TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/21 L517 2245409-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.10.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L517 2245409-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. SIGHARTNER und Mag. LEIDLMAYER als Beisitz über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 29.06.2021 nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 04.08.2021, GZ: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm §§ 38 und 10 Abs 1 Z 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Der Antrag auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

14.12.2020-08.02.2021—Inanspruchnahme eines Coachings beim XXXX XXXX XXXX durch die beschwerdeführende Partei (in Folge „bP") im Auftrag des Arbeitsmarktservice XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. bB)

08.04.2021 –Perspektivencheck beim XXXX (psychologische Testungen)

21.04.2021— Betreuungsplan; Vereinbarung der Teilnahme an Kurs zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

28.04.2021— Einladung zu Informationsveranstaltung des Frauenberufszentrums am 04.05.2021

03.05.2021 -19.05.2021 –Krankenstand der bP

06.05.2021 –Einladung zum Kurs Next Level XXXX ; Hinweis auf Rechtsfolgen im Falle der Nichtteilnahme

26.05.2021 –erneute verbindliche Einladung zur Kursteilnahme bei Next Level XXXX ; Hinweis auf Rechtsfolgen im Falle der Nichtteilnahme

02.06.2021—Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme an die bP

08.06.2021 –Stellungnahme der bP

09.06.2021—Stellungnahme der bP

10.06.2021—Telefonat zwischen bP und bB

29.06.2021—Bescheid der bB; Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe

02.07.2021—Stellungnahme der bP

12.07.2021—Beschwerde der bP

15.07.2021—ergänzende Ermittlungen, Parteiengehör

21.07.2021 – Stellungnahme der bP

22.07.2021 –Stellungnahme der bP

26.07.2021—Stellungnahme der bP

04.08.2021—Beschwerdevorentscheidung der bB; Abweisung der Beschwerde

09.08.2021 – Vorlageantrag

13.08.2021—Beschwerdevorlage am BVwG

19.08.2021—Beweismittelvorlage

14.10.2021— erneute Einbringung der Beschwerde

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Seit Jänner 2019 bezieht die bP Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (seit August 2019 die Notstandshilfe)

Das letztes Dienstverhältnis der bP bei der Firma XXXX endete am 29.12.2018. Seither liegen keinerlei arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen am freien Arbeitsmarkt vor.

Vom 14.12.2020 bis zum 08.02.2021 hat die bP im Auftrag der bB ein Coaching beim XXXX XXXX XXXX in Anspruch genommen.

Laut Abschlussbericht wurde festgehalten:

„Ziel des Coachings: Das Ziel des Coachings war die Erstellung der individuellen Bewerbungsunterlagen und die Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche bzw. der Stellensuche.

Verlauf des Coachings: Die Kundin überreichte einen alten Lebenslauf, der um Tätigkeiten und Kompetenzen ergänzt wurde. Danach wurde sich der Stellenrecherche zugewandt. Dazu wurde auf dem Smartphone der Kundin die AMS Job App heruntergeladen und anschließend eine genaue Einführung gegeben. Eine aktive Bewerbung der gefundenen Stelleninserate wurde von der Kundin abgelehnt, da sie hierfür keine Unterstützung benötigt und sich von zu Hause aus mit dem Smartphone bewerben möchte. Die Kundin wurde gebeten eine Beispiel E-Mailbewerbung herzuzeigen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dabei hat das E-Mail Anschreiben hervorgestochen (siehe unten). Dieses wurde besprochen und der Kundin eine Alternative vorgeschlagen - und in einem Ausdruck ausgehändigt, welches die Kundin jedoch ablehnte.

Vermittlungshemmende Faktoren:
Stellenrecherche: Bereits bei der Recherche in der AMS Job App lehnte die Kundin laufend Stelleninserate ab, da keine Arbeitszeiten im Inserat angegeben waren, da Frau XXXX mit ihren XXXX Kinder Betreuungspflichten hat. Eine Aufklärung, dass Firmen nicht verpflichtet sind die Arbeitszeiten anzuführen bzw. der Tipp vorab bei Firmen anzurufen, wurde von der Kundin unkommentiert gelassen.
E-Mailbewerbungen: Die hergezeigte Beispielbewerbung der Kundin beinhaltet ein E-Mail Anschreiben. Der Kundin wurde der Hinweis gegeben, dass sie ihren Familienstand und die Anzahl der Kinder nicht anführen muss, da es sich hierbei um sensible Daten handelt und in der ersten Phase des Bewerbungsprozesses nicht relevant sind. Ebenfalls wurde die Kundin darauf hingewiesen, in diesem E-Mail Anschreiben auch ihre bevorzugten Arbeitszeiten herauszunehmen, da sie sich hier die Chancen auf ein Bewerbungsgespräch - indem auch Arbeitszeiten besprochen werden - nimmt.
Die Kundin betonte, dass sie nicht „lügen möchte“ und die Worte „das bin ich“. Den Ausdruck einer Alternative, lehnte Frau XXXX ab und wollte ihn nicht mitnehmen und wurde zusammengefaltet in der Beratungsstelle gelassen.

Abwesenheit: Im gesamten Beratungszeitraum sind drei Termine zu Stande gekommen. Die erste Beratung hat persönlich stattgefunden, um die Unterlagen zu erhalten. Die zweite Beratung wurde auf Wunsch der Kundin telefonisch (aufgrund der derzeitigen Situation) abgehalten, indem die Bewerbungsunterlagen finalisiert werden konnten. Jedoch, ab der dritten Beratung, die als Doppeleinheit für aktive Bewerbungen eingeplant war, musste die Kundin nach 30 Minuten zu einem Termin. Ab diesem Zeitpunkt war Frau XXXX in Krankenstand, welches auch dem AMS weitergeleitet wurde (in diesem Zeitraum wurde von der Beraterin mit dem AMS telefonisch Rücksprache gehalten sowie eine Fallbesprechung durchgeführt). Es ist anzumerken, dass die Kundin sich nicht selbstständig für die Termine entschuldigt hat, sondern erst auf hinterlassene Sprachnachrichten vom XXXX (aufgrund Abwesenheit), mit E-Mails reagiert hat. In der letzten Beratungswoche wurde die Kundin nochmals vom XXXX telefonisch kontaktiert und eine Nachricht mit der Information des Beratungsendes am 08.02.2021 und der Vereinbarung eines Abschlussgesprächs - sowie für offene Fragen - hinterlassen. Frau XXXX schrieb am selben Tag zwei E-Mails mit den Worten: „ich bin noch im krankenstand!!!! und melde mich bei dir um beim ams wieder nach meinem krankenstand.“ Sowie eine halbe Stunde später: „und respektieren sie Bitte meinen krankenstand und nicht mehr rufen bis meine meldung nach krankenstand.“

Empfehlung: Aus Sicht der Beraterin, benötigt die Kundin (unter Berücksichtigung von Krankenständen) einen Kurs für aktives Bewerben, indem die Kundin sich in einem Setting von regelmäßiger Anwesenheit befindet. Dieser ist zu empfehlen, sodass die Kundin einerseits verpflichtend zu Terminen erscheinen muss - ohne diese in einer Einzelberatung zu verschieben - und zugleich sich auf zukünftige Arbeitszeiten vorzubereiten, indem die Kinderbetreuung geregelt ist. Der Abschlussbericht konnte mit der Kundin nicht besprochen werden (siehe oben). Das Inserat wurde erstellt.“

Am 8.4.2021 hat die bP am Perspektivencheck beim XXXX (psychologische Testungen) teilgenommen.
Im Abschlussbericht wurde unter anderem festgehalten:
„Erläuterungen zur Arbeitsmarktchance und Perspektive:
Die Kundin gibt an, dass sie zuletzt als Reinigungskraft bei XXXX gearbeitet hat und seit Dezember 2018 arbeitslos ist. Die Kundin gibt weiter an, dass sie keine abgeschlossene Ausbildung vorweisen kann, sich aber wertvolle Kompetenzen und Fähigkeiten in ihrer jahrelangen Tätigkeit als Reinigungskraft aneignen konnte.
Im Interview gibt die Kundin an, dass sie aktuell eine Anstellung als Reinigungskraft sucht und sich laufend bewirbt. Bezugnehmend auf Alternativen, sollte es im Bereich Reinigung nicht zu einer Jobaufnahme kommen, lehnt die Kundin jede Überlegung ab. Auch in punkto Qualifizierung und Weiterbildung ist die Kundin für Vorschläge, welche die Jobchancen erheblich erhöhen würden, nicht zugänglich.
Zum Bewerbungsverhalten beziehungsweise mögliche Unterstützungsangebote zur erfolgreichen Integration am freien Arbeitsmarkt, gibt die Kundin an, dass sie diesbezüglich keine Unterstützung benötigt.
Bezüglich Arbeits- und Bewerbungsverhalten erreicht die Kundin in der psychologischen Testung Arbeitsbezogenes Erleben und Verhalten-AVEM ein geringes Arbeitsengagement bei starker Distanzierung gegenüber Arbeitsproblemen mit einer hohen psychischen Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen.
Zur gesundheitlichen Gesamtsituation gibt die Kundin an, dass sie sich grundsätzlich fit fühlt, zurzeit aber wieder unter Schmerzen in der linken Schulter leidet, welche ihr das Atmen erschweren. Die Kundin gibt an, dass sie diesbezüglich eine Behandlung/Therapie von 01.2021 bis 02.2021 beim Hausarzt absolviert hat und kurzzeitig eine Besserung eingetreten ist.
Arbeitsuche wird erschwert durch: keine abgeschlossene Berufsausbildung, Mangelnde Deutsch-Kenntnisse, gesundheitliche Einschränkungen
Gesundheitliche Situation: Eventuelle Abklärung der gesundheitlichen Situation, bzw. des arbeitsmedizinischen Leistungskalküls mittels BDZ Gutachten
Berufliche Integration: Die Kundin lehnt eine Unterstützung / Integrationsmaßnahmen ab, ist aber aus Sicht der Beratung für eine zielführende und nachhaltige Integration erforderlich. Eventuell Qualifizierung mittels Deutsch Kurs
Für die eine erfolgreiche Arbeitsaufnahme wird eine Unterstützung im Bereich Bewerbungsprozess bzw. einfache Qualifizierung in Form von Workshops empfohlen. Diesbezüglich ist eine Zuweisung zu DLA Dienstleistungsagentur VFQ (hier wird speziell für den Bereich Reinigung eine Qualifizierung in Form von Arbeitstraining sowie Workshops, z.B. Bewerbungstraining, Kompetenzerhebung, einfache Deutsch- und EDV Qualifizierung, angeboten), oder FBZ zielführend.
Verhalten am Arbeitsmarkt: Die Kundin gibt an, dass sie gerne eine Stelle als Reinigungskraft annehmen möchte und diesbezüglich schon sehr viele Bewerbungen getätigt hat, leider ohne Erfolg. Die Kundin gibt weiter an, dass sie sich nur für den Bereich Reinigung interessiert und keine Alternativen bezüglich Jobaufnahme in anderen Branchen für sie infrage kommen.
Die Kundin gibt an, dass sie ca. 9 Bewerbungen im letzten Monat getätigt hat, die Bewerbungen alle auf eine Ausschreibung vom AMS oder anderen Jobplattformen basierten und keine Initiativbewerbung durchgeführt wurde. Weiter gibt die Kundin an, dass sie in den letzten drei Monaten zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde und ihre Rückmeldungen an das AMS diesbezüglich per E-Mail tätigt und die Nutzung des eAMS Kontos ablehnt.
Die Kundin gibt an, dass sie keine Probleme mit der Bewältigung der Arbeitslosigkeit hat und diesbezüglich keine Unterstützung benötigt. Bezugnehmend auf die lange Arbeitslosigkeit gibt die Kundin den aktuellen Schwierigen Arbeitsmarkt an?!

Im Betreuungsplan vom 21.4.2021 wurde festgehalten, dass die bP an einem Kurs zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilnehmen wird.
Dazu übermittelte die bP ihrer Beraterin folgende Nachricht: „korrigieren sie bitte das ich suche arbeit ich will kein kurs machen“

Mit Schreiben vom 28.04.2021 wurden die bP zu einer Informationsveranstaltung des Frauenberufszentrums am 04.05.2021 eingeladen.

Ihrer Beraterin schickte die bP diesbezüglich folgende Nachricht: „wie beschprochen wenn das das ist pflicht dann mache ich. sonst weiter arbeit suchen.“

Die Beraterin teilte der bP daraufhin mit, dass der Betreuungsplan wie vereinbart gültig sei.

In der Folge übermittelte die bP ihrer Beraterin unter anderem folgende Nachricht:

„sehr gehrte fr XXXX ! sie sind leider nicht korrekt mit mir!! wir reden gestern vegen disem curs !(ich sage ihnen ich brauche kein curs nur wenn pflicht ist!) und was sie gesrieben in die neuer betreuungsplan nicht correkt auch! ich Habe vor 5 monat ams gerufen und ich habe beschwerde gegen sie gemacht und bekommt mir leider kein entwort bis yetzt!! ich will dich leider nicht mehr meine beraterin sein und ich habe so wiel gründe vegen das .die betreuungsplan sind nicht korrekt!! ich brauche kein kurs und hilfe für wiederreingliederung ja ich muss leider beschverde machen in arbriterkammer und gericht und ich habe so viele gründe vegen das ich bin mutter von XXXX kinder und ich war 3 tage krank vegen dein stress .Danke! ich brauche eine neue gute beraterin net und korrekt! ohne Ausbeuterisch System.“

Vom 03.05.2021 bis zum 19.05.2021 war die bP im Krankenstand. Sie nahm deshalb nicht an der Informationsveranstaltung des Frauenberufszentrums teil.

Mit Schreiben vom 06.05.2021 wurden die bP zum Kurs Next Level XXXX eingeladen. Kursbeginn war der 17.05.2021. In dem Schreiben wurde die bP auch über die Rechtfolgen im Falle der Nichtteilnahme informiert: „Die Verweigerung der Teilnahme an der Veranstaltung kann-sofern keine wichtigen Gründe vorliegen –zum Verlust des Leistungsanspruches für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer von sechs Wochen, führen. „Falls zum Beginn der Kursmaßnahme ein Hinderungsgrund (Krankenstand) vorliegen sollte, weisen wir auf die verbindliche Teilnahme nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes (Krankenstand) hin. Beginn ist der erste Tag nach Ende des Krankenstandes. Für den Fall der Weigerung erfolgt eine Sanktion im Sinne des §10 AlVG.“

Auf dieses Schreiben regierte die bP wie folgt:„ ich denke sie müssen Wiedereingliederung kurs gehen !! ich bin in krankenstand noch!“

Mit Schreiben vom 26.05.2021 wurden die bP erneut verbindlich zur Kursteilnahme bei Next Level XXXX ab dem 31.05.2021 eingeladen und erneut auf die Rechtsfolgen im Falle der Nichtteilnahme informiert.

Die verbindliche Teilnahme sowie die Gründe dafür wurden auch bei einem telefonischen Termin am 26.05.2021 besprochen und im Betreuungsplan vom 26.05.2021 vereinbart.

Im Betreuungsplan wurde ausgeführt: „Der vereinbarte Kurs Next Level ist für Sie wichtig, weil er eine Hilfestellung zur aktiven Arbeitssuche ist. Im Kurs werden Sie Alternativen zu herkömmlichen Bewerbungsstrategien entwickeln (zB.: das Auffinden von (nicht) ausgeschriebenen Stellen) und erhalten die Möglichkeit, Ihre eigeninitiative Arbeitssuche und Ihre Bewerbungsunterlagen zu optimieren. Mit der bestmöglichen Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche wird eine möglichst kurze Dauer der Arbeitslosigkeit unterstützt. Die vereinbarte Maßnahme ist für Sie wichtig, weil dadurch eine Arbeitsaufnahme erreicht werden soll. Erstellen von Bewerbungsunterlagen und Erarbeitung von Bewerbungsstrategien, Professionelle Unterstützung bei der Arbeitssuche, Auffrischen von Bewerbungserkenntnisse Verbesserung des Bewerbungsverhalten durch Bewerbungstraining, Stärkung der Eigeninitiative, Erkennen und Lösung der persönlichen arbeitsmarktbezogenen Probleme.“

In der Folge teilte die bP am 26.05.2021 per E-Mail mit: „liebe frau XXXX ! wie telefonisch besprochen heute ,ich brauche kein kurs ! warum schreiben sie die betreuungsplan ohne mich !!!“

Die Beraterin informierte die bP am 26.05.2021 schriftlich ein weiteres Mal über die verbindliche Kursteilnahme: „Sehr geehrte Frau XXXX , vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Wir haben telefonisch bereits alles besprochen und die verbindliche Teilnahme am Kurs geklärt. Falls ein weiterer Krankenstand anfällt, ist ein Einstieg in den Kurs ein Tag nach Ihrem Krankenstand erforderlich. Ansonsten kann es zu einer Sanktion kommen.“

Am 02.06.2021 wurde die bP in einem Schreiben informiert, dass ihr Leistungsbezug ab dem 31.05.2021 eingestellt wurde, weil sie zum Kurseinstieg nicht erschienen sei. Es wurde der bP Gelegenheit zur Stellungnahme bis 17.06.2021 gegeben.

Am 08.06.2021 bzw. 09.06.2021 gab die bP folgende Stellungnahme ab: „ich war im krankenstand ab 3 bis 19 mai ,und ich habe die krankenstand beschtetigung am ams geschikt per mail und wenn bin ich in ktankenstand dann bin ich von ams abgemeldet ya.

aber frau XXXX hat mir nichtcin ruhe lassen sie hat an mich am 4 mai 3 stellen angebot geschikt per mail !!!

und am 6 mai auch hat mir anladungs für nextlövel curs !!!!

und yede woche sie schreibet neuesbetreuungsplan vie sie wollen das ist verklich nicht normal !

ich habe auch sie am 26 mai anrufen und sage ich brauche kein curs und mein son sind krank und ich muss zu hause bleiben mit er .

Am 10.06.2021 fand ein Telefonat zwischen der bP und einer Mitarbeiterin der bB statt. Dieses Gespräch wurde schriftlich wie folgt dokumentiert: „ Kdin nicht zum NLL erschienen da ihr Kind krank ist KST Bestätigung gibt es nicht da Kdin mit ihrem Kind nicht beim Arzt war, nur Schulbestätigung (Info an Kdin ist nicht ausreichend), Kdin ist auch der Meinung keinen Kurs zu benötigen, sie möchten diesen nicht besuchen Kdin meint ob ich leicht behaupte Schuldirektor lügt, wenn er eine Bestätigung ausstellt mehrmals über schriftl. Stellungnahme und Grund der Zubuchung auf Kurs informiert, Kdin ist seit 01.2019 AL, Arbeitssuche bis dato nicht erfolgreich (über 20 Stellen wurden der Kdin übermittelt, es kam aber zu keinen Arbeitsaufnahme)Kdin möchte keine schriftl. Stellungnahme abgeben, versteht mich plötzlich nicht mehr, unterbricht mich ständig, gibt an einen Bescheid zu wollen Info an Kdin zuerst muss §10 geklärt werden, dazu wäre stellungnahme hilfreich, wenn keine übermittelt wird wird ide NS ohne dieser dem RB vorgelgt. Kdin gibt an morgen in die Info zu kommen und einen Bescheid zu verlangen, nochmals Info über Vorgehensweise §10 da Kdin mich nicht ausreden lässt habe ich das Gespräch beendet“

Am 29.06.2021 wurde der Bescheid der bB erlassen. Es wurde der Verlust der Notstandshilfe für den Zeitraum 31.05.2021 - 11.07.2021 ausgesprochen. Eine Nachsicht wurde nicht erteilt. Rechtsgrundlage waren § 38 in Verbindung mit § 10 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung.
Begründend wurde ausgeführt: Das Ermittlungsverfahren habe ergeben: Die bP habe sich geweigert an einer Maßnahme "next Level" bei XXXX teilzunehmen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Am 02.07.2021 langte eine Stellungnahme der bP ein:
„Sehr geehrte Damen und Herren, Am 17. Mai 2021 hätte der Kurs „NextLevel“ begonnen. Ich war in der Zeit vom 3. bis 19. Mai 2021 im Krankenstand und habe Ihnen diesen umgehend ordnungsgemäß per E-Mail gemeldet und bescheinigt. Daraufhin erhielt ich ein E-Mail von Ihnen, wonach der nächste Kursbeginn am 31. Mai 2021 stattfindet. Mein Sohn (10 Jahre alt) war allerdings im Zeitraum von 25. bis 31. Mai 2021 krank und musste ich ihn pflegen. Dass mein Sohn erkrankt ist und die Grippe hat, habe ich Ihnen telefonisch am 26. Mai 2021 bekannt gegeben. Weiters habe ich mitgeteilt, dass ich nicht abschätzen kann, wie lange die Genesung meines Sohnes dauern wird. Es entspricht durchaus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Grippeerkrankung längere Zeit in Anspruch nimmt. Eine ärztliche Bestätigung hierüber habe ich nicht, zumal ich insbesondere als Mutter von XXXX Kindern große Angst vor einer Corona-Erkrankung habe und daher Ärzte-Ordinationen meide. Ich lege allerdings eine entsprechende Bestätigung der XXXX ( XXXX ) bei. Ein Verschulden an der Nichtteilnahme am Kurs kann mir daher nicht angelastet werden, sodass der Tatbestand des § 10 AlVG auch nicht erfüllt sein kann, sodass ich um Weitergewährung der Notstandshilfe ersuche. Sollte mein Leistungsbezug dennoch eingestellt werden, beantrage ich die Ausstellung eines Bescheides hierüber.“

Laut einer Bestätigung der XXXX war der Sohn der bP, XXXX vom 25.05.2021 bis 31.5.2021 aus Krankheitsgründen nicht in der Schule.

Am 12.07.2021 erhob die bP Beschwerde gegen den Bescheid vom 29.06.2021. Die bP verwies auf ihre Stellungnahme vom 02.07.2021. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Schreiben vom 15.07.2021 wurde die bP nachweislich über den bisherigen Verfahrensgang informiert und zur Stellungnahme aufgefordert. Weiters wurde die bP darauf hingewiesen, dass die Bestätigung der Schule, dass ihr Sohn vom 25.05.2021 bis 31.05.2021 die Schule krankheitsbedingt nicht besuchen konnte, keinen Nachweis für eine tatsächliche Erkrankung darstelle, da durch die Schule keinerlei diesbezügliche Kontrolle erfolge. Es sei jedoch nicht entscheidend, ob und wie lange ihr Sohn krank war, da die bP von Ihrer Beraterin nachweislich informiert worden sei, dass sie - falls zum Beginn der Kursmaßnahme ein Hinderungsgrund (Krankenstand) vorliege - am ersten Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes verbindlich am Kurs teilnehmen müsse. Die bP habe jedoch auch ab dem 01.06.2021 nicht am Kurs teilgenommen.

Am 21.07. 2021 gab die bP folgende Stellungnahme ab:

„liebe damen und herren, bekommt mir von meine beraterin eine stelle in XXXX ich sage meine beraterin ich suche eine arbeit in XXXX XXXX weil ich habe kein führ erschein sie hat sofort eine neue betreuungsplan schreiben!
ich wurde von meinem Berater Unrecht und Ausbeutung ausgesetzt. Ich habe niemanden gefunden, der mir hilft, aber es gibt ein Gesetz und ein Gerichtverfahren, die die Angelegenheit lösen werden.“

Am 22.07.2021 gab die bP eine weitere Stellungnahme ab:

„liebe damen und herren , (meine schriftlich Stellung) meine leistungsbezug sind eingestellt vom 31 mai bis 11 juli uhne vichtigen gründe und ich bin mit XXXX kinder verletzt wehen das ..und meine rechnung uhne betzahlen bleiben bis yetzt.... :( wegen kurs ich habe mit meine beratarin gesprochen und ihr gesagt ich zuche arbeit und ich brauche kein kurs..aber ich teil nehme die kurs am 31 mai ...aber mein kind krank ...und ich weis ich nicht ich mus auch der kurs teilnehmen müssen die neksten tag nach die krankstand ..wegen meine lingere arbeitelos ich bin zeit ein yar streiten mit meine beratarin wegen falschen stelle ...und meine beratarin chreibt jede woche neues betreuungsplan wie ihr wollen... und hört nicht auf mich ... :((((((((( ich brauche mein geld von 31 mai bis 11 juli...:( (sorry für meine schlecht deutch)“

Schließlich übermittelte die bP am 26.07.2021 folgende Stellungnahme:

„liebe damen und herren, ich habe übermitteln meine öffentlich krankenstand an meine beraterin am 4 mai ..und ich brauche verklich ruhe ..aber sie hat leider nicht mich in ruhe lassen ..hat mich am 6 mai kurs nextlovel und 4 stellen angebot ...vegen das ich schreibe an meine beratarin per mail:bitte krankenstand respektieren !!!“

Als Nachweis für ihre Angaben in der Stellungnahme übermittelte die bP auch zahlreiche Screenshots.

Am 04.08.2021 wurde die Beschwerdevorentscheidung der bB erlassen. Es wurde die Beschwerde abgewiesen. Rechtsgrundlage waren betreffend das Verfahren §14 VwGVG, betreffend die Zuständigkeit §56 AlVG und betreffend den Inhalt §§ 9 und 10 sowie §38 AlVG.
In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt: “Die Feststellungen hinsichtlich der Dauer Ihrer Arbeitslosigkeit, Ihrer der Vermittlung entgegenstehenden Defizite und der Kursinhalte der Wiedereingliederungsmaßnahme ergeben sich aus dem Akt.
Die Bestätigung der Schule, dass Ihr Sohn vom 25.05.2021 bis 31.05.2021 die Schule krankheitsbedingt nicht besuchen konnte, stellt keinen Nachweis für eine tatsächliche Erkrankung dar, da durch die Schule keinerlei diesbezügliche Kontrolle erfolgt.
Es ist jedoch ohnehin nicht entscheidend ob Ihr Sohn tatsächlich erkrankt war, da Sie von Ihrer Beraterin nachweislich informiert wurden, dass Sie - falls zum Beginn der Kursmaßnahme ein Hinderungsgrund (Krankenstand) vorliegt - am ersten Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes verbindlich am Kurs teilnehmen müssen.
In Ihrer Stellungnahme geben Sie an, nicht gewusst zu haben, dass Sie am Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes (Krankenstand) am Kurs teilnehmen müssen.
Sie wurden jedoch bereits mit der Einladung zum Kursbeginn am 17.05.2021 über diese Vorgehensweise informiert. Mit der Einladung zum Kursbeginn am 31.05.2021 erfolgte die Belehrung über diese Vorgehensweise durch Ihre Beraterin zwei Mal, nämlich im Einladungsschreiben und gesondert in einem E-Mail.
Den Erhalt des Einladungsschreibens bestätigen Sie selbst (siehe Stellungnahme vom 02.07.2021):
„Daraufhin erhielt ich ein E-Mail von Ihnen, wonach der nächste Kursbeginn am 31.05.2021 stattfindet.“

Die rechtliche Beurteilung lautet:

„Eine der Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ist das Vorliegen von Arbeitswilligkeit.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht für Arbeitslose die Verpflichtung, sich zum Zweck beruflicher Ausbildung nach- bzw. umschulen zu lassen, unter der Voraussetzung, dass sie mit ihren bisherigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden können.
Ihr letztes Dienstverhältnis bei der Firma XXXX endete am 29.12.2018. Seither liegen keinerlei arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen am freien Arbeitsmarkt vor.

Seit Jänner 2019 beziehen Sie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (seit August 2019 die Notstandshilfe). Ihre Eigenbewerbungen sowie die Vermittlungsversuche des AMS blieben bislang ohne Erfolg.
„Es ist notorisch und bedarf keiner näheren Begründung, dass eine langjährige Absenz vom Arbeitsmarkt den arbeitsplatzbezogenen Einordnung- und Kommunikationsfähigkeiten eines potentiellen Mitarbeiters in der Regel nicht förderlich ist, und dass dies wiederum in den Augen von Arbeitgebern einen entscheidenden Bewerbungsnachteil bei sonst durchaus gleicher Qualifikation darstellen kann was ein Vermittlungsdefizit darstellt, das eine Wiedereingliederungsmaßnahme notwendig macht“ (VwGH-Erkenntnis vom 6.7.2011, GZ: 2011/08/0013).
Zur lange andauernden Arbeitslosigkeit kommen bei Ihnen weitere Problemlagen hinzu, im Wesentlichen zeigt sich ein geringes Arbeitsengagement bei starker Distanzierung gegenüber Arbeitsproblemen.
Ihre Weigerung, trotz jahrelang erfolgloser Stellensuche im Bereich der Reinigung in einem anderen Bereich zu suchen und Ihrer Weigerung, Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Gestaltung Ihrer Bewerbungsunterlagen oder sonstige Unterstützungsangebote anzunehmen, zeigen ein der Arbeitsaufnahme wesentlich entgegenstehendes Motivationsproblem.
Diese Problemlagen, die insbesondere im vom XXXX erstellten Perspektivencheck vom 08.04.2021 aufgezeigt werden, wurden am 28.04.2021 mit Ihnen besprochen.
Die Gründe, die nach Ansicht des AMS eine Wiedereingliederungsmaßnahme notwendig machen, waren Ihnen somit bekannt. Die Maßnahme Next Level XXXX war geeignet, die bestehenden Defizite zu beseitigen. Die von Ihnen vorgebrachten Gründe beeinträchtigen weder die Zumutbarkeit der Wiedereingliederungsmaßnahme noch liegt ein triftiger Grund im Sinne des AlVG vor, der Sie am Besuch der Maßnahme gehindert hat. Im Zeitraum vom 31.05.2021 bis 11.07.2021 besteht daher mangels Vorliegen von Arbeitswilligkeit kein Anspruch auf Notstandshilfe.“

Am 09.08.2021 stellte die bP einen Vorlageantrag und verwies auf ihre Beschwerde vom 12.07.2021. Es wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Zum bisherigen Vorbringen bringe die bP noch ergänzend Folgendes vor: Sie suche Arbeit und habe sich stets auch darum bemüht, eine Arbeitsstelle zu erlangen. Auch schicke sie regelmäßig eigeninitiativ Bewerbungen. Im Übrigen verweise sie auf ihre bisherigen Stellungnahmen.

Es erfolgte am 13.08.2021 die Beschwerdevorlage am BVwG.

Am 19.08.2021 gab es eine Beweismittelvorlage durch die bP. Es wurde der Vorlageantrag nochmals übermittelt und zahlreiche Screenshots von E-Mails der bP.

Am 14.10.2021 brachte die bP ihre Beschwerde vom 12.07.2021 erneut ein. Sie weist den identen Inhalt auf.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Der vorliegende unstrittige Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Leistungsbezug und der letzten vollversicherungspflichtigen Beschäftigung ergeben sich aus dem Auszug aus dem Dachverband der Sozialversicherungsträger bzw. dem im Akt aufliegenden Versicherungsverlauf des AMS.

Die bP gibt in ihrer Stellungnahme an, nicht gewusst zu haben, dass sie am Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes am Kurs teilnehmen muss. Für das erkennende Gericht steht jedoch fest, dass dies nicht der Wahrheit entspricht. Die bP wurde mit Schreiben vom 06.05.2021 nachweislich zum Kurs Next Level XXXX eingeladen. Kursbeginn war der 17.05.2021. In dem Schreiben wurde die bP auch über die Rechtfolgen im Falle der Nichtteilnahme informiert: „Die Verweigerung der Teilnahme an der Veranstaltung kann-sofern keine wichtigen Gründe vorliegen –zum Verlust des Leistungsanspruches für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer von sechs Wochen, führen. „Falls zum Beginn der Kursmaßnahme ein Hinderungsgrund (Krankenstand) vorliegen sollte, weisen wir auf die verbindliche Teilnahme nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes (Krankenstand) hin. Beginn ist der erste Tag nach Ende des Krankenstandes. Für den Fall der Weigerung erfolgt eine Sanktion im Sinne des §10 AlVG.“ Da die bP von 03.05.2021- 19.05.2021 im Krankenstand war, konnte Sie am 17.05.2021 nicht am Kurs teilnehmen.

Aus diesem Grund erfolgte eine erneute Einladung zur Kursteilnahme bei Next Level XXXX ab dem 31.05.2021 und die bP wurde in diesem Schreiben vom 26.05.2021 erneut auf die Rechtsfolgen im Falle der Nichtteilnahme informiert. Den Erhalt dieses Einladungsschreibens bestätigte die bP selbst in ihrer Stellungnahme vom 02.07.2021: „Daraufhin erhielt ich ein E-Mail von Ihnen, wonach der nächste Kursbeginn am 31.05.2021 stattfindet.“

Die verbindliche Teilnahme am Kurs sowie die Gründe dafür, wurden auch bei einem telefonischen Termin am 26.05.2021 mit der bP besprochen und im Betreuungsplan vom 26.05.2021 vereinbart.

Weiters informierte die Beraterin die bP am 26.05.2021 schriftlich ein weiteres Mal über die verbindliche Kursteilnahme: „Sehr geehrte Frau XXXX , vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Wir haben telefonisch bereits alles besprochen und die verbindliche Teilnahme am Kurs geklärt. Falls ein weiterer Krankenstand anfällt, ist ein Einstieg in den Kurs ein Tag nach Ihrem Krankenstand erforderlich. Ansonsten kann es zu einer Sanktion kommen.“

Die bP wurde also mehrfach über die drohenden Rechtsfolgen im Falle der Nichtteilnahme am Kurs informiert. Nichtsdestotrotz erschien Sie nicht zum Kursbeginn am 31.05.2021, woraufhin ihr Leistungsbezug eingestellt wurde. In ihrer Stellungnahme vom 02.07.2021, auf welche in der Beschwerde vom 12.07.2021 verwiesen wird, gab die bP an, dass Sie im Zeitraum vom 25. bis 31. Mai 2021 ihren kranken Sohn pflegen musste. Die bP nahm jedoch auch am darauffolgenden Tag dem 01.06.2021 nicht am Kurs teil.

Es wird in den Belehrungen über die Rechtsfolgen der Nichtteilnahme am Kurs auf die verbindliche Kursteilnahme nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes (Krankenstand) hingewiesen. Beginn ist der erste Tag nach Ende des Krankenstandes.

Auch wenn in Klammern der Ausdruck „Krankenstand“ verwendet wird, so handelt es sich nach Ansicht des ho. Gerichts um eine demonstrative Aufzählung und es sind auch andere Hinderungsgründe umfasst. Im gegenständlichen Fall war die bP , nach eigenen Angaben an der Kursteilnahme durch die Pflege ihres Sohnes gehindert. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts liegt kein Hinderungsgrund vor. Die seitens der bP vorgelegte Bestätigung der Volksschule bestätigt nur die Abwesenheit ihres Kindes vom Schulbetrieb in der angeführten Zeit. Inwieweit ein tatsächlicher Pflegebedarf vorlag ist der Bestätigung nicht zu entnehmen. Es widerspricht nach Ansicht des Gerichts auch der allgemeinen Lebenserfahrung bei einem 10-jährigen Kind keinen Kontakt mit dem Arzt, trotz einer doch massiven Erkrankung, herzustellen. Diesbezüglich ist auch das Argument, dass die bP nicht die Ordination aufgrund einer Angst vor einer Infektion mit COVID -19 aufsuchte als eine Schutzbehauptung zu werten. Dies resultiert aus zwei Umständen: Einerseits ist es üblich, dass Hausärzte bei entsprechender Notwendigkeit Hausbesuche, insbesondere bei Erkrankungen von Kindern, durchführen. Andererseits bestand zum Zeitpunkt der angeblichen Pflegebedürftigkeit des Kindes, analog der telefonischen Krankmeldung, auch die Möglichkeit telefonisch eine Pflegeurlaubsbescheinigung zu erwirken. In der Gesamtbetrachtung ergibt sich für das erkennende Gericht eine „chronische Unwilligkeit“ der bP an vorgesehenen Wiedereingliederungsmaßnahmen teilzunehmen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 56 Abs. 4 AlVG steht das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu. Die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BGBl. I Nr. 10/2013).

Gegenständlich liegt Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

Gemäß § 7 Abs. 1 hat Anspruch auf Arbeitslosengeld wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht.

Gemäß § 7 Abs. 2 steht der Arbeitsvermittlung insbesondere zur Verfügung, wer arbeitswillig ist.

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

(3) – (8) […]

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) […]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

(4) […]

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

3.4 Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005)

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht.

Ein Anspruchsverlust nach § 10 Abs. 1 AlVG tritt zunächst ein, wenn sich die arbeitslose Person weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, einem Auftrag zur Nachschulung zu entsprechen, oder an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.

"Wiedereingliederungsmaßnahmen" sind Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Sie sollen der arbeitslosen Person die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern, was durch optimale Unterstützung bei der konkreten Arbeitssuche bzw. Orientierung erreicht werden soll. Sie dienen - wenn auch nicht in derselben berufsbezogenen Weise wie eine Nach(um)schulung - der im konkreten Fall jeweils erforderlichen Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten der arbeitslosen Person.

Unter "Weigerung" ist die ausdrückliche oder schlüssige Erklärung der arbeitslosen Person zu verstehen, an einer ihr zugewiesenen Wiedereingliederungsmaßnahme nicht teilzunehmen. Die Vereitelung des Erfolgs einer Wiedereingliederungsmaßnahme oder Schulung iSd § 10 AlVG bzw. die Weigerung daran teilzunehmen setzt somit das Vorliegen einer (wirksamen) Zuweisung des Arbeitslosen voraus.

Der Tatbestand der Weigerung ist nur dann verwirklicht, wenn die Weigerung der arbeitslosen Person, an einer ihr zugewiesen Nach(Um)schulung teilzunehmen, in objektiver Kenntnis des Inhalts der erforderlichen Nach(Um)schulung und der Zumutbarkeit und Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolgt (VwGH 18.10.2000, 99/08/0027). Dies gilt auch für Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Wurden dem Arbeitslosen weder seine Defizite dargelegt, noch ihm erklärt, welcher Erfolg mit der konkreten Maßnahmen erreicht werden soll, kann ihm nicht unterstellt werden, er habe deren Erfolg vorsätzlich vereitelt (VwGH 15.3.2005, 2004/08/0210).

Eine ungerechtfertigte Weigerung liegt somit nur dann vor, wenn

1. es sich überhaupt um eine wirksam zugewiesene zumutbare Maßnahme handelt,

2. feststeht, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Erlangung bzw. Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und es deshalb einer solchen Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf und

3. das Arbeitsmarktservice das Ergebnis des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - aus den Verwaltungsakten nachvollziehbar zur Kenntnis gebracht hat und

4. der Arbeitslose dennoch ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme abgelehnt bzw. den Erfolg der Maßnahme vereitelt hat.

5. Die Verhängung einer Sanktion ist außerdem nur bei (zumindest bedingtem) Vorsatz gerechtfertigt, nicht jedoch bei bloßen Sorgfaltswidrigkeiten des Arbeitslosen. Wurden dem Arbeitslosen weder seine (Ausbildungs-)Defizite dargelegt noch ihm erklärt, welcher Erfolg mit der konkreten Maßnahme erreicht werden soll (wurde also die erforderliche Maßnahmenbelehrung nicht ordnungsgemäß durchgeführt), kann ihm nicht unterstellt werden, er habe deren Erfolg vorsätzlich vereitelt.

Eine Verpflichtung des Arbeitslosen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- bzw umschulen zu lassen, besteht nur unter der Voraussetzung, dass er mit seinen bisherigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden kann (VwGH 30. 9. 1997, 97/08/0414; 23. 4. 2003, 1998/08/0284).

Es ist notorisch und bedarf keiner näheren Begründung, dass eine langjährige Absenz vom Arbeitsmarkt den arbeitsplatzbezogenen Einordnungs- und Kommunikationsfähigkeiten eines potenziellen Mitarbeiters in der Regel nicht förderlich ist, was wiederum in den Augen von Arbeitgebern einen Bewerbungsnachteil bei sonst durchaus gleicher Qualifikation darstellen kann, was ein Vermittlungsdefizit darstellt, das eine Wiedereingliederungsmaßnahme notwendig macht (VwGH 2. 5. 2012, 2011/08/0389; 7. 9. 2011, 2010/08/0245; 6. 7. 2011, 2011/08/0013 und 2009/08/0114).

Es wurde insbesondere im vom XXXX erstellten Perspektivencheck vom 08.04.2021 verschiedene  Vermittlungshindernisse bei der bP festgestellt. Zu einer lange andauernden Arbeitslosigkeit kommen bei der bP weitere Problemlagen hinzu. Im Wesentlichen zeigt sich ein geringes Arbeitsengagement bei starker Distanzierung gegenüber Arbeitsproblemen. Durch die Weigerung, trotz jahrelang erfolgloser Stellensuche im Bereich der Reinigung in einem anderen Bereich zu suchen und die Weigerung Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Gestaltung der Bewerbungsunterlagen oder sonstige Unterstützungsangebote anzunehmen, zeigt die bP ein der Arbeitsaufnahme wesentlich entgegenstehendes Motivationsproblem

Dass die angebotene Wiedereingliederungsmaßnahme in Form des Kurses Next Level XXXX an sich unzumutbar gewesen wäre, wurde von der bP im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Die bP war daher verpflichtet, die ihr zugewiesene Maßnahme anzunehmen bzw. daran teilzunehmen.

Unzweifelhaft ist darüber hinaus, dass mit der bP in der Betreuungsvereinbarung vom 26.05.2021 die Teilnahme an dem Kurs Next Level verbindlich vereinbart wurde. Es wurde ihr auch die Gründe für die Vorgangsweise in einem telefonischen Termin am 26.05.2021 erklärt. Die rechtlichen Folgen einer Weigerung wurden der bP mehrfach zur Kenntnis gebracht (Einladungsschreiben zum Kurs Next Level vom 06.05.2021, Einladungsschreiben zum Kurs Next Level vom 26.05.2021, E-Mail der Beraterin vom 26.05.2021)

Durch die Wiedereingliederungsmaßnahme, den Kurs Next Level XXXX mit Beginn ab 31.05.2021 hätten die vorliegenden Vermittlungshindernisse möglicherweise beseitigt werden können und wäre die Wiedereingliederung der bP ins Erwerbsleben dadurch vereinfacht worden.

In den Fällen des § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 AlVG ist ein sanktionierbarer Tatbestand nicht gegeben, wenn für die Verweigerung bzw. Vereitelung ein wichtiger Grund vorliegt. Als wichtiger Grund werden hauptsächlich gesundheitliche Gründe angesehen und im engen Rahmen auch Betreuungspflichten. Im vorliegenden Fall lag der von der bP vorgebrachte Hinderungsgrund darin, dass sie im Zeitraum vom 25. bis 31 Mai 2021 ihren kranken Sohn pflegen musste. Es wurde bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erläutert, dass im gegenständlichen Fall kein Hinderungsgrund vorlag.

Die Nichtteilnahme an der ihr zugewiesenen Wiedereingliederungsmaßnahme in Form des Kurses Next Level stellt daher eine Vereitelungshandlung der bP iSd § 10 AlVG dar.

3.5 Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen. Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen iSd § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (VwGH vom 19.07.2013, Zl. 2012/08/0176). Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann.

Dazu ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 04.05.2017, Ra 2017/08/0029, aussprach, dass - neben dem in § 10 Abs. 3 AlVG ausdrücklich genannten Nachsichtsgrund der Aufnahme einer Beschäftigung - insbesondere eben auch solche Gründe berücksichtigungswürdig seien, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. In diesem Zusammenhang wurde in der Rechtsprechung auch auf jene Gründe verwiesen, die bei der Bemessung der Notstandshilfe zu einer individuellen Freibetragserhöhung führen können (vgl. VwGH 18.10.2000, 99/08/0116, mwN); dabei handelt es sich nach § 36 Abs. 5 AlVG um "Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl." (vgl. auch die Konkretisierung durch die Richtlinie des AMS zur Freigrenzenerhöhung, kundgemacht unter www.ams.at und abgedruckt etwa in Pfeil (Hrsg), Der AlV-Komm, Anhang 13). Solche Umstände sind aber nicht jedenfalls berücksichtigungswürdig im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG, sondern nur dann, wenn sie auch eine im Vergleich zu anderen Arbeitslosen unverhältnismäßige finanzielle Belastung mit sich bringen. Finanzielle Belastungen, wie sie auch andere Arbeitslose treffen - darunter fallen etwa auch Sorgepflichten -, sind hingegen nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, 2008/08/0085, mwN). Derartige außergewöhnliche Belastungen wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht anzunehmen.

Als Nachsichtsgründe werden im Gesetz ausdrücklich die Aufnahme einer anderen Beschäftigung sowie gesundheitliche Gründe demonstrativ aufgezählt. Nach Auffassung des VwGH waren bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "triftige Gründe" vor allem Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend. Da die Zumutbarkeit im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben war und keine zu berücksichtigten gesundheitlichen Gründe glaubhaft dargelegt wurden, liegen diesbezüglich keine Nachsichtsgründe vor.

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen und hat sich für den erkennenden Senat keine andere Einschätzung ergeben. Auch ist der Beschwerde kein geeignetes Vorbringen zu entnehmen, das zu einer anderen Beurteilung des Falles hätte führen können.

3.6. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGV

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten