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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungserichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, in der Beschwerdesache der Stadtbetriebe Linz GesmbH in Linz, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. August 1996, Zl. VerkR-420.181/7-1996/Aum, betreffend die Behebung von Auflagen in einem schiffahrtsanlagenrechtlichen Bescheid (mitbeteiligte Partei: L-GesmbH in L), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
I.
1. Die Oberösterreichische Landesregierung hatte mit Bescheid vom 4. März 1982 der VOEST ALPINE Aktiengesellschaft in Linz nach Maßgabe bestimmter Vorschreibungen die Bewilligung für die Errichtung eines Schwerlasthafens bei Fluß-Kilometer 1,575, linkes Traunufer, erteilt. Diese Bewilligung war unter der Auflage erteilt worden, daß der Schwerlasthafen an der Traun für Umsatzzwecke der VOEST ALPINE AG und ihrer Konzerntöchter ausschließlich für solche Güter Verwendung zu finden hat, die im Verlauf von Herstellung oder Umschlag werkseigener Produkte notwendig sind; ausgeschlossen wurden demnach reine Umschlagstätigkeiten für Fremde mit fremden Gütern.
Mit Schreiben vom 11. Juli 1996 hat die mitbeteiligte Partei als Neueigentümerin der Anlage die Anzeige gemäß § 48 Abs. 10 des Schiffahrtsgesetzes 1990, BGBl. Nr. 87/1989 idgF (SchG) getätigt und den Antrag gestellt, die in der genannten schiffahrtsrechtlichen Bewilligung zitierte Auflage und weiters die Auflage in der Verhandlungsschrift vom 19. Juli 1975 (Teil C Punkt 5; Gestattung der Einfahrt in den Vorhafen und in den Schwerlasthafen nur mittels werkseigener Bugsierer) aufzuheben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 48 Abs. 7 SchG stattgegeben.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
1. Gemäß § 46 Abs.1 SchG bedürfen die Errichtung und Benützung einer neuen Schiffahrtsanlage, die Wiederverwendung einer füheren Schiffahrtsanlage nach Erlöschen oder Widerruf der Bewilligung sowie die wesentliche Änderung und Benützung einer bestehenden Schiffahrtsanlage einer Bewilligung.
Die Bewilligung ist gemäß § 48 Abs. 1 SchG zu erteilen, wenn bestehende Rechte (Abs. 3) nicht entgegenstehen und auf näher angeführte Erfordernisse und Interessen Bedacht genommen wurde. Bestehende Rechte anderer Personen als des Bewilligungsinhabers, die der Erteilung der Bewilligung entgegenstehen, sind nach § 48 Abs. 3 Z. 1. SchG aufgrund des Teiles C ("Schiffahrtsanlagen") erworbene Rechte sowie (Z. 2.) dingliche Rechte an einer Liegenschaft oder Schiffahrtsanlage, soweit sie nicht durch gütliche Übereinkunft oder durch die Einräumung von Zwangsrechten nach den §§ 60 bis 64 SchG beseitigt oder eingeschränkt werden.
Unbeschadet des § 48 Abs. 1 darf gemäß § 48 Abs. 7 SchG auf Wasserstraßen die Bewilligung zur Errichtung von Schiffahrtsanlagen für den gewerbsmäßigen Umschlag nur erteilt werden, wenn hiefür ein volkswirtschaftliches Interesse besteht; dabei ist auf die gesetzlich vorgesehenen Pflichten bereits bewilligter öffentlicher Häfen Bedacht zu nehmen.
1.2. Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum Schiffahrtgesetz angenommen, daß der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Aufhebung der genannten Auflagen Parteistellung zukomme. Im Besonderen Teil der Erläuterungen zum Schiffahrtsgesetz 1990, 705 Blg NR. XVII GP, S 54, "Zu §§ 47 und 48", wird in diesem Zusammenhang folgendes ausgeführt:
"Die ergänzende Bewilligungsvoraussetzung des Abs. 7 steht in enger Verbindung zu den besonderen, gesetzlich auferlegten Obliegenheiten für öffentliche Häfen, wie sie etwa Kontrahierungszwang oder Tarifgenehmigung darstellen. Die Prüfung der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit des Projektes soll daher einen adäquaten Ausgleich zu diesen Verpflichtungen herstellen. Aus diesen Gründen soll öffentlichen Häfen im Verfahren Parteistellung zukommen."
2. Die dargestellte Rechtsauffassung der belangten Behörde ist aber verfehlt.
2.1. Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, nicht anhand des AVG allein gelöst, sondern muß vielmehr aufgrund der im jeweiligen Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift beantwortet werden. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann sohin nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat. Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Maßgebend ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. zu dem Ganzen das hg. Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 96/03/0241 mwH).
2.2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf § 48 Abs. 7 SchG ergibt sich, daß diese Bestimmung - anders als die zitierten Gesetzesmaterialien ausführen - der Beschwerdeführerin keine Parteistellung in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren einräumt.
Der Wortlaut des § 48 Abs. 7 zweiter Halbsatz stellt klar, daß die Bedachtnahme auf die gesetzlich vorgesehenen Pflichten bereits bewilligter öffentlicher Häfen von der Behörde im Rahmen der Prüfung der Frage vorzunehmen ist, ob für die Errichtung von Schiffahrtsanlagen im Sinne der genannten Bestimmung ein volkswirtschaftliches Interesse besteht (arg: "...; dabei ...").
Ein von der Behörde wahrzunehmendes volkswirtschaftliches Interesse kann aber einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse einer Person nicht begründen, da damit ein (allfälliges) konkretes (wirtschaftliches) Interesse einer bestimmten Person nicht zu einem rechtlichen Interesse im Sinne des § 8 AVG erhoben wird. Unter volkswirtschaftlichem Interesse im Zusammenhang des § 48 Abs. 7 SchG kann somit nicht ein besonderes (wirtschaftliches) Eigeninteresse der Beschwerdeführerin verstanden werden; vielmehr ist auf eine die "Gesamtwirtschaftlichkeit" zielende Betrachtung abzustellen. In diesem Sinne ist der Begriff "volkswirtschaftliches Interesse" in § 48 Abs. 7 SchG umfassend zu verstehen; wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, schließt dieser Begriff im vorliegenden Zusammenhang "nicht nur die Interessen des gewerbsmäßigen Umschlages bereits bestehender öffentlicher Häfen ein, ... sondern erstreckt sich auch u.a. auf die Interessen der Umwelt und des Naturschutzes, auf die Interessen eines geordneten Marktes von Anbietern für den gewerbsmäßigen Güterumschlag (Verhinderung eines ruinösen Wettbewerbs) sowie auf die Arbeitsmarktsituation."
Eine Berücksichtigung der Interessen der Beschwerdeführerin im Hinblick auf den ihr zuzurechnenden öffentlichen Hafen ist nach § 48 Abs. 7 leg. cit. der Behörde übertragen, die diese von Amts wegen wahrzunehmen hat, ohne der Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch darauf einzuräumen (vgl. zu dem Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1992, Zl. 91/03/0132, und vom 27. Jänner 1993, Zl. 91/03/0187, zu der insofern vergleichbaren Regelung des § 79 Abs. 2 Z. 5. SchG in ihrer Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 429/1995, mit dem das Schiffahrtsgesetz 1990 geändert wird).
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, daß es bei der Beurteilung der Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof lediglich darauf ankommt, ob ein Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte, und nicht darauf, ob ihm in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren allenfalls die Stellung einer Partei eingeräumt und der angefochtene Bescheid zugestellt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1983, Zlen. 83/03/0089, 0090).
3. Aus all dem folgt, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich gewährleisteten Recht nicht verletzt werden konnte, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996030301.X00Im RIS seit
11.07.2001