TE Vfgh Erkenntnis 2021/9/29 SV4/2020 ua, G 250/2020 ua

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Veröffentlicht am 29.09.2021
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Index

19/20 Amtssitzabkommen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Staatsvertrag
B-VG Art42 Abs5
B-VG Art50 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140a
StGG Art2
StGG Art6
Nuklearwaffenverbotsabkommen Österreich, Vereinte Nationen, Internationale Atomenergie-Organisation, UNIDO und CTBTO Art3
BG betr Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen
BundesfinanzG 2015 Art11
BundeshaushaltsG 2013 §76
AEUV Art107 Abs1
UWG §1
VfGG §7 Abs1, §62a Abs1, §66

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht und im Recht auf Ausübung der Erwerbsfreiheit durch eine Bestimmung eines Staatsvertrages betreffend die ausschließliche Nutzung einer Liegenschaft für Bildungsaktivitäten für in Wien ansässige Internationale Organisationen; Einräumung eines Baurechts an einer Liegenschaft mit einem jährlichen Baurechtszins idHv € 1,– für schulische Zwecke dient der - sachlich gerechtfertigten - Unterstützung Internationaler Organisationen und nicht der Förderung eines bestimmten Schulträgers

Spruch

I. Die Hauptanträge werden zurückgewiesen.

II. Die Eventualanträge (Art3 des Abkommens betreffend) werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit ihren auf Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B-VG sowie auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Anträgen begehren die beiden antragstellenden Gesellschaften aus Anlass ihrer Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 24. April 2020, Z 54 Cg 107/18s-28, zum einen die Feststellung, dass das Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation, der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearwaffen, BGBl III 151/2016, zur Gänze, in eventu dessen Art3, verfassungswidrig und daher mit Ablauf des Tages der Kundmachung des Erkenntnisses von den zu seiner Vollziehung berufenen Organen nicht mehr anzuwenden ist, und zum anderen die Aufhebung des Art2 des Bundesgesetzes betreffend Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen sowie Anhebungsverzicht, BGBl I 125/2015, als verfassungswidrig.

II. Rechtslage

1.1. Das Abkommen zwischen der Republik Österreich, den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation, der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearwaffen, BGBl III 151/2016, (im Folgenden: Abkommen) hat folgenden Wortlaut (Art3, dessen Rechtswidrigkeit festzustellen, eventualiter begehrt wird, ist hervorgehoben):

"Die Republik Österreich einerseits und die Vereinten Nationen, die Internationale Atomenergie-Organisation, die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und die Vorbereitende Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (im Folgenden die "Internationalen Organisationen") andererseits (im Folgenden die "Parteien"),

eingedenk des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergie-Organisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation, des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung über den Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über den Amtssitz der Kommission,

in Anbetracht dessen, dass die Republik Österreich beständig den Internationalen Organisationen ihre Zusage hinsichtlich des Bestehens einer Schule ausgedrückt und erwiesen hat, die den Bedürfnissen der Kinder der Angestellten der Internationalen Organisationen und der Mitglieder des diplomatischen und konsularischen Corps dient; und

im Bestreben, die weitere Unterstützung durch die Republik Österreich für den Standort der Internationalen Organisationen in Wien durch Gewährung eines notwendigen Beitrages zur Finanzierung von Schulplätzen für die Kinder von in Wien tätigen Angestellten der Internationalen Organisationen und der Kinder von Mitgliedern eines diplomatischen oder konsularischen Dienstes, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse solcher Kinder und der Besonderheiten internationaler Schulausbildung, sicherzustellen, sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1

1. Zur Sicherung des Standortes der Internationalen Organisationen in Wien und auf Grundlage eines gemeinsamen Ersuchens der Internationalen Organisationen, zur Finanzierung angemessener Schulbildung für die Kinder von Angestellten beizutragen, gewährt die Republik Österreich den folgenden Betrag (im Folgenden der "Bildungsbetrag"): für das Schuljahr, das 2015 endet 4 Mio. EUR, 2016: 4 Mio. EUR, 2017: 3 Mio. EUR, 2018: 2 Mio. EUR, und 2019: 2 Mio. EUR pro Schuljahr. Dieser Beitrag wird fortgeführt, außer wenn das Abkommen gemäß Artikel 5 beendet wird.

2. Die Internationalen Organisationen nominieren eine Organisation (im Folgenden die "Organisation"), die den Bildungsbetrag erhält und auszahlt.

3. Der Bildungsbetrag wird in sechs möglichst gleich hohen Beträgen, zahlbar von Februar bis Juli des laufenden Schuljahres und jeweils am ersten Tag des Folgemonats des entsprechenden Monats der Organisation zur Anweisung gebracht.

4. Unbeschadet des Abs3 wird der Bildungsbetrag für das Schuljahr 2014/2015 von der Republik Österreich zwischen Februar und April 2016 an die Organisation geleistet.

5. Die Internationalen Organisationen beraten sich untereinander und wählen im Sinne des Artikel[s] 2 unten eine geeignete Bildungseinrichtung (im Folgenden die "Einrichtung"), an die der Bildungsbetrag von der Organisationen [gemeint wohl: Organisation] für den in Absatz 1 dieses Artikels dargelegten Zweck übermittelt wird. Der so von der Organisation an die Einrichtung übermittelte Bildungsbetrag unterliegt keiner Steuerpflicht seitens der Einrichtung an die Republik Österreich oder anderweitig. Jedes Jahr nach der Überweisung des Bildungsbetrags an die Einrichtung übermittelt die Organisation der Republik Österreich unverzüglich, spätestens am 31. Dezember, eine Bestätigung und belegte Informationen betreffend die Überweisung und die ordnungsgemäße Verwendung des Bildungsbetrags.

6. Die Organisation schließt eine Vereinbarung mit der Einrichtung, in der die Voraussetzungen für den Empfang und die Kontrolle des Bildungsbetrags, die Zahlungsbestimmungen, die Übermittlung des jährlichen Prüfberichts der Einrichtung und die Rückforderungsbestimmungen festgelegt werden.

7. Die Republik Österreich ist berechtigt, den Bildungsbetrag zur Gänze oder teilweise zurückzufordern oder die Zahlung zur Gänze oder teilweise einzustellen, wenn auf der Grundlage der von der Organisation gemäß Absatz 5 übermittelten Bestätigung und belegten Informationen bewiesen ist, dass der Bildungsbetrag oder Teile davon nicht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieses Abkommens überwiesen oder verwendet wurde.

Artikel 2

Als geeignete Bildungseinrichtung im Sinne dieses Abkommens gilt ausschließlich eine solche, die von den Internationalen Organisationen bezeichnet wird und

(a) deren Organisationsstruktur die Bedürfnisse der Kinder von Angestellten der in Österreich ansässigen internationalen Organisationen sowie der Kinder von Mitgliedern des diplomatischen und konsularischen Corps, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, berücksichtigt;

(b) die Bildungsprogramme und Lehrpläne anbietet, die die Erfordernisse und die besondere Natur internationaler Bildung ansprechen; und

(c) die Kindern von in lita aufgezählten Personen eine angemessene Anzahl an Schulplätzen garantiert.

Artikel 3

Mit dem Ziel, den Standort einer Bildungseinrichtung innerhalb angemessener Nähe zum Wiener Internationalen Zentrum sicherzustellen, stellt die Republik Österreich, zumindest bis Juli 2024, eine derzeit im Eigentum der Republik Österreich stehende Liegenschaft einschließlich Gebäuden und Ausstattung für die ausschließliche Nutzung für Bildungsaktivitäten der Einrichtung zur Verfügung, außer wenn die vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Einrichtung zu vereinbarenden Voraussetzungen für die Nutzung dieser Liegenschaft nicht eingehalten werden.

Artikel 4

Alle Meinungsverschiedenheiten zwischen einer der Internationalen Organisationen und der Republik Österreich über die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens werden in gleicher Weise beigelegt, wie es in den Amtssitzabkommen mit den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation, der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen vorgesehen ist.

Artikel 5

1. Dieses Abkommen tritt sechzig (60) Tage nach dem Tag in Kraft, an dem die Republik Österreich und zwei Internationale Organisationen Mitteilungen darüber ausgetauscht haben, dass sie ihre jeweiligen internen Verfahren für das Inkrafttreten erfüllt haben.

2. Für andere Internationale Organisationen tritt dieses Abkommen sechzig (60) Tage nach dem Tag in Kraft, an dem sie den anderen Partien eine solche Mitteilung übermittelt haben.

3. Die Bestimmungen dieses Abkommens werden rückwirkend ab 1. August 2014 angewendet. Dieses Abkommen tritt am 31. Juli des Jahres außer Kraft, das auf das Jahr folgt, in dem entweder die Republik Österreich oder alle Internationalen Organisationen, die Partei dieses Abkommens sind, schriftlich vor dem 31. Juli die Beendigung des Abkommens notifiziert haben. Unbeschadet des Vorstehenden behält sich jede der Internationalen Organisationen vor, mit vierundzwanzigmonatiger Frist per schriftlicher Mitteilung an die anderen Parteien von diesem Abkommen zurückzutreten, ohne dass dies das Abkommen beendet, solange zwei Internationale Organisationen Partei bleiben.

4. Dieses Abkommen kann durch eine schriftliche Vereinbarung der Parteien geändert werden.

5. Bei Inkrafttreten des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen übernimmt die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen als Nachfolger der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen alle Verpflichtungen aus diesem Abkommen."

1.2. Das Abkommen ist gemäß seinem Art5 Abs1 nach Abgabe der entsprechenden Mitteilungen durch die Vereinten Nationen (VN) am 22. April 2016, durch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) am 25. April 2016 sowie durch die Republik Österreich am 11. Juli 2016 mit 9. September 2016 in Kraft getreten. Für die Vorbereitende Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) ist es nach Abgabe der entsprechenden Mitteilung am 14. Juli 2016 gemäß seinem Art5 Abs2 mit 12. September 2016 und für die Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) nach Abgabe der entsprechenden Mitteilung am 19. Dezember 2017 mit 17. Februar 2018 in Kraft getreten (s Kdm. BGBl III 2/2018).

Die Bestimmungen des Abkommens werden seinem Art5 Abs3 zufolge rückwirkend ab 1. August 2014 angewendet.

1.3. In den Erläuterungen zur entsprechenden Regierungsvorlage (RV 1112 BIgNR 25. GP, 1) wird dazu ua Folgendes ausgeführt:

"Die Sicherstellung eines Schulsystems für Kinder internationaler Bediensteter war Teil des Pakets, mit dem die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen überzeugt werden konnten, sich in Wien anzusiedeln. Sie ist auch weiterhin erforderlich, um den Amtssitz Wien für internationale Organisationen attraktiv zu halten.

Im Jahr 1979 hatten der Bund und die Stadt Wien im Zusammenhang mit der Errichtung des Internationalen Zentrums Wien (Vienna International Center/VIC) ihre Absicht erklärt, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder von Angestellten internationaler Organisationen in Wien die Möglichkeit einer schulischen Versorgung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen und dem besonderen Charakter einer internationalen Ausbildung Rechnung trägt. In Wien bestand dabei eine besondere Situation, da die Amtssprache Deutsch im Gegensatz zu den Amtssprachen an den Amtssitzen in New York und Genf keine Amtssprache der Vereinten Nationen ist. Angesichts dieser Erklärung und im Einklang mit den in New York und Genf etablierten internationalen Schulen wurde die finanzielle Förderung der vom Verein 'Wiener Internationale Schule' betriebenen Schule die den Kindern von Angestellten der internationalen Organisationen Schulplätze zusicherte, in einem 1990 zwischen dem Bund (vertreten durch das BMaA) und der Stadt Wien einerseits und dem Verein 'Internationale Schule Wien' geschlossenen Leih- u. Fördervertrag geregelt. Dieser Leih- und Fördervertrag, der an Stelle der zwischen den vorgenannten Vertragsparteien 1981 geschlossenen Vereinbarung trat, ist am 31.7.2014 ausgelaufen.

Im Rahmen der Arbeitsverhältnisse mit internationalen Organisationen besteht eine hohe Personalrotation. Die Sicherstellung von Schulplätzen für die Kinder der Bediensteten ist daher ein wesentliches Kriterium für die Stärkung des Amtssitzes Wien. Um die aktuellen rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen berücksichtigen zu können, wird ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der IAEO, der UNIDO und der CTBTO über einen direkt an eine dieser im Vienna International Centre angesiedelten Internationalen Organisationen zu zahlenden Bildungsbetrag geschlossen.

Außerdem stellt die Republik Österreich einer von den Internationalen Organisationen bezeichneten Bildungseinrichtung unter bestimmten Bedingungen befristet eine Liegenschaft zur Verfügung."

2.1. Das Bundesgesetz betreffend Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen sowie Anhebungsverzicht, BGBl I 125/2015, idF BGBl I 109/2016 (im Folgenden: ErmächtigungsG) lautet auszugsweise (die zur Aufhebung beantragte Bestimmung steht in der Stammfassung in Geltung und ist hervorgehoben):

"Artikel 1
Ermächtigung zur Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

Der Bundesminister für Finanzen wird zur Veräußerung nachstehenden unbeweglichen Bundesvermögens ermächtigt, wobei die Verwertung bestmöglich zu erfolgen hat.

Bundesland oder Ausland:

EZ
oder
Flächenausmaß:

Grundstücknummer(n)
oder
Adresse:

KG
oder
Bezeichnung:

570

798/2

45204 Lustenau

[…]

 

 

 

Algerien

3.281 m2

Stadtteil EL-Mouradia Abdelkader Toumer

Algier – Abdessalem Baugrundstück mit Altbestand

[…]

 

 

 

Artikel 2
Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen

Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das sich in der Verwaltung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft befindliche Grundstück 1020/3, Einlagezahl 2754 in der Katastralgemeinde 01660 Kagran mit einem Baurecht auf die Dauer von bis zu 30 Jahren zu belasten, sofern dies zur Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung notwendig oder zweckmäßig erscheint, wobei das durch einen zertifizierten Sachverständigen für Immobilienbewertung zu ermittelnde Entgelt wertzusichern ist. Darüber hinaus wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, den diesbezüglich angemessenen jährlichen Bauzins längstens bis zum 31. Juli 2024 nicht oder nicht bis zur vollen möglichen Höhe einzuheben.

Artikel 3
Zinsanhebungsverzicht

Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, auf den in der Verwaltung des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft stehenden und von den Wiener Sängerknaben genutzten Objekten und Anlagen, alle eingetragen in Einlagezahl 30 in der Katastralgemeinde 01657 Leopoldstadt (Palais Augarten und Josefstöckl samt festgelegter Umgebungsfläche) rückwirkend bis zum April 2013 auf die Einhebung des einseitig erhöhten Mietzinses hinsichtlich des seit 1948 bzw 1950 bestehenden Mietvertrages mit dem Verein der Wiener Sängerknaben für ihre Schulnutzungen im Augarten, 1020 Wien, Obere Augartenstraße 1 zu verzichten; dies gilt auch für zukünftig einseitig zu erhöhende Mietzinse, wobei damit kein endgültiger Verlust des bestandsrechtlichen beziehungsweise mietrechtlichen Anhebungsrechtes verbunden ist und der Verein der Wiener Sängerknaben seinen bezüglichen Verpflichtungen sowie Aufgaben im Rahmen des Betriebes einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht nachkommt.

Artikel 4

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut."

2.2. Dieses haushaltsrechtliche ErmächtigungsgG ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass gemäß ArtXI des Bundesfinanzgesetzes 2015, BGBl. I 39/2014, iVm §76 des Bundeshaushaltsgesetzes 2013, BGBl. I 139/2009, Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen (hier: Belastung unbeweglichen Bundesvermögens mit einem Baurecht), die die Wertgrenze von € 4 Millionen überschreiten, der Bewilligung durch ein Bundesgesetz im Sinne des Art42 Abs5 B-VG — also ein Bundesgesetz, das ohne Mitwirkung des Bundesrates zustande kommt, — bedürfen.

In den Erläuterungen (RV 782 BlgNR 25. GP, 1 und 3) wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Allgemeiner Teil

[…]

Artikel 2:

Der Bundesminister für Finanzen beantragt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft die Belastung des Grundstückes 1020/3 im Flächenausmaß von 46.079 m2 mit einem Baurecht auf die Dauer von bis zu 30 Jahren zugunsten des Vereins der Internationalen Schule Wien, wobei das von einem zertifizierten Sachverständigen für Immobilienbewertung zu ermittelnde Entgelt wertzusichern ist. Dies unter der Voraussetzung, dass dies zur Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung der Republik Österreich notwendig oder zweckmäßig erscheint. Darüber hinaus soll der Bundesminister für Finanzen ermächtigt werden, den rückwirkend ab 1. August 2014 und bis längstens 31. Juli 2024 einzuhebenden jährlichen Bauzins nicht oder nicht bis zur vollen möglichen Höhe einzuheben oder fällig und zahlbar zu stellen.

Im Zuge der Errichtung des Internationalen Zentrums Wien und der Ansiedlung der Vereinten Nationen wurde auf dem 1981 vom Bund erworbenen Grundstück in 1220 Wien, Siebeckstraße/Prandaugasse eine Schulanlage (rd. 1.400 Schulplätze) errichtet, die dem Verein [des Nebenintervenienten], als Rechtsträger nach österreichischem Recht zur Nutzung im Rahmen eines Leih- und Fördervertrages überlassen wurde. Diese Vereinbarung trat am 31. Juli 2014 außer Kraft.

[…]

Besonderer Teil

[…]

Zu Artikel 2:

Durch das Auslaufen des bisherigen Leih- u. Fördervertrages zum 31. Juli 2014 ist eine Regelung für die Liegenschaftsnutzung durch den Verein der Internationalen Schule Wien notwendig geworden. Um weiterhin den Amtssitz Wien für internationale Organisationen attraktiv zu halten, wurde die Baurechtslösung vor dem Hintergrund gesicherter Rechtsverhältnisse für die Parteien als auch Reduzierung von Aufwendungen des Bundes für die bauliche Erhaltung des bestehenden Schulkomplexes als wirtschaftlich und zweckmäßig erachtet.

Innerhalb der ersten 10 Jahre (längstens bis zum 31. Juli 2024) der Baurechtsdauer ist der Bundesminister für Finanzen zusätzlich ermächtigt, den Bauzins nicht oder nicht bis zur vollen möglichen Höhe einzuheben oder fällig und zahlbar stellen, was zu einer anfänglichen jährlichen Entlastung des Baurechtsnehmers führt und zusätzliche und notwendige Investitionen des bauberechtigten Schulträgers in die Bausubstanz auslösen kann. Der Bund als bisheriger Erhalter der Bauwerke wird dadurch erheblich von seinen Auszahlungen und baulichen Sorgfaltspflichten am Schulkomplex entbunden. Ab dem 10ten Jahr der Nutzung durch die Schule ist beabsichtigt, durch wirtschaftlich tragfähige Lösungen angemessene Bauzinse einzuheben. Ein möglicher Gestaltungsspielraum des Bundes geht dadurch nicht verloren und wird die Attraktivität des UN-Standortes Wien sohin weiterhin gestärkt."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Die antragstellenden Gesellschaften sind Eigentümerin und Schulträgerin je einer (internationalen) Privatschule. Sie haben gegen die Republik Österreich ein Verfahren vor dem Handelsgericht Wien wegen Unterlassung angestrengt.

Sie brachten in ihrer Klage auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, dass die beklagte Partei dadurch gegen §1 Abs1 Z1 UWG verstoße(n habe), dass sie einem (im Prozess als Nebenintervenient auf Seiten der beklagten Partei einschreitenden) Verein (im Folgenden als Verein oder Nebenintervenient bezeichnet) die Liegenschaft, auf der dieser (s)eine (internationale Privat-)Schule betreibe, de facto unentgeltlich überlasse. Im Rahmen eines Baurechtsvertrages samt Zusatzvereinbarung müsse der Nebenintervenient hiefür lediglich einen symbolischen Betrag von € 1 p.a. bezahlen. Dieser Betrag entspreche nicht dem Wert der Liegenschaft, der bei einer Größe von über 46.000 m2 bei einem 7-stelligen Eurobetrag pro Jahr liege. Durch die ersparten Kosten für die Liegenschaft sei es dem Nebenintervenienten ua möglich, deutlich höhere Gehälter an Lehrer zu bezahlen und die Schulkapazitäten auszuweiten. Darüber hinaus begründe der Sachverhalt auch eine Verletzung des europäischen Beihilfenrechts. Die unentgeltliche Überlassung der Liegenschaft durch die beklagte Partei als Alleineigentümerin sei eine staatliche Beihilfe iSd Art107 Abs1 AEUV.

Die von den antragstellenden (und im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten klagenden bzw berufenden) Parteien betriebenen Schulen sowie die Schule des Nebenintervenienten sind – so die nicht bestrittenen Feststellungen des Handelsgerichtes – "IB World Schools, wenden sich an denselben Schülerkreis und bieten ihren Schülern die gleichen Ausbildungsprogramme ('PYP' [Primary Years Programme für die Volksschule], 'MYP' [Middle Years Programme für die Mittelstufe], 'DP' [Diploma Programme als Äquivalenz zur Matura] an". Alle drei Schulen verfügen über das Öffentlichkeitsrecht.

1.2. Mit Urteil vom 24. April 2020, 54 Cg 107/18s-28, wurde das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es zu unterlassen, eine näher bezeichnete Liegenschaft in 1220 Wien für unter € 4 Mio pro Jahr oder eine sonstige Liegenschaft unter ihrem Marktwert an einen näher bezeichneten Schulbetreiber (den im handelsgerichtlichen Verfahren als Nebenintervenient auf Seiten der Republik Österreich auftretenden Verein) zu überlassen, abgewiesen. Das Handelsgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

1.2.1. Im Jahre 1966 bot die Bundesregierung den Vereinten Nationen (im Folgenden: VN) an, in Wien ein internationales Zentrum — das heutige Vienna International Centre (VIC) — zur Nutzung durch die Organisationen des Systems der VN zu errichten. Um den besonderen Bedürfnissen der Kinder von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern dieser Organisationen sowie der Botschaften und Delegationen ihrer Mitgliedstaaten hinsichtlich der Schulbildung (unterjährige Aufnahme, nicht-deutschsprachiger Unterricht, deutsche Sprachförderung etc.) Rechnung tragen zu können und um die Attraktivität Wiens als Standort für internationale Organisationen zu erhöhen, sollte auch die entsprechende schulische Infrastruktur bereitgestellt werden. Hiezu wurde im Auftrag der Bundesregierung ein Konzept für eine internationale Schule nach dem Vorbild der VN-Schulen in New York und in Genf erarbeitet.

1.2.2. Zur Umsetzung dieses Konzepts wurde 1977 der in dem den Parteianträgen zugrunde liegenden Verfahren als Nebenintervenient auftretende Verein gegründet, welcher seit 1978 Träger jener Schule ist, die sich seit 1984 auf der ihm von der beklagten Partei überlassenen Liegenschaft befindet. Zweck des Vereins ist seinen Statuten zufolge "die Förderung bzw Vermittlung einer Schulausbildung mit mindestens Englisch als Arbeitssprache, die den Anforderungen einer internationalen Gemeinschaft und insbesondere den Bedürfnissen der Organisationen der VN und anderer zwischenstaatlicher Organisationen mit Sitz in Wien gerecht wird. Weiters soll der Verein eine Schulausbildung auch für Kinder von den in Österreich ansässigen Diplomaten, wie auch Kinder des in der internationalen Wirtschaft tätigen Personenkreises und für andere Kinder [...] zur Verfügung stellen". Der Verein ist nicht auf Gewinn gerichtet. Die "Aufgabe des Vereins besteht in der Sicherstellung der schulischen Versorgung" der Kinder des genannten Personenkreises (ArtIII der Vereinsstatuten). Sein Mitgliederkreis setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der in Wien ansässigen Organisationen des Systems der VN sowie den Eltern oder Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler der Schule zusammen (ArtV der Vereinsstatuten). Sein Vorstand besteht aus den Vertreterinnen und Vertretern der in Wien ansässigen Organisationen des Systems der VN sowie drei von der Generalversammlung gewählten Mitgliedern; der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ist berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Vorstand zu entsenden, "welche(r) nicht Mitglied des Vorstandes ist"; "er (sie) ist berechtigt, [...] das Wort zu ergreifen, nicht jedoch an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen" (ArtXII der Vereinsstatuten).

1.2.3. Um dem Verein die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen, haben sich der Bund und die Stadt Wien in einer Vereinbarung mit dem Nebenintervenienten aus dem Jahr 1981 ua verpflichtet, diesem eine Schulanlage zur Verfügung zu stellen (ArtIII der Vereinbarung). Im Gegenzug wurden dem Verein Verpflichtungen als Schulbetreiber auferlegt (ArtI und II der Vereinbarung).

1.2.4. Im Jahr 1984 bezog die Schule des Nebenintervenienten die in Rede stehende Liegenschaft.

1.2.5. Im Jahre 1990 wurde die Vereinbarung aus 1981 durch einen bis zum 31. Juli 2014 befristeten, neuen privatrechtlichen Vertrag zwischen Bund und Stadt Wien einerseits und dem Nebenintervenienten andererseits mit im Wesentlichen gleichem Inhalt ersetzt.

1.2.6. Aus diesem Anlass und um auf den zwischenzeitlich erfolgten Beitritt Österreichs zur Europäischen Union Bedacht zu nehmen, wurde — nach längeren Verhandlungen und der Intervention des damaligen Generalsekretärs der VN — schließlich im Frühjahr 2016 zwischen der Republik Österreich und den VN, der IAEO, der UNIDO und der CTBTO (im Folgenden: Internationale Organisationen) das zur Prüfung gestellte Abkommen geschlossen, welches mit 9. September 2016 in Kraft getreten ist.

1.2.7. In der Folge haben die Internationalen Organisationen in einem Supplementary Memorandum of Understanding die vom Nebenintervenienten betriebene Schule als geeignete Bildungseinrichtung im Sinn des Abkommens benannt und die CTBTO als jene Organisation nominiert, die den in dem Abkommen festgelegten Betrag erhält und auszahlt.

1.2.8. Mit dem – unter Pkt. II.2.1. auszugsweise wiedergegebenen – ErmächtigungsG wurde der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, die Liegenschaft, auf der sich die Schule des Nebenintervenienten befindet, mit "einem Baurecht auf die Dauer von bis zu 30 Jahren zu belasten, sofern dies zur Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung notwendig oder zweckmäßig erscheint". Dabei ist das durch einen zertifizierten Sachverständigen für Immobilienbewertung zu ermittelnde Entgelt wertzusichern. Darüber hinaus wurde der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, den diesbezüglich angemessenen jährlichen Bauzins längstens bis zum 31. Juli 2024 nicht oder nicht bis zur vollen möglichen Höhe einzuheben.

Unter Bezugnahme auf diese Ermächtigung schlossen der Bund und der Nebenintervenient in der ersten Jahreshälfte 2016 einen Baurechtsvertrag, mit dem Letzterem bis zum 31. Juli 2044 statt der bisherigen Leihe ein Baurecht an der Liegenschaft für schulische Ausbildungszwecke eingeräumt wurde. Der jährliche Baurechtszins wurde auf Basis eines Gutachtens eines zertifizierten Sachverständigen für Immobilienbewertung mit € 1.282.368,– (wertgesichert) festgelegt.

Zugleich verpflichtete sich der Bund gegenüber dem Nebenintervenienten in einem Betrauungsvertrag, unter der Voraussetzung der Einhaltung des Baurechtsvertrags durch den Verein, bis auf € 1,– pro Jahr für den Zeitraum ab Eintragung des Baurechts bis 31. Juli 2024 auf einen Teil des angemessenen Bauzinses vor dem Hintergrund der weiteren Vereinbarungen des Betrauungsvertrages zu verzichten. Der Verein verpflichtete sich im Gegenzug ua dazu, für die Dauer des Baurechtsvertrages auf der Liegenschaft einen Kindergarten und eine Schule zu betreiben (Reallast), die speziell auf die Sicherstellung der schulischen Versorgung der Kinder der Dienstnehmer der in Wien ansässigen Internationalen Organisationen und des diplomatischen Corps ausgerichtet sind.

2. Gegen das unter Pkt. III.1.2. genannte Urteil des Handelsgerichtes Wien erhoben die antragstellenden Gesellschaften (gemeinsam) Berufung und stellten aus Anlass dieses Rechtsmittels jeweils für sich die vorliegenden, im Wesentlichen gleichlautenden Anträge auf Staatsvertrags- bzw Gesetzesprüfung (näher Pkt. I.1.).

Darin legen die antragsstellenden Gesellschaften ihre Bedenken wie folgt dar (Zitat aus dem zu SV4/20210, G250/2020 protokollierten Antrag, ohne die dort enthaltenen Hervorhebungen und die in Fußnoten ausgewiesenen Judikatur- und Literaturangaben):

2.1. Verstoß der angefochtenen Regelungen gegen den Gleichheitssatz

"Während […] zum Zeitpunkt der Gründung der [vom Nebenintervenienten betriebenen Schule] im Jahre 1978 und auch zum Zeitpunkt, zu dem [die Schule] auf die streitgegenständliche Liegenschaft übersiedelte (1984) [der Nebenintervenient] ein 'Monopol' hatte, existierten zum Zeitpunkt des Auslaufens der 1990 geschlossenen Vereinbarung zwischen der Republik Österreich (Bund) und [dem Verein], mithin zum 31.7.2014, in Wien schon nach den Urteilsfeststellungen bereits 3 Internationale Privatschulen nach demselben Muster, die sich an denselben Schülerkreis wendeten und […] dieselben Ausbildungsprogramme anboten. In Wirklichkeit treten aktuell sogar noch mehr internationale Schulen mit gleicher bis ähnlicher Ausrichtung am Wiener Markt auf. Wie aus nachfolgender Aufstellung ersichtlich ist, bestehen mittlerweile 10 vergleichbare internationale Schulen. Diese internationalen Schulen hatten bzw haben nach dem einschlägigen Branchenwissen der Antragstellerin mehr als 800 freie Plätze und somit genügend freie Schulplätze für Kinder von Mitarbeitern der [V]N.

Bestehende internationale Schulen im engeren Sinn:

Vienna International School

Wien

privat

The American International School Vienna

Wien

privat

Danube International School Vienna

Wien

privat

International Christian School of Vienna

Wien

Privat

Amadeus International School Vienna

Wien

Privat

Lower Austria International School

öffentlich

BG/BRG Klosterneuburg

öffentlich

Linz International School Auhof (LISA)

öffentlich

The American International School Salzburg

Salzburg

privat

St. Gilgen International School

Salzburg

privat

Schulen mit 'internationalem/ausländischem' Lehrplan/Bildungsziel, jedoch ohne internationale[n] Abschluss:

Vienna Elementary School

Wien

privat

Junior High School Carlbergergasse

Wien

öffentlich

Lycée Français de Vienne

Wien

privat*

Mayflower Christian Acadenny

Wien

privat

Japanische Schule in Wien

Wien

privat

Saudi School in Vienna

Wien

Privat

Schwedische Schule in Wien

Wien

Privat

International School St. Pölten

privat

Graz International Bilingual School

Stmk

öffentlich

Innsbruck Elementary School

Tirol

öffentlich

Wie bereits mehrfach festgestellt, wird die Privilegierung der [vom Nebenintervenienten betriebenen Schule] stets mit der Attraktivität Wiens als Sitz für Internationale Organisationen begründet. Der Zweck der Begünstigung der [Schule des Nebenintervenienten] wäre es also, für die Internationalen Organisationen und ihre Bediensteten sicherzustellen, dass es in Wien eine Internationale Schule gibt. Dazu soll der völkerrechtliche Vertrag (das Abkommen) – wie das erstinstanzliche Gericht auf S 35 des Urteils festhält – geschlossen worden sein, das die unentgeltliche (oder 'quasi-unentgeltliche') Zurverfügungstellung der streitgegenständlichen Liegenschaft an [den Nebenintervenienten] vorsieht.

Während es also bis 1992 – das ist der Zeitpunkt der Gründung der [Schule der erstantragstellenden Gesellschaft] – in Wien lediglich die [Schule des Nebenintervenienten] und die 1955 gegründete […] International School, aber sonst keine Alternativen gab, ist das mittlerweile schon lange nicht mehr der Fall. Daher ist es auch schon lange nicht mehr erforderlich, die [Schule des Nebenintervenienten] durch die unentgeltliche (oder 'quasi-unentgeltliche') Zurverfügungstellung einer Liegenschaft in unsachlicher Weise zu begünstigen. Der Zweck der Begünstigung soll ja – wie bereits mehrfach dargetan – der Sicherung des Schulstandortes Wien dienen. Wenn es aber in Wien und der gut erreichbaren Umgebung bereits (mindestens) 10 Internationale Schulen mit demselben Schulprogramm, demselben Schülerkreis und demselben Bildungsangebot gibt, kann die – zweifelsohne im öffentlichen Interesse liegende – Erhaltung der Attraktivität des Standortes Wien für Internationale Organisationen auch in weit weniger eingriffsintensiver Weise aufrechterhalten werden.

Mit anderen Worten: Eine Begünstigung der [Schule des Nebenintervenienten] zum Zeitpunkt ihrer Gründung mag in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden gewesen sein; mittlerweile ist sie aber unsachlich und unnötig, weil es in Wien bereits genug Internationale Schulen gibt, die in der Lage sind, den Bedürfnissen der Angestellten der Internationalen Organisationen und des diplomatischen Corps in ausreichender Weise Rechnung zu tragen.

Damit ist eine Bestimmung wie Art3 des Abkommens, die eine unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Liegenschaft ausschließlich zu Gunsten eines der Schulbetreiber vorsieht, jedenfalls nicht mehr notwendig und auch nicht verhältnismäßig zur Erreichung des Ziels der Erhaltung Wiens als attraktiver Standort für Internationale Organisationen durch den Betrieb (zumindest) einer Internationalen Schule; vielmehr ist mittlerweile der Markt in der Lage, diesem Bedürfnis ohne staatlichen Eingriff, der letztlich wettbewerbsverzerrend ist, ein ausreichendes Internationales Schulangebot zu sichern.

Die Bestimmung des Art3 des Abkommens war daher zu keinem Zeitpunkt verfassungskonform, weil schon im Frühjahr 2016, als das Abkommen geschlossen wurde, ein ausreichendes Angebot von gleichartigen Internationalen Schulen in Wien bestand.

Der Verfassungsgerichtshof hatte sich im Zusammenhang mit den Österreichischen Bundesbahnen ('ÖBB') mehrfach mit einer 'gesetzlich verfügten Fördermaßnahme' und deren Gleichheitswidrigkeit zu beschäftigen. Konkret ging es darum, dass die ÖBB, nicht hingegen andere Transportleistungen erbringenden Unternehmen sowohl von der Kommunalsteuer als auch von der Körperschaftssteuer befreit waren. Auch wenn die [Schule des Nebenintervenienten] im konkreten Fall natürlich kein im Staatseigentum stehendes Unternehmen ist, lässt sich aus den ÖBB-Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofs viel für den vorliegenden Fall ableiten:

In den ÖBB-Fällen ging es – wie hier – darum, dass ein Unternehmen einer Branche in wettbewerbswidriger Weise gegenüber den Mitbewerbern bevorzugt wurde. In dieser Causa ist es [die Schule des Nebenintervenienten]; historisch waren es die ÖBB. Der Verfassungsgerichtshof schloss sich in seinem Prüfungsbeschluss folgendem Vorbringen des Beschwerdeführers an:

'Diese unterschiedliche Behandlung lasse sich [...I sachlich nicht rechtfertigen. Sie bringe darüber hinaus ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile für die Österreichischen Bundesbahnen zu Lasten von privaten Transport- und Fuhrwerksunternehmen. Der Busbetrieb der Österreichischen Bundesbahnen steht im Wettbewerb mit Autobusunternehmen der privaten Wirtschaft, aber auch der Postverwaltung, die diesbezüglich nicht befreit ist. Im Gegensatz zu privaten Autobusunternehmen sind die Österreichischen Bundesbahnen mit ihrem Busbetrieb von der Kommunalsteuer befreit.'

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gerichtshof die Gleichheitswidrigkeit selbst für den Fall annahm, es würde zu keiner Wettbewerbsverzerrung kommen:

'[..] insbesondere vermag der Verfassungsgerichtshof in der Behauptung der Österreichischen Bundesbahnen, ihre Befreiung von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht bewirke 'keine spürbare Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Unternehmen', kein taugliches Argument gegen die bereits ausgebreitete Gleichheitswidrigkeit des §5 Z1 KStG 1988 zu sehen'.

Die Begünstigung durch die Steuerbefreiungen von ÖBB wurde – wie bei [der Schule des Nebenintervenienten] – mit einem 'besonderen', im öffentlichen Interesse liegenden Auftrag zu rechtfertigen versucht. Bei [der Schule des Nebenintervenienten] soll es das öffentliche Interesse sein, dass für die Bediensteten der Internationalen Organisationen und der Mitglieder des diplomatischen Corps genug Schulplätze gibt, bei ÖBB waren es die 'gemeinwirtschaftlichen Transportleistungen'. Der Verfassungsgerichtshof machte hier deutlich, dass ein öffentliches Interesse natürlich berücksichtigungswürdig sei, aber das allein die Sach[l]ichkeit einer Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen vermöge:

'Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß auch an der Erbringung der Leistungen im Personen- und Güterverkehr [..] ein öffentliches Interesse besteht; dieses vermag aber die in Rede stehende Steuerbefreiung nicht zu tragen, ist das öffentliche Interesse an der Erbringung dieser Leistungen doch qualitativ nicht anders zu beurteilen, als das öffentliche Interesse am reibungslosen Funktionieren der Erbringung anderer wesentlicher Verkehrsleistungen.'

Da es mittlerweile 10 Internationale Schulen mit ausreichend freien Plätzen gibt, die auch von den UN und Botschaften genutzt werden, kann es kein öffentliches Interesse mehr an der einseitigen Bevorzugung von [der Schule des Nebenintervenienten] geben oder ist dieses öffentliche Interesse zumindest nicht dazu in der Lage, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen.

Das Fazit des Gerichtshofs in VfSlg 14.805/1997 passt nahezu perfekt auch auf die Interessenlage im vorliegenden Fall:

'Es ist keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, daß die Österreichischen Bundesbahnen in bezug auf die Kommunalsteuer anders als andere Unternehmungen, die Transportleistungen oder andere im allgemeinen Interesse liegende Infrastrukturleistungen erbringen, bevorzugt behandelt werden.'

Warum also sollte es eine sachliche Rechtfertigung dafür geben, [die Schule des Nebenintervenienten] anders als andere internationale Schulen in Wien zu behandeln?

Damit verstößt Art3 des Abkommens gegen Art2 Staatsgrundgesetz ('StGG') als auch Art7 B-VG, weil der Gleichheitssatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist – wie bereits mehrfach dargetan – kein Grund ersichtlich, warum die einseitige Privilegierung der VIS zum jetzigen Zeitpunkt noch notwendig ist, um in Wien für ausreichend Internationale Schulen zu sorgen.

Art3 des Abkommens verstößt aber nicht nur gegen den Gleichheitssatz, sondern auch gegen das aus dem Gleichheitssatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot; dies deshalb, weil das Sachlichkeitsgebot insbesondere die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn, mithin die Mittel-Zweck-Relation untersucht. Da die nunmehr nicht mehr notwendige Begünstigung der [Schule des Nebenintervenienten] zur Zielerreichung […] nicht mehr erforderlich und damit auch nicht geeignet ist, besteht keine angemessene Relation mehr zwischen den eingesetzten Mitteln – die die Antragstellerin und andere Schulbetreiber benachteiligen – und dem Zweck, ausreichend Schulplätze für die Angestellten Internationaler Organisationen und des diplomatischen Corps in Wien zu sichern. Insbesondere ist der massive Eingriff in den Gleichheitssatz nicht mit dem [vom] erstinstanzlichen Gericht herangezogenen Umstand zu rechtfertigen, dass die [Schule des Nebenintervenienten] bei einer Zahlungsverpflichtung für ihre Nutzung der Liegenschaft rein rechnerisch eine Schulgelderhöhung durchführen müsste (vgl Urteil Seite 33). Wenn [der Nebenintervenient] Dienstverträge mit neuen Lehrkräften zu den Konditionen abschließen würde, die bei allen anderen internationalen Schulen üblich sind, dann müsste das Schulgeld bei der [Schule des Nebenintervenienten] auch nicht erhöht werden. Durch die um 60 bis 75 % deutlich höheren Gehälter, die [der Nebenintervenient] aufgrund der unsachlichen und nicht gerechtfertigten Bevorzugung zahlen kann, ist es für die anderen internationalen Schulen dementsprechend schwierig neue und gute Lehrkräfte zu rekrutieren. Anders als das Recht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz und im Wettbewerb ist dieses singuläre Interesse der [Schule des Nebenintervenienten], besser als ihre Konkurrenten im Privatschulbereich gestellt zu werden, nicht rechtlich geschützt.

Deshalb ist Art3 des Abkommens nicht nur gleichheitswidrig, sondern auch unsachlich. Aus diesem Verstoß gegen Art2 StGG und Art7 B-VG resultiert die Verfassungswidrigkeit des Art3 des Abkommens, die vom Verfassungsgerichtshof festzustellen ist.

Genau dasselbe trifft auf Art2 der Ermächtigung, BGBl I Nr 125/2015, zu, mit dem die Ermächtigung zur unentgeltlichen (bzw 'quasi-unentgeltlichen') Zurverfügungstellung der streitgegenständlichen Liegenschaft erteilt wurde und die deshalb – aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht – auch angefochten wird, weil sie gegen das 'Bepackungsverbot' bei Haushaltsgesetzen verstoßen könnte. Diese Bestimmung ist als verfassungswidrig aufzuheben."

2.2. Verstoß der angefochtenen Regelungen gegen die Erwerbsausübungsfreiheit

"Art6 StGG garantiert jeder inländischen bzw einem anderen EU-Staat zuzuordnenden – natürlichen oder juristischen – Person das Recht auf freie Erwerbsausübung. [...]

Im konkreten Fall handelt es sich um eine Beschränkung, die sowohl den Erwerbsantritt als auch die Erwerbsausübung betrifft; dies deshalb, weil die Republik Österreich (Bund) durch die unentgeltliche (bzw 'quasi-unentgeltliche') Zurverfügungstellung der Liegenschaft an [den Nebenintervenienten] durch das verfassungswidrige Abkommen den Markteintritt für Anbieter Internationaler Schulen nach dem Muster der [Schule des Nebenintervenienten] unverhältnismäßig behindert. Der Antragstellerin sowie anderen Betreibern von Internationalen Schulen ist es nicht möglich, die durch Art3 des Abkommens geschaffene Hürde aus eigener Kraft zu überwinden. Daher stellt die einseitige und wettbewerbswidrige Bevorzugung der [Schule des Nebenintervenienten] eine mit einer Bedarfsprüfung vergleichbare Schranke des Erwerbsantritts dar. Eine solche Erwerbsantrittsbeschränkung ist freilich nur dann zulässig, wenn gewichtige öffentliche Interessen dafür sprechen.

Die Bevorzugung der [Schule des Nebenintervenienten] wurde wie oben umfangreich nachgewiesen stets damit begründet, die Republik Österreich (Bund) hätte den Internationalen Organisationen einen Bevorzugtenstatus gewährt. Daraus würde die Verpflichtung resultieren, für die Bediensteten der Internationalen Organisationen eine entsprechende Schule einzurichten, damit die Attraktivität des Standorts Wien für die Internationalen Organisationen gewahrt bliebe. Wie […] dargetan, gab es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens bereits 10 internationale Schulen nach dem Muster der [Schule des Nebenintervenienten] in Wien. Es war daher nicht mehr nötig, die[se] durch die unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Liegenschaft zu fördern, weil das Vorhandensein ausreichender Schulplätze für die Bediensteten Internationaler Organisationen bereits ausreichend gewährle

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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