TE Vfgh Erkenntnis 2021/10/5 E848/2021

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gerichtsakt
StGG Art2
EpidemieG 1950 §20, §26, §32, §43
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2, §4
SeibahnG 2003 §2, §5, §6
COVID-19-BetriebsschließungsV BGBl II 74/2020
BeförderungsV von Personen mit übertragbaren Krankheiten BGBl 199/1957 idF BGBl II 74/2020 §1, §8
COVID-19-Seilbahn- und Beherbergungsbetriebs-SchließungsV der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 14.03.2020
COVID-19-Seilbahn- und Beherbergungsbetriebs-SchließungsbeendigungsV der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 27.03.2020
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 96/2020 §1, §2
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 98/2020 §2, §3
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 98/2020 idF BGBl II 107/2020 §2, §3
COVID-19-Seilbahn- und Beherbergungsbetrieb-BetretungsverbotsV des Landeshauptmanns von Vorarlberg LGBl 16/2020
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf finanzielle Vergütung einer Gesellschaft nach dem EpidemieG 1950 für deren Verdienstentgang durch die Schließung von Seilbahn- und Beherbergungsbetrieben auf Grund der Verordnung einer Vorarlberger Bezirkshauptmannschaft; Verdienstentgänge durch Betriebsschließungen für öffentliche Verkehrsanstalten nach dem EpidemieG 1950 sind einem Vergütungsanspruch nach dem EpidemieG 1950 zugänglich

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist ein privates Seilbahnunternehmen und betreibt ein Skigebiet in Vorarlberg. Sie stellte am 15. März 2020 und ergänzend am 30. April 2020 einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß §32 Abs1 Z5 Epidemiegesetz 1950 für den Zeitraum von 16. März 2020 bis einschließlich 13. April 2020, weil sie auf Grund der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch über die Schließung von Seilbahnbetrieben und Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk, Amtsblatt für das Land Vorarlberg 13/2020 (im Folgenden: Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020) gezwungen gewesen sei, ihr Unternehmen am Nachmittag des 15. März 2020 zu schließen. Die Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020 durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch über die Aufhebung der Verordnung betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk, Amtsblatt für das Land Vorarlberg 19/2020 (im Folgenden: Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 19/2020), sei rechtlich unwirksam, weshalb sich der Vergütungszeitraum bis zum 13. April 2020 erstrecke.

2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 19. August 2020 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft abgewiesen. Zur Begründung wird darin zusammengefasst ausgeführt, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020 ihre gesetzliche Grundlage in §26 Epidemiegesetz 1950 finde. Diese Bestimmung unterfalle jedoch keinem der in §32 Epidemiegesetz 1950 taxativ aufgezählten Tatbestände. Hingegen fände die Verordnung des Landeshauptmannes [von Vorarlberg] nach §2 Z2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes betreffend das Betreten von Seilbahnanlagen und von Beherbergungsbetrieben zu touristischen Zwecken, LGBl 16/2020, und die Verordnung des Landeshauptmannes [von Vorarlberg] nach §2 Z2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes betreffend das Betreten von Seilbahnanlagen, LGBl 22/2020, ihre gesetzliche Grundlage im COVID-19-Maßnahmengesetz, das keine Vergütung des Verdienstentganges vorsehe. Darüber hinaus bestehe auch kein Anspruch auf Vergütung gemäß §32 Epidemiegesetz 1950.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg mit Erkenntnis vom 27. Jänner 2021, Z LVwG-408-138/2020-R7, als unbegründet ab. Es begründet seine Entscheidung zusammengefasst wie folgt:

Die Anwendung des §32 Epidemiegesetz 1950 auf Maßnahmen nach §26 Epidemiegesetz 1950 bzw nach §4 iVm §1 COVID-19-Maßnahmengesetz scheitere schon deshalb, weil §32 Epidemiegesetz 1950 jene Fälle, in denen eine Vergütung zu leisten sei, taxativ aufzähle. Da im gegenständlichen Fall die Behinderung des Erwerbes und der dadurch entstandene Vermögensnachteil nicht durch eine der in §32 Abs1 Z1 bis 7 Epidemiegesetz 1950 aufgezählten Maßnahmen entstanden sei, gebühre für den Verdienstentgang kein Ersatz nach dem Epidemiegesetz 1950. Nach §1 Abs1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020 konnte der Betrieb von Seilbahnen (§2 Abs1 Seilbahngesetz 2003) – einschließlich der Seilbahn der beschwerdeführenden Gesellschaft – gemäß §26 Epidemiegesetz 1950 eingestellt werden. Nicht nachvollziehbar sei, dass es sich bei der genannten Verordnung, welche gemäß §26 Epidemiegesetz 1950 verfügt worden sei, in Wahrheit um eine Betriebsschließung nach §20 Epidemiegesetz 1950 handeln könne.

Weiters führte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg wörtlich Folgendes aus:

"Selbst wenn man den Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit §26 EpiG und den Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch folgen könnte, ist die Beschwerdeführerin auf Folgendes hinzuweisen:

In einem kurzen Zeitfenster zwischen dem Inkrafttreten der Verordnung BGBl II Nr 74/2020 am 01.03.2020, welche die Bestimmungen des §20 Abs1 bis 3 EpiG auch für COVID-19 anwendbar machte und dem Inkrafttreten des COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020, per 16.03.2020, wäre die belangte Behörde grundsätzlich berechtigt gewesen, eine auf §20 EpiG gestützte Betriebsschließung durchzuführen, wovon sie allerdings im vorliegenden Fall nicht Gebrauch gemacht hat. Ab diesem Zeitpunkt (16.03.2020) bestand diese Möglichkeit nicht mehr, da der zuständige Bundesminister von der dortigen Verordnungsermächtigung noch am gleichen Tag mit Erlassung der Verordnung BGBl II Nr 96/2020 Gebrauch gemacht hat und mit diesem Tag ein bis 30.04.2020 in Geltung befindliches bundesweites Betretungsverbot (Betriebsschließung) anordnete, mit welchem der formell weiter in Geltung befindliche §20 EpiG materiell derogiert wurde. Somit hätte die belangte Behörde, auch wenn sie dies tatsächlich gewollt hätte, keine Betriebsschließung gemäß §20 EpiG verfügen können (dazu siehe LVwG Steiermark vom 02.12.2020, Zl 41.15-2669/2020)."

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Nach dem auf das Wesentliche zusammengefasste Beschwerdevorbringen betreffe §26 Epidemiegesetz 1950 dem klaren Gesetzeswortlaut nach den Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten. Privatwirtschaftlich geführte Seilbahnen fielen entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes nicht in den Anwendungsbereich des §26 Epidemiegesetz 1950. Indem das Landesverwaltungsgericht das Seilbahnunternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft unter den Anwendungsbereich des §26 Epidemiegesetz 1950 subsumiere, differenziere es in unsachgemäßer Weise zwischen privatwirtschaftlich geführten Seilbahnunternehmen und anderen privatwirtschaftlich geführten Unternehmen. In verfassungskonformer Interpretation hätten die Maßnahmen gegen die Seilbahnwirtschaft nur auf §20 Epidemiegesetz 1950 gestützt werden können, sodass die Entschädigungsbestimmung des §32 Epidemiegesetz 1950 zur Anwendung gelangen müsse. §26 Epidemiegesetz 1950 bilde weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nach dem Willen des historischen Gesetzgebers eine hinreichende Grundlage für unmittelbar darauf gestützte behördliche Verfügungen in Bezug auf öffentliche Verkehrsanstalten. Die einzige Norm des Epidemiegesetz 1950, die als gesetzliche Grundlage herangezogen werden könne, sei §20 Epidemiegesetz 1950.

5. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat die Verwaltungsakten sowie den Verordnungsakt zur Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020 vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

6. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat die Gerichtsakten vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet.

II. Rechtslage

1. §20, §26, §32 und §43 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF BGBl 702/1974 (§32) und BGBl I 63/2016 (§43) lauteten wie folgt:

"Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen.

§20. (1) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest oder Milzbrand kann die Schließung von Betriebsstätten, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, wenn und insoweit nach den im Betriebe bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde.

(2) Beim Auftreten einer der im ersten Absatz angeführten Krankheiten kann unter den sonstigen dort bezeichneten Bedingungen der Betrieb einzelner gewerbsmäßig betriebener Unternehmungen mit fester Betriebsstätte beschränkt oder die Schließung der Betriebsstätte verfügt sowie auch einzelnen Personen, die mit Kranken in Berührung kommen, das Betreten der Betriebsstätten untersagt werden.

(3) Die Schließung einer Betriebsstätte ist jedoch erst dann zu verfügen, wenn ganz außerordentliche Gefahren sie nötig erscheinen lassen.

(4) Inwieweit die in den Abs1 bis 3 bezeichneten Vorkehrungen auch beim Auftreten einer anderen anzeigepflichtigen Krankheit getroffen werden können, wird durch Verordnung bestimmt.

Vorschriften in Bezug auf Verkehrsanstalten im Inlande.

§26. (1) Für den Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Binnenschiffahrtsunternehmungen, Flöße usw) und für den Verkehr auf denselben wird durch Verordnung bestimmt, in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind.

(2) In gleicher Weise werden die erforderlichen Anordnungen über die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes auf Schiffen und Hafenbauten und sonstigen im Bereiche der Seebehörden gelegenen Objekten durch Verordnung erlassen.

Vergütung für den Verdienstentgang.

§32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1. sie gemäß §§7 oder 17 abgesondert worden sind, oder

2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß §11 untersagt worden ist, oder

3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß §17 untersagt worden ist, oder

4. sie in einem gemäß §20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß §20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß §22 angeordnet worden ist, oder

7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß §24 verhängt worden sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl Nr 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß §21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl Nr 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.

V. HAUPTSTÜCK.

Allgemeine Bestimmungen.

Behördliche Kompetenzen.

§43. (1) Die Bestimmungen des Gesetzes vom 30. April 1870, RGBl Nr 68, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, bleiben durch die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes unberührt.

(3) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest, Ägyptischer Augenentzündung, Wutkrankheit, Bißverletzungen durch wutkranke oder wutverdächtige Tiere sowie in sonstigen Fällen dringender Gefahr sind die im §5 Abs1 bezeichneten Erhebungen und die in den §§7 bis 14 bezeichneten Vorkehrungen auch sofort an Ort und Stelle von den zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Ärzten zu treffen.

(4) Die Einleitung, Durchführung und Sicherstellung sämtlicher in diesem Gesetze vorgeschriebener Erhebungen und Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten beziehungsweise die Überwachung und Förderung der in erster Linie von den zuständigen Sanitätsorganen getroffenen Vorkehrungen sind Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde.

(5) Dem Landeshauptmann obliegt im Rahmen seines örtlichen Wirkungsbereichs die Koordinierung und Kontrolle der Maßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörden gemäß Abs4. Besteht der Verdacht oder die Kenntnis über einen bundesländerübergreifenden Ausbruch einer Erkrankung gemäß §1 Abs1 und 2, so haben die Landeshauptmänner der betroffenen Bundesländer zusammenzuarbeiten und ihre Tätigkeiten zu koordinieren.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend ist im Fall von Krankheitsausbrüchen vom Landeshauptmann unverzüglich zu verständigen."

2. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ("2019 neuartiges Coronavirus"), BGBl II 74/2020, lautet wie folgt:

"Auf Grund des §20 Abs4 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 37/2018, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2020, BGBl I Nr 8/2020, wird verordnet:

Die in §20 Abs1 bis 3 des Epidemiegesetzes 1950, in der jeweils geltenden Fassung, bezeichneten Vorkehrungen können auch bei Auftreten einer Infektion mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus') getroffen werden."

3. Die §§1 und 8 der Verordnung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 26. Juni 1957 über die Beförderung von Personen, die mit übertragbaren Krankheiten behaftet oder solcher Krankheiten verdächtig sind, BGBl 199/1957, idF BGBl II 74/2020 lauten:

"A. Beförderung mit der Eisenbahn.

Beförderung von kranken Personen.

§1. Personen, die an Cholera, COVID-19, Pest oder Pocken (Blattern) erkrankt, sowie Personen, die einer dieser Krankheiten verdächtig sind, sind von der Beförderung mit der Eisenbahn ausgeschlossen.

Beförderung auf Seilbahnen.

§8. (1) Die Beförderung von Personen, die mit einer der in den §§1 und 2 genannten Krankheiten behaftet oder einer solchen Krankheit verdächtig sind, auf Seilbahnen ist nur unter der Voraussetzung gestattet, daß für den Transport einer solchen Person eine andere zumutbare Beförderungsmöglichkeit nicht zur Verfügung steht. In diesem Falle ist für die erkrankte Person eine eigene Kabine (Gondel) bereitzustellen. Der für den Betrieb der Seilbahn verantwortliche aufsichtsführende Bedienstete hat unverzüglich den Amtsarzt der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen, damit der weitere Abtransport des Kranken oder Krankheitsverdächtigen sichergestellt werden kann.

(2) Die Kabine (Gondel) darf bei Auftreten eines Falles im Sinne des Abs1 für die Benützung durch andere Personen erst dann freigegeben werden, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde die chemische Desinfektion oder die Entwesung vorgenommen hat. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist verpflichtet, diese Maßnahmen in kürzester Frist nach dem Abtransport des Erkrankten durchzuführen."

4. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch über die Schließung von Seilbahnbetrieben und Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk, Amtsblatt für das Land Vorarlberg 13/2020, ausgegeben am 14. März 2020, lautete wie folgt:

"Gemäß §20 Abs1 und 4 Epidemiegesetz 1950 sowie §26 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus'), BGBl II Nr 74/2020, wird verordnet:

§1

(1) Der Betrieb von Seilbahnen (§2 Abs1 Seilbahngesetz 2003) ist gemäß §26 Epidemiegesetz 1950 einzustellen.

(2) Das Betriebsverbot nach Abs1 gilt nicht für Einzelfahrten in Notfällen oder im Fall einer im öffentlichen Interesse erforderlichen Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde.

§2

(1) Beherbergungsbetriebe (§111 Abs1 Z1 GewO 1994) sind gemäß §20 Abs1 und 4 und der Verordnung BGBl II Nr 74/2020 zu schließen.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann Ausnahmen vom Gebot nach Abs1 gewähren, soweit sich die Schließung einzelner Betriebe als unverhältnismäßige Maßnahme erweist.

§3

(1) §1 tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung dieser Verordnung, frühestens jedoch am 15. März 2020, 17.00 Uhr, in Kraft.

(2) §2 tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung dieser Verordnung, frühestens jedoch am 16. März 2020, 12.00 Uhr, in Kraft.

(3) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft."

5. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch über die Aufhebung der Verordnung betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk, Amtsblatt für das Land Vorarlberg 19/2020, ausgegeben am 27. März 2020, lautete wie folgt:

"Gemäß §20 Abs1 und 4 Epidemiegesetz 1950 sowie §26 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus'), BGBl II Nr 74/2020, wird verordnet:

Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 14. März 2020 betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 im gesamten Bezirk Feldkirch, Amtsblatt Nr 13/2020, tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung außer Kraft."

6. §1, §2 und §4 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetzes –COVID-19-MG), BGBl I 12/2020, lauteten wie folgt:

"Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren- und

Dienstleistungen

§1. Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind.

Betreten von bestimmten Orten

§2. Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder

3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken.

Inkrafttreten

§4. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(2) Hat der Bundesminister gemäß §1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.

(4) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten."

7. §1 und §2 Z17 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl II 96/2020 (im Folgenden auch: COVID-19-Maßnahmenverordnung-96), lauteten ab 16. März 2020 wie folgt:

"§1. Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist untersagt.

§2. (1) §1 gilt nicht für folgende Bereiche:

[…]

17. Öffentlicher Verkehr

[…]"

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. März 2021, V530/2020, festgestellt, dass die Wortfolge "sowie von Freizeit- und Sportbetrieben" und die Wortfolge "oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben" in §1 dieser Verordnung gesetzwidrig waren, und ausgesprochen, dass diese Wortfolgen nicht mehr anzuwenden sind (siehe die Kundmachung BGBl II 184/2021).

8. §2 und §3 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020 (im Folgenden auch: COVID-19-Maßnahmenverordnung-98), lauteten ab 16. März 2020 wie folgt:

"§2. Ausgenommen vom Verbot gemäß §1 sind Betretungen,

1. die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich sind;

2. die zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen dienen;

3. die zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der Deckung des Bedarfs zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

4. die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann;

5. wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

§3. Die Benützung von Massenbeförderungsmitteln ist nur für Betretungen gemäß §2 Z1 bis 4 zulässig, wobei bei der Benützung ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen einzuhalten ist."

§3 der COVID-19-Maßnahmenverordnung-98 erhielt mit BGBl II 107/2020 mit Wirkung vom 20. März 2020 die Paragraphenbezeichnung "§4", §2 Z3 und §2 Z4 wurden zudem jeweils um einen Satz ergänzt. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 14. Juli 2020, V363/2020, unter anderem festgestellt, dass §4 COVID-19-Maßnahmenverordnung-98, BGBl II 98/2020 idF BGBl II 107/2020, gesetzwidrig war, und ausgesprochen, dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist (siehe die Kundmachung BGBl II 351/2020).

9. Die Verordnung des Landeshauptmannes [von Vorarlberg] nach §2 Z2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes betreffend das Betreten von Seilbahnanlagen und von Beherbergungsbetrieben zu touristischen Zwecken, LGBl 16/2020 (im Folgenden: Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg LGBl 16/2020), ausgegeben am 27. März 2020, lautete wie folgt:

"Auf Grund von §2 Z2 des Covid-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020 in der Fassung BGBl I Nr 16/2020, wird verordnet:

§1

(1) Das Betreten von Seilbahnanlagen ist im gesamten Landesgebiet verboten.

(2) Das Verbot nach Abs1 gilt nicht in Notfällen, bei Aufbau-, Wartungs- oder Reparaturarbeiten oder im Fall einer vom Landeshauptmann im öffentlichen Interesse getroffenen Anordnung.

§2

Das Betreten von Beherbergungsbetrieben (§111 Abs1 Z1 GewO 1994) als Touristin oder Tourist ist im gesamten Landesgebiet verboten.

§3

Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit dem Ablauf des 13. April 2020 außer Kraft."

10. §2, §5 und §6 des Bundesgesetzes über Seilbahnen (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003), BGBl I 103/2003, idF BGBl I 79/2018 (§2 und §6) lauten wie folgt:

"§2. (1) Seilbahnen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Eisenbahnen, deren Fahrzeuge durch Seile spurgebunden bewegt werden, sowie Schlepplifte.

(2) Diese werden unterteilt in

1. Seilbahnen, deren Fahrzeuge durch ein oder mehrere Seile auf einer Fahrbahn gezogen werden, die auf dem Boden aufliegt oder durch feste Bauwerke gestützt ist (Standseilbahnen);

2. Seilbahnen, deren Fahrzeuge von einem oder mehreren Seilen getragen und bewegt werden (Seilschwebebahnen).

Diese gliedern sich in

a) Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge ohne Wechsel der Fahrbahnseite zwischen den Stationen bewegt werden (Pendelbahnen);

b) Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge auf beiden Fahrbahnseiten umlaufend bewegt werden (Umlaufbahnen).

Das sind

aa) Umlaufbahnen mit Kabinen (Kabinenbahnen);

bb) Umlaufbahnen mit Kabinen und Sesseln (Kombibahnen);

cc) Umlaufbahnen, deren Sessel mit dem Seil betrieblich lösbar verbunden sind (Sesselbahnen);

dd) Umlaufbahnen, deren Sessel mit dem Seil betrieblich nicht lösbar verbunden sind (Sessellifte);

3. Schlepplifte, bei denen die Fahrgäste mit geeigneter Ausrüstung entlang einer vorbereiteten Fahrbahn gezogen werden;

4. Seilschwebebahnen, die wahlweise als Schlepplifte betrieben werden können (Kombilifte).

§5. Öffentliche Seilbahnen sind Seilbahnen mit Personenbeförderung, die nach Maßgabe der in der Konzession ausgewiesenen Zeiträume zur Führung eines allgemeinen Personenverkehrs verpflichtet sind.

§6. (1) Nicht öffentliche Seilbahnen sind Schlepplifte sowie Seilbahnen mit Personenbeförderung, die ein Unternehmen lediglich für eigene Zwecke betreibt (Seilbahnen mit Werksverkehr oder beschränkt öffentlichem Verkehr). Nicht öffentliche Seilbahnen unterliegen nicht der Konzessionspflicht gemäß §16 und der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen; es besteht keine Betriebspflicht.

(2) Der Werksverkehr umfasst die unentgeltliche Beförderung von Bediensteten des Seilbahnunternehmens sowie von Personen, die das Seilbahnunternehmen oder die durch dieses beauftragten Personen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Seilbahnunternehmens zu sich kommen lassen oder deren Beförderung aus öffentlichen Interessen geboten erscheint.

(3) Der beschränkt öffentliche Verkehr umfasst über den Werksverkehr hinausgehend die Beförderung auch anderer Personen ohne Betriebs- und Beförderungspflicht, sofern der Umfang dieser Beförderung in einer den allgemeinen Verkehr ausschließenden Weise abgegrenzt werden kann. Ein Entgelt für die Beförderung kann eingehoben werden."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

Ein solcher Fehler ist dem Landesverwaltungsgericht Vorarlberg unterlaufen:

3. §26 Abs1 EpiG sieht vor, dass für den "Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Binnenschiffahrtsunternehmungen, Flöße usw) und für den Verkehr auf denselben […] durch Verordnung bestimmt [wird], in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind“. Diese Bestimmung erfasst alle Verkehrsanstalten, die der Allgemeinheit zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie von privater oder öffentlicher Hand betrieben werden.

4. Die Sonderregelung des §26 EpiG trägt zunächst der (auch historischen) Sonderstellung öffentlicher Verkehrsanstalten (wie Eisenbahnen) Rechnung, indem sie diese einerseits von "gewerblichen Unternehmen" (§20 EpiG) abhebt. Anderseits determiniert §26 EpiG die auf seiner Grundlage zu ergreifenden Maßnahmen nicht selbst, sondern verweist auf die an anderer Stelle des EpiG bereitgestellten Befugnisse (arg.: "in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind") und ermächtigt damit in Verbindung mit §20 leg cit jedenfalls auch die Bezirksverwaltungsbehörden (§43 Abs4 EpiG) insbesondere zu Betriebsbeschränkungen und Betriebsschließungen.

5. Betriebsschließungen für öffentliche Verkehrsanstalten nach dem Epidemiegesetz 1950, mag sich die Behörde auch förmlich nur auf §26 leg cit berufen, sind damit Eingriffe iSv §20 iVm §26 EpiG und sohin einer Vergütung nach §32 Abs1 Z (4 und) 5 EpiG zugänglich. Die gegenteilige Auffassung, wonach bei Vergütungsansprüchen nach §32 EpiG zwischen Betriebsschließungen nach §20 und solchen nach §26 leg cit zu unterscheiden wäre, würde dem Gesetz zudem einen verfassungswidrigen, nämlich gleichheitswidrigen Inhalt unterstellen.

6. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat mit §1 Abs1 ihrer auf §26 EpiG gestützten Verordnung ABl Vlbg. 13/2020 die Einstellung des Betriebes von Seilbahnen mit Wirkung vom 15. März 2020, 17:00 Uhr (vgl §3 Abs1 der Verordnung) verfügt und diese Betriebsschließung mit Ablauf des 27. März 2020 wieder aufgehoben (VO ABl Vlbg. 19/2020). Damit hat sie eine Betriebsschließung iSv §20 iVm §26 EpiG angeordnet, ohne dass dem die am 16. März 2020 in Kraft getretene COVID-19-Maßnahmenverordnung-96 entgegengestanden wäre, die nämlich den "öffentlichen Verkehr" (§2 Abs1 Z17 leg cit) von ihrem Betretungsverbot (§1 leg cit) ausgenommen hat (vgl §4 Abs2 COVID-19-MG in der Stammfassung BGBl I 12/2020: "im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung").

7. Indem das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg den Vergütungsanspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft nach §32 EpiG für diesen Zeitraum schon dem Grunde nach mit der Begründung verneint hat, dass auf §26 EpiG gestützte Betriebsschließungen schlechthin nicht vergütungsfähig seien, hat es dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt und die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) verletzt.

8. Im weiteren Verfahren wird das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg insbesondere zu prüfen haben, welche Vermögensnachteile der beschwerdeführenden Gesellschaft auf die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ABl Vlbg. 13/2020 zurückzuführen sind.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

COVID (Corona), Entscheidungsbegründung, Einkünfte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E848.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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