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L8230 Abwasser, KanalisationNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit der Höhe einer Kanalbenützungsgebühr einer Tiroler Gemeinde; Gesamtkosten für die Beiträge zur Abwasserbeseitigung samt sonstigen Betriebs- und Verwaltungskosten entsprechen der Höhe der eingehobenen Benützungsgebühren; keine Kostenüberdeckung mit steuerlichem Charakter bei der Berücksichtigung nicht rückzahlbarer Zuschüsse der Fremdfinanzierungsaufwendungen sowie von der Finanzierung der ErrichtungskostenRechtssatz
Abweisung eines Antrags des Landesverwaltungsgerichts Tirol auf Aufhebung des §4 Abs4 KanalgebührenO 2003 der Gemeinde Tösens, Gemeinderatsbeschluss vom 21.11.2003, idF des Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde Tösens vom 31.10.2017.
Es ist nicht zu erkennen, dass sich aus den in der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) ausgewiesenen Gewinnentnahmen ergeben würde, dass neben der Anlastung der vollen Kosten im Wege der Gebührenvorschreibung eine Steuer erhoben würde:
Das antragstellende Gericht verkennt zunächst, dass für die Frage, ob und in welcher Höhe durch Einhebung von Benützungsgebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen iSd §17 Abs3 Z4 FAG 2017 ein Überschuss entsteht, nicht auf die im Rechenwerk der VRV verbuchten Einnahmen und Ausgaben und ermittelten Gewinne abzustellen ist. Vielmehr ist §17 Abs3 Z4 FAG 2017 zu entnehmen, dass in der Einrichtung erst dann ein Überschuss entsteht, wenn der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer übersteigt.
Errichtungskosten für die Anlage sind im Rahmen der Gebührenkalkulation insoweit zu berücksichtigen, als in der Einrichtung für die Errichtung tatsächlich Kosten anfallen. Wird zu den Errichtungskosten von einem Fördergeber ein nicht rückzahlbarer Investitionszuschuss gewährt, ist daher dieser Teil der Errichtungskosten nicht in die Gebührenkalkulation einzubeziehen. Werden Teile der Errichtungskosten fremdfinanziert, sieht §17 Abs3 Z4 FAG 2017 vor, dass - anstelle eines der Lebensdauer der Anlage entsprechenden Jahreskostenbetrages - der Lebensdauer der Anlage entsprechende Zinsen und Tilgungen anzusetzen sind.
Werden - wie im hier vorliegenden Fall - zu Fremdfinanzierungsaufwendungen nicht rückzahlbare Zuschüsse geleistet, kürzen diese entsprechend der Lebensdauer der Anlage die anfallenden Zinsen und die Tilgung. Übersteigen vorgezogene Zuschüsse die zu leistenden Fremdfinanzierungsaufwendungen, rechnen solche "Gewinne" aus "überhängenden Zuschüssen" nicht zum Überschuss der Einrichtung, zumal §17 Abs3 Z4 FAG 2017 lediglich die Gegenüberstellung der Kosten mit dem mutmaßlichen Jahresbetrag an Gebühren anordnet. Solche Überhänge sind vielmehr der Lebensdauer der Anlage entsprechend von künftigen Tilgungsbeträgen in Abzug zu bringen.
Dienen - wie im vorliegenden Fall - Anschlussgebühren der Finanzierung der Errichtungskosten der Anlage, sind für die Ermittlung der laufenden Benützungsgebühr insoweit keine Kosten für die Errichtung der Anlage anzusetzen.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass im Zuge der Gebührenkalkulation für die laufende Benützung der Einrichtung - anders als nach dem Rechenwerk der (VRV) - die Anschlussgebühren für Zwecke der Ermittlung der Benützungsgebühr nicht als Einnahmen anzusetzen sind, soweit sie der Finanzierung der Errichtungskosten dienen. Ebenso wenig sind Annuitätenzuschüsse den Einnahmen zuzurechnen, sondern kürzen diese lediglich der Laufzeit entsprechend Zinsen und Tilgungen aus der Fremdfinanzierung, soweit diese gefördert ist.
Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze ist somit aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht zu erkennen, dass die Gemeinde Tösens im Zuge der Einhebung der Gebühren für Abwasserbeseitigung auf Grundlage der Kanalgebührenordnung in den Jahren 2009 bis 2018 Überschüsse in einer Höhe erzielt hätte, die allfälligen Kostenüberdeckungen den Charakter einer Steuer verleihen würden. Vielmehr entsprechen in den einzelnen Jahren die Gesamtkosten für die Beiträge zum Abwasserverband samt sonstigen Betriebskosten einschließlich anteiliger Verwaltungskosten - schon vor Berücksichtigung eines Jahresbetrages für den nicht durch Zuschüsse und Anschlussgebühren eigenfinanzierten Teil der Errichtungskosten - weitgehend der Höhe der eingehobenen Benützungsgebühren. Keinesfalls kann somit aber davon ausgegangen werden, dass in dem vom antragstellenden Gericht herangezogenen Betrachtungszeitraum Überschüsse der Einrichtung dauerhaft entzogen worden wären.
Schlagworte
Abgaben Kanalisation, Verordnung, Finanzausgleich, Abgaben Gemeinde-, Gebühr, Äquivalenzprinzip, Kosten, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V435.2020Zuletzt aktualisiert am
22.11.2021