TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/28 W124 2243896-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.10.2021
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Entscheidungsdatum

28.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W124 2243896-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. wird gemäß § 57 AsylG abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkte II. bis VI. wird stattgegeben und diese ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Am XXXX erfolgte eine Anzeige der Landespolizeidirektion Wien, der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) sei am selben Tag in XXXX Wien aufgehalten worden, ohne im Besitz eines zur rechtmäßigen Einreise ins Bundesgebiet erforderlichen Visums gewesen zu sein. Der BF sei am XXXX per Flugzeug nach Österreich eingereist und habe sich mit einer spanischen ID Card mit der Nummer XXXX ausgewiesen.

In einem Amtsvermerk vom selben Tag wurde festgehalten, dass beim BF, als er seinen Ausweis aus seiner linken Jackentasche genommen habe, ein Beutel, der Cannabis beinhaltet habe, wahrgenommen worden sei. Auch in seiner rechten Jackentasche habe sich ein Beutel mit Cannabis befunden, welchen der BF freiwillig herausgegeben habe. Die beiden Beutel seien sogleich sichergestellt worden. Im Zuge einer weiteren Durchsuchung des BF, die auf der Polizeiinspektion XXXX stattgefunden habe, seien erneut verschiedenste Suchtmittel hervorgekommen und sichergestellt worden, die der BF in seinen Jacken- bzw. Hosentaschen aufbewahrt habe. Der BF sei sodann vorläufig festgenommen und in das PAZ XXXX überstellt worden.

2. Am XXXX fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

Dabei gab der BF an, er lebe in Spanien mit seiner Ehefrau, seinem Kind sowie seinen Stiefkindern, arbeite in einer Lagerhalle, wobei er monatlich zwischen EUR 950,- und 1.050,- verdiene und sei dort versichert. Er habe derzeit Vaterschaftsurlaub und befinde sich seit etwa einem Monat im Bundesgebiet. Da er bereits vor drei Jahren in Österreich gewesen sei, um zu boxen, habe er viele Freunde hier und wolle diese besuchen. Er habe vor, in einer Woche wieder nach Spanien zurückkehren. Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet wohne er im Haus eines Freundes, wobei ihm die Adresse nicht bekannt sei. Er spreche kein Deutsch und finanziere seinen Aufenthalt durch eigene finanzielle Mittel, wobei er Barmittel in Höhe von EUR 40,- bei sich habe, sowie Geld, das ihm sein Bruder aus Italien geschickt habe. Überdies habe er eine Bankomatkarte und ein Gemeinschaftskonto mit seiner Frau.

Im Heimatsstaat des BF würden sein Bruder, seine Schwester sowie Cousins und Cousinen leben. In Österreich habe er hingegen keine Verwandten, zumal sein Bruder vor drei Jahren im Bundesgebiet verstorben sei. Der BF habe in Gambia drei Jahre die Grundschule besucht, sei dann, weil sich seine Mutter dies nicht mehr leisten habe können, nach Spanien gegangen, um dort lesen, schreiben und Spanisch zu lernen.

Befragt zum Umstand, dass er in Österreich festgenommen worden sei, gab der BF an, er sei nicht beim Suchtgifthandel betreten worden, sondern habe diverse Suchtmittel ausschließlich für den Eigengebrauch bei sich gehabt. Er habe damit zum Haus eines Freundes fahren und mit vier anderen Personen die Drogen konsumieren wollen. Befragt zur großen Menge an XTC Tabletten, die er mit sich geführt habe, gab er an, es handle sich dabei um sehr schwache Tabletten, von denen mehrere auf einmal eingenommen werden könnten.

Der BF erklärte sich dazu bereit, freiwillig nach Spanien zurückzukehren und gab an, dass seine Frau ihm ein Ticket kaufen könne. Er sei zwar derzeit nicht im Besitz eines gültigen Reisepasses, könne aber mit einer Kopie seines Reisepasses und seiner spanischen ID Card nach Spanien zurückkehren.

Dem BF wurde mitgeteilt, dass seine ID Card nunmehr sichergestellt werde und gegen die Vorlage eines Heimreisetickets wieder ausgehändigt werde. Die am XXXX erfolgte Sicherstellung gemäß § 39 Abs. 3 BFA-VG der spanischen ID Card mit der Nummer XXXX , gültig bis XXXX , wurde vom Leiter der Amtshandlung bestätigt.

3. Mit Entlassungsschein vom XXXX wurde der BF aus der Haft entlassen.

4. Am XXXX bevollmächtigte der BF die BBU GmbH damit, seinen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Organisation und Durchführung seiner freiwilligen Ausreise vom BFA entgegenzunehmen.

5. Mit E-Mail vom XXXX übermittelte die BBU GmbH ein vom BF am XXXX ausgefülltes Antragsformular für Unterstützungsleistungen im Rahmen der Unterstützten freiwilligen Rückkehr. Es wurde dabei ausdrücklich keine Kostenübernahme, sondern eine organisatorische Unterstützung beantragt.

6. Das BFA teilte am XXXX mit, es bestünden keine Bedenken gegen die organisatorische Unterstützung bei der freiwilligen Ausreise des BF, wobei die Ausreise bis spätestens XXXX zu erfolgen habe.

7. Das Bundesministerium für Inneres übermittelte dem BFA am XXXX einen internationalen daktyloskopischen Personenabgleich, demzufolge von SIRENE Spanien drei Personendaten (Aliasdaten) zum BF übermittelt worden seien.

8. Dem Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Wien vom XXXX zufolge sei beim BF am XXXX im Zuge einer Personenkontrolle 93 Gramm Cannabiskraut, 3,12 Gramm Amphetamin, 5,85 Gramm Amphetamin sowie 102 Stück XTC Tabletten gefunden und sichergestellt worden. Bei seiner Einvernahme habe der BF angegeben, täglich Cannabis und XTC sowie gelegentlich Speed zu konsumieren. Die bei ihm sichergestellten Suchtmittel habe er ausschließlich zum Eigenkonsum erworben. Es sei bereits eine Mitteilung an die Gesundheitsbehörde veranlasst worden.

9. Die Staatsanwaltschaft Wien trat am XXXX , GZ XXXX , gemäß § 35 Abs. 9 SMG vorläufig von der Verfolgung des BF wegen § 27 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 SMG zurück. Ein vorläufiger Rücktritt von der Verfolgung habe zu erfolgen, wenn eine Person eine Straftat nach § 27 Abs. 1 und 2 SMG ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen, ohne dass diese Person einen Vorteil daraus gezogen habe.

10. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 gegen ihn erlassen (Spruchpunkt II.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA aus, der BF sei gambischer Staatsangehöriger, der am XXXX geboren und gesund sei und sich mit einer spanischen ID Card ausgewiesen habe. Er sei in Österreich nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, im Bundesgebiet nicht gemeldet und am XXXX von Beamten der Landespolizeidirektion Wien wegen § 28 SMG festgenommen worden. Der BF sei offensichtlich nicht im Besitz ausreichender Barmittel und es bestehe der Verdacht, er versuche sich seinen Aufenthalt durch den Verkauf von Suchtgift zu finanzieren. Dass die Staatsanwaltschaft Wien vorläufig von der Verfolgung zurückgetreten sei, sei kein Beweis für seine Unschuld und habe der BF keine glaubwürdige Begründung für den Besitz dieser Menge an unterschiedlicher Suchtgiftarten angeben können.

In Österreich habe der BF keine Verwandten oder Familienangehörige, und würden dessen Frau und Kinder in Spanien, dessen Geschwister und Cousins bzw. Cousinen in Gambia leben. Es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass der BF Mitglied eines Vereins oder Organisation sei, zumal er selbst angegeben habe, nur auf Besuch in Österreich zu sein. Auch eine ausgeprägte soziale oder kulturelle Bindung zum Bundesgebiet bestehe offensichtlich nicht. Überdies habe der BF selbst angegeben, er wolle nach Spanien zurückkehren.

Diese Feststellungen wurden von der belangten Behörde hinsichtlich der Begründung für die Erlassung des Einreiseverbots wiederholt ausgeführt. Weiters ergänzte das BFA, der BF habe nicht die nötigen Barmittel für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet und müsse somit als mittelloser Fremder angesehen werden. Da die Gefahr bestehe, dass er einer Gebietskörperschaft zur Last fallen werde liege der Verdacht nahe, der BF wolle sich seinen Aufenthalt in Österreich durch den Verkauf von Suchtgift finanzieren. Sein Fehlverhalten stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und die Missachtung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen einen schwerwiegenden Missbrauch der bestehenden sichtvermerkfreien Einreise dar. Der BF habe die fremdenrechtlichen bzw. strafrechtlichen Bestimmungen massiv missachtet und sei nur auf seinen finanziellen Vorteil bedacht gewesen. Das BFA habe seine in Spanien lebende Familie berücksichtigt und das Einreiseverbot national auf Österreich eingeschränkt.

11. Der Bescheid wurde am XXXX dem BF persönlich übergeben. Am selben Tag erhielt der BF, nachdem er sein Flugticket von Wien nach Barcelona für den XXXX vorlegte, den sichergestellten spanischen Aufenthaltstitel zurück. Die Übernahme wurde von einem Mitarbeiter der BBU GmbH schriftlich bestätigt.

12. Die BBU GmbH übermittelte eine Ausreisebestätigung an das BFA, der BF habe am XXXX über den Luftweg freiwillig das Bundesgebiet verlassen und sei nach Spanien ausgereist. Er sei dabei bis zum Gate begleitet worden.

13. Gegen den Bescheid des BFA vom XXXX erhob der BF, vertreten durch die BBU GmbH, am XXXX fristgerecht vollinhaltlich Beschwerde.

Begründend führte der BF im Wesentlichen aus, er sei mit einer spanischen ID Card nach Österreich eingereist um Freunde zu besuchen und hätten die Ermittlungsbehörden zwar ein Strafverfahren eingeleitet, seien von diesem jedoch wieder zurückgetreten. Hinsichtlich des Einreiseverbots sei dem BF vorgeworfen worden, er sei nicht im Besitz der nötigen Barmittel für den Aufenthalt im Bundesgebiet gewesen und habe versucht, diesen durch den Verkauf von Suchtmittel zu finanzieren. Bei den Ausführungen der belangten Behörde handle es sich jedoch um reine Spekulationen, zumal er in seiner Einvernahme geschildert habe, wie es dazu gekommen sei und die Strafverfolgungsbehörden bereits von einer Verfolgung zurückgetreten seien. Der BF sei unbescholten und sei niemals die Rede von Geldnöten gewesen, insbesondere, weil der BF grundsätzlich einer Arbeit nachgehe, ein gemeinsames Konto mit seiner Frau habe, auf dem genügend Geldmittel vorhanden seien und in einer Eigentumswohnung lebe. Die EUR 40,- an Bargeld, die er bei sich gehabt habe, sei nur der Betrag gewesen, der sich zum Zeitpunkt seiner Festnahme in seiner Geldbörse befunden habe. Überdies habe er sein Rückflugticket selbst bezahlt und habe er einen Bruder in Italien, der ihn finanziell hätte unterstützen können. Es habe demnach nie die Gefahr bestanden, dass der BF einer Gebietskörperschaft zur Last fallen werde.

Aus dem Verhalten des BF könne eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht abgeleitet werden, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht nachvollziehbar sei. Es würden auch keine Gründe vorliegen, die eine sofortige Ausreise und ein Einreiseverbot erforderlich machen würden, zumal der BF unverzüglich und eigenständig ausgereist sei, was zeige, dass er durchaus gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten.

Überhaupt liege kein unrechtmäßiger Aufenthalt des BF iSd § 52 Abs. 1 Z 1 FPG vor, da der BF mit einer spanischen ID Card eingereist sei, über erforderliche Eigenmittel verfüge und in Österreich weiterhin unbescholten sei. Demnach sei die Rückkehrentscheidung zu Unrecht ergangen. Hinsichtlich der Abschiebung nach Gambia sei festzuhalten, dass der BF seinen Lebensmittelpunkt in Spanien habe, über eine spanische ID verfüge und mit seiner Frau und seinen Kindern dort Lebe. Eine Rückkehr nach Gambia sei für ihn nicht zumutbar.

14. Am XXXX legte das BFA die Beschwerde vom XXXX sowie die bezughabenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vor.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des BF

Der BF heißt XXXX , ist Staatsangehöriger von Gambia und wurde am XXXX in XXXX geboren. Er hat einen spanischen Aufenthaltstitel und ist im Besitz einer spanischen ID Card mit der Nummer XXXX , gültig bis XXXX . Er lebt mit seiner Frau, einem leiblichen Kind sowie seinen beiden Stiefkindern in Barcelona und arbeitete dort in einem Lager, wobei er derzeit auf Vaterschaftsurlaub ist. Der BF hat zwei Brüder, von denen einer in Italien und der andere in Gambia lebt sowie Cousinen und Cousins im Herkunftsstaat. Er ist gesund und benötigt keine Medikamente.

1.2.    Zu seinem Aufenthalt in Österreich

Der BF reiste am XXXX per Flugzeug in das Bundesgebiet ein und wurde am XXXX im Zuge einer Kontrolle festgenommen, da er zu diesem Zeitpunkt 93 Gramm Cannabiskraut, 3,12 Gramm Amphetamin, 5,85 Gramm Amphetamin sowie 102 Stück XTC Tabletten mit sich führte. Er wurde sogleich ins PAZ XXXX überstellt und nach seiner Einvernahme vor dem BFA am XXXX wieder aus der Haft entlassen. Seine spanische ID Card wurde am selben Tag sichergestellt.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten und trat die Staatsanwaltschaft Wien am XXXX gemäß § 35 Abs. 9 SMG von der Verfolgung des BF wegen § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 SMG vorläufig zurück, da dieser die Straftat ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch bzw. den persönlichen Gebrauch eines anderen beging, ohne einen Vorteil daraus zu ziehen.

Der BF erklärte sich vor dem BFA dazu bereit, freiwillig nach Spanien zurückzukehren und beantragte am XXXX organisatorische Unterstützungsleistungen im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr. Vom BFA wurden diesbezüglich keine Bedenken geäußert und wurde dem BF eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum XXXX gesetzt. Der BF hielt diese Frist ein und reiste nachweislich am XXXX per Flugzeug von Wien nach Barcelona, Flugnummer XXXX , im Rahmen der organisatorisch unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet aus, wobei er bis zum Gate begleitet wurde. Da er dem BFA zuvor das Flugticket übermittelte, wurde ihm sein spanischer Aufenthaltstitel am XXXX wieder übergeben.

Der BF hat im Bundesgebiet keine Verwandten oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte. Er spricht nicht Deutsch und sind im Verfahren keine Integrationsbemühungen hervorgekommen, zumal er nur auf Besuch in Österreich war. Er ist im Bundesgebiet nicht gemeldet und es konnte nicht festgestellt werden, ob er in Bundesgebiet eine Unterkunft hat bzw. dass er über genügend Barmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts während seines Aufenthalts in Österreich verfügte.

1.3.    Aufgrund des Inhalts der gegenständlichen Entscheidung war es nicht erforderlich, Länderfeststellungen zu treffen.

2.       Beweiswürdigung:

2.1.    Zu den Feststellungen zur Person des BF

Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und seinen glaubwürdigen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA am XXXX . Dass der BF über einen bis XXXX gültigen spanischen Aufenthaltstitel verfügt ist unstrittig und der im Akt einliegenden Kopie seiner ID Card (AS 10) zu entnehmen. Die Feststellungen zu seinen Familienangehörigen und seiner Arbeit in Spanien sowie zu seinen Verwandten in Gambia bzw. Italien waren anhand seiner glaubwürdigen Aussagen vor dem BFA zu treffen. Dasselbe gilt für die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand.

2.2.    Zu den Feststellungen zum Aufenthalt in Österreich

Dass der BF am XXXX in das Bundesgebiet einreiste und am XXXX im Zuge einer Kontrolle festgenommen wurde, da er im Besitz von Suchtmitteln war, ist seinen eigenen Angaben sowie der Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom XXXX (AS 1) zu entnehmen. Die Menge der Suchtmittel, die der BF mit sich führte, wurde im Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Wien vom XXXX (AS 51) angeführt und war demnach festzustellen. Dass der BF am XXXX aus der Haft entlassen und sein Ausweis sichergestellt wurde, ist dem Entlassungsschein (AS 29) sowie der Bestätigung der Sicherstellung (AS 27) vom selben Tag zu entnehmen.

Mit Schriftsatz der Staatsanwaltschaft Wien vom XXXX (AS 47), GZ XXXX , wurde der BF darüber verständigt, dass diese von der Verfolgung wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1, Abs 2 SMG gegen ihn nach § 35 Abs. 9 SMG vorläufig zurückgetreten sei, weshalb dies festzustellen war. Aufgrund der Tatsache, dass von der Verfolgung gemäß § 35 Abs 9 SMG zurückgetreten wurde, und dieser Tatbestand nach § 13 Abs. 2a und 2b SMG voraussetzt, dass eine Person eine Straftat nach § 27 Abs. 1 und 2 SMG ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen habe, ohne dass diese Person daraus einen Vorteil gezogen habe, war die diesbezügliche Feststellung zu treffen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der BF im Verfahren durchgehend behauptete, er habe die Drogen ausschließlich für sich selbst und für den Konsum mit seinen Freunden bei sich gehabt. Dass er strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einem Strafregisterauszug vom XXXX .

Die Feststellungen zur freiwilligen, organisatorisch unterstützten Ausreise am XXXX waren unstrittig dem Verwaltungsakt, insbesondere dem Antragsformular für Unterstützungsleistungen (AS 41) sowie der Ausreisebestätigung (AS 97), zu entnehmen.

Der BF gab in der Einvernahme glaubwürdig an, er habe im Bundesgebiet keine Verwandten oder Familienangehörigen, spreche nicht Deutsch und habe auch sonst keine Integrationsschritte gesetzt. Überhaupt sei er hier nur auf Besuch und wolle nach einem Aufenthalt von etwas über einem Monat wieder nach Spanien zurückkehren. Die Feststellung, der BF sei in Österreich nicht gemeldet, war einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX zu entnehmen. Es konnte nicht festgestellt werden, wo der BF im Bundesgebiet seine Unterkunft hatte, da er vor dem BFA behauptete, er wohne in Wien bei Freunden, diesbezüglich jedoch keine Adresse angeben konnte. Auf Nachfrage, wie er sich in einer derart großen Stadt ohne Adresse zurechtfinde, redete er sich darauf aus, dass er eine Adresse auf seinem Handy habe, dort jedoch alleine nicht hinfinde, da er kein Deutsch spreche.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über genügend finanzielle Mittel für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügte, weil er nicht mehr als EUR 40,- an Bargeld bei sich hatte und seine Angaben im Verfahren, ob er in Spanien erwerbstätig sei und ein eigenes Einkommen beziehe oder nicht, widersprüchlich waren. Zuerst behauptete er, er arbeite derzeit nicht und sei im Vaterschaftsurlaub. Wenig später in der Einvernahme meinte er hingegen, er arbeite in einem Lager, wobei er grundsätzlich etwa EUR 950,- bis 1.050,- verdiene, jedoch momentan die Arbeit weniger sei. Ob er derzeit ein Einkommen beziehe bzw. wie hoch dieses ist, gab er nicht an. In der Beschwerdeschrift hingegen brachte er vor, dass seine Frau derzeit einer geregelten Arbeit nachgehe, und er sich um die Kinder kümmere. Wie hoch das Einkommen seiner Frau ist, kam dabei nicht hervor.

Der BF sei im Besitz einer Bankomatkarte und habe ein Gemeinschaftskonto mit seiner Frau, auf dem genügend finanzielle Mittel vorhanden seien. Dass er im Bundesgebiet über mehr Bargeld als die EUR 40,-, die er bei der Festnahme bei sich hatte, verfüge, oder etwa jederzeit Geld abheben könnte, behauptete er nicht. Nicht stimmig waren auch seine Angaben dazu, dass seine Frau ihm ein Heimreiseticket kaufen könnte. Hätte er tatsächlich eine Bankomatkarte sowie Zugriff auf ein Konto, auf dem genügend Mittel vorhanden seien, könnte er das Ticket auch selbst bezahlen. Auch seine Angaben dazu, dass er finanzielle Mittel von seinem Bruder erhalten habe, waren widersprüchlich. So gab er vor dem BFA an, sein Bruder habe ihn bereits finanziell aus Italien unterstützt, wobei er keinen Betrag nannte, hingegen brachte er in der Beschwerdeschrift unsubstantiiert vor, sein Bruder könnte ihm jederzeit Geld zukommen lassen. Dies ist auch hinsichtlich seinem Vorbringen, er verfüge über ausreichend finanzielle Mittel, die er aus eigener Arbeit verdient habe bzw. von seiner Frau erhalten könne, nicht stimmig. Hätte er tatsächlich ein eigenes Einkommen oder durch den Verdienst seiner Frau ausreichende Mittel, müsste er nicht finanzielle Hilfe von seinem Bruder beanspruchen.

Abgesehen von den Widersprüchen nannte der BF weder konkrete Beträge, mit denen ihm seine Verwandten aushelfen hätten können noch legte er Beweismittel oder Bestätigungen vor, aus denen hervorgeht, dass der BF tatsächlich über eine Bankomatkarte oder Zugriff auf ein Konto, auf dem genügend finanzielle Mittel sind bzw. einen Rechtsanspruch auf finanzielle Unterstützungsleistungen hat. Festgestellt werden konnte lediglich, dass der BF seine Ausreise selbst finanzierte, da er dies in der Beschwerdeschrift angab und im Verfahren nichts Anderes hervorkam, zumal er ausschließlich organisatorische, und keine finanziellen Unterstützungsleistungen bei der freiwilligen Rückkehr beantragte.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1.    Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der BF befand sich (seinen Angaben zufolge) seit XXXX in Österreich und ist am XXXX freiwillig nach Spanien zurückgekehrt.

Sein Aufenthalt war nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet bzw. zur Gewährleistung einer Strafverfolgung erforderlich und wurde der BF auch nicht Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor und wurden auch weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet, vielmehr wurde zu Spruchpunkt I. überhaupt kein Beschwerdevorbringen erstattet.

Der angefochtene Bescheid war daher diesbezüglich zu bestätigen.

3.2.    Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II.

3.2.1.  Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 3 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen.

Gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ können sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragsparteien stehen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 SDÜ kann einem Drittausländer für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien gestattet werden, wenn er die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt: Er muss im Besitz eines oder mehrere gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die vom Exekutivausschuss bestimmt werden (lit. a); (…) er muss gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (lit. c); (…) er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen (lit. e).

Der BF reiste am XXXX mit einer spanischen ID Card in das Bundesgebiet ein und verfügt wie festgestellt über einen bis zum XXXX gültigen spanischen Aufenthaltstitel. Er reiste am XXXX nachweislich wieder aus Österreich aus, und befand sich demnach weniger als drei Monate im Bundesgebiet.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass für einen rechtmäßigen Aufenthalt mindestens eine der erforderlichen Voraussetzungen fehlte, da der BF iSd iSd Art. 5 Abs. 1 lit c SDÜ nicht nachweisen konnte, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer seines Aufenthalts verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben.

Hinsichtlich der Mittellosigkeit von Fremden ist generell zu beachten, dass „ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr) § 53 Abs. 2 FPG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG 2005 etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12)“ (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Wie bereits in II.2.2. näher ausgeführt konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über ausreichend finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts für die Dauer seines Aufenthalts verfügte oder in der Lage war, diese auf legalem Wege zu erwerben. Der BF behauptete im Verfahren gar nicht, im Bundesgebiet über mehr Bargeld als die EUR 40,- zu verfügen, die er bei der Festnahme bei sich hatte. Er brachte zwar vor, über eine Bankomatkarte und ein Gemeinschaftskonto mit seiner Frau zu verfügen, auf dem ausreichend finanzielle Mittel vorhanden seien, gab jedoch nicht an, sich etwa durch eine Bargeldbehebung mehr Mittel verschaffen zu können. Überdies konnte wie bereits erläutert nicht geklärt werden, ob der BF in Spanien einer Erwerbstätigkeit nachgeht bzw. derzeit ein eigenes Einkommen bezieht. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass ihn sein in Italien lebender Bruder finanziell unterstützen könnte. Generell nannte der BF weder konkrete Beträge, die ihm zur Verfügung gestellt werden könnten, noch legte er Bestätigungen vor, anhand derer es für die belangte Behörde ersichtlich gewesen wäre, dass der BF tatsächlich einen Rechtsanspruch darauf hat und diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen.

Zur Erfüllung des Tatbestands des Art. 5 Abs. 1 lit c SDÜ kommt hinzu, dass der BF am XXXX von Beamten der Landespolizeidirektion Wien aufgehalten und festgenommen wurde, weil er im Besitz von Suchtmitteln war. So hatte er zu diesem Zeitpunkt, wie bereits festgestellt 93 Gramm Cannabiskraut, 3,12 Gramm Amphetamin, 5,85 Gramm Amphetamin sowie 102 Stück XTC Tabletten bei sich. Es wurde gegen ihn zwar Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft Wien trat jedoch am XXXX gemäß § 35 Abs. 9 SMG von der Verfolgung des BF wegen § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 SMG vorläufig zurück.

Gemäß § 35 Abs. 9 SMG hat die Staatsanwaltschaft im Fall eines Abtretungsberichts nach § 13 Abs. 2b SMG, sofern sie nicht noch eine weitere Klärung des Sachverhalts für erforderlich hält, von der Verfolgung unmittelbar vorläufig zurückzutreten. Nach § 13 Abs. 2b SMG hat ein Abtretungsbericht zu erfolgen, wenn Ermittlungen der Kriminalpolizei ausschließlich den in Abs. 2a umschriebenen Verdacht, nämlich, dass eine Person eine Straftat nach §§ 27 Abs. 1 und 2 ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen habe, ohne dass diese Person daraus einen Vorteil gezogen habe, ergeben. Die Kriminalpolizei hat diesen Verdacht auf dem in § 24a Abs. 1 vorgegebenen Weg der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde mitzuteilen sowie der Staatsanwaltschaft darüber zu berichten. Diese Berichterstattung kann auch im Rahmen eines Abschlussberichts erfolgen (Schwaighofer in Höpfel/Ratz, WK2 SMG § 35 Rz 69).

Da die Staatsanwaltschaft, wie aus dem Schriftsatz vom XXXX ersichtlich, anhand dieses Tatbestands von der Verfolgung vorläufig zurückzutreten hatte, muss davon ausgegangen werden, dass die Ermittlungen gegen den BF ergeben haben, dass dessen Suchtmittel ausschließlich zum eigenen Bedarf gedient hätten bzw. er diese höchstens zum Selbstkostenpreis an andere weitergeben habe wollen (vgl. Schwaighofer in Höpfel/Ratz, WK2 SMG § 35 Rz 70). Dies stimmt auch mit den im Verfahren gleichbleibenden Angaben des BF überein, er habe die Suchtmittel ausschließlich selbst bzw. gemeinsam mit seinen Freunden konsumieren wollen. Die belangte Behörde traf im angefochtenen Bescheid demnach ungerechtfertigter Weise die Annahme, es bestehe der begründete Verdacht, der BF wolle sich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet illegaler Weise durch den Verkauf von Suchtgift iSd § 28 SMG finanzieren, zumal der BF nach Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden den Tatbestand des § 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 SMG verwirklichte.

Unabhängig davon konnte der BF jedenfalls die ausreichenden Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes für die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht nachweisen.

Sein Verhalten stellt daher eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd Art. 5 Abs. 1 lit c SDÜ dar.

Demnach war sein Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls nach Art 5 Abs. 1 lit c SDÜ als unrechtmäßig zu qualifizieren.

3.2.2.  Gemäß § 52 Abs. 6 FPG hat sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

Gemäß § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG ist im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn sich der BF zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

Nach der Judikatur des VwGH ist § 52 Abs. 6 FPG vor dem Hintergrund der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG zu lesen. Schon aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung ergibt sich unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber damit die Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 Rückführungsrichtlinie beabsichtigte (vgl. 1078 BlgNR XXIV. GP, S 29). In der Bestimmung wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Ausreiseverpflichtung nicht entsprochen wird oder eine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist, hat eine Rückkehrentscheidung zu erfolgen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer „Verpflichtung“ des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Die Frage der „Unverzüglichkeit“ stellt sich in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der „Verpflichtung“ ergangen ist. Wird ihr „unverzüglich“ entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). Nur dann, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder wenn seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG zu erlassen (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0146 mit Verweis auf VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128).

Im Kontext des § 52 Abs. 6 FPG kommt es dabei nicht schlichtweg auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an, sondern darauf, ob angesichts einer solchen Gefährdung die SOFORTIGE AUSREISE des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet erforderlich ist (VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007). Es genügt nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Es ist das Vorliegen besonderer Umstände erforderlich. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (VwGH 27.08.2020, Ro 2020/21/0172).

So wurde zum Beispiel die nur auf den unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich und auf den - vor Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung - bestehenden bloßen Verdacht der Begehung eines (geringfügigen) Suchtgiftdeliktes gegründete Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht schlüssig begründet, das gelte umso mehr für das Vorliegen einer so großen Gefährdung, dass sie die sofortige Ausreise/Abschiebung des Mitbeteiligten gerechtfertigt hätte (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128).

3.2.2.1 Das BFA stützte die gegenständliche Rückkehrentscheidung unrichtigerweise auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und ließ dabei außer Acht, dass aufgrund des spanischen Aufenthaltstitels des BF § 52 Abs. 6 FPG zur Anwendung kommt. Demnach hätte sie den BF auffordern müssen, sich unverzüglich nach Spanien zu begeben. Obwohl keine Aufforderung seitens der belangten Behörde erfolgte, erklärte der BF in der Einvernahme vom XXXX ausdrücklich, er werde freiwillig nach Spanien zurückkehren. Nachdem er am XXXX einen Antrag für Unterstützungsleistungen im Rahmen der freiwilligen Rückkehr stellte, das BFA mit Schreiben vom XXXX dagegen keine Bedenken äußerte und ihm eine Frist bis XXXX einräumte, um das Bundesgebiet zu verlassen, reiste dieser am XXXX , also innerhalb der vom BFA gesetzten Frist, aus. Er konnte dies mit einer Ausreisebestätigung nachweisen, weshalb nach der ersten Variante des § 52 Abs. 6 FPG keine Rückkehrentscheidung zu treffen gewesen wäre.

3.2.2.2 Nach der Alternativvoraussetzung des § 52 Abs. 6 dritter Satz FPG kann eine Rückkehrentscheidung auch erlassen werden, wenn die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Wie bereits ausgeführt genügt es nach der Judikatur des VwGH dabei nicht, auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern darüber hinaus muss dargetan werden, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 28.05.2020, 2020/21/0128).

Beim Gefährdungsmaßstab des § 52 Abs. 6 FPG kommt es auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des Art. 7 Abs. 4 bzw. Art. 6 Abs. 2 Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) an, also darauf, ob das persönliche Verhalten des betreffenden Drittstaatsangehörigen eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. dazu EuGH 11.6.2015, Zh. und O., C-554/13, Rn. 50 ff, insbesondere auch Rn. 60, und darauf Bezug nehmend EuGH 16.1.2018, E, C-240/17, Rn. 48 ff). Zur inhaltsgleichen Gefährdungsprognose nach § 67 Abs. 1 FPG judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass dabei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen ist und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die (jeweils) anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei sei nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).

Auch wenn sich die belangte Behörde bei Begründung der Rückkehrentscheidung auf zwei Aspekte, nämlich die Mittellosigkeit des BF sowie den Besitz einer beträchtlichen Menge an Suchtmitteln und dem daraus resultierenden nicht rechtmäßigen Aufenthalt stützt, hat dies iSd zitierten Judikatur des VwGH nicht schon eine derartig hohe Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zur Folge, dass die sofortige, unverzügliche Ausreise des strafrechtlich als unbescholten geltenden BF erforderlich wäre, zumal eine solche Notwendigkeit selbst bei strafgerichtlichen Verurteilungen nicht schon per se vorliegt. Im Verfahren ist als solches offen geblieben, inwieweit das persönliche Verhalten des BF eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, stützt die belangte Behörde ihre Rückkehrentscheidung auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch diesen.

Im vorliegenden Fall ist überdies zu beachten, dass der BF - wie bereits ausgeführt - bei erster Gelegenheit freiwillig ausgereist ist. Er hat somit keine Handlung gesetzt und liegen keine besonderen Umstände vor, die die sofortige Ausreise erfordert hätten.

Aus diesen Gründen ist, in Stattgabe der Beschwerde, die mit Spruchpunkt II. des gegenständlich angefochtenen Bescheids verhängte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ersatzlos zu beheben.

3.3.    Zur Beschwerde gegen Spruchpunkte III. bis VI.

Da die im angefochtenen Bescheid getroffene Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben war, waren auch die darauf aufbauenden Spruchpunkte III. bis VI. zu beheben, zumal beim Gegenstandloswerden einer Rückkehrentscheidung auch die damit in Zusammenhang stehenden Aussprüche erfasst sind (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151).

3.4.    Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Nach § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Da bereits anhand des Akteninhaltes feststand, dass der Bescheid der belangten Behörde zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltstitel finanzielle Mittel freiwillige Ausreise Mitgliedstaat Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W124.2243896.1.00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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