TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/2 W251 2226806-1

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Veröffentlicht am 02.11.2021
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Entscheidungsdatum

02.11.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W251 2226806-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Tunesien, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2019, Zl. 1070648904-191278998 und die Anhaltung in Schubhaft von 14.12.2019 bis 19.12.2019, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2019 wird stattgegeben und der Bescheid sowie die Anhaltung in Schubhaft vom 14.12.2019 bis 19.12.2019 werden gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG für rechtswidrig erklärt.

XXXX Der Antrag der Verwaltungsbehörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG abgewiesen.

III. Der Bund (Bunderminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG Aufwendungen in Höhe von € 737,20 (Schriftsatzaufwand) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Tunesiens, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 21.02.2017 zur Gänze abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.03.2017 abgewiesen.

2. Am 03.06.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG erlassen, da er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 13.12.2019 einer sicherheitspolizeilichen Kontrolle unterzogen und festgenommen. Am 14.12.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt niederschriftlich zu einer möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamts vom 14.12.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Beschwerdeführer hat sich von 14.12.2019 bis 19.12.2019 in Schubhaft befunden.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer führte darin im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer an der Adresse seines Onkels Aufenthalt nehmen könne. Eine allfällige Fluchtgefahr könne durch ein gelinderes Mittel ausgeschlossen werden.

6. Am 18.12.2019 beantragte der Bruder des Beschwerdeführers bei der tunesischen Botschaft in Wien ein Heimreisezertifikat. Der Beschwerdeführer beantragte am 19.12.2019 die unterstützte freiwillige Rückkehr.

7. Am 19.12.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und mit Bescheid des Bundesamtes gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

8. Nach Auftrag des Gerichts gab das Bundesamt in einer Stellungnahme vom 20.12.2019 im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, sondern weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei. Zudem sei er seit seiner amtlichen Abmeldung am 03.05.2018 an unbekannter Adresse aufhältig. Er gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfüge nicht über ausreichende Existenzmittel für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2017 abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.03.2017 abgewiesen (AS 11, 119, 215).

1.5. Das Bundesamt erließ am 03.06.2019 einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer wurde am 13.12.2019 im Rahmen einer sicherheitspolizeilichen Kontrolle festgenommen (AS 317, 321).

1.6. Mit Mandatsbescheid vom 14.12.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt. Am 19.12.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft gemäß § 77 FPG in das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung entlassen (AS 351, 431, 445).

2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig, nicht österreichischer Staatsbürger und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer ist tunesischer Staatsangehöriger.

In Österreich führt er den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX (AS 45 ff, 122).

2.2. Der Beschwerdeführer war während der Anhaltung in Schubhaft haftfähig. Es lagen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hatte in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.

2.3. Gegen den Beschwerdeführer bestand zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und während anhaltender Schubhaft eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vom 31.03.2017.

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

3.1. Der Beschwerdeführer hat in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der abgewiesen wurde. Er ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und hat ab 03.05.2018 unangemeldet und für die Behörde nicht greifbar im Bundesgebiet gewohnt.

3.2. Er ist keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat über keine ausreichenden Existenzmittel verfügt.

4. Familiäre und soziale Komponente:

4.1. In Österreich leben die drei Brüder des Beschwerdeführers. Einer seiner Brüder ist bereits verheiratet und hat drei Kinder. Der Beschwerdeführer hat bei ihm gewohnt (AS 123, 270).

Der Bruder des Beschwerdeführers hat für diesem am 18.12.2019 bei der tunesischen Botschaft in Wien ein Heimreisezertifikat beantragt (AS 425).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, in das Versicherungsdatenregister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu der Asylantragstellung und dem damit zusammenhängenden Verfahren sind allesamt dem Verwaltungsakt zu entnehmen. Ebenso verhält es sich mit der Feststellung zum Festnahmeauftrag, der Festnahme, dem Schubhaftbescheid vom 14.12.2019 und dem Bescheid über die Anordnung des gelinderen Mittels vom 19.12.2019.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Die Angaben zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und dem Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Verfahren.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer während der Anhaltung in Schubhaft haftfähig war, ergibt sich aus der Tatsache, dass er im Verfahren nichts vorgebracht wurde, was für eine Haftunfähigkeit sprechen würde.

2.4. Dass gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft und während aufrechter Schubhaft eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bestanden hat, ergibt sich aus dem Gerichtsakt.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass er trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung vom 31.03.2017 am 13.12.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Österreich aufgegriffen wurde.

Dass der Beschwerdeführer ab 03.05.2018 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet war, ergibt sich aus einer Einsicht in das Zentrale Melderegister.

3.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und über keine ausreichenden Existenzmittel verfügt hat, ergibt sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt am 14.12.2019, wonach er nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne und von seinen Brüdern unterstützt werde.

4. Familiäre und soziale Komponente

4.1. Die Feststellung, dass drei Brüder des Beschwerdeführers in Österreich leben und der Beschwerdeführer bei einem seiner Brüder gewohnt hat, ergibt sich aus einer Einsicht in das Zentrale Melderegister, den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und einem Schreiben der tunesischen Botschaft in Österreich.

4.2. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)


„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.1.2. Zur Judikatur betreffend die Schubhaft:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist. Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Es ist daher zu prüfen, ob eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vorgelegen hat.

Der Beschwerdeführer stellte am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2017 zur Gänze abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.03.2017 abgewiesen. Es lag daher zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.1.4. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind – neben dem Vorliegen der aufenthaltsbeendenden Maßnahme – das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen und weiter illegal im Bundesgebiet verblieben.

Der Beschwerdeführer hat zudem seine Meldepflichten nicht eingehalten. Er war ab dem 03.05.2018 nicht mehr ordentlich gemeldet und daher für die Behörde nicht greifbar. Der Beschwerdeführer lebte im Verborgenen und konnte nur durch eine – zufällige – sicherheitspolizeiliche Kontrolle aufgegriffen werden.

Der Beschwerdeführer geht zudem keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt nicht über ausreichend Existenzmittel um seinen Lebensunterhalt zu decken.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.5. Das erkennende Gericht geht jedoch davon aus, dass ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt hätte.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über Familienangehörige – seine drei Brüder leben im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat bereits in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 14.12.2019 angegeben, dass er bei seinem Bruder lebt und von diesem finanziell unterstützt wird.

Der Beschwerdeführer wurde am 19.12.2019 aus der Schubhaft in das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung entlassen.

Es ist nicht ersichtlich, wieso gegen den Beschwerdeführer nicht bereits wenige Tage vorher das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung anstatt Schubhaft verhängt worden ist. Der Beschwerdeführer hat über einen gesicherten Wohnsitz bei seinem Bruder verfügt und auch angegeben, von diesem finanziell unterstützt zu werden.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2019 angibt, dass der Beschwerdeführer nach Vorsprache seiner Angehörigen und Prüfung der familiären Verhältnisse sowie der Erreichbarkeit des Beschwerdeführers für die Behörde diesen am 19.12.2019 in das gelindere Mittel entlassen habe, ist nicht ersichtlich, warum die belangte Behörde diese Ermittlungsschritte nicht bereits vor Verhängung der Schubhaft getätigt hat.

Dazu kommt, dass das Bundesamt in seiner Stellungnahme vom 20.12.2019 schreibt:

„Den privaten Interessen des Beschwerdeführers und seinem Recht auf persönliche Freiheit stehen die öffentlichen Interessen an der Beendigung seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Sinne eines geordneten Fremdenwesens gegenüber und fallen hier stärker ins Gewicht.“

Es ist davon auszugehen, dass sich die Situation des Beschwerdeführers zwischen dem 14.12.2019 und dem 19.12.2019 nicht maßgeblich geändert hat und die privaten Interessen den öffentlichen Interessen bereits am 14.12.2019 überwogen haben und die Schubhaft daher nicht hätte verhängt werden dürfen. Dass der Beschwerdeführer sowohl über eine Wohnmöglichkeit in Österreich verfügt, also auch über sehr nahe Angehörige und ein familiäres Netzwerk in Österreich verfügt, hat dieser bereits in seiner Einvernahme beim Bundesamt am 14.12.2019 angegeben. Das Bundesamt hatte daher bereits am 14.12.2019 über die Umstände, die am 19.12.2019 zur Gewährung des gelinderen Mittels geführt haben, Kenntnis. Es hat sich daher auch seit 14.12.2019 bis zum 19.12.2019 auch keine Änderung im Informationsstand des Bundesamtes ergeben.

Über den Beschwerdeführer hätte daher bereits am 14.12.2019 (nicht erst am 19.12.2019) das gelindere Mittel verhängt werden müssen, weshalb die angeordnete Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht verhältnismäßig und somit rechtswidrig war.

3.3. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. und III.– Kostenersatz

3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

Der Beschwerdeführer begehrte in der Beschwerde den Zuspruch von EUR 737,20 für die Schubhaftbeschwerde, weitere Aufwendungen wurden nicht geltend gemacht.

Der Betrag von EUR 737,20 entspricht dem Aufwand für eine Schubhaftbeschwerde gemäß § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung. Da sowohl der Schubhaftbescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig anzusehen waren und der Beschwerdeführer daher die obsiegende Partei ist, waren ihm gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG Aufwendungen in Höhe von € 737,20 (Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

Dem Bundesamt gebührt als unterlegene Partei kein Kostenersatz.

3.4. Zu Spruchteil B. - Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Fluchtgefahr gelinderes Mittel illegale Einreise Kostenersatz Meldeverpflichtung Mittellosigkeit private Interessen Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Untertauchen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W251.2226806.1.00

Im RIS seit

26.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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