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L6500 Jagd, WildNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Kein Verstoß der GrünvorlageV der BH Baden gegen das Nö JagdG betreffend die Verpflichtung zur Meldung des Abschusses bestimmter Wildstücke bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit; keine Verkürzung der Tagesschusszeit durch die – unverzügliche – einfach gestaltete und zeitlich nicht aufwändige Meldung des AbschussesRechtssatz
Abweisung eines Antrags des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (LVwG) auf Aufhebung der Wortfolge "spätestens aber bis zum Ende der gesetzlichen Tagesschusszeit (§95 Abs1 Z3 NÖ Jagdgesetz) - in diesem Fall auch vor Beginn einer allfälligen Nachsuche -" in §2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020 der BH Baden vom 26.05.2020, BNL2-J-08181/024.
§2 Punkt 1 der Grünvorlageverordnung 2020, §2 Abs2, §81 Abs10, §95 Abs1 Z3 sowie §134 Abs3 Z3 NÖ JG stehen in einem systematischen Zusammenhang. Die zusammenhängenden Voraussetzungen bezwecken gemeinsam, dass eine Jagd in weidgerecht anerkannter Weise, geordnet und im öffentlichen Interesse ergeht und dass eine effektive Kontrolle und Überwachung ermöglicht wird. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat von Jagdausübungsberechtigten und deren Jagdaufsichtsorganen Auskünfte und Nachweise zu verlangen, soweit sie für die Überwachung der rechtlichen Vorschriften von Bedeutung sind. Dabei soll auch verhindert werden, dass beim Fangen oder Erlegen von Wild oder Raubzeug Vorrichtungen zur Beleuchtung der Ziele - ausgenommen Lampen bei der Schwarzwildbejagung - und künstliche Nachtzielhilfen gemäß §95 Abs1 Z4 NÖ JG verwendet werden.
In Fällen eines Abschusses gegen Ende der Tagesschusszeit liegt es im Verantwortungsbereich des Jagdausübungsberechtigten zu beurteilen, ob eine Meldung bis zum Ende der Tagesschusszeit möglich ist. Es kann schon deshalb nicht von einer Verkürzung der Tagesschusszeit gesprochen werden, weil es sich bei der Erfüllung der Meldepflicht nicht um eine aufwändige, einen größeren Zeitraum beanspruchende Tätigkeit handelt, sondern um eine in aller Regel in Minuten zu erfüllende Vorschrift. Dazu kommt, dass die Erfüllung denkbar einfach gestaltet ist. Die Übermittlung einer SMS-Nachricht oder ein Anruf ist in der Regel mit keinem zeitlichen Aufwand verbunden, der im Hinblick auf die Regelung der Tagesschusszeit ins Gewicht fällt. Vielmehr handelt es sich dabei um administrativ manipulative Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen im Regelungsspielraum des Verordnungsgebers liegen. Sie können angesichts der Einfachheit und der zeitlich vernachlässigbaren Inanspruchnahme die gesetzliche Festlegung der Tagesschusszeit nicht beeinträchtigen. Ob eine Verletzung dieser Pflichten vorliegt bzw ob eine solche gerechtfertigt ist, ist im Verwaltungsstrafverfahren auch bei der Prüfung der subjektiven Tatseite zu beurteilen. Die Interpretation der Niederösterreichischen Landesregierung in ihrer Stellungnahme lässt die Tatbestandsmäßigkeit schon beim Versuch und auch bei fehlender Netzabdeckung, die eine Meldung per SMS Nachricht oder Anruf verhindert, eintreten.
Hinzu kommt, dass von der verordnungserlassenden Behörde lediglich die Frist für die Meldung eines Abschusses vorgeschrieben wird, während §95 Abs1 Z3 NÖ JG die Tagesschusszeit bestimmt, mit der die nächtliche Jagd auf Rotwild verboten wird. Die von der verordnungserlassenden Behörde vorgegebene Frist wirkt sich auf die Tagesschusszeit lediglich dahingehend aus, dass dem Jagdausübungsberechtigten die Wahl überlassen wird, ob er in der Lage ist, eine Meldung in der bis zum Ende der Tagesschusszeit verbliebenen Zeit durchzuführen.
Soweit das LVwG davon ausgeht, dass §95 Abs1 Z3 NÖ JG einen relevanten Maßstab für §2 Punkt 1 Grünvorlageverordnung 2020 darstellt, ist zudem darauf zu verweisen, dass aus dem Verbot gemäß §95 Abs1 Z3 NÖ JG nicht zwangsweise folgt, dass der Abschuss während der Tagesschusszeit jedenfalls erlaubt sein muss.
§81 Abs10 NÖ JG enthält eine Verordnungsermächtigung, wonach eine Verpflichtung erlassen werden kann, "innerhalb einer bestimmten Frist" den Abschuss eines Wildstücks nachzuweisen. Die Bezirkshauptmannschaft Baden hat sich dafür entschieden, bei der Festlegung der Frist für eine Abschussmeldung an §95 Abs1 Z3 NÖ JG anzuknüpfen. Sie sieht administrativ manipulative Tätigkeiten vor, die im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen im Regelungsspielraum des Verordnungsgebers liegen, der angesichts der Einfachheit und der zeitlich vernachlässigbaren Inanspruchnahme die gesetzliche Festlegung der Tagesschusszeit nicht beeinträchtigen können.
Schlagworte
Jagdrecht, Verordnung, Auslegung systematische, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V50.2021Zuletzt aktualisiert am
24.11.2021