Entscheidungsdatum
08.11.2021Norm
AlVG §10Spruch
W141 2247176-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , geboren am XXXX , vom 20.09.2021 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS Wien Schönbrunner Straße in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 01.09.2021, beschlossen:
A)
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm
§ 17 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des AMS Wien Schönbrunner Straße (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.06.2021, wurde festgestellt, dass der Verfahrenshilfewerber den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG im Zeitraum 31.05.2021 bis 11.07.2021 verloren habe.
2. Gegen den Bescheid vom 23.06.2021 richtete sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 28.06.2021.
3. Mit Bescheid vom 01.09.2021 wurde die Beschwerde vom 28.06.2021 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), in geltender Fassung, abgewiesen.
4. Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 20.09.2021, beantragte der Beschwerdeführer, seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen und stellte unter anderem den gegenständlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.
5. Am 12.10.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. Mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.10.2021 wurde der Verfahrenshilfewerber darauf aufmerksam gemacht, dass sein Antrag auf Verfahrenshilfe unvollständig ist und aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht binnen zwei Wochen ab Zustellung das beigeschlossene Formular (Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe) unterfertigt, vollständig ausgefüllt, samt Vermögensbekenntnis unter Anschluss der darin genannten erforderlichen Belege zu übermitteln. Dem Verfahrenshilfewerber wurde mit demselben Schreiben mitgeteilt, dass sein Antrag nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen werden wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrenshilfewerber hat am 20.09.2021 einen unvollständigen Verfahrenshilfeantrag bei der belangten Behörde eingebracht.
Dem Verfahrenshilfewerber wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Mängelbehebungsauftrag übermittelt, der am 18.10.2021 mit Beginn der Abholfrist am 19.10.2021 zugestellt wurde. Der Mängelbehebungsauftrag gilt mit 19.10.2021 als zugestellt.
Der Verfahrenshilfewerber hat dem Mängelbehebungsauftrag keine Folge geleistet. Die finanziellen Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe können daher nicht beurteilt werden.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung der Zustellung des Mängelbehebungsauftrages ergibt sich aus dem RSa Rückschein, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass der Mängelbehebungsauftrag dem Beschwerdeführer am 18.10.2021 mit Beginn der Abholfrist am 19.10.2021 durch Hinterlegung zugestellt wurde.
2.3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da es sich beim Antrag auf die Gewährung von Verfahrenshilfe um keine Beschwerde handelt, besteht Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe:
Die im vorliegenden Fall anzuwendende Rechtsvorschrift des VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, lautet wie folgt:
„Verfahrenshilfe
§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.“
§ 66 der Zivilprozessordnung - ZPO lautet wie folgt:
„§ 66. (1) In dem Antrag ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Verfahrenshilfe begehrt wird. Zugleich sind ein nicht mehr als vier Wochen altes Bekenntnis der Partei (ihres gesetzlichen Vertreters) über die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse der Partei (Vermögensbekenntnis) und, soweit zumutbar, entsprechende Belege beizubringen; in dem Vermögensbekenntnis sind besonders auch die Belastungen anzugeben, weiter die Unterhaltspflichten und deren Ausmaß, sowie ob eine andere Person für die Partei unterhaltspflichtig ist. Für das Vermögensbekenntnis ist ein vom Bundesminister für Justiz aufzulegendes und im Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung kundzumachendes Formblatt zu verwenden. Ist dem Antrag kein solches Vermögensbekenntnis angeschlossen, so ist nach den §§ 84 und 85 vorzugehen, wobei jedoch in allen Fällen nach § 85 Abs. 2 eine Frist zu setzen ist; gleichzeitig ist der Partei das Formblatt zuzustellen.
(2) Über den Antrag ist auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Hat das Gericht gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, so hat es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen. Hierbei kann es auch die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses und, soweit zumutbar, zur Beibringung weiterer Belege auffordern. Der § 381 ist sinngemäß anzuwenden.“
Der Verfahrenshilfewerber machte trotz Mängelbehebungsauftrags keine konkreten Angaben zu seinen Einkommens- und/oder Vermögensverhältnissen.
Diese Angaben stellen jedoch eine Voraussetzung für die Prüfung und allfällige Gewährung der Verfahrenshilfe dar, da das Gericht nur mit diesen in die Lage versetzt wird, festzustellen, ob der Antragsteller außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten (vgl. Bydlinski in Fasching/Konecny, II/1 § 63 ZPO, RZ 7 und LG für ZRS Wien, 30.08.2005, 42R324/05). Gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG ermächtigen Mängel in schriftlichen Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Diese Bestimmung ist gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden.
Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründet das Fehlen eines (vollständig ausgefüllten) Vermögensverzeichnisses einen Mangel iSd § 13 Abs. 3 AVG, dessen unterlassene Behebung innerhalb der eingeräumten Frist zur Zurückweisung des insofern mangelhaften Anbringens berechtigt (VwGH 27.07.2020, Ra 2020/04/0095-2 m.w.N.).
Mit Mängelbehebungsauftrag vom 14.10.2021 erteilte das Bundesverwaltungsgericht dem Verfahrenshilfewerber den Auftrag, zur Feststellung seiner aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse den angeschlossenen Fragebogen vollständig ausgefüllt und unter Anschluss der erforderlichen Belege binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens an das Bundesverwaltungsgericht zurückzusenden. Der Verfahrenshilfewerber wurde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antrag zurückgewiesen wird, wenn er dem Mängelbehebungsauftrag nicht fristgerecht nachkommt.
Dem Verfahrenshilfewerber wurde der Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes am 18.10.2021 mit Beginn der Abholfrist am 19.10.2021 durch Hinterlegung zugestellt, er kam dem Mängelbehebungsauftrag jedoch nicht nach, weshalb sein Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückzuweisen war.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Antrag zurückzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
finanzielle Mittel Fristablauf Mängelbehebung Verbesserungsauftrag Verfahrenshilfeantrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2247176.2.00Im RIS seit
26.11.2021Zuletzt aktualisiert am
26.11.2021