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E1ENorm
ASVG §634 Abs12 idF 2013/I/081Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2020, W228 2223005-1/8E, betreffend Ruhebezug (mitbeteiligte Partei: B B in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf bzw. die Grundsätze der Rechtssicherheit, Besitzstandswahrung und der Effektivität des Unionsrechts dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung - wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden - entgegenstehen, wonach einer vormals begünstigten Gruppe von Beamten aufgrund der Pensionsanpassung zustehende Pensionsbeträge rückwirkend nicht mehr zustehen, und die auf diese Weise (rückwirkende Beseitigung der vormals begünstigten Gruppe durch nunmehrige Gleichstellung mit der vormals benachteiligten Gruppe) bewirkt, dass auch der vormals benachteiligten Gruppe von Beamten aufgrund der Pensionsanpassung zustehende Pensionsbeträge nicht (mehr) zustehen, die der zuletzt genannten Gruppe wegen bereits (wiederholt) gerichtlich festgestellter Diskriminierung nach dem Alter - infolge Nichtanwendung einer unionsrechtswidrigen nationalen Vorschrift zwecks Gleichstellung mit der vormals begünstigten Gruppe - zugestanden wären?
Begründung
I) Zum Ausgangsverfahren:
1 Die Mitbeteiligte des vorliegenden Revisionsverfahrens ist am 10. November 1946 geboren und gemäß § 13 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, (BDG 1979) mit Ablauf des 31. Dezember 2011 in den Ruhestand getreten.
2 Mit Bescheid der revisionswerbenden Behörde (nunmehr: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau) vom 9. Mai 2012 wurde festgestellt, dass der Mitbeteiligten vom 1. Jänner 2012 an ein Ruhegenuss in der Höhe von monatlich brutto EUR 2.483,87 sowie eine Nebengebührenzulage in der Höhe von monatlich brutto EUR 595,70 gebühre.
3 In ihrer Eingabe vom 20. Mai 2015 vertrat die Mitbeteiligte mit näherer Begründung die Auffassung, die Anwendung des § 41 Abs. 3 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, bei der gemäß § 41 Abs. 2 PG 1965 erfolgten Anpassung ihrer Ruhebezüge ab 1. Jänner 2015 verstoße gegen Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: RL). § 41 Abs. 3 PG 1965 benachteilige nämlich ältere (vor dem 1. Jänner 1955 geborene) Beamte gegenüber jüngeren (ab diesem Zeitpunkt geborenen) Beamten in Ansehung der für die Pensionserhöhung vorgesehenen Modalitäten. Davon ausgehend beantragte die Mitbeteiligte die bescheidmäßige Feststellung der ihr ab dem 1. Jänner 2015 zustehenden Beamtenpension und die Nachzahlung der Bezugsdifferenz.
4 Mit Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom 24. Juni 2015 wurde auf Grund dieses Antrags gemäß § 41 Abs. 1, 2 und 3 PG 1965 festgestellt, dass der Mitbeteiligten ab 1. Jänner 2015 ein Ruhebezug in der Höhe von monatlich brutto EUR 3.176,27 gebühre. Bei dieser Bemessung brachte die Behörde auch § 41 Abs. 3 PG 1965 zur Anwendung. Dazu vertrat sie mit näherer Begründung die Rechtsauffassung, diese Bestimmung sei verfassungskonform; eine Altersdiskriminierung liege auch deshalb nicht vor, weil für die ab dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten das (ungünstigere) System der Parallelrechnung nach § 99 PG 1965 gelte.
5 Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 19. August 2016 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet ab. Es vertrat die Ansicht, die in Rede stehende unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters, nämlich die in § 41 Abs. 3 PG 1965 vorgesehene, lediglich für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamte zum Tragen kommende Deckelung der Pensionsanpassung, stehe nicht im Widerspruch zur RL. Der Umstand, dass ab dem 1. Jänner 1955 geborene Beamte bei der Bemessung ihres Ruhebezuges einer für sie ungünstigeren Parallelrechnung unterlägen, rechtfertige die bestehende Ungleichbehandlung.
6 Infolge der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision der Mitbeteiligten hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2017, Ro 2016/12/0027, ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016120027.J00, die zuletzt genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. In seinen Erwägungen führte der Verwaltungsgerichtshof auszugsweise Folgendes aus:
„21 Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, beruht die in § 41 Abs. 3 PG 1965 in Abweichung von den sonstigen Regeln festgelegte Vorgangsweise bei der Pensionsanpassung für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamte auf einer unmittelbaren Ungleichbehandlung auf Grund des Alters. Eine solche Ungleichbehandlung verstößt gegen die unmittelbar anwendbare RL, sofern sie nicht aus dem Grunde des Art. 6 RL gerechtfertigt ist.
22 In diesem Zusammenhang vertrat das Bundesverwaltungsgericht - zusammengefasst - die Auffassung, die hier vorliegende Schlechterstellung von Beamten, die vor dem 1. Jänner 1955 geboren wurden, gegenüber jüngeren Beamten in Ansehung der Pensionsanpassung sei gerechtfertigt, weil auch diese (älteren) Beamten einen Beitrag zur langfristigen Finanzierbarkeit der Pensionen (durch eine geringere Anpassung in den ersten drei Jahren des Pensionsbezuges) leisten sollen. Dabei geht das Bundesverwaltungsgericht offenkundig davon aus, dass die zu einem solchen Beitrag nicht herangezogenen jüngeren Beamten ihren Beitrag zu diesem Ziel dadurch zu leisten haben, dass für sie die (ungünstigere) Bemessung der Ruhebezüge im Wege der Parallelrechnung gemäß § 99 Abs. 1 bis 5 PG 1965 zur Anwendung gelangt.
23 Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht allerdings, dass die in der vorzitierten Gesetzesbestimmung vorgesehene Parallelrechnung nicht für alle nach dem 31. Dezember 1954 geborenen (jüngeren) Beamten gilt. Aus dem Grunde des § 99 Abs. 6 PG 1965 ist nämlich eine Parallelrechnung nicht durchzuführen, wenn der Anteil der ab 1. Jänner 2005 erworbenen ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit an der gesamten ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit weniger als 5 % oder weniger als 36 Monate beträgt. In diesem Fall ist der Ruhebezug nach den Bestimmungen des PG 1965 mit Ausnahme des Abschnittes XIII zu bemessen.
24 Daraus folgt, dass nach dem 31. Dezember 1954 geborene Beamte, welche unter die Ausnahmebestimmung des § 99 Abs. 6 PG 1965 fallen, der Parallelrechnung ebenso wenig unterliegen wie die Revisionswerberin. Dennoch kommt für diese Beamte - weil sie nicht vor dem 1. Jänner 1955 geboren sind - die ungünstige Pensionsanpassungsregel des § 41 Abs. 3 PG 1965 nicht zur Anwendung, sodass der vom Bundesverwaltungsgericht ins Treffen geführte Rechtfertigungsgrund gemäß Art. 6 RL für eine Ungleichbehandlung der Revisionswerberin im Vergleich zu dieser Gruppe jüngerer Beamter nicht zum Tragen kommt.
25 Jedenfalls in Ermangelung anderer vom Bundesverwaltungsgericht festgestellter bzw. ins Treffen geführter Rechtfertigungsgründe stünde aber der Anwendungsvorrang des Art. 2 RL einer Anwendung des § 41 Abs. 3 PG 1965 entgegen, weil dadurch die Altersgruppe der Revisionswerberin gegenüber nach dem 31. Dezember 1954 geborenen Beamten, auf welche die Sonderbestimmung des § 99 Abs. 6 PG 1965 Anwendung findet, diskriminiert wäre. Die zuletzt genannte Altersgruppe erlangt nämlich nicht nur - wie die erstgenannte Altersgruppe - einen ihrer bisherigen Dienst- und Beitragsleistung angepassten, ausschließlich nach den günstigeren Regeln des PG 1965 ermittelten (Erst-)Ruhebezug, sondern darüber hinaus - anders als die erstgenannte Altersgruppe - eine günstigere Anpassung desselben während der ersten drei Jahre des Ruhestandes.“
7 Mit (Ersatz)Erkenntnis vom 9. Oktober 2018 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten statt und stellte fest, dass ihr vom 1. Jänner 2015 an ein Ruhebezug von monatlich brutto EUR 3.182,03 (bestehend aus Ruhegenuss und Nebengebührenzulage) sowie die Nachzahlung der entsprechenden Bezugsdifferenz gebühre. Ausgehend von der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Diskriminierung nach dem Alter ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, der Anwendungsvorrang des Art. 2 RL stehe im vorliegenden Fall der Anwendung des § 41 Abs. 3 PG 1965 entgegen.
8 Die dagegen erhobene Revision der revisionswerbenden Behörde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. April 2019, Ra 2018/12/0059, ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120059.L00, als unzulässig zurück. Er führte begründend auszugsweise Folgendes aus:
„16 Die im vorliegenden Revisionsfall betreffend die Behauptung des Nichtvorliegens einer Diskriminierung gemäß der RL zu beantwortenden Rechtsfragen gleichen jenen, die der Verwaltungsgerichtshof im hg. Beschluss vom 28. Februar 2019, Ra 2018/12/0054, auf Grundlage einer Revision der auch hier revisionswerbenden Amtspartei bereits beantwortet hat. Es wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG auf die Begründung des genannten Beschlusses verwiesen, in der das Vorbringen der revisionswerbenden Partei bereits abvotiert wurde. Demnach gibt es nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich eine - wenn auch kleine - Gruppe gegenüber der Mitbeteiligten aufgrund des Alters begünstigter Personen. Es ist nämlich die von der revisionswerbenden Behörde anhand konkreter Beispiele illustrierte Gruppe der gemäß § 99 Abs. 6 PG 1965 von der Parallelrechnung Ausgenommenen (der die Mitbeteiligte schon deshalb nicht angehört, weil sie nicht nach dem 31. Dezember 1954 geboren wurde) zugleich von der in § 41 Abs. 3 PG 1965 vorgesehenen Deckelung der Pensionsanpassung nicht betroffen; dies weil der in § 99 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 6 PG 1965 umschriebene Personenkreis aufgrund des Lebensalters dieser Personen von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 41 Abs. 3 PG 1965 fällt (siehe dazu auch VwGH 25.10.2017, Ro 2016/12/0027).
17 Hingegen kommt die Mitbeteiligte aufgrund ihres Lebensalters zwar jedenfalls in den Genuss der für die Ruhebezugsbemessung günstigeren Regeln des „Altsystems“ (weil sie nicht nach dem 31. Dezember 1954 geboren wurde und ihr Ruhebezug daher nicht der Parallelrechnung unterliegt; vgl. § 99 Abs. 1 PG 1965). Allerdings zählt die Mitbeteiligte aufgrund ihres Lebensalters (weil sie vor dem 1. Jänner 1955 geboren wurde) auch jedenfalls zu jener Personengruppe, die von der Deckelung der Pensionsanpassung gemäß § 41 Abs. 3 PG 1965 potentiell betroffen ist. De facto wirkte sich die in § 41 Abs. 3 PG 1965 vorgesehene Deckelung auch nachteilig auf die Anpassung des Ruhebezugs der Mitbeteiligten aus. Bereits insofern geht daher die Zulässigkeitsbegründung, wenn sie auf eine bloß theoretische Diskriminierung der Mitbeteiligten verweist, von einer unzutreffenden Prämisse aus.
18 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision zielt darauf ab darzulegen, dass die vorliegende Ungleichbehandlung auch dann unverändert fortbestünde, wenn die die Mitbeteiligte benachteiligende Regelung des § 41 Abs. 3 PG 1965 in ihrem Anwendungsbereich auf jenen Personenkreis erstreckt würde, auf den die Bestimmung des § 99 Abs. 6 PG 1965 zur Anwendung gelangt. Es wäre nämlich nach Ansicht der revisionswerbenden Behörde auch im Fall der hypothetischen Anwendung des § 41 Abs. 3 PG 1965 auf den in § 99 Abs. 6 PG 1965 genannten Personenkreis, die zuletzt genannte Personengruppe gegenüber der Mitbeteiligten besser gestellt, weil die tatsächlich von der Regelung des § 99 Abs. 6 PG 1965 betroffenen Personen einen Ruhebezug in geringerer Höhe bezögen und daher für sie die (an die Höhe des Ruhebezugs anknüpfenden und bei höheren Ruhebezügen für die Pensionsanpassung nachteiligen) Deckelungsbestimmungen des § 41 Abs. 3 PG 1965 nicht zum Tragen kämen.
19 Dazu ist festzuhalten, dass aus dem von der Behörde ins Treffen geführten Argument nichts für ihren Rechtsstandpunkt zu gewinnen ist. Dass die in § 99 Abs. 6 PG 1965 vorgesehene Begünstigung ausschließlich Personen beträfe, deren Ruhebezug den in § 634 Abs. 12 Z 1 ASVG genannten Betrag nicht erreicht, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch enthält die Zulässigkeitsbegründung dazu ein substantiiertes Vorbringen (vgl. dazu insbesondere die Definition der direkten Diskriminierung nach Art. 2 Abs. 2 lit. a RL, nach deren letztem Fall es ausreicht, dass eine andere Person eine günstigere Behandlung „erfahren würde“, weshalb es auf das tatsächliche Bestehen einer Ungleichbehandlung gar nicht ankommt; zu Aspekten einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts, die sich bereits aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und infolge „rechtlicher Untersuchungen“ erschließen, EuGH 8.4.1976, „Defrenne II“, C-43/75; siehe dazu auch VwGH 4.8.2004, 2003/08/0249; siehe auch EuGH 15.1.2019, E.B., C- 258/17, Rn 66; vgl. auch Martin Lüderitz, Altersdiskriminierung durch Altersgrenzen, 53).
20 Dass angesichts der Höhe des Ruhebezuges für die von § 99 Abs. 6 PG 1965 erfasste Personengruppe (und zwar aufgrund der in § 99 Abs. 6 PG 1965 niedergelegten Voraussetzungen) eine in maßgeblichen Punkten andere Ausgangslage gegeben wäre als für die Gruppe der von den Deckelungsregelungen des § 41 Abs. 3 PG 1965 (aufgrund der Höhe ihres Ruhebezuges) faktisch Betroffenen, ist nicht ersichtlich (vgl. zu der hier vorliegenden unmittelbaren Altersdiskriminierung und zu der daran anknüpfenden Frage nach dem Bestehen etwaiger Rechtfertigungsgründe VwGH 25.10.2017, Ro 2016/12/0027).“
9 Mit Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom 25. Juli 2019 wurde zu einem (vorsichtshalber gestellten) Antrag der Mitbeteiligten vom 17. Juli 2019 festgestellt, dass der Mitbeteiligten gemäß § 41 Abs. 1, 2 und 3 PG 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2018, vom 1. Jänner 2015 an ein Ruhebezug von monatlich brutto EUR 3.176,27, ab 1. Jänner 2016 von EUR 3.211,26, ab 1. Jänner 2017 von EUR 3.236,95, ab 1. Jänner 2018 vo EUR 3.288,74 und ab 1. Jänner 2019 von EUR 3.354,52 gebühre (Spruchpunkt 1.) und im Bezugszeitraum von Jänner bis August 2019 gemäß § 39 PG 1965 ein Übergenuss von brutto EUR 84,24 bestehe und dem Bund zu ersetzen sei (Spruchpunkt 2.).
10 Die revisionswerbende Behörde ging dabei davon aus, dass durch die mittlerweile wirksam gewordene 2. Dienstrechts-Novelle des PG 1965, BGBl. I Nr. 102/2018, (im Folgenden: Novelle 2018) der Regelungsbereich des § 41 Abs. 3 PG 1965 insofern erweitert worden sei, als die in § 634 Abs. 12 ASVG für das Kalenderjahr 2010 festgelegte Vorgangsweise bei der Pensionsanpassung nicht nur auf die vor dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten, die sich am 31. Dezember 2006 im Dienststand befunden hätten, anzuwenden sei, sondern auch auf jene Beamten, auf die § 99 Abs. 6 PG 1965 anwendbar sei. Gemäß § 109 Abs. 85 PG 1965 bestehe rückwirkend eine neue Rechtslage, auf deren Grundlage die Ansprüche der Mitbeteiligten auf Ruhebezug zu beurteilen seien. Durch die Novelle 2018 sei die Diskriminierung nach dem Alter rückwirkend beseitigt worden, sodass die rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2018 einer neuerlichen Entscheidung durch die revisionswerbende Behörde nicht entgegenstehe.
11 Die revisionswerbende Behörde ging bei ihrer Berechnung des Ruhebezugs der Mitbeteiligten für das Jahr 2015 gleichermaßen vor wie schon in ihrem Bescheid vom 24. Juni 2015. Weiters führte sie aus, für die Zeit vom 1. Jänner 2015 bis 31. Dezember 2018 seien die vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2018 festgestellten Bezüge zur Auszahlung gelangt. Im Zeitraum Jänner 2015 bis Dezember 2018 habe die Mitbeteiligte die Ruhebezüge gutgläubig in der vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Höhe in Empfang genommen. Eine Rückforderung der Differenz zu den nunmehr im vorliegenden Bescheid festgestellten Bezugshöhen aus dem Titel des Ersatzes zu Unrecht empfangener Leistungen gemäß § 39 PG 1965 finde daher nicht statt. Mit Inkrafttreten der Novelle am 23. Dezember 2018 könne hingegen ab 1. Jänner 2019 nicht mehr von einem gutgläubigen Empfang ausgegangen werden, sodass die Überbezüge von den Ruhebezügen der Mitbeteiligten einzubehalten seien.
12 Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dem Antrag betreffend Feststellung der Höhe des Ruhebezugs für das Jahr 2015 stehe entschiedene Sache entgegen, sodass er diesbezüglich zurückzuweisen sei. Weiters wurden ausgehend vom Pensionsbezug für das Jahr 2015 die Pensionsbezüge für die Jahre 2016 bis 2020 der Höhe nach festgestellt (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass es zu keinem Übergenuss gekommen sei (Spruchpunkt 2.).
13 Begründend wurde ausgeführt, zu einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts käme es gegenständlich dann, wenn die Änderung des Gesetzestexts derart erfolgt wäre, dass die Diskriminierung aufgrund des Alters vollends beseitigt worden wäre und somit die Bestimmung nicht aufgrund des Anwendungsvorrangs auf Basis der RL unangewendet bliebe. Nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 2019, Ra 2018/12/0059, und vom 28. Februar 2019, Ra 2018/12/0054, ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120054.L00, sei die Diskriminierung nach dem Alter in der mangelnden Anwendbarkeit der Deckelungsregelung des § 41 Abs. 3 PG 1965 auf die von § 99 Abs. 6 PG 1965 erfasste Personengruppe gelegen. Durch die Änderung des § 41 Abs. 3 PG 1965 mit der Novelle 2018 sei die mangelnde Reichweite der Deckelungsregelung, welche zur Diskriminierung geführt habe, durch Einfügung eines Verweises auf die von § 99 Abs. 6 PG 1965 erfasste Personengruppe textlich beseitigt worden. Die Änderung des Textes allein führe jedoch nicht zur Diskriminierungsfreiheit der Mitbeteiligten.
14 Das Bundesverwaltungsgericht führte weiters auszugsweise Folgendes aus:
„Aus der Entscheidung des EuGH vom 07. 10 2019 in der Rs C-171/18 Safeway, sind folgende Aussagen hervorzuheben: Die Einführung einer rechtlich unverbindlichen Praxis reicht laut der Entscheidung des EuGH nicht (Rz 25), um eine Diskriminierung zu beenden. Ebenso darf es gemäß dieser Entscheidung zu keinem vorübergehenden Fortbestand der Diskriminierung kommen (Rz 24). Der Gleichheitssatz verbietet es Rentensystemen, eine Diskriminierung dadurch zu beenden, dass den Angehörigen der bevorzugten Gruppe ihre Vergünstigungen für die Vergangenheit entzogen werden (Rz 34).
Würde die Änderung des § 41 Abs. 3 PG 1965 mit der Novelle tatsächlich faktische rückwirkende Auswirkungen zeigen, so wäre dies nach der eben zitierten EuGH Entscheidung ebenso unionsrechtswidrig und schon deshalb wäre die nunmehr neu gefasste Bestimmung im Teil ihrer Rückwirkung unanwendbar.
Diese Unionsrechtswidrigkeit würde sich daher schon im Spruchteil mit dem Ersatz des Übergenusses in der Höhe von EUR 84,24 manifestieren, da die Individualisierung der Gesetzesnorm durch den Bescheid mit verbindlicher Wirkung erst später erfolgte, wie in der eben dargelegten EuGH Entscheidung.
Der erkennende Richter ist jedoch der Ansicht, dass es zu gar keiner faktischen Rückwirkung kam, deshalb sind die Ausführungen in den vorigen beiden Absätzen im Konjunktiv gehalten. Die rückwirkende generelle Gesetzesnorm ist nämlich erst durch Bescheiderlassung gegenüber den Betroffenen zu individualisieren. Ein solches Vorgehen wurde von der Behörde betreffend die von § 99 Abs. 6 PG 1965 erfasste Personengruppe nicht behauptet.
...
Gegen die rückwirkende tatsächliche Änderung spricht abschließend auch das Außerkrafttretensdatum des § 99 Abs. 6 PG 1965; dieser trat gem. BGBl. I Nr. 65/2015, herausgegeben am 17.06.2015, mit dem darauffolgenden Tag außer Kraft.“
15 Weiters führte das Bundesverwaltungsgericht aus, mit dem bekämpften Bescheid sei die Ungleichbehandlung wegen des Alters entgegen den Vorgaben des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) vom 8. Mai 2019, Österreichischer Gewerkschaftsbund, C-24/17, ECLI:EU:C:2019:373, endgültig festgeschrieben worden. Die Berechnungsmethode sei nicht einmal ansatzweise geändert worden, es würden „einfach rückwirkend die als unanwendbar erklärten Beträge wieder angewandt“, um eine Fortschreibung des Ruhebezuges entgegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu ermöglichen.
16 Es sei darauf hinzuweisen, dass nach der geänderten Rechtslage die Mitbeteiligte nie einen Ausgleich erhalten hätte. Die Nichtrückforderung eines Übergenusses für die Jahre 2015 bis 2018 ergebe sich lediglich aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutz, welcher zur Gutgläubigkeit des Empfangs der Mitbeteiligten geführt habe.
17 Es sei daher durch die Novelle keine wesentliche Änderung der Rechtslage eingetreten. § 41 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung der Novelle bleibe weiterhin wegen Verstoßes gegen das Unionsrecht unangewendet. Es stehe daher dem Antrag auf Feststellung des Ruhebezuges vom 1. Jänner 2015 weiterhin entschiedene Sache entgegen.
18 Die dagegen gerichtete vorliegende Amtsrevision der Pensionsbehörde vertritt den Rechtsstandpunkt, dass entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts die rückwirkende Änderung der Rechtslage dazu führe, dass keine entschiedene Sache vorliege, und dass die Mitbeteiligte in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und dem Recht der Europäischen Union rückwirkend und für die Zukunft nur Ruhebezüge in jener Höhe erhalte, wie sie sie bereits vor Änderung der Rechtslage durch die Novelle erhalten hätte.
19 Zusammengefasst wird dabei im Wesentlichen die Rechtsmeinung vertreten, es gebe keine ausdrücklichen höherrangigen Vorgaben, die Eingriffe des Gesetzgebers in bestehende Rechtspositionen verbieten würden: Die österreichische Rechtsordnung enthalte keine sozialen Grundrechte, die Europäische Sozialcharta stehe im Gegensatz zur EMRK nicht im Verfassungsrang und zudem unter Gesetzesvorbehalt, und auch die Grundrechtecharta enthalte nur sehr allgemeine programmatische Verbürgungen - wie in Art. 34 - zur sozialen Sicherheit. Daher dürfe der einfache Gesetzgeber sozialrechtlich begründete Positionen grundsätzlich zu Lasten der Betroffenen verändern. Allerdings sei das Vertrauen in wohlerworbene Rechte zu berücksichtigen; je elementarer der Bedarf sei, desto strenger müssten die Anforderungen für Eingriffe sein. Bezieher von Ruhe- und Versorgungsgenüssen seien zwar besonders schutzwürdig (berechtigte Erwartungen während des Aktivdienstverhältnisses, worauf die Lebensführung angepasst wurde; geringere Möglichkeit weitere Einkünfte zu erzielen, etc.), allerdings sei § 41 Abs. 3 PG 1965 zum Zeitpunkt der ersten Festsetzung des Ruhegenusses der Mitbeteiligten bereits in Geltung gestanden, es sei rückwirkend nur der Anwendungsbereich geändert worden. Außerdem sei die Intensität des Eingriffs relativ gering. Vor allem aber sei es Intention des Gesetzgebers gewesen, mit der Novelle die zuvor festgestellte Diskriminierung nach dem Alter zu beseitigen.
20 II) Maßgebliche Bestimmungen des Rechts der Europäischen Union:
Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, Art. 3 Abs. 1 lit. c, Art. 6 Abs. 1 RL sowie Art. 9 Abs. 1 lauten (auszugsweise):
„Artikel 1
Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.“
Artikel 2
Der Begriff ‚Diskriminierung'
(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.
(2) Im Sinne des Absatzes 1
a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn
eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
...
Artikel 3
Geltungsbereich
(1) Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf
...
c) die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts;
...
Artikel 6
Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters
(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist.“
III) Die im Ausgangsverfahren relevanten Vorschriften des österreichischen Rechts lauten wie folgt:
21 § 41 PG 1965 in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 lautet(e):
„Auswirkungen künftiger Änderungen dieses Bundesgesetzes und Anpassung der wiederkehrenden Leistungen
§ 41. (1) Änderungen dieses Bundesgesetzes, durch die weder die Höhe der Leistungen nach diesem Bundesgesetz geändert wird noch die Anspruchsvoraussetzungen auf diese Leistungen geändert werden, gelten auch für Personen, die zum Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens Anspruch auf monatlich wiederkehrende Geldleistungen nach diesem Bundesgesetz haben. Änderungen von Bemessungsvorschriften oder von Anspruchsvoraussetzungen auf Leistungen gelten für Personen, die zum Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben, nur dann, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Ergänzungszulage gemäß § 26 sind zum selben Zeitpunkt und im selben Ausmaß wie die Pensionen in der gesetzlichen Pensionsversicherung anzupassen, wenn auf sie bereits
1. vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat oder
2. sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat.
Die erstmalige Anpassung eines Ruhebezuges ist abweichend vom ersten Satz erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Beginn des Anspruches auf den Ruhebezug zweitfolgenden Kalenderjahres vorzunehmen.
(3) Die in § 634 Abs. 12 ASVG für das Kalenderjahr 2010 festgelegte Vorgangsweise bei der Pensionsanpassung ist bei vor dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten, die sich am 31. Dezember 2006 im Dienststand befunden haben, bei den ersten drei Anpassungen ihrer Ruhebezüge oder der von diesen abgeleiteten Versorgungsbezüge anzuwenden, sofern für das jeweilige Kalenderjahr keine von § 108h Abs. 1 ASVG abweichende Regelung gilt.“
22 § 41 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 102/2018 (Novelle 2018) lautet nunmehr:
„(3) Die in § 634 Abs. 12 ASVG für das Kalenderjahr 2010 festgelegte Vorgangsweise bei der Pensionsanpassung ist bei vor dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten, die sich am 31. Dezember 2006 im Dienststand befunden haben, sowie bei jenen, auf die § 99 Abs. 6 anwendbar ist, bei den ersten drei Anpassungen ihrer Ruhebezüge oder der von diesen abgeleiteten Versorgungsbezüge anzuwenden, sofern für das jeweilige Kalenderjahr keine von § 108h Abs. 1 ASVG abweichende Regelung gilt. (Veränderung durch die Novelle 2018 vom Verwaltungsgerichtshof durch Unterstreichung markiert)“
In den Gesetzesmaterialien zur Novelle 2018 (RV 352 BlgNR XXVI. GP, 22) wurde zu § 41 Abs. 3 PG 1965 ausgeführt:
„Der VwGH hat unter Zl. Ro 2016/12/0027, vom 25. Oktober 2017 ausgeführt, dass im Hinblick auf die Anwendung des § 41 Abs. 3 die Altersgruppe der vor 1955 geborenen Beamtinnen und Beamten gegenüber den nach 1954 geborenen Beamtinnen und Beamten, auf die § 99 Abs. 6 anzuwenden war, diskriminiert wäre. Um diese Diskriminierung zu beseitigen, werden jene Beamtinnen und Beamten, auf die § 99 Abs. 6 anzuwenden war, rückwirkend in den Anwendungsbereich des § 41 Abs. 3 einbezogen.“
23 § 634 Abs. 12 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 81/2013 lautet:
„(12) Abweichend von § 108h Abs. 1 erster Satz hat der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz in der Verordnung nach § 108 Abs. 5 für die Kalenderjahre 2009 und 2010 die Pensionsanpassung so vorzunehmen, dass
1. jene Pensionen, die 60% der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 nicht überschreiten, für das Kalenderjahr 2009 mit dem Faktor 1,034 und für das Kalenderjahr 2010 mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen sind und
2. alle übrigen Pensionen mit einem Fixbetrag zu erhöhen sind, der der Erhöhung von 60% der Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 mit dem Faktor 1,034 für das Kalenderjahr 2009 und mit dem Anpassungsfaktor für das Kalenderjahr 2010 entspricht.“
24 § 99 PG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 210/2013 lautete:
„ABSCHNITT XIII
Sonderbestimmungen für nach dem 31. Dezember 1954 geborene Beamte Parallelrechnung
§ 99. (1) Abschnitt XIII gilt nur für Beamte, die nach dem 31. Dezember 1954 und vor dem 1. Jänner 1976 geboren sind, vor dem 1. Jänner 2005 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund aufgenommen worden sind und sich am 31. Dezember 2004 im Dienststand befinden.
(2) Dem Beamten gebührt der nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bemessene Ruhe- oder Emeritierungsbezug nur in dem Ausmaß, das dem Prozentausmaß nach § 7 bzw. § 90 Abs. 1 entspricht, das sich aus der vom Beamten bis zum 31. Dezember 2004 erworbenen ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ergibt.
(3) Neben dem Ruhe- oder Emeritierungsbezug ist für die Beamtin oder den Beamten eine Pension unter Anwendung des APG und der §§ 6 Abs. 3 und 15 Abs. 2 APG in der am 31. Dezember 2013 geltenden Fassung zu bemessen. § 15 und § 16 Abs. 5 APG sind dabei nicht anzuwenden. Die Pension nach dem APG gebührt in dem Ausmaß, das der Differenz des Prozentsatzes nach Abs. 2 auf 100% entspricht.
(4) Nach § 9 zugerechnete Zeiten sind bei der Anwendung der Abs. 2, 3 und 6 nicht zu berücksichtigen. Bei angerechneten Zeiträumen ist jeweils die tatsächliche zeitliche Lagerung des angerechneten Zeitraums maßgebend.
(5) Die Gesamtpension des Beamten setzt sich aus dem anteiligen Ruhe- oder Emeritierungsbezug nach Abs. 2 und aus der anteiligen Pension nach Abs. 3 zusammen.
(6) Eine Parallelrechnung ist nicht durchzuführen, wenn der Anteil der ab 1. Jänner 2005 erworbenen ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit an der gesamten ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit weniger als 5% oder weniger als 36 Monate beträgt. In diesem Fall ist der Ruhebezug nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme dieses Abschnitts zu bemessen.“
IV) Erläuterungen zu den Vorlagefragen:
Zu den zu 1) gestellten Fragen:
25 Die nach dem PG 1965 dem Bundesbeamten zustehende Pension ist einem Arbeitsentgelt der Beamten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. c RL gleichzuhalten. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine gemäß § 99 Abs. 5 PG 1965 zustehende Gesamtpension handelt (vgl. EuGH 21.1.2015, Felber, C-529/13, ECLI:EU:C:2015:20, Rn 24). Die Festlegung ihrer jeweiligen Höhe ist daher an Art. 2 und 6 RL zu messen.
26 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes kann, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt wurde und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, die Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes nur dadurch sichergestellt werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie den Angehörigen der begünstigten Gruppe. Die benachteiligten Personen müssen also in die gleiche Lage versetzt werden wie die Personen, denen der betreffende Vorteil zugutekommt (vgl. in diesem Sinn etwa EuGH 22.1.2019, Cresco Investigation, C-193/17, ECLI:EU:2019:43, Rn 79; 8.5.2019, Leitner, C-396/17, ECLI:EU:C:2019:375, Rn 70, mwN). Wenn wie im vorliegenden Fall ein Bezugssystem besteht, hat das nationale Gericht eine diskriminierende nationale Bestimmung außer Anwendung zu lassen, ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch den Gesetzgeber beantragen oder abwarten müsste, und auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe eben die Regelung anzuwenden, die für die Mitglieder der anderen Gruppe gilt. Dem diskriminierten Beamten ist die Bezugsdifferenz zu bezahlen (vgl. Leitner, Rn 71, 72 und 76).
27 Dass der Begriff „solange“ in der oben zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofes zeitraumbezogen auszulegen ist, ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 7. Oktober 2019, Safeway, C-171/18, ECLI:EU:C:2019:839, Rn 20 ff., wonach bis zur wirksamen Beseitigung der Diskriminierung ein Anspruch auf die Bezugsdifferenz besteht.
28 Gegenüber der Mitbeteiligten ist nach der Gesetzeslage vor Inkrafttreten der Novelle 2018 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2017, Ro 2016/12/0027, in letzter Instanz ausgesprochen worden, dass durch diese Gesetzeslage eine Diskriminierung nach dem Alter im Sinne der RL vorliegt. Mit (Ersatz)Erkenntnis vom 9. Oktober 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren in Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes unter Gleichbehandlung der Mitbeteiligten mit den Beamten der vormals begünstigten Gruppe die Höhe des monatlichen Ruhebezugs der Mitbeteiligten ab dem Jahr 2015 festgestellt. Die dagegen von der revisionswerbenden Behörde erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. April 2019, Ra 2018/12/0059, letztinstanzlich zurückgewiesen.
29 Nach der Gesetzeslage vor der Novelle 2018 gab es drei Gruppen von Beamten, denen gegenüber unterschiedlich bei der jährlichen Pensionsanpassung vorzugehen war: Die erste Gruppe umfasst die vor dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten, bei denen - auch nach der derzeit geltenden Rechtslage - in den ersten drei Jahren des Pensionsbezuges eine gedeckelte Pensionsanpassung vorzunehmen ist. Zur zweiten Gruppe gehören die ab dem 1. Jänner 1955 geborenen Beamten, bei denen - auch nach der derzeit geltenden Rechtslage - mit Parallelrechnung vorzugehen ist. Zur dritten Gruppe zählten jene Beamte, auf die § 99 Abs. 6 PG 1965 anzuwenden war (nach dem 31. Dezember 1954 geborene Beamte mit einem nur geringen Anteil an ruhegenussfähiger Gesamtdienstzeit, die nach dem 1. Jänner 2005 gelegen ist), bei denen weder eine gedeckelte Pensionsanpassung noch eine Parallelrechnung vorzunehmen war. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem oben auszugsweise wiedergegebenen Erkenntnis vom 25. Oktober 2017 eine Altersdiskriminierung der Mitbeteiligten, die der erstgenannten Gruppe angehört, gegenüber den Beamten der drittgenannten Gruppe festgestellt.
30 Durch die mit der am 22. Dezember 2018 kundgemachten Novelle 2018 angeordnete Einbeziehung jener Beamten, auf die § 99 Abs. 6 PG 1965 anzuwenden ist, in die Anwendbarkeit der befristet gedeckelten Pensionsanpassung des § 41 Abs. 3 PG 1965 wurde rückwirkend die vom Verwaltungsgerichtshof als begünstigt angesehene (dritte) Gruppe (keine gedeckelte Pensionsanpassung und keine Parallelrechnung) beseitigt, indem sie wie die bislang als benachteiligt angesehene Gruppe behandelt wird (befristet gedeckelte Pensionsanpassung), sodass die wiederholt gegenüber Beamten gerichtlich festgestellte Diskriminierung der benachteiligten Gruppe nach dem Alter gegenüber der bisher begünstigten Gruppe dadurch beseitigt wurde, dass nach der Novelle 2018 nunmehr beide Gruppen rückwirkend gleich (schlecht) behandelt werden (jeweils befristet gedeckelte Pensionsanpassung).
31 Dementsprechend wurde in den Gesetzesmaterialien zu § 41 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung der Novelle 2018 Folgendes ausgeführt:
„Der VwGH hat unter Zl. Ro 2016/12/0027, vom 25. Oktober 2017 ausgeführt, dass im Hinblick auf die Anwendung des § 41 Abs. 3 die Altersgruppe der vor 1955 geborenen Beamtinnen und Beamten gegenüber den nach 1954 geborenen Beamtinnen und Beamten, auf die § 99 Abs. 6 anzuwenden war, diskriminiert wäre. Um diese Diskriminierung zu beseitigen, werden jene Beamtinnen und Beamten, auf die § 99 Abs. 6 anzuwenden war, rückwirkend in den Anwendungsbereich des § 41 Abs. 3 einbezogen.“
32 Nach Änderung der Gesetzeslage durch die Novelle 2018 stellte die revisionswerbende Behörde dementsprechend den Ruhebezug der Mitbeteiligten unverändert gegenüber dem Bescheid vom 24. Juni 2015 mit EUR 3.176,27 fest, also in der ursprünglichen Höhe wie zuvor bei der wiederholt gerichtlich festgestellten Diskriminierung.
33 Somit zeigt auch der vorliegende Fall, dass die Auswirkungen der Novelle 2018 relativ weit in die Vergangenheit zurückreichen, wobei für diesen Zeitraum von vier Jahren - unter Nichtanwendung des dem Unionsrecht entgegenstehenden nationalen Rechts - bereits rechtskräftig gerichtlich festgestellte Ansprüche von Beamten vorlagen. Ausgehend davon könnte die Novelle 2018 in Konflikt mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit stehen. Dieser gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes in besonderem Maß, wenn es um Vorschriften geht, die finanzielle Konsequenzen haben können. Dieser Grundsatz verlangt, dass die dem Einzelnen durch das Unionsrecht verliehenen Rechte hinreichend präzise, klar und vorhersehbar umgesetzt werden, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten genau kennen, sich darauf einstellen können und sie gegebenenfalls vor nationalen Gerichten geltend machen können (vgl. Safeway, Rn 25 und die dort zitierte Rechtsprechung).
34 Die rückwirkende Angleichung des Pensionsanspruchs der bevorzugten Gruppe an jenen der benachteiligten Gruppe durfte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht nur dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sondern auch der Pflicht, eine Diskriminierung unverzüglich und vollständig zu beseitigen, sowie weiters dem Verbot, den bis dahin begünstigten Personen ihre Vergünstigungen für die Vergangenheit zu entziehen (vgl. Safeway, Rn 34 und 41, mwN), widersprechen. Mit der Novelle 2018 werden aber der vormals begünstigten Gruppe die ihr zustehenden Begünstigungen für die Vergangenheit, mithin rückwirkend entzogen. Fraglich könnte in diesem Zusammenhang sein, ob die Aussagen des Gerichtshofes im Urteil Safeway, in dem es um eine nach dem Primär- und dem Sekundärrecht der Europäischen Union verbotene Diskriminierung nach dem Geschlecht innerhalb eines Rentensystems ging, zur Gänze auf den hier vorliegenden Fall einer nur sekundärrechtlich verbotenen Diskriminierung nach dem Alter bei der Pensionsanpassung umzulegen sind.
35 Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes Maßnahmen zur Beendigung unionsrechtswidriger Diskriminierungen ausnahmsweise dann rückwirkend zulässig sind, wenn das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet wird und ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel dies tatsächlich gebietet. Insbesondere kann nach ständiger Rechtsprechung eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des betreffenden Rentensystems ein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein (vgl. Safeway, Rn 43, mwN). Dazu ist festzuhalten, dass die Ruhebezüge der Beamten in Österreich nicht aus einem Rentensystem, sondern aus dem staatlichen Budget bezahlt werden (vgl. dazu die Erläuterungen im Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Juli 2020, Ro 2019/12/0005 ua., C-405/20, ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019120005.J00). Das Unionsrecht hindert in diesem Zusammenhang zwar die Mitgliedstaaten nicht daran, neben politischen, sozialen oder demografischen Erwägungen auch Haushaltserwägungen zu berücksichtigen, sofern sie dabei insbesondere das allgemeine Verbot der Diskriminierung wegen des Alters beachten. Insoweit können Haushaltserwägungen zwar den sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaats zugrunde liegen und die Art oder das Ausmaß der von ihm zu treffenden Maßnahmen beeinflussen, für sich allein aber kein legitimes Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der RL darstellen (vgl. etwa Leitner, Rn 43). Vergleichbar schwerwiegende Rechtfertigungsgründe wie die erhebliche Gefährdung eines Rentensystems, die einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses im Sinne dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes bilden könnten, sind für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Ausgangsverfahren bislang allerdings nicht ersichtlich.
36 Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung grundsätzlich die Erforderlichkeit der Besitzstandswahrung der bislang begünstigten Gruppe betont (vgl. etwa Leitner, insbesondere Rn 49; EuGH 28.1.2015, Starjakob, C-417/13, ECLI:EU:C:2015:38, Rn 37; 14.3.2018, Stollwitzer, C-482/16, ECLI:EU:C:2018:180, Rn 41). Gerade der Besitzstand der Angehörigen der bislang begünstigten Gruppe ist aber im Ausgangsverfahren nicht gewahrt.
37 In der Rechtsprechung des Gerichtshofes wurde zwar auch ausgesprochen, dass nicht zwingend in allen Fällen einer Altersdiskriminierung ein finanzieller Ausgleich gewährt werden muss, der der Differenz zwischen dem Entgelt entspricht, das der Diskriminierte ohne die Diskriminierung erhalten hätte, und dem Entgelt, das er tatsächlich erhalten hat (vgl. etwa Starjakob, Rn 49; Stollwitzer, Rn 29). Allerdings wurde in diesen Fällen davon ausgegangen, dass der Besitzstand der vormals begünstigten Gruppe - anders als im Ausgangsverfahren - gewahrt ist. In welchen Fällen, unter welchen Umständen und in welcher Höhe diese Differenz unterschritten werden darf, ist - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung des Gerichtshofes noch nicht geklärt worden. Jedenfalls ist - soweit ersichtlich - noch niemals ausgesprochen worden, dass es unionsrechtskonform wäre, durch eine neue, rückwirkend in Kraft gesetzte gesetzliche Regelung im Ergebnis die vormals begünstigte Gruppe der vormals benachteiligten Gruppe betreffend ihre Ansprüche gleichzustellen, sodass der nach dem Alter vormals Diskriminierte keinerlei finanzielle Ansprüche hat (vgl. Rn 27 des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens).
38 Zu beachten wäre weiters, dass sich für die Mitbeteiligte nach der Novelle 2018 - bei durchschnittlicher Lebenserwartung - gegenüber der durch Nichtanwendung der diskriminierenden Bestimmungen (gerichtlich) geschaffenen Rechtslage - eine nicht unbeträchtliche Einbuße an Pensionsentgelten ergäbe, weil die jährlichen Pensionsanpassungen ausgehend vom Pensionsanspruch des Vorjahres prozentuell oder mittels Fixbetrages vorgenommen werden (vgl. dazu die Erläuterungen im Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Juli 2020, Ro 2019/12/0005 ua., C-405/20).
39 Dazu kommt noch, dass nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes Art. 47 GRC und Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV die Mitgliedstaaten verpflichten, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen sichergestellt ist, um die Wahrung dieses Grundrechts in der Union zu gewährleisten. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wird auch durch die RL bekräftigt, nach deren Art. 9 die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die sich durch eine Diskriminierung für verletzt halten, ihre Ansprüche geltend machen können (vgl. in diesem Sinne etwa EuGH 11.11.2014, Schmitzer, C-530/13, ECLI:EU:C:2014:2359, Rn 49; Leitner, Rn 60 und 61).
40 Die Effektivität dieser Rechtsbehelfe schiene allerdings durch die rückwirkende Verschlechterung der Rechtsposition der bisher besser gestellten Gruppe auf jene der bislang benachteiligten Gruppe zur Gänze ausgehöhlt, würde man eine gesetzliche Regelung als unionsrechtskonform ansehen, die eine - im Einzelfall - gerichtlich festgestellte Diskriminierung rückwirkend beseitigen dürfte, ohne den Diskriminierten für den bis zur wirksamen Beseitigung der Diskriminierung verstrichenen Zeitraum die Bezugsdifferenz zu sichern. Dass die Bezugsdifferenz ausgehend von dieser Rechtsansicht desto länger bezahlt werden müsste, je länger die Diskriminierung nicht beseitigt wird, scheint dem Grundsatz zu entsprechen, dass die Diskriminierung unverzüglich und vollständig zu beseitigen ist, sobald sie festgestellt wird (vgl. Safeway, Rn 41).
41 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass unter Annahme der Unionsrechtskonformität der Novelle 2018 die Beamten, die die Diskriminierung geltend gemacht hatten, finanzielle Aufwendungen zu tragen und sich der Auseinandersetzung mit dem Dienstgeber zu stellen hatten, ohne dass die - erfolgreiche - Geltendmachung der Diskriminierung letztlich irgendeinen Vorteil gebracht hätte.
42 Der Verwaltungsgerichtshof gibt überdies zu bedenken, dass es innerhalb der Gruppe der Beamten, die Rechtsbehelfe zur Durchsetzung ihrer unionsrechtlichen Ansprüche ergriffen haben, einerseits die Untergruppe der Beamten gibt, die für die Jahre 2015 bis einschließlich 2018 bereits Zahlungen auf Grundlage einer diskriminierungsfreien Berechnung ihres Pensionsbezuges erhalten haben und diesen Mehrbetrag behalten dürfen, und andererseits die Untergruppe von Beamten, an die bislang keine derartigen Zahlungen erfolgten, sodass sie keinerlei finanziellen Vorteil hatten. Zu welcher Untergruppe ein Beamter gehört, hängt im Wesentlichen von Umständen ab, die von den betroffenen Beamten nicht beeinflusst werden konnten, nämlich davon, ob und wie die zuständigen Behörden und Verwaltungsgerichte im Einzelfall entschieden haben bzw. vorgegangen sind, sodass die Effektivität der von den betroffenen Beamten ergriffenen Rechtsbehelfe zur Durchsetzung ihrer unionsrechtlichen Ansprüche sowie der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz in Frage gestellt erscheinen.
43 Aus den angeführten Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, die eingangs angeführte Vorlagefrage an den Gerichtshof der Europäischen Union zu stellen.
Wien, am 11. Oktober 2021
Gerichtsentscheidung
EuGH 61970CJ0080 Defrenne VORABSchlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120049.L00Im RIS seit
22.11.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2022