Entscheidungsdatum
15.11.2021Norm
BBG §42Spruch
W132 2241921-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat mit Bescheid vom 02.04.2008 einen Antrag des Beschwerdeführers vom 22.11.2007 auf Ausstellung eines Behindertenpasses auf Grund des in Höhe von 20 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen.
2. Mit Bescheid vom 16.04.2009 hat die belangten Behörde einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses des Beschwerdeführers aufgrund des in Höhe von 40 vH festgestellt Grades der Behinderung abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid der Bundesberufungskommission vom 21.05.2010 abgewiesen.
3. Ein neuerlicher Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 06.03.2014 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.08.2014 aufgrund des weiterhin mit 40 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen.
4. Mit Bescheid vom 27.10.2016 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 01.07.2016 auf Ausstellung eines Behindertenpasses aufgrund des mit 40 vH objektivierten Grades der Behinderung abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2019 stattgegeben. Es wurde ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt.
4.1. Am 26.09.2019 hat die belangten Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen.
5. Der Beschwerdeführer hat am 30.12.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b gestellt, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt. Begründend wurde angeführt, dass er an frühkindlicher Hirnblutung mit sekundärem Hydrocephalus, leichter Hemiparese links, cervico-lumo-ischialgie mit fallweiser radiculärer Symptomatik C4-7 beidseits, incipientem Carpaltunnelsyndrom rechts, Beinlängendifferenz rechts um 1,6 cm, Adipositas, Diabetes mellitus II, Schlafstörungen und Depressionen, Osteopenie, Knieproblemen, Gonarthrose, Femoropallararthrose, Hypertonie und Aquäduktstenose mit Hydrocephalussymptomatik leide.
Nachstehend angeführte Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:
XXXX
5.1. Zur Überprüfung des Antrages hat die belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.03.2020 mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorlägen.
Zusammengefasst wird im Sachverständigengutachten im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
? Spastische Hemiparese links mit Ataxie
? Depression
? Degenerative und überlastungsbedingte Veränderungen der Wirbelsäule
? Aufbrauch- und Überlastungserscheinungen an Hüft-, Schulter-, Knie- und Sprunggelenken
? Krampfaderbildung im Bereich beider Unterschenkel
? Obstruktives Schlafapnoesyndrom(OSAS)
? Beinverkürzung links vom minus 2 cm“
Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes ausgeführt:
„Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen zweifelsfrei dokumentiert vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe – allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert – ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein-und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus. Das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung zweier Unterarmstützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken ist durch die festgestellten Funktionseinschränkungen nicht begründbar.“
5.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG am 18.05.2020 erteilten Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel, im Wesentlichen eingewendet, dass die im Gutachten getroffenen Feststellungen unrichtig seien und das Gutachten Widersprüche aufweise. Vom behandelnden Internisten seien Herzrhythmusstörungen festgestellt worden, welche bei Belastungen bei bereits kürzeren Strecken zu Brustschmerzen und Herzrasen führen würden. Das Einsteigen bei älteren Straßenbahnen sei wegen des Niveauunterschiedes nicht möglich. Es sei nicht immer ein Sitzplatz verfügbar. Trotz erhaltener Greif- und Haltefunktion der rechten Extremität sei die Sicherheit nicht gewährleistet. Einkäufe wären zusätzlich eine Belastung und der Transport von Einkäufen in öffentlichen Verkehrsmitteln durch die einseitige Armbelastbarkeit nicht möglich. Die Benützung von Behindertenparkplätzen würde die körperliche Belastung erheblich verringern. Der Beschwerdeführer sei daher zum Transport jeglicher Güter auf die Benützung eines PKW´s angewiesen, um nicht auf die Hilfe Dritter zurückgreifen zu müssen.
Nachstehend angeführte Beweismittel wurden im Verfahren neu vorgelegt:
XXXX
5.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.01.2021 mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorlägen.
Zusammengefasst wird im Sachverständigengutachten im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
„Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
? Spast. Hemiparese li.
? Depressio
? Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
? Aufbrauch- und Überlastungserscheinungen an Hüft-, Schulter-, Knie- und Sprunggelenken
? Krampfaderbildung in den UE bds.
? Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
? Beinverkürzung – Untere Extremitäten, Beinverkürzung unter 3 cm“
Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes ausgeführt:
„Es liegen keine Funktionseinschränkungen aus nervenärztlicher Sicht vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m) das Ein- und Aussteigen bei den üblichen Niveauunterschieden ohne fremde Hilfe oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren. Die Hemiparese links ist als mäßig einzustufen, das Gangbild ist ohne Hilfsmittel etwas verlangsamt, aber relativ flüssig, die Depression wird derzeit nicht fachärztliche behandelt und stellt auch keinen Grund für die Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel dar.“
5.4. Basierend auf einer Eingabe des Beschwerdeführers hat das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz eine Überprüfung des Ergebnisses des medizinischen Beweisverfahrens veranlasst.
In der durch die ärztliche Fachabteilung des BMSGPK verfassten Stellungnahme Dris. XXXX wird Folgendes festgehalten:
„Der bisherige Sachverhalt darf als bekannt vorausgesetzt werden. Das zuletzt erstellte Sachverständigengutachten aus 01/2021 des Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie, ist hinsichtlich des fachspezifischen Status und der gutachterlichen Beurteilung schlüssig und nachvollziehbar. Es wird deutlich nachvollziehbar dargestellt, warum dem Antragsteller die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Im Rahmen der Untersuchung zeigt sich ein nur mäßig verlangsamtes Gangbild ohne Verwendung von Hilfsmitteln. Diese Erkenntnis entspricht auch den Ausführungen des allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 14.04.2020, wo ebenfalls ein freies Gangbild beschrieben wird. Zusätzlich erhielt der Antragsteller im Oktober 2020 in der Klinik Penzing aufgrund einer Gonarthrose eine Knietotalendoprothese rechts, was ebenfalls zu einer Verbesserung der Gehleistung führt. Insgesamt ist somit der Entscheidung des ärztlichen Dienstes des SMS Landesstelle Wien zuzustimmen, dass Herrn. XXXX die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.“
5.5. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG am 04.02.2021 erteilten Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer nachstehend angeführte Beweismittel erstmals in Vorlage gebracht:
XXXX
Mit Schriftsatz vom 24.02.2021 wurde von der bevollmächtigten Vertretung gegenständliches Verfahren betreffend im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass die Schlussfolgerungen des Gutachtens Dris. XXXX nicht nachvollziehbar seien. So führe der Gutachter an, dass keine Funktionseinschränkungen vorlägen, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren würden, hält aber gleichzeitig im eigenen Gutachten fest, dass die Koordination links gestört sei und das Gangbild ohne Hilfsmittel breitbasig und verlangsamt sei. Es würden unter diesen Umständen erhebliche Zweifel daran bestehen, dass der Beschwerdeführer einen Fußweg von 300 bis 400 Meter zurücklegen, Niveauunterschiede überwinden und sich im Verkehrsmittel sicher fortbewegen könne. Da die Koordination des Antragstellers und seine Feinmotorik links gestört sei, laufe er in Folge der Gleichgewichtsstörungen und der nicht ausreichenden Sensibilität Gefahr mit anderen Fußgängern oder Gegenständen zu kollidieren oder vom Gehsteig auf die Fahrbahn zu geraten und wäre seine Unversehrtheit in Gefahr. Auch sei das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400 Meter so mühsam und anstrengend für den Beschwerdeführer, dass ihm diese nicht zumutbar sei. Das rechte Knie des Beschwerdeführers sei operativ ausgetauscht worden und es sei zu einer gesundheitsbedingten Verzögerung der Therapie nach Knie-OP gekommen, was zu einer Wasseransammlung im Knie geführt habe. Der Beschwerdeführer sei daher daran gehindert dieses Knie bei längerem Gehen zu gebrauchen. Als Beweis werde der CT-Befund der Klinik Penzing vom 09.02.2021 vorgelegt.
5.6. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 09.03.2021 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
5.7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.03.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Ergänzend wurde von der belangten Behörde angemerkt, dass ein Ausweis gem. § 29 Straßenverkehrsordnung nicht ausgestellt werden könne, da die grundsätzlichen Voraussetzungen dafür, nämlich die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ im Behindertenpass, nicht vorlägen.
6. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage weiterer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich durch die vorgelegten Unterlagen – den XXXX – zweifelsfrei ergebe, dass der Beschwerdeführer nach wie vor an schwerwiegenden, nicht korrigierbaren Schmerzen und Einschränkungen infolge einer Knie-Operation im Oktober leide. Es sei ein Implantat eingesetzt worden und er sei infolge starker Schwellung und Schmerzen keinesfalls in der Lage eine Wegstrecke von 300-400 Meter zurückzulegen. Auf Grund der chronischen Schmerzen in der Wirbelsäule und den Kniegelenken sei es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar, den Weg bis zum nächsten Verkehrsmittel sehr angestrengt und qualvoll zurückzulegen. Auch leide der Beschwerdeführer seit seiner Kindheit an einer unerklärlichen Halbseitenschwäche mit neurologischen Komplikationen wie Auswirkungen auf Gleichgewicht, Steh- und Gehvermögen. In der Folge werden die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen wiederholt.
7. Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 28.04.2021 eingelangten – Schreiben selben Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
8. Eine Überprüfung des Aktenmaterials hat ergeben, dass die vom Beschwerdeführer zuletzt als vorgelegt genannten Beweismittel - XXXX – dem Akt nicht beiliegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus.
Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Das verwaltungsbehördliche Verfahren erweist sich in Bezug auf den zur ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen. (§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensations-möglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Dieses Beweisthema ist somit nicht identisch mit der im Rahmen eines Verfahrens nach § 14 Abs. 2 oder 5 BEinstG vorzunehmenden Einschätzung des Grades der Behinderung, bei der die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit im Vordergrund stehen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 2000/11/0321). Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Maßgebend für die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ist die Feststellung der Art, des Ausmaßes und der Auswirkungen der beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren nur ansatzweise Ermittlungen geführt.
Der belangten Behörde war bereits bei Antragstellung bekannt, dass der Beschwerdeführer an neurologisch-/psychiatrischen, orthopädischen und internistischen Gesundheitsschädigungen leidet. Auch wurden diese Leiden vom Beschwerdeführer durch medizinische Beweismittel bereits bei Antragstellung belegt. Die belangte Behörde hat zur Beurteilung der beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen jedoch ein neurologisch-/psychiatrisches und ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Diesen Sachverständigengutachten ist jedoch keine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der beim Beschwerdeführer bestehenden Leiden auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu entnehmen.
Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer befunddokumentiert vorgebracht hat, an Herzrhythmusstörungen und Diabetes zu leiden. So wird im Befund der Klinik Penzing vom 08.10.2020 angeführt, dass der Beschwerdeführer an paroxysmalem VHF (unter Marcoumar), Diabetes Melltius II, Hypertonie leidet. In den Diagnoselisten der eingeholten Gutachten finden sich aber keine Hinweise auf diese Gesundheitsschädigungen und wird daher in diesen Gutachten auch nicht dargestellt, ob aus dem Zusammenwirken der internistischen Leiden eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bzw. Leistungsfähigkeit resultiert, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschwert.
Auch sind die eingeholten Sachverständigengutachten zur Beurteilung der beim Beschwerdeführer vorliegenden orthopädischen Leidenszustände nicht geeignet. So ist in diesen Gutachten keine Auseinandersetzung mit den aus den Einschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates resultierenden Schmerzen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erfolgt.
Es wurde von den Sachverständigen keine Stellungnahme zu Art und Ausmaß der Schmerzen, sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abgegeben. Dies wäre aber - auch vor dem Hintergrund der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; 20.10.2011, 2009/11/0032; 27.01.2015, 2012/11/0186) - im gegenständlichen Fall, auch im Hinblick auf die beim Beschwerdeführer vorliegenden festgestellten Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates, unbedingt erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, inwieweit der Beschwerdeführer dadurch an der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (insbesondere beim Gehen, Stehen, Sitzen sowie Ein- und Aussteigen) gehindert wird.
Die nicht nachvollziehbare Feststellung der Sachverständigen, dass keine maßgeblichen, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichenden Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, ohne diese Beurteilung zu begründen, ist – wie bereits oben ausgeführt - nicht ausreichend und stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar.
Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Zusammenfassend wird in den eingeholten Gutachten zwar die Art der objektivierten dauernden Gesundheitsschädigungen aufgelistet - wobei aber nicht alle Gesundheitsschädigungen erfasst wurden - zur Frage der beschwerdegegenständlichen Zusatzeintragung erfolgte jedoch keine ausreichende individualisierte Beurteilung.
Insbesondere finden sich in den eingeholten Gutachten keine Angaben über die Wechselwirkung der internistischen Leiden untereinander sowie zwischen den internistischen, neurologisch-psychiatrischen Leiden und den Leiden des Bewegungsapparates, sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Gesamtbetrachtung. Wie sich die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen – vor allem auch im Zusammenwirken – konkret auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken (insbesondere beim Gehen, Stehen, Sitzen sowie Ein- und Aussteigen) kann den Gutachten somit nicht entnommen werden.
Zudem werden die vorgelegten Beweismittel zwar unter auszugsweiser Zitierung des Inhaltes in den eingeholten Gutachten aufgelistet, es wird jedoch nicht ausgeführt, welche Funktionsdefizite in den vorgelegten Befunden dokumentiert werden bzw. ob, gegebenenfalls in welcher Form, diese in der Beurteilung berücksichtigt worden sind. Ob bzw. inwieweit sich die in den vorgelegten Befunden bzw. Sachverständigengutachten dokumentierten Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, wird nicht dargelegt.
Insbesondere auch sind keine Hinweise darauf zu finden, dass die nach Angabe des Beschwerdeführers zuletzt vorgelegten Beweismittel – Arztbrief Dr. Sluga vom 04.03.2021, Befundbericht des Diagnosezentrum Brigittenau vom 09.02.2021 und der CT-Befund der Klinik Penzing vom 09.02.2021 - welche dem Verwaltungsakt auch nicht beiliegen, bei der Beurteilung Berücksichtigung fanden, und welche Erkenntnisse aus diesen Befunden resultieren.
Die seitens des Entscheidungsorganes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Das Verwaltungsgericht hat im Falle einer Zurückverweisung darzulegen, welche notwendigen Ermittlungen die Verwaltungsbehörde unterlassen hat. (Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015)
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde medizinische Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Innere Medizin - basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers - zu den oben dargelegten Fragestellungen einzuholen, und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens und der vorliegenden medizinischen Beweismittel bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Anschließend hat sich die belangte Behörde mit der Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann – im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG – nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Die unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht läge angesichts des gegenständlichen gravierend mangelhaft geführten verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Raschheit und wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Zu berücksichtigen ist auch der - mit dem verwaltungsgerichtlichen Mehrparteienverfahren verbundene - erhöhte Aufwand.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG zweckmäßig.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht, und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015, Ra 2015/08/0171 vom 27.01.2016, Ra 2015/10/0106 vom 24.02.2016) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Behindertenpass Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Sachverständigengutachten ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W132.2241921.1.00Im RIS seit
26.11.2021Zuletzt aktualisiert am
26.11.2021