TE Vwgh Beschluss 1996/11/27 96/12/0209

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Veröffentlicht am 27.11.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, in der Beschwerdesache des Dr. B in Tokyo, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Akademischen Senat der Technischen Universität Graz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 6.790,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus, soweit dies aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles von Bedeutung ist:

Der Beschwerdeführer war bis zum 31. Mai 1993 Vertragsassistent am Institut für Festkörperphysik an der Technischen Naturwissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Graz. Seit 1. April 1993 übte er eine Forschungstätigkeit an der Universität Tokio aus.

Bereits im Jahr 1992 hatte der Beschwerdeführer beantragt, ihm die Lehrbefugnis für ein bestimmtes wissenschaftliches Fach zu verleihen. Die zur Behandlung seines Habilitationsansuchens eingesetzte Habilitationskommission (im folgenden Kommission) schloß die ersten drei Abschnitte des Verfahrens positiv ab. Mit Bescheid vom 21. April 1993 - zu diesem Zeitpunkt hatte der Beschwerdeführer bereits seine Forschungstätigkeit in Tokio aufgenommen - wurde der Beschwerdeführer zum vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens (sogenanntes Habilitationskolloquium) zugelassen. Zu dem am 12. Jänner 1994 festgesetzten Termin zur Abhaltung des Habilitationskolloquiums erschien der Beschwerdeführer - nach seinen Angaben in der Beschwerde aus persönlichen bzw. beruflichen Gründen - nicht. In der Folge kam es zwischen Mitgliedern der Habilitationskommission und dem Beschwerdeführer zu Spannungen, worauf sich einige Mitglieder der Kommission für befangen erklärten und aus der Kommission "austraten".

Mit Schreiben vom 27. Juni 1994 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 37 Abs. 3 des Universitätsorganisationsgesetzes, BGBl. 1975/258 (UOG), in Verbindung mit § 73 AVG den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den Akademischen Senat. Mit Bescheid vom 8. Februar 1995 wies der Akademische Senat diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, die Verzögerung des Habilitationsverfahrens sei nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, weil der Beschwerdeführer mangels einer Zustelladresse im Inland nicht zu einem Termin für das Habilitationskolloquium hätte eingeladen werden können.

In der Zwischenzeit hatte der Beschwerdeführer beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung einen Antrag gestellt, gemäß § 36 Abs. 8 UOG von der Abhaltung des Habilitationskolloquiums Abstand zu nehmen. Das Bundesministerium leitete diesen Antrag zuständigkeitshalber an den Vorsitzenden der Kommission weiter. Am 8. August 1994 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren derartigen Antrag nach § 36 Abs. 8 UOG beim Akademischen Senat.

Ende 1994 teilte der Rektor der Technischen Universität Graz dem Beschwerdeführer mit, daß die Kommission weiter bestehe und für die zurückgetretenen Mitglieder neue nominiert werden würden. In der konstituierenden Sitzung beschloß die Kommission das Habilitationskolloquium am 18. Mai 1995 abzuhalten. Laut Beschwerdeführer hat die Kommission aber seinen gemäß § 36 Abs. 8 UOG gestellten Antrag weder in Form eines Bescheides abgewiesen noch ihm in sonstiger Form einen diesbezüglichen ablehnenden Beschluß samt Begründung zur Kenntnis gebracht.

Unter Berufung auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, an das sich der Beschwerdeführer gewandt hatte, stellte er mit Eingabe vom 24. November 1995 beim Akademischen Senat der Technischen Universität Graz (belangte Behörde) bezüglich seines Habilitationsverfahrens "einen Devolutionsantrag im Sinne des § 37 Abs. 3 UOG."

Da auch die belangte Behörde (zunächst) nicht entschied, brachte der Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde ein (zur Post gegeben am 14. Juni 1996).

Noch vor Einleitung des Vorverfahrens nach § 36 Abs. 2 VwGG legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Juli 1996 den Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 1996 vor, mit dem sein Antrag vom 24. November 1995 auf Übergang der Entscheidungspflicht von der vom Fakultätskollequium der Technischen Universität Graz eingesetzten Habilitationskommission über den vierten Abschnitt seines Habilitationsverfahrens an den Akademischen Senat gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen wurde. Die belangte Behörde begründete dies im wesentlichen damit, in der Sitzung vom 18. Mai 1995 hätten sich einige Mitglieder wegen der im Schreiben des Beschwerdeführers vom 12. Mai 1995 erhobenen Vorwürfe für befangen erklärt und seien aus der Kommission ausgetreten. Auf Fakultätsebene könne keine Entscheidung mehr getroffen werden, da "das Personalreservoir" erschöpft sei. Die Säumigkeit gehe nicht auf ein Verschulden des Fakultätskollegiums, sondern auf ein solches des Beschwerdeführers zurück. Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde ist unter Zl. 96/12/0266 protokolliert.

In seinem Begleitschreiben vom 15. Juli 1996 brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er sei durch den vorgelegten Bescheid vom 2. Juli 1996 nicht klaglosgestellt worden, weil über seinen Antrag gemäß § 36 Abs. 8 UOG nicht meritorisch entschieden worden sei.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Der an die belangte Behörde gerichtete Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 24. November 1995 bezog sich zweifellos und unbestritten auf den vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens, zu dem auch die Entscheidung über den Antrag nach § 36 Abs. 8 Satz 1 UOG gehört, wonach die Kommission bei Bewerbern, deren wissenschaftliche Qualifikation außer Zweifel steht, vom Kolloquium Abstand nehmen kann. Mit ihrem verfahrensrechtlichen Bescheid vom 2. Juli 1996 hat die belangte Behörde den Devolutionsantrag durch Abweisung zur Gänze formell erledigt; sie ist damit ihrer Entscheidungspflicht nachgekommen. Einwendungen gegen den Inhalt des nachgeholten Bescheides können nur in einer gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gesondert einzubringenden Beschwerde geltend gemacht werden; hievon hat der Beschwerdeführer auch Gebrauch gemacht (siehe oben).

Aus diesen Gründen war daher das Verfahren über die vorliegende Säumnisbeschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996120209.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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