Entscheidungsdatum
19.10.2021Norm
AlVG §24Spruch
I407 2236314-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter Florian TAUBER und Mag. Stefan WANNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Wolfeggstraße 1, 6900 Bregenz, gegen die Bescheide des AMS XXXX vom 29.07.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.10.2020 beschlossen:
I.
Gemäß § 62 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 iVm § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz wird das am 13.09.2021 mündlich verkündete Erkenntnis sowie die schriftliche Ausfertigung vom 14.10.2021 dahingehend berichtigt, dass Spruchpunkt A zu lauten hat:
„A. Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass
I. der Bescheid des AMS Bregenz vom 29.07.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.10.2020, mit welchem der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 04.04.2019 bis 03.01.2020 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 4.592,04 verpflichtet wurde, hinsichtlich der Rückzahlungspflicht ersatzlos behoben wird. Hinsichtlich des Widerrufes des zu Unrecht empfangenen Arbeitslosengeldes wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. der Bescheid des AMS Bregenz vom 29.07.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.10.2020, mit welchem der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum 17.02.2020 bis 31.05.2020 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 3.541,72 verpflichtet wurde, hinsichtlich der Rückzahlungspflicht ersatzlos behoben wird. Hinsichtlich des Widerrufes der zu Unrecht empfangenen Notstandshilfe wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
III. Die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Bregenz vom 29.07.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.10.2020 mit welchem der Bezug der Notstandshilfe ab dem 01.06.2020 widerrufen wurde. wird als unbegründet abgewiesen.“
II.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bregenz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.07.2020 wurde ausgesprochen, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 04.04.2019 bis zum 03.01.2020 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des zu Unrecht empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von Euro 4.592,04 verpflichtet werde.
Mit weiterem Bescheid des AMS Bregenz vom 29.07.2020 wurde ausgesprochen, dass der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 17.02.2020 bis zum 31.05.2020 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der zu Unrecht empfangenen Notstandshilfe in Höhe von Euro 3.541,72 verpflichtet werde.
Zuletzt wurde mit weiterem Bescheid vom 29.07.2020 ausgesprochen, dass der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab dem 01.06.2020 widerrufen werde.
2. Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass ihm Bewährungshilfe angeordnet worden sei. Diese sei Teil der Freiheitsstrafe und er sei daher verpflichtet gewesen, in Österreich zu bleiben. Das Aufenthaltsverbot sei daher weder durchsetzbar noch vollstreckbar gewesen. Zur Ausreise sei er vom BFA erst mit 19.06.2020 aufgefordert worden. Außerdem habe der Beschwerdeführer nichts verschwiegen und auch keine falschen Angaben gemacht. Zudem sei das Aufenthaltsverbot unionsrechtswidrig.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.10.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und bestätigte die drei Bescheide vom 29.07.2020 (Spruchpunkt I). Zugleich schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs 2 VwGVG aus (Spruchpunkt II).
4. Mit Schriftsatz vom 20.10.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
5. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Arbeitslosenunterstützung sowie für die Rückzahlungspflicht der zu Unrecht empfangen Leistungen wurde vom Bundesverwaltungsgericht geprüft und ergab sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, dass der Beschwerdeführer die betreffenden Unterstützungsleistungen zu Unrecht empfangen hatte, die Voraussetzungen für die Rückforderung der Leistungen jedoch nicht vorliegen.
6. Der Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts stattgegeben. Das Erkenntnis wurde am 13.09.2021 mündlich verkündet und am 14.10.2021 schriftlich ausgefertigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerde wurde mit am 13.09.2021 mündlich verkündetem Erkenntnis stattgegeben. Dabei ist dem Bundesverwaltungsgericht ein offenkundiger Fehler unterlaufen, da die in der rechtlichen Beurteilung klar herausgearbeitete Rechtmäßigkeit des Widerrufes im Spruch nicht explizit ausgeführt wurde.
Es handelt sich dabei um einen einem Schreibfehler gleichzuhaltenden Fehler, der offenbar auf einem Versehen beruht.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt und die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil I) Berichtigung:
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann das Bundesverwaltungsgericht Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Entscheidungen jederzeit von Amts wegen berichtigen. Dies gilt auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, weil gemäß § 17 VwGVG 2014 die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG auch von diesen anzuwenden ist (vgl. VwGH 2.8.2019, Ra 2019/09/0056)
Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ist dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozessökonomie dadurch dienen, dass offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können.
Der Zweck des in Rede stehenden Instituts ist es, den Wortlaut des Bescheides bzw. Erkenntnisses (in Spruch oder Begründung) von textlichen Unstimmigkeiten zu reinigen, die den wahren Sinn des Bescheides nicht in Frage stellen können, weil sie aus dem inhaltlichen Zusammenhang heraus als ein bloßes Versehen bei der Textgestaltung in die Augen springen. Mithin sind insbesondere solche Unrichtigkeiten einer Berichtigung zugänglich, die darin bestehen, daß der tatsächliche Inhalt des Spruches des Bescheides von dem in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt abweicht und den von der Behörde ihrem Bescheid offensichtlich zugrunde gelegten Gedanken unrichtig wiedergibt (vgl. etwa VwGH 31.03.2009, 2005/10/0132).
Einem Berichtigungsbescheid (hier: Berichtigungsbeschluss) kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes der berichtigten Entscheidung schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung. Einem solchem Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des VwGH, dass ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid im Sinne des Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 14.10.2003, Zl. 2001/05/0632).
Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG stellt keine Entscheidung in der Sache dar und hat daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG in Form eines Beschlusses zu erfolgen.
Im vorliegenden Fall geht aus dem Wortlaut der rechtlichen Begründung insgesamt deutlich hervor, der ausgesprochene Widerruf des Bezuges des Arbeitslosengeldes zurecht erfolgt ist.
Diesbezüglich wurde in der schriftlichen Ausfertigung des am 13.09.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses zunächst die relevanten Bestimmungen des AlVG zitiert. Demnach steht Arbeitslosengeld demjenigen zu der, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs 1 Z 1 AlVG), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3). Gemäß Abs. 2 leg cit steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf. Diesbezüglich wird im Abs 3 der genannten Bestimmung spezifiziert, dass eine Person der Arbwitsvermittlung eben dann zur Verfügung steht, wenn sie „[…] sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen.“
Auf Seite 9 der gegenständlichen Ausfertigung wird weiter erläutert, dass gemäß § 24 Abs 2 AlVG eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung widerrufen werden kann, wenn sie sich im Nachhinein als gesetzlich nicht begründet erweist. Dies auch dann, wenn dem AMS oder auch dem Arbeitslosen die Gründe für die gesetzwidrige Gewährung bzw. unrechtmäßigen Bezug nicht bekannt waren.
Auf Seite 11 der schriftlichen Ausfertigung findet sich folgende Passage: „Im hier gegenständlichen Fall wurde gegen den Beschwerdeführer, dem als Unionsbürger das Recht der Freizügigkeit zukommt, ein Aufenthaltsverbot verhängt. Der Beschwerdeführer verlor daher sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß § 10 Abs. 1 NAG und hielt sich damit nicht berechtigt in Österreich auf. Gemäß § 70 FPG wird ein Aufenthaltsverbot mit der Rechtskraft durchsetzbar. Die Durchsetzbarkeit ist für die Dauer einer Strafhaft aufgeschoben. Aus dieser Aufschiebung resultiert jedoch kein rechtmäßiger Aufenthalt. Mangels Aufenthaltsrecht stand der Beschwerdeführer nicht am österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung.“
Weiter wurde in der rechtlichen Begründung klar ausgeführt, dass das Bestehen eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls eine maßgebliche Tatsache für den Fortbestand des Anspruches auf Arbeitslosengeld darstellt.
Insgesamt geht so aus der rechtlichen Begründung klar hervor, dass die Rechtmäßigkeit des Widerrufes vom erkennenden Gericht nicht angezweifelt wurde.
Zudem wurde ausgiebig dargelegt, dass eine Rückforderung der unberechtigt empfangenen Unterstützung mangels entsprechenden Vorsatzes des Beschwerdeführers nicht infrage kommt. Der Beschwerdeführer habe daher keinen der in § 25 Abs 2 AlVG erwähnten Rückforderungstatbestande erfüllt.
Da jede Rückforderung zunächst eine Verfügung gemäß § 24 AlVG (Widerruf, Einstellung Neubemessung) voraussetzt und erst in weiterer Folge die Verwirklichung eines Rückforderungstatbestandes erfordert (vgl Sdoutz/Zechner in Sdoutz/Zechner (Hrsg), Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar zu § 25 AlVG Rz 517,539), würde die Qualifikation des Widerrufes als unrechtmäßig jede weitere Erörterung hinsichtlich der Verwirklichung eines der in § 25 Abs 1 AlVG genannten Rückforderungstatbestände hinfällig machen.
Soweit im Spruch des Erkenntnisses also von der Stattgebung der Beschwerde gesprochen wird ist in Zusammenschau mit der Begründung des gegenständlichen Erkenntnisses absolut offenkundig, dass vom erkennenden Gericht lediglich beabsichtigt war, der Beschwerde gegen die Rückzahlungspflicht stattzugeben. Die Rechtmäßigkeit der erfolgten Widerrufe wurde jedoch nie angezweifelt.
Es handelt sich bei der Formulierung des Spruches um ein offenkundiges Versehen, welches einem mit der Materie betrauten Durchschnittsbetrachter ohne längeres Nachdenken und ohne Nachschau im Gesetz ersichtlich ist. Der Spruch des Bescheides war also zu berichtigen, da er den in klar erkennbarer Weise gewollten Inhalt des Erkenntnisses unklar wiedergibt.
Zu Spruchteil II) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Berichtigung Berichtigung der Entscheidung VersehenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I407.2236314.1.01Im RIS seit
26.11.2021Zuletzt aktualisiert am
26.11.2021