bild dokumentiert.
Dass die aufgenommenen Personen das Einverständnis zur Weitergabe gegeben haben, wurde nicht einmal behauptet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 11.10.2021, W170 2239979-2/34Z, den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft Wien zur Anzeige gebracht.
In der Beschwerdesache W170 2239979-2 hat bis dato keine mündliche Verhandlung stattgefunden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, hinsichtlich des Inhaltes und der Umstände der Aufnahme der Videos aus einer Sichtung dieser.
So ist im „V1_Beilage_Auftrag_im Wartebereich_zu_schreiben.mp4“ bezeichneten Video zu sehen, dass der Aufnehmende zeitweise (etwa Sekunde 5 bis 12) die Hand vor die Kamera hält bzw. den Boden filmt, als ob dieser das Handy „normal“ in der Hand hält. Diese Umstände sprechen dafür, dass versucht wurde, die Anfertigung der Aufnahme versteckt durchzuführen.
Dass nicht einmal behauptet wurde, dass die aufgenommenen Personen das Einverständnis zur Weitergabe gegeben haben, ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 22 Abs.2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden die aufschiebende Wirkung der Beschwerde durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Gemäß § 120 Abs. 2 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen, wer ohne Einverständnis des Sprechenden die Tonaufnahme einer nicht öffentlichen Äußerung eines anderen einem Dritten, für den sie nicht bestimmt ist, zugänglich macht oder eine solche Aufnahme veröffentlicht.
Der Beschwerdeführer hat Äußerungen eines Justizorgans aufgenommen und an das Bundesverwaltungsgericht weitergegeben. Ihm musste klar sein, dass er diese Äußerungen damit zumindest dem erkennenden Richter, also einem Dritter, für den diese Äußerung nicht bestimmt waren, zugänglich macht.
Da auch noch keine Verhandlung mit einer Befragung des Justizorgans stattgefunden hat, in der dieses den Sachverhalt etwa anders als auf der Aufnahme ersichtlich geschildert hat, lag zum Zeitpunkt der Weitergabe der Aufzeichnungen jedenfalls kein Beweisnotstand vor.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts besteht daher der Verdacht, dass der Beschwerdeführer eine gegen Justizorgane gerichtete strafbare Handlung begangen sowie gegen die Hausordnung, deren Punkt 6. Bild- und Tonaufnahmen im Eingangsbereich verbietet, verstoßen.
Daher wiegen die öffentlichen Interessen, den Zugang des Beschwerdeführers zum Bezirksgericht Josefstadt zu beschränken, schwerer als das Interesse des Beschwerdeführers dieses Gericht nach seinem Gutdünken zu betreten, zumal er ja weiterhin, wenn auch in Begleitung der Polizei oder eines Wachorgans seine Angelegenheiten am Bezirksgericht Josefstadt regeln kann.
Da der Beschwerdeführer in der Vergangenheit regelmäßig am Bezirksgericht Josefstadt anwesend war und dort auch vier Aufnahmen erstellt hat, liegt auch Gefahr im Verzug vor. Es ist daher der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen das Hausverbot auszusprechen.
3.2. Zur Aussetzung des Verfahrens:
Gemäß §§ 38 AVG, 17 VwGVG ist das Verwaltungsgericht, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Es kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Gegenständlich wurde der Beschwerdeführer wegen einer vorsätzlichen verübten, gerichtlich strafbaren Handlung angezeigt, die sich gegen Justizorgane des Bezirksgerichts Josefstadt richtet. Deren Vorliegen stellt eine erhebliche Vorfrage im gegenständlichen Verfahren dar und wird daher das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens ausgesetzt, zumal es in anderen, vergleichbaren Fällen bereits zu entsprechenden Verurteilungen gekommen ist (siehe etwa das Berufungsurteil des Landesgerichtes Wels vom 27.08.2021, 42 Bl 23/21x).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es ist keine offene Rechtsfrage zu sehen, die Revision daher nicht zulässig.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Aussetzung Beweismittel Gefahr im Verzug Strafverfahren Videoaufnahme VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2239979.2.00Im RIS seit
24.11.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021