TE Vfgh Erkenntnis 2021/9/30 V50/2021

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Index

L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z3
Nö JagdG 1974 §1, §2, §81, §95, §134, §135
GrünvorlageV 2020 der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 26.05.2020 §2
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Kein Verstoß der GrünvorlageV der BH Baden gegen das Nö JagdG betreffend die Verpflichtung zur Meldung des Abschusses bestimmter Wildstücke bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit; keine Verkürzung der Tagesschusszeit durch die – unverzügliche – einfach gestaltete und zeitlich nicht aufwändige Meldung des Abschusses

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 B-VG, begehrt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, die Wortfolge "spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz) - in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche -" in §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 26. Mai 2020, BNL2-J-08181/024, als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Jagdgesetzes 1974 (NÖ JG), LGBl 6500-0 (WV), idF LGBl 2/2020 lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§1

Begriff des Jagdrechtes

(1) Das Jagdrecht besteht in der ausschließlichen Befugnis, innerhalb eines bestimmten Jagdgebietes in freier Wildbahn und in Wildgehegen (§7) dem Wild nachzustellen, es zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfaßt ferner die ausschließliche Befugnis, sich verendetes Wild, Fallwild, Abwurfstangen sowie die Eier des Federwildes anzueignen.

(2) Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes.

§81

Verfahren zur Erlassung der Abschußverfügung

(1) Jeder Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet für

- Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – alle drei Jahre (im ersten, vierten und siebten Jahr der Jagdperiode),

- Auer- und Birkhahnen jährlich

bis längstens 31. März den Abschußplan (§80) in ein elektronisches System, das der Landesjagdverband zu führen hat, einzutragen und einen Ausdruck davon, der der Drucksorte nach §86 Abs1 entspricht, der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich sein Jagdgebiet zur Gänze oder zum größten Teil liegt, in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Diese Bestimmung findet auch auf Teile von Eigenjagdgebieten, die gemäß §51 Abs4 verpachtet sind, Anwendung. Diese Bestimmung findet auf das in einem Wildgehege gehaltene Schalenwild keine Anwendung.

(1a) Jeder Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet für revierübergreifende Abschüsse von Schalenwild – mit Ausnahme von Schwarzwild – sowie von Auer- und Birkhahnen jährlich bis längstens 31. März der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich sein Jagdgebiet zur Gänze oder zum größten Teil liegt, einen Abschussplan (§80) in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Diese Bestimmung findet auch auf Teile von Eigenjagdgebieten, die gemäß §51 Abs4 verpachtet sind, Anwendung. Diese Bestimmung findet auf das in einem Wildgehege gehaltene Schalenwild keine Anwendung.

(2) Der Abschußplan ist vom Jagdausübungsberechtigten zu unterfertigen. Bei gepachteten Jagdgebieten hat der Verpächter (bei Genossenschaftsjagdgebieten der Obmann des Jagdausschusses) durch seine Unterschrift die Angaben im Abschußplan hinsichtlich der Wildschadenssituation zu bestätigen. Kann der Verpächter diese Angaben nicht bestätigen, so hat er bis 31. März einen Bericht der Bezirksverwaltungsbehörde unter Verwendung des Abschußplanformulares vorzulegen.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat unter Bedachtnahme auf die Entwicklung und Erhaltung der Wildarten und unter Berücksichtigung der Wildschadenssituation den Abschußplan zu prüfen und den Abschuß zu verfügen.

(4) Um beim weiblichen Wild und bei Nachwuchsstücken die vollständige und zeitgerechte Erfüllung des Mindestabschusses sicherzustellen, hat die Bezirksverwaltungsbehörde erforderlichenfalls dem Jagdausübungsberechtigten mit Bescheid vorzuschreiben, daß er männliches Wild, das älter als zwei Jahre ist, erst abschießen darf, wenn er eine bestimmte Anzahl des weiblichen Wildes und der Nachwuchsstücke der betreffenden Wildart erlegt hat.

(5) In Gebieten, in denen die Hege einer Schalenwildart im Hinblick auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft oder der Jagdwirtschaft nicht vertretbar ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Antrag oder von Amts wegen ohne Rücksicht auf die bisher getätigten Abschüsse, aber unter Beachtung der Wildschadenssituation, Abschüsse in jenem Ausmaß zu verfügen, die eine Ausbreitung oder Vermehrung der betreffenden Wildart hintanhalten oder eine wirksame Reduktion ermöglichen. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann mit Verordnung für bestimmte Bereiche oder den gesamten Verwaltungsbezirk Dam-, Sika-, Muffel- und Steinwild aus der Abschußplanung ausnehmen, wenn sie revierfremd sind und im Hinblick auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft deren Hege nicht vertretbar ist.

(6) Für Gebiete gemäß Abs5 sowie für Jagdgebiete, die wegen ihrer Flächenstruktur eine eigenständige Wildbewirtschaftung nicht zulassen, kann der Abschuß nach Anzahl, Altersklassen und Geschlecht bestimmter Wildstücke für mehrere aneinandergrenzende Jagdgebiete mit der Auflage verfügt werden, daß die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuß in den anderen Jagdgebieten ausschließt.

(7) Wird der Abschußplan nicht rechtzeitig oder mangelhaft verfaßt vorgelegt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschuß unter Bedachtnahme auf die Abs3 bis 6 und 8 zu verfügen.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat vor der Entscheidung über die Abschußverfügung den Bezirksjagdbeirat zu hören. Sie hat zusätzlich einen vom NÖ Landesjagdverband bestimmten sachkundigen Vertreter und einen Vertreter der Bezirksbauernkammer beizuziehen.

(9) Im Verfahren betreffend den Abschußplan kommt neben dem Jagdausübungsberechtigten bei Pachtjagdgebieten auch dem Verpächter Parteistellung zu. Einer Beschwerde gegen die Abschußverfügung kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(10) Auf Verlangen des Verpächters, in Genossenschaftsjagdgebieten des Jagdausschusses, ist der Jagdpächter verpflichtet, in zumutbarer Weise den Abschuß von Schalenwildstücken nachzuweisen und eine Markierung zuzulassen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat, wenn dies zur Überprüfung der verfügten Abschüsse erforderlich ist, mit Bescheid für einzelne oder mit Verordnung für mehrere oder sämtliche Jagdgebiete eines Verwaltungsbezirkes die Jagdausübungsberechtigten zu verpflichten, in geeigneter Weise innerhalb einer bestimmten Frist den Abschuß von Wildstücken nachzuweisen.

(11) Der vorgelegte Abschußplan gilt bei Schalenwild als Abschußverfügung, soferne die Bezirksverwaltungsbehörde den Parteien des Verfahrens nicht bis längstens 30. April eine Entscheidung über die Abschußverfügung zustellt.

(12) Beginnt die Schußzeit einer Schalenwildart vor dem in Abs11 genannten Zeitpunkt, gilt im ersten, vierten und siebten Jahr einer Jagdperiode der nach Abs1 erster Punkt vorgelegte Abschußplan betreffend diese Schalenwildart als Abschußverfügung. Die Möglichkeiten der Bezirksverwaltungsbehörde eine abweichende Entscheidung zuzustellen (Abs11) oder von der Abschußverfügung abzuweichen (§82) bleiben davon unberührt.

[…]

§95

Verbote sachlicher Art

(1) Alle nicht-selektiven Jagdmethoden sind verboten, insbesondere ist es verboten:

1. bei Ausübung der Jagd nach den waffenrechtlichen Vorschriften verbotene oder solche Waffen und Munition zu benützen, die für die Verwendung bei der Jagd auf Wild nicht bestimmt sind und hiebei auch üblicherweise nicht gebraucht werden; hiezu gehören Sportwaffen, aus denen Geschoße mit Luftdruck oder CO2 angetrieben werden, Zimmer- oder Scheibenstutzen, Bogen, Armbrüste, Faustfeuerwaffen, Narkosewaffen und Munition, die für eine weidgerechte Bejagung des Wildes wegen ihrer unzureichenden Wirkung ungeeignet ist; ferner die Verwendung solcher Waffen, die sich nicht in einem sicherheitstechnisch einwandfreien Zustand befinden; ferner die Verwendung von halbautomatischen Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen aufnehmen kann, sowie von automatischen Waffen;

2. Schalenwild, Murmeltiere und Trapphahnen mit Schrot, Posten und gehacktem Blei sowie mit Randfeuerpatronen und mit Zentralfeuerpatronen, deren Hülsen kürzer als 40 mm sind oder deren Kaliberdurchmesser unter 5,5 mm liegt, zu beschießen; die Bezirksverwaltungsbehörde kann jedoch in besonders begründeten Fällen das Erlegen des Rehwildes und von Nachwuchsstücken des Schwarzwildes auch mit Schrotschuß unter Verwendung von Schrot in der Mindeststärke von 4 mm (Nummer 6) für zulässig erklären;

3. die Ausübung der Jagd zur Nachtzeit, das ist die Zeit von 90 Minuten nach Sonnenuntergang bis 90 Minuten vor Sonnenaufgang; ausgenommen von diesem Verbot ist die Ausübung der Jagd auf Schwarzwild, Raubwild und Raubzeug, den Auer- und Birkhahn, Wildgänse, Wildenten und Schnepfen;

4. beim Fangen oder Erlegen von Wild oder Raubzeug zu verwenden:

- Vorrichtungen zur Beleuchtung der Ziele – ausgenommen Lampen bei der Schwarzwildbejagung – und

- künstliche Nachtzielhilfen (z. B. Infrarotgeräte, elektronische Zielgeräte, Visiereinrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischem Bildverstärker oder Bildumwandler, wie etwa Restlichtverstärker).

Diese Verbote gelten nicht im festgestellten Seuchenfall bei Schwarzwild (§92 Abs1 zweiter Satz);

5. in der Zeit vom 1. Februar bis 15. Oktober Brackierjagden durchzuführen;

6. – Treibjagden – ausgenommen auf Schwarzwild – in der Zeit vom 1. Februar bis 15. September abzuhalten,

– Unmündige als Treiber zu verwenden,

– Treibjagden an Sonn- und Feiertagen während der Zeit des vormittägigen Gottesdienstes abzuhalten, es sei denn, daß das Jagdgebiet so gelegen ist, daß eine Störung des Gottesdienstes ausgeschlossen ist,

– Treibjagden auf der gleichen Fläche an mehr als acht Tagen des Jagdjahres durchzuführen und

– Treibjagden mit Hunden in Wildgehegen durchzuführen.

Treibjagden im Sinne dieses Gesetzes sind Jagden, an denen mindestens zehn Personen teilnehmen (Jäger und Treiber, welche die Aufgabe haben, das Wild den Jägern zuzutreiben). Treibjagden sind zur Überprüfung der jagdrechtlichen Bestimmungen über Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde drei Werktage vorher dieser schriftlich anzuzeigen;

7. in der Zeit der Wildfütterung (§87 Abs3) Schalenwild mit Ausnahme von Schwarzwild im Umkreis von 200 m an Futterstellen zu beschießen;

8. als Lockmittel geblendete oder verstümmelte lebende Tiere sowie betäubende Köder zu verwenden; Tonbandgeräte, elektrische oder elektronische Vorrichtungen, die töten oder betäuben können, zu verwenden; Spiegel oder sonstige Vorrichtungen zum Blenden, Sprengstoffe oder nicht selektiv wirkende Netze zu verwenden; zu begasen oder auszuräuchern;

9. Federwild mit Schlingen, Leimruten, Haken, Netzen oder Fangfallen zu bejagen, soweit nicht eine Verordnung gemäß §92 Abs1 erlassen wurde;

10. die Jagd aus Luftfahrzeugen, fahrenden Kraftfahrzeugen oder Booten mit einer Antriebsgeschwindigkeit von mehr als 5 km/h auszuüben.

(2) Ausgenommen von diesen Verboten ist die Verwendung von Langwaffen zur Abgabe von Fangschüssen auf in Kastenfallen gefangenes Schwarzwild und von Faustfeuerwaffen zur Abgabe von Fangschüssen auf Schalenwild und Haarraubwild, sofern für Schalenwild die Geschoßenergie (E0) mindestens 250 Joule, der Kaliberdurchmesser bei Faustfeuerwaffen mindestens 8,5 mm betragen.

(3) Die Landesregierung kann im Verordnungswege die für die Bejagung von Wild erforderlichen Mindestauftreffenergiewerte der Jagdmunition bestimmen und die Verwendung von Narkosewaffen in Wildgehegen (§7), zum Schutz von Menschen, zum Schutz von Viehbeständen, für wissenschaftliche Zwecke oder sonst im Interesse der Jagdwirtschaft zulassen.

(4) Ausgenommen vom Verbot nach Abs1 Z4 zweiter Gedankenstrich sind bei der Schwarzwildbejagung bis zum 31. Dezember 2023 Personen, die eine gültige niederösterreichische Jagdkarte besitzen, und

1. mindestens in den letzten drei Jahren durchgehend im Besitz einer solchen Jagdkarte waren oder

2. den Besuch eines vom NÖ Landesjagdverband abzuhaltenden Schulungskurses über die ordnungsgemäße Handhabung von künstlichen Nachtzielhilfen nachweisen.

In diesen beiden Fällen ist für die Zulässigkeit der Verwendung von künstlichen Nachtzielhilfen zusätzlich die schriftliche Zustimmung des Jagdausübungsberechtigten - bei Jagdgesellschaften des Jagdleiters - erforderlich.

[…]

§134

Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften

(1) Die Bürgermeister, die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die Genossenschaftsjagdverwalter (§42) und die Jagdaufseher (§65) sind verpflichtet, die Beachtung der jagdrechtlichen Bestimmungen zu überwachen und wahrgenommene Übertretungen der Bezirksverwaltungsbehörde zur Kenntnis zu bringen. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind zu dieser Mitwirkung hinsichtlich der §§3a Abs8 bis 11, 7 Abs9, 12 Abs6, 16a Abs.1, 26b, 68a und 135 Abs1 Z30 nicht verpflichtet. Den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen die im §133a Abs1 genannten personenbezogenen und anderen Daten betreffend Jagdaufsichtsorgane und Jagdausübungsberechtigte übermittelt werden, sofern diese eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer gesetzlich übertragenen Aufgabe sind.

(2) Die gleiche Verpflichtung obliegt insbesondere auch den Organen der Marktpolizei hinsichtlich der in den §§78 und 79 angeführten Verbote.

(3) Alle Jagdgebiete unterliegen der behördlichen Überwachung. Zu diesem Zweck sind ihre Organe berechtigt:

1. jedes Jagdgebiet zu betreten und Straßen und Wege zu befahren,

2. im unumgänglich notwendigen Ausmaß Messungen vorzunehmen, Untersuchungsmaterial zu entnehmen, Wildüberwachungsgeräte zu installieren und ähnliches, sowie

3. vom Jagdberechtigten und Jagdausübungsberechtigten und deren Jagdaufsichtsorganen Auskünfte und Nachweise zu verlangen, soweit sie für die Überwachung der rechtlichen Vorschriften von Bedeutung sind.

Von der Durchführung von Erhebungen im Sinne der Z1 und 2 sind die Grundeigentümer bzw Nutzungsberechtigten tunlichst zu verständigen, es sei denn der Erhebungszweck wäre dadurch gefährdet. Das Recht des Betretens oder Befahrens von eingefriedeten Flächen, auf denen die Jagd ruht (§17), ist ihnen, nur nach vorheriger Verständigung des Nutzungsberechtigten, im unumgänglich notwendigen Ausmaß gestattet.

(4) Wenn Jagdausübungsberechtigte, Grundeigentümer oder andere Personen die jagdrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Bezirksverwaltungsbehörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere die

1. Entfernung von Fütterungen,

2. Entfernung von Einfriedungen oder Einsprüngen,

3. Öffnung von Sperren oder

4. Entfernung von Fallen

dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

§135

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wenn die Tat nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

1. Wild entgegen der Bestimmung des §3a hält, entgegen der Bestimmung des §3a Abs5 tötet oder töten läßt oder entgegen der Bestimmung des §3a Abs8 tötet;

2. Aufzeichnungen nach §7 Abs6 nicht oder nicht ordnungsgemäß führt;

3. die Jagd ohne Bewilligung dort ausübt, wo die Jagd ruht (§17 Abs1 und 2);

4. die Jagd ausübt, ohne nach diesem Gesetz hiezu befugt zu sein;

5. die Jagd ausübt, ohne eine gültige Jagdkarte mit sich zu führen;

6. bei Ausübung der Jagd den Jagdaufsehern, den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder dem Jagdausübungsberechtigten auf deren Verlangen die Jagdkarte nicht vorweist;

7. Jagdgastkarten entgegen den Bestimmungen des §59 ausfolgt;

8. als gemäß §64 Abs2 Z1 nach Aufforderung durch den Jagdaufseher zur Ausweisleistung verpflichtete Person dieser Verpflichtung nicht nachkommt;

9. als Halter von Hunden seine Verwahrungs- und Aufsichtspflicht gegenüber diesen Tieren in einer solchen Art vernachlässigt, daß diese im Jagdgebiet wildern oder revieren bzw herumstreunen können (§64 Abs2 Z2);

10. als Jagdausübungsberechtigter trotz wiederholter behördlicher Aufforderung für einen ausreichenden Jagdschutz nicht Vorsorge trifft (§65 Abs5);

11. als Jagdaufseher Dienst versieht, ohne im Besitz einer gültigen Jagdkarte zu sein (§66);

12. gegen die Schonvorschriften des §73 verstößt;

13. Bedingungen oder Auflagen gemäß §74 nicht erfüllt;

14. Horstbäume oder Horstplätze beschädigt, verändert oder beunruhigt (§77);

15. Eier des Federwildes ohne Bewilligung oder entgegen einer gemäß §74 Abs5 erteilten Bewilligung in Verkehr setzt (§79);

16. die in der Abschußbewilligung oder in der Abschußverfügung festgesetzte Abschußzahl unbegründet überschreitet oder unbegründet unterschreitet (§83 Abs1);

17. entgegen den Bestimmungen des §87 Abs3, 4, 6 und 7 Wildfütterungen vornimmt;

18. gegen die Bestimmungen des §87a eine Wildfütterung vornimmt;

19. bei Benützung des Jägernotweges Schußwaffen (Jagdwaffen) geladen führt oder Hunde nicht an der Leine mitführt (§89);

20. gegen die Bestimmungen des §90 über krankgeschossenes Wild und Wildfolge verstößt;

21. als Jagdausübungsberechtigter der Verpflichtung zur Jagdhundehaltung nicht in der im §91 geforderten Weise entspricht;

22. den Bestimmungen der §§92 und 92a über das Fangen und Vergiften von Wild oder Raubzeug zuwiderhandelt;

23. ein Wildgehege (§7) ohne Bewilligung sperrt (§94b Abs2);

24. ein gesperrtes Jagdgebiet betritt oder dieses nach Aufforderung nicht unverzüglich verläßt (§§94 und 94b);

24a. gegen die Verbote der Bestimmungen der §95 Abs1 Z4 und Abs4 verstößt;

24b. in Wildgehegen entgegen die Bestimmung des §95 Abs1 Z6 Treibjagden durchführt;“

25. Wild entgegen den Bestimmungen des §95a aussetzt;

26. einem gemäß §§99 und 100 erteilten Auftrag nicht oder nicht fristgerecht nachkommt;

27. es den Organen der Behörden verwehrt oder erschwert, die im Rahmen des §134 Abs3 vorgesehenen Überwachungsaufgaben durchzuführen;

28. einer in diesem Gesetz verfügten Anzeigepflicht nicht oder nicht fristgerecht nachkommt;

29. verpflichtet ist, bestimmte Listen oder sonstige Unterlagen aller Art zu führen oder der Behörde vorzulegen und diese Unterlagen nicht oder nicht ordnungsgemäß führt oder der Behörde nicht oder nicht ordnungsgemäß oder nicht fristgerecht vorlegt;

30. im Rahmen des Geltungsbereiches dieses Gesetzes den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten, ABl.Nr L 317 vom 4. November 2014, S. 35, oder aufgrund dieser Verordnung erlassenen Maßnahmen zuwiderhandelt;

31. einem in diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes verfügten sonstigen Verbot oder Gebot zuwiderhandelt.

(2) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 – ausgenommen Z24a – sind mit einer Geldstrafe bis zu € 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(2a) Verwaltungsübertretungen gemäß Abs1 Z24a sind mit einer Geldstrafe von mindestens € 2.000,-- bis zu € 20.000,–, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) (entfällt durch LGBl Nr 84/2015)

(4) Von jeder auf Grund dieses Gesetzes erfolgten rechtskräftigen Bestrafung ist der NÖ Landesjagdverband in Kenntnis zu setzen. Der NÖ Landesjagdverband hat eine zentrale Strafkartei anzulegen. Mitteilungen aus dieser Strafkartei dürfen nur an die mit der Vollziehung dieses Gesetzes befaßten Behörden erfolgen.

(5) Geldstrafen fließen dem NÖ Landesjagdverband zu, der sie zur Unterstützung für einzelne Mitglieder oder zur Vorsorge gegen Schäden bei Veranstaltungen des NÖ Landesjagdverbandes zu verwenden hat. Über die Verwendung ist ein Nachweis zu führen, der der Landesregierung über Aufforderung zur Einsichtnahme vorzulegen ist."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Grünvorlageverordnung 2020 der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 26. Mai 2020 (in der Folge Grünvorlageverordnung 2020), BNL2-J-08181/024, lauten – auszugsweise – wie folgt (die im Antrag angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§2

In allen im §1 dieser Verordnung genannten Jagdgebieten sind die Jagdausübungsberechtigten sowie die von ihnen betrauten Personen verpflichtet, das verordnungsgegenständliche Wild (auch das Fallwild)

? unverzüglich nach Schussabgabe, d. h. bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz) - in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche - den im §3 genannten Überwachungsorganen zumindest telefonisch unter Angabe der beschossenen Art des Rotwildes (Tier, Kalb, Hirsch) zu melden und

? das Wildstück im "grünen Zustand", d.h. der gesamte Wildkörper samt Trophäe, jedoch bereits ordnungsgemäß aufgebrochen und versorgt über einen Zeitraum von 24 Stunden, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Verständigung, an einem für das behördliche Überwachungsorgan zugänglichen, im Bereich der Gemeinde oder der Nachbargemeinde des Jagdgebietes gelegenen Aufbewahrungsort, der den wildbrethygienischen Vorschriften entspricht, zur Besichtigung bereit zu halten.

? Für Fallwildstücke gilt diese Bereithaltungspflicht nur dann, wenn dies hygienisch vertretbar und möglich ist.

? Dieser Aufbewahrungsort ist dem im §3 genannten Überwachungsorgan, der die vorherige telefonische oder sonstige Meldung über die Schussabgabe entgegengenommen hat, unverzüglich nach Einbringung des Wildstückes ebenfalls bekanntzugeben, falls diese Bekanntgabe nicht bereits bei der ersten oder einer vorherigen Meldung erfolgte.

Die Überwachungsorgane sind verpflichtet, bei vorübergehender Nichterreichbarkeit mit dem Meldenden Kontakt aufzunehmen und den Zeitpunkt der versuchten Meldung festzuhalten.

§6

Übertretungen dieser Verordnung stellen Verwaltungsübertretungen dar und werden gemäß §135 Abs1 Z31 des NÖ Jagdgesetzes 1974 mit Geldstrafen bis zu € 20.000,-- und bei Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen bestraft."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 10. November 2020 anhängig. Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, er habe am 29. Juni 2020 im Genossenschaftsjagdgebiet Pottenstein um 22:20 Uhr einen Schmalspießer (männlicher Rothirsch im 2. Lebensjahr mit noch unverzweigtem Geweih) erlegt und die Erlegung per SMS am 29. Juni 2020 um 22:46 Uhr an ein gemäß der Grünvorlageverordnung 2020 für das Genossenschaftsjagdgebiet Pottenstein bestimmtes Kontrollorgan gemeldet. Gemäß dieser Verordnung seien die Jagdausübungsberechtigten sowie die von ihnen betrauten Personen verpflichtet, das Wild unverzüglich nach Schussabgabe, das heißt bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG – in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche – dem genannten Überwachungsorgan zumindest telefonisch unter Angabe der beschossenen Art des Rotwildes (Tier, Kalb, Hirsch) zu melden. Der Beschwerdeführer sei als Jagdausübungsberechtigter im Genossenschaftsjagdgebiet Pottenstein anzusehen.

1.2. Eine Abfrage der Homepage der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (im Folgenden ZAMG) und des NÖ Landesjagdverbandes (im Folgenden NÖ LJV) habe ergeben, dass an diesem Tag der Sonnenuntergang um 20:59 Uhr bzw 21:02 Uhr gewesen sei. Die Meldung sei um 22:46 Uhr per SMS an das Überwachungsorgan erfolgt und hätte bis spätestens 22:32 Uhr erfolgen müssen. Der Beschwerdeführer habe somit verabsäumt, gemäß der Grünvorlageverordnung 2020 der Bezirkshauptmannschaft Baden seiner Verpflichtung zur Schussmeldung spätestens bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit, das sei die Zeit von 90 Minuten nach Sonnenuntergang (22:29 Uhr bzw 22:32 Uhr), nachzukommen. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des §135 Abs1 Z31 NÖ JG iVm §2 der Grünvorlageverordnung 2020 verletzt, und es wurde gemäß §135 Abs2 NÖ JG eine Geldstrafe in der Höhe von € 500 (Ersatzfreiheitsstrafe: 25 Stunden) verhängt.

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.

2. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hegt das Bedenken, dass die angefochtene Wortfolge in §2 der Grünvorlageverordnung 2020 dazu führe, dass die in §95 Abs1 Z3 NÖ JG vorgesehene Tagesschusszeit verkürzt werde, ohne dass dafür eine gesetzliche Ermächtigung bestehe.

2.1. Das Jagdrecht bestehe gemäß §1 Abs1 NÖ JG unter anderem darin, Wild zu erlegen. Die Ausübung der Jagd unterliege dabei bestimmten gesetzlichen Beschränkungen. So sehe etwa §95 NÖ JG Verbote sachlicher Art vor. §95 Abs1 Z3 NÖ JG verbiete die Ausübung der Jagd zur Nachtzeit, das sei die Zeit von 90 Minuten nach Sonnenuntergang bis 90 Minuten vor Sonnenaufgang. Von diesem Verbot ausgenommen sei die Ausübung der Jagd auf Schwarzwild, Raubwild und Raubzeug, den Auer- und Birkhahn, Wildgänse, Wildenten und Schnepfen.

2.2. Daraus ergebe sich, dass die Bejagung eines Rothirsches außerhalb der Nachtzeit erlaubt sei. Die Bezirkshauptmannschaft Baden bezeichne diesen Zeitraum als "Tagesschusszeit".

2.3. In der Grünvorlageverordnung 2020 werde die Frist für die Meldung an das Grünvorlageorgan als unverzüglich nach Schussabgabe, das heißt bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, "spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz)" definiert.

2.4. Mit dieser Bestimmung der Grünvorlageverordnung 2020 verkürze die Bezirkshauptmannschaft Baden jedoch die gesetzlich vorgesehene Tagesschusszeit, ohne sich diesbezüglich auf eine gesetzliche Ermächtigung stützen zu können.

2.5. §81 Abs10 zweiter Satz NÖ JG sehe vor, dass die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn dies zur Überprüfung der verfügten Abschüsse erforderlich sei, die Jagdausübungsberechtigten mit Verordnung für mehrere oder sämtliche Jagdgebiete eines Verwaltungsbezirkes zu verpflichten habe, in geeigneter Weise innerhalb einer bestimmten Frist den Abschuss von Wildstücken nachzuweisen. Eine Ermächtigung, das Verbot gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG zeitlich auszuweiten und damit die Tagesschusszeit zu verkürzen, sei in dieser Bestimmung nicht ersichtlich. Wenn aber festgelegt werde, dass spätestens bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit die Meldung zu erstatten sei, dann führe dies zu einer Verkürzung der Tagesschusszeit, weil für die Verständigung ein bestimmter Zeitraum erforderlich sei. Um die Meldung rechtzeitig vor Ende der Tagesschusszeit abgeben zu können, müsse die Schussabgabe so lange vorher getätigt werden, dass die Meldung noch rechtzeitig abgegeben werden könne. Gerade dadurch werde aber die gesetzlich vorgegebene Tagesschusszeit um jeweils die Zeit, die für die Meldung erforderlich sei, verkürzt. Wenngleich bei Vorhandensein eines funktionierenden Mobiltelefons die Meldung einen Aufwand im Bereich weniger Minuten erfordern werde, sei der Zeitraum bei fehlender Netzabdeckung oder etwa einem Defekt des Mobiltelefons länger. Damit sei auch eine entsprechende Verkürzung der Tagesschusszeit verbunden.

2.6. Bei Entfall der Wortfolge "spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz) - in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche -" in §2 Punkt 1 Grünvorlageverordnung 2020 sei diese Gesetzwidrigkeit beseitigt. Der verbleibende Text erfahre keine wesentliche Veränderung seiner Bedeutung und ergebe immer noch Sinn, weil weiterhin die unverzügliche Meldung zu erfolgen habe.

3. Die verordnungserlassende Behörde hat die Akten betreffend das Zustandekommen der zur Prüfung gestellten Verordnung vorgelegt. Die Niederösterreichische Landesregierung hat unter Einbindung der verordnungserlassenden Behörde folgende Äußerung erstattet:

3.1. Mit der Grünvorlageverordnung 2020 werden die Jagdausübungsberechtigten und die von ihnen betrauten Personen verpflichtet, einerseits insbesondere den Abschuss von Rotwildstücken zu melden und andererseits das Wildstück im "grünen Zustand" vorzulegen. Der Vorlage im "grünen Zustand" werde nach §2 Punkt 2 der Grünvorlageverordnung 2020 dann entsprochen, wenn der gesamte Wildkörper samt Trophäe ordnungsgemäß aufgebrochen und versorgt über einen Zeitraum von 24 Stunden zur Besichtigung durch das Überwachungsorgan (auch Grünbeschauorgan) bereitgehalten werde.

3.2. Die Grünvorlageverordnung 2020 führe §81 Abs10 NÖ JG ausdrücklich als Rechtsgrundlage an. Nach §81 Abs10 zweiter Satz NÖ JG habe die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn dies zur Überprüfung der verfügten Abschüsse erforderlich sei, mit Bescheid für einzelne oder mit Verordnung für mehrere oder sämtliche Jagdgebiete eines Verwaltungsbezirkes die Jagdausübungsberechtigten zu verpflichten, in geeigneter Weise innerhalb einer bestimmten Frist den Abschuss von Wildstücken nachzuweisen.

3.3. Dieser gesetzlichen Bestimmung entsprechend sehe §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 eine bestimmte Frist vor, binnen der die Meldung erfolgen müsse. Die Meldung habe demnach unverzüglich nach der Schussabgabe, das heißt bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG – in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche – zu erfolgen.

3.4. Die angefochtene Wortfolge schränke den als Tagesschusszeit bezeichneten Zeitraum (Zeit von 90 Minuten vor Sonnenaufgang bis 90 Minuten nach Sonnenuntergang) nicht ausdrücklich ein, sie nehme lediglich auf diese bzw auf das gesetzlich geregelte Verbot der Ausübung der Jagd zur Nachtzeit gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG Bezug. Eine Einschränkung der Tagesschusszeit auf Grund der Meldeverpflichtung bestehe, wenn überhaupt, nur faktisch auf Grund der Bezugnahme auf die Tagesschusszeit.

3.5. Der Geltungsbereich der Grünvorlageverordnung 2020 erstrecke sich auf jenen Bereich des politischen Bezirks Baden, in dem Rotwild vorkomme und grundsätzlich jagdlich bewirtschaftet werde, sowie auf jenen Teil des Bezirks, wo in den vergangenen Jahren wiederholt Rotwild aus landwirtschaftlichen Gehegen zur Fleischproduktion entsprungen sei und erlegt werden habe müssen. Bei einer Gesamtfläche von etwa 76.000 Hektar erfolge eine jagdliche Bewirtschaftung auf etwa 50.000 Hektar. Es seien im Jagdjahr 2020 ebendort insgesamt 740 Stück Rotwild erlegt worden.

3.6. Die Schusszeit des Rotwildes beginne gemäß §22 Abs1 Z2 der NÖ Jagdverordnung (NÖ JVO), LGBl 6500/1-0, idF LGBl 43/2021, ab Anfang Mai und ende am 31. Dezember (gestaffelt nach Alter bzw Geschlecht der Tiere). In diesem Zeitraum variiere die Zeit, in der Rotwild gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG während der Tagesschusszeit erlegt werden dürfe. Die Tagesschusszeit variiere zwischen ca 11,5 Stunden und 19 Stunden. Am 1. Mai 2020 sei etwa eine "erlaubte" Tagesschusszeit von 17 Stunden und 33 Minuten zur Verfügung gestanden, diese habe sich bis zur Sommersonnenwende am 21. Juni 2020 auf ein Maximum von 18 Stunden und 54 Minuten gesteigert, um danach bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember 2020 (11 Stunden und 20 Minuten) jeweils täglich um zwei Minuten abzunehmen. Am 31. Dezember 2020 habe die erlaubte Tagesschusszeit auf Rotwild 11 Stunden und 25 Minuten betragen.

3.7. Die jeweilige Tagesschusszeit sei jedoch auch abhängig von der Witterung des jeweiligen Tages, der Jahreszeit und den Mondphasen, an dem die Jagd ausgeübt werde. Wie der Verwaltungsgerichtshof festgestellt habe, könne "[a]uch eine nach §95 Abs1 Z3 JG nicht ausdrücklich verbotene Schussabgabe [...] infolge des Gebotes des §2 Abs2 JG, die Jagd in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise auszuüben, unzulässig sein, weil […] eine weidgerechte Jagdausübung ausreichende Sichtverhältnisse für eine gesicherte Schussabgabe erfordert" (VwGH 17.12.2004, 2002/03/0113). Damit variiere die Zeit einer möglichen Schussabgabe je nach den Sichtverhältnissen täglich zum Teil beträchtlich. Auf Grund der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes sei die Möglichkeit der Schussabgabe, wie sie in §95 Abs1 Z3 NÖ JG vorgeschrieben sei, einschränkend zu interpretieren. Sie variiere bereits auf Grund dieser Vorgaben täglich um einige Zeit, die von Minuten bis Stunden reichen könne.

3.8. Ein vollständiges Nützen der erlaubten Tagesschusszeit mit jagdrechtlich erlaubten Zielvorrichtungen (d.h. ohne künstliche Nachtzielhilfen; vgl §95 Abs1 Z4 NÖ JG) sei praktisch nur an Tagen mit bestem Mondlicht bzw bei Schneelage möglich. Ein weidgerechtes Beschießen von Rotwild ohne künstliche Zielhilfen im Sinne des §95 Abs1 Z4 leg cit (künstliche Lichtquellen, Restlichtverstärker, Wärmebildgeräte, etc.) sei etwa in den Sommer- und Herbstmonaten in den Neumondphasen (ca. 14 Tage pro Monat) bereits 30 Minuten nach Sonnenuntergang nicht mehr möglich.

3.9. Dieser Umstand werde durch die Mitteilungen der Grünbeschauorgane des Bezirks Baden im Rahmen einer über die Hegeringleiter durchgeführten Umfrage bestätigt, wie hoch der Anteil der im Jagdjahr 2020 beschauten Rotwildstücke gewesen sei, die in den letzten 30 Minuten der Tagesschusszeit gemeldet worden seien. Die Umfrage habe für die Hegeringe des Bezirks, das sind jagdliche Funktions- oder Planungseinheiten, in welchen mehrere Jagdgebiete einer ganzen Region zusammengefasst werden, um die vorkommenden Wildarten biologisch richtig zu bewirtschaften, zusammengefasst folgendes Ergebnis aufgewiesen: In einem Hegering sei gar keine Meldung in den letzten 30 Minuten der Tagesschusszeit erfolgt. In vier Hegeringen seien weniger als 20 % in den letzten 30 Minuten der Tagesschusszeit gemeldet worden und bei zwei Hegeringen seien es zwischen 20 % und 30 % gewesen. Im Jagdgebiet eines Hegerings seien im Jagdjahr 2020 keine Rotwildstücke erlegt bzw auch nicht als Fallwild aufgefunden worden. Im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung könne daher festgestellt werden, dass im Jagdjahr 2020 weniger als 20 % der erlegten 740 Rotwildstücke in den letzten 30 Minuten der Tagesschusszeit gemeldet worden seien.

3.10. Insgesamt lasse sich daraus schließen, dass für die weitaus überwiegende Zahl der Jägerschaft eine Erlegung in den letzten Minuten der erlaubten Tagesschusszeit keine Relevanz habe.

3.11. Weiters sei im Jahr 2020 seit dem Inkrafttreten der Grünvorlageverordnung 2020 in insgesamt vier Fällen wegen der Überschreitung der Meldefrist ein Verwaltungsstrafverfahren geführt bzw eingeleitet worden. Es sei daher davon auszugehen, dass es bei 740 erlegten Rotwildstücken in über 99 % der Fälle möglich gewesen sei, eine den Vorgaben des §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 entsprechende, fristgerechte Meldung zu erstatten.

3.12. Im Jahr 2020 haben 83 % aller über 15-jährigen ein Smartphone besessen. Da für die Jägerschaft eine telefonische Erreichbarkeit aus Gründen der persönlichen Sicherheit besonders wichtig sei, sei dieser Prozentsatz in der Jägerschaft erfahrungsgemäß noch bedeutend höher. Dabei bestehe im Geltungsbereich der Grünvorlageverordnung 2020 durchwegs eine ausreichende Netzabdeckung aller drei Mobilfunknetzbetreiber.

3.13. §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 verlange eine zumindest telefonische Meldung des Abschusses (zB eine SMS-Nachricht). Solche Nachrichten können auch bei schlechtem Netzempfang abgesendet werden und den Empfänger verspätet erreichen. Der Meldepflichtige könne mit der Anrufliste bzw dem Nachrichtenverlauf seines Mobiltelefons allerdings nachweisen, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt zumindest versucht habe, die vorgeschriebene Meldung abzusetzen. Aus §2 letzter Satz der Grünvorlageverordnung 2020 ergebe sich, dass der rechtzeitige Versuch, eine Meldung abzugeben, für die Erfüllung der Meldeverpflichtung ausreichend sei. Daher sei für den Fall, dass sich der Meldepflichtige in einem Gebiet mit schlechter Netzabdeckung im Geltungsbereich der Grünvorlageverordnung 2020 befinde, davon auszugehen, dass auch der (dokumentierte) Versuch der Meldung eines Abschusses ausreichend sei, um seiner Meldeverpflichtung nachzukommen. Gleiches müsse für den Fall eines unverschuldeten Defekts des Mobiltelefons gelten.

3.14. Die vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich angefochtene Wortfolge, die eine bestimmte Frist im Sinne des §81 Abs10 NÖ JG darstelle, ziehe nur in wenigen Ausnahmenfällen die Konsequenz nach sich, dass Jagdausübungsberechtigte bzw von ihnen betraute Personen faktisch wenige Minuten vor Beginn des Verbots der Ausübung der Jagd in der Nachtzeit Abschüsse von Rotwild unterlassen müssen, um ihrer Meldeverpflichtung nachkommen zu können.

3.15. Da die angefochtene Wortfolge daher weder rechtlich noch in einem relevanten Ausmaß faktisch zu einer Verkürzung der Tagesschusszeit bzw zu einer Verlängerung des gesetzlich festgelegten Verbots der Ausübung der Jagd zur Nachtzeit führe, seien die vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgebrachten Bedenken unbegründet.

3.16. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis komme, dass §81 Abs10 NÖ JG keine gesetzliche Grundlage für die angefochtene Wortfolge biete, werde auf Folgendes hingewiesen:

3.16.1. Die Grünvorlageverordnung 2020 sei insbesondere zur Überprüfung der Abschüsse von Rotwild erlassen worden (vgl dazu §1 der Grünvorlageverordnung 2020). Rotwild unterliege der Abschussplanung und dürfe nur im Rahmen einer Abschussverfügung erlegt werden (vgl dazu §83 Abs1 erster Satz NÖ JG). Die Abschussverfügung diene insbesondere dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Jagdwirtschaft und müsse laufend überprüft werden können. Dafür gebe es die Möglichkeit der Einschau in die Abschussliste, die ständig möglich sei (vgl §84 Abs4 NÖ JG). Für den Fall, dass dies nicht ausreichend sei, habe die Behörde eine Grünvorlage vorzuschreiben, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können und für eine geordnete Jagdwirtschaft zu sorgen. Weiters sei insbesondere auf die Verpflichtung der Behörde zur Änderung der Abschussverfügung nach §82 NÖ JG zu verweisen.

3.16.2. Darüber hinaus habe die Behörde gemäß §134 NÖ JG die allgemeine Verpflichtung, die Einhaltung der Bestimmungen des NÖ JG zu überwachen (vgl insbesondere Abs3 leg cit). Dazu gehöre insbesondere auch die Überwachung der Bestimmungen des Nachtjagdverbotes auf Schalenwild, ausgenommen Schwarzwild, das in §95 Abs1 Z3 NÖ JG normiert sei, sowie des Verbotes der Verwendung von künstlichen Zielhilfen bei der Jagd auf Schalenwild, ausgenommen Schwarzwild (siehe §95 Abs1 Z4 NÖ JG).

3.16.3. Ein weiterer wesentlicher Beweggrund für die Erlassung der vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich angefochtenen Wortfolge sei die Kontrolle des Nachtjagdverbotes auf Rotwild (§95 Abs1 Z3 NÖ JG) gewesen. Neben der Einhaltung der Abschussverfügungen habe mit der angefochtenen Wortfolge auch eine Möglichkeit der Kontrolle des Zeitpunktes der Schussabgabe geschaffen werden sollen.

3.16.4. In der Vergangenheit sei Rotwild auch entgegen der Bestimmung des §95 Abs1 Z3 NÖ JG in der Nachtzeit erlegt und der damit verbundene "Erlegungsschuss" mit der Abgabe eines "Fangschusses" im Rahmen der Nachsuche gerechtfertigt worden. Die Erlegung von einem durch Schuss verletzten Wild außerhalb der in §95 Abs1 Z3 NÖ JG genannten Zeiten sei zulässig. Dies ergebe sich aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des §74 Abs1 NÖ JG (Möglichkeit Wild zu erlegen, welches infolge einer Verletzung großen Qualen oder Siechtum ausgesetzt ist) und des §2 Abs2 NÖ JG ("Weidgerechtigkeit").

3.16.5. Mit wenigen Ausnahmen, zB bei Vollmond und geschlossener Schneedecke, sei aus jagdfachlicher Sicht ein Abschuss zur Nachtzeit nur unter Zuhilfenahme von für die Rotwildbejagung verbotenen Nachtzielhilfen (vgl §95 Abs1 Z4 NÖ JG) möglich.

3.16.6. Insbesondere aus diesem Grund habe die Bezirkshauptmannschaft Baden mit der Verordnung festgelegt, dass die Abschussmeldung noch vor einer allfälligen Nachsuche zu erfolgen habe (siehe §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 "vor Beginn einer allfälligen Nachsuche").

3.16.7. Mit der zeitlichen Einschränkung der Abschussmeldung vor Ende der Tagesschusszeit solle es daher möglich sein zu unterscheiden, ob es sich bei einem zur Nachtzeit abgegebenen Schuss um einen verbotenen Abschuss zur Nachtzeit (im Sinne des §95 Abs1 Z3 NÖ JG) oder einen erlaubten Fangschuss eines zuvor verletzten Wildes handelt.

3.16.8. Daher diene die vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich angefochtene Wortfolge auch dem Auftrag der Überwachung, insbesondere um die Einhaltung der beiden Bestimmungen des §95 Abs1 Z3 und 4 NÖ JG zu kontrollieren.

3.16.9. Vertrete man daher die Rechtsansicht, dass §81 Abs10 NÖ JG keine ausreichende Grundlage für die mit der angefochtenen Wortfolge getroffene Anordnung darstelle, biete schließlich §134 NÖ JG (insbesondere dessen Abs3 Z3) eine ausreichende gesetzliche Grundlage, um die Jagdausübungsberechtigten und die von ihnen betrauten Personen zu verpflichten, den Abschuss von Rotwild (auch das Fallwild) bis spätestens zum Ende der Tagesschusszeit – auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche – dem Grünvorlageorgan zu melden.

3.16.10. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass sich die Verordnung nicht ausdrücklich auf §134 NÖ JG stütze, nichts an dieser Ansicht ändere. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes komme es nur darauf an, dass eine Verordnung eine Rechtsgrundlage habe. Sie sei nicht schon dann gesetzwidrig, wenn sie keine oder eine unrichtige Rechtsgrundlage benenne (siehe VfSlg 3467/1958; siehe auch Rill in Kneihs/Lienbacher [Hrsg], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art18 Abs1, 2 B-VG Rz 97).

4. Der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens hat von der Möglichkeit, eine Äußerung zu erstatten, Gebrauch gemacht und sich im Wesentlichen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich angeschlossen.

Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer vor, dass die Sicherstellung des Nachtjagdverbotes nicht in Form einer Verordnung auf Bezirksebene erfolgen dürfe, sondern auf Landesebene erlassen werden müsse. Zweck einer von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassenden Grünvorlageverordnung sei es, eine adäquate Wildstandkontrolle zu ermöglichen und nicht vom Landesgesetzgeber abweichende (strengere) Maßnahmen zur zeitlichen Kontrolle der Jäger zu erwirken.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge des §2 der Grünvorlageverordnung 2020 zweifeln ließe. Die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde stützt ihr Straferkenntnis ausdrücklich auf §135 Abs1 Z31 NÖ JG iVm §2 der Grünvorlageverordnung 2020, weshalb das Landesverwaltungsgericht diese Bestimmungen bei der Prüfung der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses jedenfalls anzuwenden hat. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

2.3. Nach der Bundesverfassung (Art18 Abs2 B-VG) sind Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" zu erlassen. Das heißt, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (s etwa VfSlg 11.639/1988 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg 14.895/1997).

2.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hegt das Bedenken, dass die belangte Behörde mit Erlassung der Wortfolge "spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz) - in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche -" in §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 die in §95 Abs1 Z3 NÖ JG definierte Tagesschusszeit, sohin jene Tageszeit, während welcher der Abschuss von Rotwild gestattet ist, verkürzt habe, ohne sich diesbezüglich auf eine gesetzliche Ermächtigung zu stützen.

2.5. Die Niederösterreichische Landesregierung entgegnet diesem Bedenken zusammengefasst damit, dass die gesetzlich vorgesehene Tagesschusszeit auf Grund der Witterung, der Jahreszeit und der Mondphasen variiere und dass für die weitaus überwiegende Zahl der Jägerschaft eine Erlegung in den letzten Minuten der erlaubten Tagesschusszeit keine Relevanz habe. Auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2004, 2002/03/0113, sei die Möglichkeit der Schussabgabe, wie sie in §95 Abs1 Z3 NÖ JG festgelegt sei, einschränkend zu interpretieren. Die Grünvorlageverordnung 2020 sei insbesondere zur Überprüfung der Abschüsse von Rotwild erlassen worden, wobei sich die Ermächtigung neben §81 Abs10 NÖ JG in §134 NÖ JG finde. Ein weiterer Beweggrund seien Fälle gewesen, bei denen Rotwild auch entgegen §95 Abs1 Z3 NÖ JG in der Nachtzeit erlegt worden und der Abschuss mit einer gemäß §74 Abs1 iVm §2 Abs2 NÖ JG gerechtfertigten Erlegung des Rotwilds auf Grund großer Qualen oder Siechtum in Folge der Verletzung gerechtfertigt worden sei.

2.6. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich nicht:

2.6.1. Nach §81 Abs10 NÖ JG ist der Jagdpächter verpflichtet, auf Verlangen des Verpächters bzw in Genossenschaftsjagdgebieten des Jagdausschusses in zumutbarer Weise den Abschuss von Schalenwildstücken nachzuweisen und eine Markierung zuzulassen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat, wenn dies zur Überprüfung der verfügten Abschüsse erforderlich ist, mit Bescheid für einzelne oder mit Verordnung für mehrere oder sämtliche Jagdgebiete eines Verwaltungsbezirkes die Jagdausübungsberechtigten zu verpflichten, in geeigneter Weise innerhalb einer bestimmten Frist den Abschuss von Wildstücken nachzuweisen.

Gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG ist die Ausübung der Jagd mit Ausnahme der Jagd auf Schwarzwild, Raubwild und Raubzeug, den Auer- und Birkhahn, Wildgänse, Wildenten und Schnepfen zur Nachtzeit, das ist die Zeit von 90 Minuten nach Sonnenuntergang bis 90 Minuten vor Sonnenaufgang, verboten. Es handelt sich um ein spezifisches Verbot einer nicht-selektiven Jagdmethode.

Die Nachtzeit wird vom astronomischen Sonnenaufgang bzw Sonnenuntergang berechnet (vgl Müller [Hrsg.], Die Jagdgesetze der österreichischen Bundesländer, 2013, N 269). Auch eine nach §95 Abs1 Z3 NÖ JG nicht ausdrücklich verbotene Schussabgabe kann infolge des Gebotes des §2 Abs2 NÖ JG, die Jagd in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise auszuüben, unzulässig sein, weil eine weidgerechte Jagdausübung ausreichende Sichtverhältnisse für eine gesicherte Schussabgabe erfordert (VwGH 17.12.2004, 2002/03/0113).

Die Erlegung eines durch Schuss verletzten Rotwildes außerhalb der in §95 Abs1 Z3 NÖ JG genannten Tagesschusszeit ist dagegen dann zulässig, wenn dies im Sinne der Weidgerechtigkeit geboten erscheint (vgl §2 Abs2 NÖ JG). Dies ist etwa zur Vermeidung von Qualen sowie Siechtum eines verletzten Tieres der Fall.

§81 Abs10 NÖ JG ist gesetzliche Grundlage für die Grünvorlageverordnung 2020. Alle Jagdgebiete unterliegen gemäß §134 Abs3 NÖ JG der behördlichen Überwachung, zu deren Zweck vom Jagdberechtigten und Jagdausübungsberechtigten und deren Jagdaufsichtsorganen gemäß §134 Abs3 Z3 NÖ JG Auskünfte und Nachweise zu verlangen sind, soweit sie für die Überwachung der rechtlichen Vorschriften von Bedeutung sind.

§2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 sieht vor, dass der Abschuss von Rotwild den in §3 leg cit genannten Überwachungsorganen zumindest telefonisch unter Angabe der beschossenen Art des Rotwildes unverzüglich nach Schussabgabe, das heißt bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG – in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche – zu melden ist.

Die Meldung hat zumindest telefonisch zu ergehen, wobei den Ausführungen der Niederösterreichischen Landesregierung folgend im Falle einer auf Grund fehlender Netzabdeckung erfolgten Meldung der dokumentierte Versuch eine nicht oder zu spät erfolgte Meldung heilen könne. Gleiches gelte im Falle eines unverschuldeten Defekts des Mobiltelefons.

2.6.2. Abhängig von der vorliegenden Tages- sowie Jahreszeit, Witterung und Mondphase variiert die Zeit einer möglichen Schussabgabe je nach Sichtverhältnissen. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.12.2004, 2002/03/0113) folgend ist die Möglichkeit der Schussabgabe einschränkend zu interpretieren. Der Jagdausübungsberechtigte hat vor dem Abschuss von Rotwild nicht nur die Tagesschusszeit einzuhalten und die Sichtverhältnisse für eine Schussabgabe für ausreichend zu befinden, er hat auch zu prüfen, ob hinreichend Zeit für die Meldung des bevorstehenden Abschusses vorhanden ist.

2.6.3. §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020, §2 Abs2, §81 Abs10, §95 Abs1 Z3 sowie §134 Abs3 Z3 NÖ JG stehen dabei in einem systematischen Zusammenhang. Die zusammenhängenden Voraussetzungen bezwecken gemeinsam, dass eine Jagd in weidgerecht anerkannter Weise (vgl §2 Abs2 NÖ JG; Müller [Hrsg.], Die Jagdgesetze der österreichischen Bundesländer, 2013, N 18 f.), geordnet und im öffentlichen Interesse ergeht und dass eine effektive Kontrolle und Überwachung (vgl §1 der Grünvorlageverordnung 2020) ermöglicht wird. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat von Jagdausübungsberechtigten und deren Jagdaufsichtsorganen Auskünfte und Nachweise zu verlangen, soweit sie für die Überwachung der rechtlichen Vorschriften von Bedeutung sind. Dabei soll auch verhindert werden, dass beim Fangen oder Erlegen von Wild oder Raubzeug Vorrichtungen zur Beleuchtung der Ziele – ausgenommen Lampen bei der Schwarzwildbejagung – und künstliche Nachtzielhilfen (zB Infrarotgeräte, elektronische Zielgeräte, Visiereinrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischem Bildverstärker oder Bildumwandler, wie etwa Restlichtverstärker) gemäß §95 Abs1 Z4 NÖ JG verwendet werden.

In Fällen eines Abschusses gegen Ende der Tagesschusszeit liegt es im Verantwortungsbereich des Jagdausübungsberechtigten zu beurteilen, ob eine Meldung bis zum Ende der Tagesschusszeit möglich ist. Es kann schon deshalb nicht von einer Verkürzung der Tagesschusszeit gesprochen werden, weil es sich bei der Erfüllung der Meldepflicht nicht um eine aufwändige, einen größeren Zeitraum beanspruchende Tätigkeit handelt, sondern um eine in aller Regel in Minuten zu erfüllende Vorschrift. Dazu kommt, dass die Erfüllung denkbar einfach gestaltet ist. Die Übermittlung einer SMS-Nachricht oder ein Anruf ist in der Regel mit keinem zeitlichen Aufwand verbunden, der im Hinblick auf die Regelung der Tagesschusszeit ins Gewicht fällt. Vielmehr handelt es sich dabei um administrativ manipulative Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen im Regelungsspielraum des Verordnungsgebers liegen. Sie können angesichts der Einfachheit und der zeitlich vernachlässigbaren Inanspruchnahme die gesetzliche Festlegung der Tagesschusszeit nicht beeinträchtigen. Ob eine Verletzung dieser Pflichten vorliegt bzw ob eine solche gerechtfertigt ist, ist im Verwaltungsstrafverfahren auch bei der Prüfung der subjektiven Tatseite zu beurteilen. Die Interpretation der Niederösterreichischen Landesregierung in ihrer Stellungnahme lässt die Tatbestandsmäßigkeit schon beim Versuch und auch bei fehlender Netzabdeckung, die eine Meldung per SMS Nachricht oder Anruf verhindert, eintreten.

Hinzu kommt, dass von der verordnungserlassenden Behörde lediglich die Frist für die Meldung eines Abschusses vorgeschrieben wird, während §95 Abs1 Z3 NÖ JG die Tagesschusszeit bestimmt, mit der die nächtliche Jagd auf Rotwild verboten wird. Die von der verordnungserlassenden Behörde vorgegebene Frist wirkt sich auf die Tagesschusszeit lediglich dahingehend aus, dass dem Jagdausübungsberechtigten die Wahl überlassen wird, ob er in der Lage ist, eine Meldung in der bis zum Ende der Tagesschusszeit verbliebenen Zeit durchzuführen.

2.6.4. Soweit das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon ausgeht, dass §95 Abs1 Z3 NÖ JG einen relevanten Maßstab für §2 Punkt 1 Grünvorlageverordnung 2020 darstellt, ist zudem darauf zu verweisen, dass aus dem Verbot gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG nicht zwangsweise folgt, dass der Abschuss während der Tagesschusszeit jedenfalls erlaubt sein muss.

§81 Abs10 NÖ JG enthält eine Verordnungsermächtigung, wonach eine Verpflichtung erlassen werden kann, "innerhalb einer bestimmten Frist" den Abschuss eines Wildstücks nachzuweisen. Die Bezirkshauptmannschaft Baden hat sich dafür entschieden, bei der Festlegung der Frist für eine Abschussmeldung an §95 Abs1 Z3 NÖ JG anzuknüpfen. Sie sieht administrativ manipulative Tätigkeiten vor, die im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen im Regelungsspielraum des Ve

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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