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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; keine Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO zu Personen, die lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt habenRechtssatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) lässt im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, ob eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig ist, sowohl die in der EASO-Country Guidance enthaltene spezifische Berichtslage als auch den Umstand gänzlich unberücksichtigt, dass der Beschwerdeführer nur bis zu seinem circa zwölften Lebensjahr in Afghanistan gelebt hat. Das BVwG stellt in diesem Zusammenhang fälschlicherweise fest, dass der Beschwerdeführer ab dem Jahr 2009 abwechselnd in Pakistan und Afghanistan gelebt habe. Diese Feststellungen decken sich jedoch nicht mit den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, in der er angab, seit seinem zwölften Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan gelebt zu haben. Er sei ausschließlich kurz vor seiner Ausreise in Afghanistan gewesen, um einen Schlepper zu organisieren. Den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort und seinen bisherigen Aufenthaltsorten schenkte das BVwG in seiner Beweiswürdigung vollen Glauben. Auf Grund der Verwaltungsakten und der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seit seinem zwölften Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan, sondern bis zu seiner Asylantragstellung im Bundesgebiet ausschließlich in Pakistan gelebt hat.
Das BVwG geht in seinem Erkenntnis offenkundig von einem Personenprofil des Beschwerdeführers aus, das sich auf alleinstehende, gesunde Männer im erwerbsfähigen Alter bezieht, die in Afghanistan aufgewachsen sind, und lässt dieses auch für die maßgebliche Situation des Beschwerdeführers, der Afghanistan im Alter von circa zwölf Jahren verlassen hat, ausreichen. Indem das BVwG von einer zumutbaren Rückkehrsituation ausgeht, dabei die aktuellen Länderberichte in Bezug auf das spezifische Personenprofil des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt und sich damit mit dessen konkreter Situation nicht auseinandersetzt, hat es in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E2739.2021Zuletzt aktualisiert am
25.11.2021