TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/9 W171 2247859-1

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Veröffentlicht am 09.11.2021
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Entscheidungsdatum

09.11.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W171 2247859-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Dr. Klammer, Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2021, Zl: XXXX und die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

?        Die Beschwerdeführerin (in Folge BF) reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2016 einen Asylantrag.

?        Sie wurde über ihre damals bevollmächtigte Rechtsvertretung für den 20.07.2017 zur niederschriftlichen Einvernahme geladen und erschien nicht.

?        Am 08.03.2018 konnte dann eine niederschriftliche Einvernahme im Asylverfahren durchgeführt werden.

?        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge BFA) vom 24.05.2018, wurde der Asylantrag gem. §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Zif. 2 FPG erlassen. Es wurde gleichzeitig festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria gem. § 46 FPG zulässig sei. Es wurde eine Frist von 2 Wochen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt.

?        Dagegen brachte die Rechtsvertretung rechtzeitig eine Beschwerde ein.

-        Am 23.04.2021 fand im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit der BF statt.

?        Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs am 23.04.2021 in Rechtskraft.

?        Da die BF ihrer Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise – 2 Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung – nicht nachkam, war beabsichtigt, sie mit Ladung vom 08.09.2021 für den 14.10.2021 zum Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, zu laden. Das gegenständliche Schriftstück wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem Vermerk – unbekannt – retourniert. Weiters befand sich auf dem Kuvert noch ein handschriftlicher Vermerk – Empfänger laut Auskunft, unbekannt.

Am 22.10.2021 wurde die BF im Zuge einer Schwerpunktkontrolle im Rotlichtmilieu von Beamten in XXXX einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Dabei konnte festgestellt werden, dass gegen die BF ein aufrechter Festnahmeauftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bestand. In der Folge wurde die BF festgenommen und in ein PAZ überstellt.

?        Ebenso am 22.10.2021 wurde die BF zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Dabei führte sie aus, dass sie gesund sei und keine Medikamente nehme. Sie wisse nichts von einer Ladung des BFA und habe auch keine Kenntnis von einem Beschwerdeverfahren vor dem BVwG. Sie wohne noch immer an der Adresse im 10. Bezirk, habe aber keinen Schlüssel, da sie nicht immer dort sei. Der Schlüssel werde bei der Wohnungsinhaberin hinterlassen. Es sei eine Frau, die sie unter dem Namen XXXX kenne und ihr Gatte. Sie nächtige nur ab und zu dort. Sie halte sich derzeit jedoch in XXXX auf und sei als Prostituierte in einem Club tätig. Sie lebe „aus dem Koffer“ und nächtige in einem Schlafraum des Clubs.

Sie wisse nichts von einer sie betreffenden Ausreiseverpflichtung und sei bei der SVA krankenversichert. Sie verfüge über € 3.500,--, habe keine Dokumente und sei nicht bereit nach Nigeria zurückzukehren. Sie sei an der Adresse in Wien immer erreichbar und seien die Unterkunftgeber ihre Bekannten.

-        In weiterer Folge verhängte das BFA mit Bescheid vom 22.10.2021 gegen die BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Darin wurde ausgeführt, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens der BF diese die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Zif.1, 3 und 9 FPG erfüllt habe und daher in weiterer Folge die Behörde von gegebener Fluchtgefahr ausgehen durfte. Die BF habe sich auch aufgrund ihres Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen und sei davon auszugehen, dass diese auch weiterhin nicht ausreisewillig sei. Die Entscheidung sei auch verhältnismäßig, da einem geordneten Fremdenwesen im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zuzuschreiben sei. Die privaten Interessen der BF an der Schonung ihrer persönlichen Freiheit seien hingegen diesbezüglich hintanzustellen. Wegen der konkreten Sachlage könne jedoch mit der Verhängung eines gelinderen Mittels im gegenständlichen Fall nicht das Auslangen gefunden werden. Aufgrund der vorliegenden Ultima–Ratio–Situation sei die Verhängung der gegenständlichen Schubhaft rechtmäßig.

-        Mit Beschwerde vom 02.11.2021 wurde gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung der BF in Schubhaft seit 22.10.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde an das BVwG erhoben. In der Beschwerdeschrift wurde ausgeführt, dass die BF legal als Prostituierte arbeite, krankenversichert sei und sohin der öffentlichen Hand nicht zur Last falle. Sie könne an ihrer Meldeadresse Unterkunft beziehen und weiter der Prostitution nachgehen. Die Verhängung eines gelinderen Mittels sei ausreichend, da eine Fluchtgefahr nicht bestehe. Weiters habe sie einen Antrag auf einen humanitären Aufenthaltstitel gestellt.

Beantragt wurde eine mündl. Beschwerdeverhandlung, die laufende Schubhaft ab dem 22.10.2021 für rechtswidrig zu erklären und Kostenersatz zuzusprechen.

- Unter Erstattung einer Stellungnahme legte das BFA am 03.11.2021 dem Gericht den gegenständlichen Schubhaftakt vor. Aus der Information ergibt sich, dass die BF im Rahmen einer am 22.10.2021 durchgeführten Rückkehrberatung angab, keinesfalls rückkehrwillig zu sein und versuchen wolle in Österreich zu bleiben. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates werde fortgeführt und diese beim ehestmöglichen Termin der Botschaft vorgeführt. Ein Antrag gem. § 57 Abs. 1 Zi. 2 AsylG liege nicht vor.

- Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens wurde neben einer Wohnrechtsvereinbarung auch der Mietvertrag der Hauptmieter der HWS-Adresse der BF in Vorlage gebracht.

- Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages mit Parteiengehör vom 04.11.2021 erstattete der Rechtsvertreter der BF binnen offener Frist eine Stellungnahme, entsprach jedoch dem gerichtlichen Auftrag nur teilweise.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

1.1. Die BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und ist nigerianische Staatsangehörige. Sie ist Fremde i.S.d. Diktion des FPG.

1.2. Sie stellte am 04.01.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Bisher hat die BF keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten.

1.3. Die BF leidet an keinen Erkrankungen.

1.4. Die Antragstellung hinsichtlich eines humanitären Aufenthaltstitels konnte nicht verifiziert werden.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Die Vorführung zum nächsten Botschaftstermin zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist geplant. Die nächste Flugabschiebung nach Nigeria ist für Ende November 2021 in Planung. Es sind keine Gründe hervorgekommen, die die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in Zweifel ziehen konnten.

2.2. Die BF ist haftfähig.
Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Gegen die BF liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Die BF meldete sich zum Schein an unterschiedlichen Adressen, war aber in der Folge weder über ihre aufrechte Rechtsvertretung, noch über die aufrechten Meldeadressen für die Behörde, aber auch nicht im gerichtlichen Asylbeschwerdeverfahren greifbar.

3.3. Sie ist nicht vertrauenswürdig.

3.4. Sie ist nicht rückreisewillig und nicht kooperativ.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen ins Gewicht fallenden sozialen Beziehungen.

4.2. Die BF geht im Inland einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach, weist jedoch keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

4.3. Die BF verfügt über ausreichende finanzielle Mittel zur Existenzsicherung.

4.4. Sie konnte nunmehr im Beschwerdeverfahren keine gesicherte Wohnmöglichkeit bescheinigen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.4.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person der BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, dem Asylakt und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Darüber hinaus sind keine Erkrankungen der BF aktenmäßig erfasst (1.3.) und wurde auch ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet. Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF im Wesentlichen gesund ist.

Die in der Beschwerdeschrift behauptete Antragstellung auf einen humanitären Aufenthaltstitel wurde von der Behörde nicht bestätigt und hat das gerichtliche Verfahren diesbezüglich eine derartige Antragstellung auch nicht ergeben.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.2.):

Die Feststellung zur Erlangung eines Heimreisezertifikates durch die Botschaft gründet sich auf den Akteninhalt und geht daraus hervor, dass die BF bereits beim nächsten Termin zur Anhörung der BF vor der Botschaft vorgesehen ist (2.1.). Aus den wöchentlich vom BFA an das Gericht übersandten Abschiebeinformationen lässt sich aktuell entnehmen, dass für Ende November eine Flugabschiebung nach Nigeria geplant ist und derzeit auch Abschiebungen nach Nigeria prinzipiell stattfinden. Gründe für eine Verweigerung der Ausstellung eines Heimreisezertifikats sind dabei nicht hervorgekommen (2.1.). Die Feststellung zur Gesundheit und auch zur Haftfähigkeit (2.2.) ergibt sich aus den Angaben im Akt, insbesondere aus den eigenen Angaben in der Einvernahme vom 22.10.2021 und liegen diesbezüglich dem Gericht zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung keine anderslautenden Informationen vor. Es war daher von einer bestehenden Haftfähigkeit auszugehen.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.4.):

Das Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt und wurde dies auch in der Beschwerdeschrift nicht in Frage gestellt. Wie im Sachverhalt angeführt, wurde die behördliche Entscheidung der Verhängung einer Rückkehrentscheidung durch das BVwG mit Erkenntnis vom 23.04.2021 bestätigt. Die Rückkehrentscheidung erwuchs aufgrund der Abweisung der Beschwerde gegen den BFA-Bescheid sohin in Rechtskraft. Die bescheidmäßig vorgesehene Zweiwochenfrist zur Ausreise ist bereits abgelaufen (3.1.).

Der gegebene Verstoß gegen das Meldegesetz bzw. die Nichterreichbarkeit an verschiedenen Meldeadressen oder auch über die aufrechte Rechtsvertretung ergibt sich zum einen aus dem ZMR und zum anderen aus den Informationen bezüglich der Unmöglichkeit der Zustellungen von Ladungen sowohl im behördlichen und auch im gerichtlichen Verfahren.

Nach dem Asylakt lud die Behörde die BF mit Ladung an die seinerzeit aufrechte Rechtsvertretung für den 20.07.2017. Die BF blieb jedoch der Ladung unentschuldigt fern und konnte erst am 08.03.2018(!) tatsächlich einvernommen werden.

Am 23.04.2021 fand im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt und leistete die BF der diesbezüglichen Ladung ebenso unentschuldigt keine Folge. Im Zeitpunkt der Ladung war die BF noch von einer NGO vertreten und teilte diese mit, die BF nicht erreichen zu können. In weiterer Folge (zwischen Empfang und dem Ladungstermin) teilte die Rechtsvertretung mit, die BF nicht mehr zu vertreten. Das Gericht verfügte sohin auch eine Zustellung der Ladung an die einzig aufrechte Meldeadresse (es handelte sich um einen Nebenwohnsitz). Die Ladung wurde jedoch durch die BF an dieser Adresse nicht behoben.

Im Vorfeld des behördlichen Schubhaftverfahrens erging eine Ladung an die BF an ihrer aktuellen Hauptwohnsitzadresse in Wien. Nach dem Akteninhalt wurde die Ladung mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt“ an die Behörde retourniert.

Sie war daher trotz aufrechter Vertretung und aufrechter behördlicher Meldungen im Asyl-, Beschwerde- und Schubhaftverfahren für die Behörde bisher nicht (zeitnah) greifbar. Sie hielt sich daher nicht an die bestehenden Meldegesetze und verstieß wiederholt gegen ihre Mitwirkungspflicht in den diversen Verfahren (3.2.).

Die fehlende Vertrauenswürdigkeit (3.3.) die fehlende Rückreisewilligkeit (3.4.) und die fehlende Kooperationsbereitschaft ergeben sich im Wesentlichen aus dem bisherigen Verhalten der BF in Zusammensicht mit den eigenen Angaben im Rahmen der Einvernahme vom 22.10.2021. Danach behauptete die BF weiterhin, an ihrer Meldeadresse aufhältig zu sein, räumte allerdings nach und nach ein, sich auch in XXXX aufzuhalten, obwohl ihr konktret vorgehalten wurde, weder an der Adresse in Wien, noch in XXXX erreichbar gewesen zu sein. Auch konnte bzw. wollte sie vor der Behörde in der Einvernahme vom 22.10.2021 nicht näher erörtern, weshalb die Ladung an ihrer Meldeadresse mit „unbekannt“ an die Behörde zurückgegangen sei. In Zusammensicht mit der Tatsache, dass die BF bisher keinerlei Bemühungen gezeigt hat, in den Verfahren hinreichend mit der Behörde zu kooperieren, gerichtlichen oder behördlichen Ladungen nachzukommen oder nachvollziehbare Informationen zu erteilten, stellt sich die BF nach Ansicht des Gerichts bisher weder vertrauenswürdig, noch kooperativ dar (3.3, 3.4.). Die BF ist auch in keiner Weise rückkehrwillig. Dies ergibt sich klar aus ihren Ausführungen in der Einvernahme vom 22.10.2021. Die BF gab dort zwar nach eingehender Beratung an, doch ausreisewillig zu sein, doch zeigte ihr bisheriges Verhalten keine diesbezüglich üblichen Schritte. Auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, weshalb die BF ihr bisher erfolgreiches Verhalten um im Land bleiben zu können nicht weiter fortsetzen würde. Das Gericht geht daher nicht von einer Rückkehrwilligkeit der BF (in den Herkunftsstaat) aus (3.4.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.4.):

Aufgrund der Aktenlage, insbesondere aus den Angaben in der Einvernahme vom 08.03.2018 und vom 22.10.2021 ergibt sich, dass die BF über keinerlei familiäre oder anderweitige ins Gewicht fallende soziale Kontakte in Österreich verfügt. Als einzige Kontakte kommen die beiden Hauptmieter der Wohnung in Wien in Frage, deren Namen die BF nicht einmal nennen konnte. Es kann daher nicht von einer engen Beziehung ausgegangen werden (4.1.).

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die BF krankenversichert ist und nach Angaben in der Anhaltedatei am 03.11.2021 über einen Geldbetrag von € 6.100,-- verfügte. Es war daher von einer gewissen Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Besondere Integrationsmerkmale wurden nicht behauptet und hat das Beweisverfahren auch nicht ergeben (4.2. u. 4.3.).

Die BF hat im Schubhaftverfahren im Rahmen der Beschwerdeschrift erneut vorgebracht, eine Wohnmöglichkeit an ihrer Hauptmeldeadresse in Wien zu haben, hiezu aber keinerlei Beweisanbot erstattet. Erst durch gerichtlichen Auftrag wurde der die Wohnung betreffende Hauptmietvertrag (im Übrigen nicht von den Hauptmietern unterschrieben) dem Gericht vorgelegt. Nicht vorgelegt wurde die in diesem Mietvertrag eigens vereinbarte schriftliche Bewilligung der Vermieterin zur entgeltlichen oder auch unentgeltlichen Untervermietung der Räumlichkeiten (siehe Punkt 7.3. des Mietvertrages) deren Fehlen nach Punkt 8.1.1. des Mietvertrages die Auflösung des Mietvertrages rechtfertigen würde. Nach diesbezüglicher Aufforderung durch das Gericht wurde mit aufgetragener Stellungnahme nur lapidar auf § 11 Abs. 1 Zi. 1 MRG verwiesen, ohne auch nur zu behaupten oder aber zu bescheinigen, dass es sich bei der fraglichen Wohnung auch um eine Wohneinheit handeln würde, die unter den diesbezüglichen Anwendungsbereich des MRG fällt. Der diesbezügliche Beweis wäre jedoch durch die Partei selbst zu erbringen. Eine Behauptung alleine wäre im konkreten Fall jedenfalls ebenso nicht ausreichend. Aus dem Mietvertrag ergibt sich jedoch klar, dass der zitierte § 11 MRG aufgrund des Baualters des Hauses (§ 1 Abs. 3 Zi. 3 MRG) nicht zur Anwendung kommt. Letztlich ist eine weitere Erörterung dieser Problematik jedoch nicht angezeigt, da selbst unter Anwendung des MRG, gem. § 11 Abs. 1 Zi. 3 MRG für eine dritte Person kein Recht auf Aufnahme als Untermieterin bestehen würde, da nach dem Vorbringen der Rechtsvertretung die Wohnung über zwei (ganze) Zimmer (die Berücksichtigung eines halben Zimmers kann hier nicht vorgenommen werden) verfügt und bereits zwei Mieter (die beiden Hauptmieter) in der Wohnung leben dürften. Es war sohin nicht von einem zulässigen gesicherten Wohnsitz für die BF auszugehen (4.4.).

2.5. Die geplante Abschiebung ist rechtlich als auch faktisch durchführbar.

2.6. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Zur Judikatur:

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

3.1.3. Aufgrund des gerichtlichen Beweisverfahrens sieht das Gericht Sicherungsbedarf für gegeben an. Das bisherige Verhalten der BF hat die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG erfüllt. Die BF ist unrechtmäßig nach Österreich eingereist und hat einen erfolglosen Asylantrag gestellt. Gegen sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Die fehlende Rückreisewilligkeit ergibt sich bereits aus den aktenkundigen Handlungen und Aussagen im Rahmen der Einvernahmen vom 22.10.2021. Die BF hat sich in der Vergangenheit auch nicht kooperativ verhalten und war für die Behörde und das Gericht trotz aufrechter Meldungen nicht greifbar. Der Verstoß gegen ihre Mitwirkungsverpflichtung (Fernbleiben bei Ladungen) ist ebenso als unkooperativ anzusehen. Die BF hat es auch nach eigenen Angaben unterlassen irgendwelche Schritte zur Vorbereitung einer freiwilligen Ausreise zu ergreifen, was neuerlich ein Hinweis für eine fehlende Kooperationsfähigkeit der BF darstellt. Nach Ansicht des Gerichtes zeigt sich aufgrund des gegebenen Vorverhaltens der BF klar, dass diese alle Mittel ausschöpfen würde, um einer Außerlandesbringung ihrer Person entgegenzuwirken. Zu diesem Verhalten korrespondierend stellt sich daher für das Gericht dar, dass die BF auf freiem Fuße mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abermals untertauchen, oder für die Behörde nicht greifbar gerieren würde und besteht seitens des Gerichts auch kein Zweifel daran, dass die Verhängung der Schubhaft jedenfalls auf einem erheblichen Sicherungsbedarf beruhte.

Die BF verfügt weiters nach eigenen Angaben über keine familiären oder sonst ins Gewicht fallende sozialen Beziehungen in Österreich. Sie war jedoch bisher erwerbstätig und wäre aufgrund ihrer Ersparnisse wohl auch für gewisse Zeit selbsterhaltungsfähig. Besondere Integrationsmerkmale hat das Verfahren nicht ans Tageslicht gebracht. Auch die von ihr angegebene Wohnmöglichkeit besteht nicht reell.

Das Gericht geht daher in einer Gesamtsicht des Verhaltens der BF unter den oben angeführten und festgestellten Tatbestandselementen des § 76 Abs. 3 FPG jedenfalls vom bestehen erheblichen Sicherungsbedarfes aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erhärtet.

3.1.4. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen der BF an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass die im Rahmen der gerichtlichen Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausreichend geeignet waren, die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen. Das Gericht übersieht dabei nicht, dass die BF offenbar bis zu einer Abschiebung weiterhin durch ihre Arbeitsleistung auf selbstständiger Basis in der Lage sein würde, Geld zu verdienen. Derartige pekunieren Interessen waren jedoch nicht hinreichend, die gegenständliche Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Gunsten der BF ausreichend zu beeinflussen. Die BF hielt sich in der Vergangenheit nicht an ihren Meldeadressen auf und war für die Behörde und das Gericht nicht greifbar. Sie hat daher gegen ihre Mitwirkungspflicht in den Verfahren verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Sie hat in Österreich bereits einen erfolglosen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde über sie bereits eine Rückkehrentscheidung verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib der BF im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung der BF kundgetan. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen der BF zum Verbleib auf freiem Fuße weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung. Das Gericht geht daher – wie oben angeführt – von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal die Bemühungen des BFA eine baldige Abschiebung durchführen zu können, im Rahmen des Verfahrens deutlich hervorgekommen sind. Es ist daher der BF nach Ansicht des Gerichtes zuzumuten, die Zeit bis zu ihrer Abschiebung in Schubhaft zuzubringen.

3.1.5. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit der Beschwerdeführerin nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin, die ein evidentes Interesse daran hat, hier im Inland zu verbleiben, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Eine Meldeadresse alleine ist, wie die Vergangenheit zeigte, kein Hindernis. Auch hat das Beweisverfahren klar ergeben, dass die BF nicht freiwillig in ihre Heimat zurückkehren will und ihr daher auch jedes Mittel recht sein würde, eine Rückführung in ihren Herkunftsstaat zu verhindern. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel nunmehr eine ausreichende Sicherung der BF bedeuten würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.1.6. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“ und wird die Schubhaft auch bis zur erfolgreichen Abschiebung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

3.1.7. Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie oben näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßigen Verhängung.

3.1.8. Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten abschließend ermittelt und beurteilt werden. Die, wenn auch etwas zögerliche, Vorlage der Urkunden (Mietvertrag, Stellungnahme) waren geeignet das Vorbringen der Beschwerdeschrift einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen und lagen Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung danach nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Die Bescheinigung einer Wohnmöglichkeit wurde erst nach der Verhängung der gegenständlichen Schubhaft erbracht, konnte allerdings auch für den Fortsetzungsausspruch keine Änderung der Beurteilung des Gerichts herbeiführen.

Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel illegale Einreise Kostenersatz Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2247859.1.00

Im RIS seit

24.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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