TE Vwgh Erkenntnis 2021/10/20 Ra 2021/13/0066

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Index

14 Organisationsrecht
30/01 Finanzverfassung
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
35/02 Zollgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §6
BAO §249 Abs1
BAO §264 Abs4 litb
BAO §265 Abs6
BAO §270
BAO §276 Abs8 idF 2009/I/020
BAO §280 idF 2004/I/180
BAO §303
BAO §50 idF 2010/I/009
BAO §53
FVwGG 2012
VwGVG 2014 §12
VwGVG 2014 §14 Abs2
VwGVG 2014 §15 Abs3
VwGVG 2014 §16 Abs2
VwGVG 2014 §20

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des H K in K, vertreten durch Riel/Grohmann/Sauer, Rechtsanwälte in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 9. März 2021, Zl. RV/5101150/2019, betreffend Zurückweisung eines Vorlageantrags (Haftung gemäß § 9 BAO), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 31. Jänner 2017 nahm das Finanzamt den Revisionswerber als Geschäftsführer der V GmbH als Haftungspflichtigen gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der V GmbH (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Körperschaftsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für jeweils näher angeführte Zeiträume aus den Jahren 2008 bis 2011) in Höhe von insgesamt 23.110,67 € in Anspruch und forderte diesen auf, den Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

2        Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und machte insbesondere geltend, bei der Primärschuldnerin seien mehrere selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer bestellt gewesen. Es sei von Beginn an vereinbart gewesen, dass für die kaufmännischen Agenden, dazu habe insbesondere die Führung von Lohnverrechnung und Buchhaltung sowie die Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen gehört, ein anderer Geschäftsführer zuständig sei; der Revisionswerber sei hingegen ausschließlich mit der Produktion des Weines befasst gewesen. Diese interne Aufgabenverteilung sei auch während der gesamten Geschäftstätigkeit gelebt worden.

3        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. September 2018 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

4        Der Revisionswerber beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

5        Im Vorlagebericht vom 1. August 2019 verwies das Finanzamt darauf, dass die Beschwerdevorentscheidung durch Hinterlegung am 7. September 2018 zugestellt worden sei. Der (mit 4. Oktober 2018 datierte) Vorlageantrag sei erstmals mit Fax vom 9. Jänner 2019 (nach E-Mail-Verkehr mit der Abgabensicherung) und damit verspätet eingebracht worden. Es werde daher beantragt, den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen. Sollte das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag als rechtzeitig werten, werde - aus näher dargelegten Gründen - beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

6        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag vom 4. Oktober 2018 als nicht fristgerecht eingebracht zurück. Es sprach weiters aus, dass damit die Beschwerde gemäß § 264 Abs. 3 BAO wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt gelte, das Beschwerdeverfahren werde eingestellt. Schließlich erklärte es eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG als nicht zulässig.

7        In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Beschwerdevorentscheidung vom 4. September 2018 sei durch Hinterlegung am 7. September 2018 zugestellt worden; Beginn der Abholfrist sei der 7. September 2018 gewesen. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 habe der Revisionswerber beantragt, die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorzulegen; laut Aufgabeschein sei der Vorlageantrag am 4. Oktober 2018 dem Postamt übergeben worden. Der Vorlageantrag sei per Fax vom 9. Jänner 2019 beim Finanzamt eingelangt.

8        Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Sachverhalt ergebe sich unbestritten aus den vorgelegten Akten und aus dem Parteienvorbringen, insbesondere aus dem Vorlagebericht des Finanzamts vom 1. August 2019, dem nach ständiger Judikatur Vorhaltecharakter zukomme. Seitens des Revisionswerbers sei dem Vorbringen des Finanzamts nicht entgegengetreten worden.

9        Aus der - im angefochtenen Beschluss näher zitierten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass die Tage des Postlaufes zwar in die Frist nicht einzurechnen seien, dies aber nur unter der „Prämisse“, dass das Schriftstück tatsächlich bei der Behörde einlange, wobei die Beweislast des Einlangens des Schriftstückes bei der Behörde den Absender treffe. Aus der Aktenlage ergebe sich, dass der Vorlageantrag, der laut Aufgabeschein am 4. Oktober 2018 der Post übergeben worden sei, tatsächlich erst (gemeint: per Fax) am 9. Jänner 2019 beim Finanzamt eingelangt sei.

10       Der erst am 9. Jänner 2019 beim Finanzamt eingelangte Vorlageantrag vom 4. Oktober 2018 sei daher verspätet eingebracht worden; er sei gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO zurückzuweisen gewesen.

11       Gegen diesen Beschluss wendet sich die Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege insbesondere dann vor, wenn der vom Verwaltungsgericht angenommene Sachverhalt in unvertretbarer Weise nicht mit den vorgelegten Akten übereinstimme, also Aktenwidrigkeit vorliege. Dies sei hier der Fall, der Revisionswerber habe im Verfahren vor dem Finanzamt dargelegt, dass der Vorlageantrag am 8. Oktober 2018 an das Finanzamt zugestellt worden sei. Der Umstand, dass die Postsendung in der Folge allenfalls in Verstoß geraten sei oder nicht einem zuständigen Sachbearbeiter zugekommen sei, sei für die Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages nicht von Belang.

12       Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet; das Finanzamt hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

13       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14       Die Revision ist zulässig und begründet.

15       Aus den vom Finanzamt im Rahmen des Revisionsverfahrens vorgelegten Akten geht - in Übereinstimmung mit dem Revisionsvorbringen - hervor, dass der Revisionswerber (durch seinen steuerlichen Vertreter) mit Eingabe vom 30. August 2019 dem Finanzamt mitgeteilt hat, die vom Finanzamt angeregte nochmalige Übermittlung des Vorlageantrages vom 4. Oktober 2018 sei informativ am 19. Dezember 2018 und per Telefax am 9. Jänner 2019 erfolgt. Der Stellungnahme des Finanzamts im Vorlagebericht vom 1. August 2019, wonach der Vorlageantrag erstmals mit Fax am 9. Jänner 2019 und somit verspätet beim Finanzamt eingebracht worden sei, sei entgegenzutreten. Die Postaufgabe des Vorlageantrags sei mit eingeschriebenem Brief am 4. Oktober 2018 erfolgt. Dieses Schriftstück sei bei der Abgabenbehörde auch tatsächlich eingelangt. Laut Mitteilung der Post sei das Poststück am 8. Oktober 2018 an das Finanzamt zugestellt und dort auch übernommen worden. Es werde daher beantragt, dem Antrag des Finanzamtes, den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen, nicht stattzugeben und über die vorgelegte Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht zu entscheiden. Der Eingabe beigelegt war insbesondere ein Schreiben der Post, wonach die eingeschriebene Sendung am 8. Oktober 2018 von Bediensteten des Finanzamts übernommen worden sei.

16       Eine Weiterleitung dieser Eingabe an das Bundesfinanzgericht (durch das Finanzamt oder durch den Revisionswerber) ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.

17       Gemäß § 270 BAO ist von der Abgabenbehörde auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.

18       Gemäß § 265 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Nach § 265 Abs. 4 BAO hat die Abgabenbehörde die Parteien vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen. Gemäß § 266 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde gleichzeitig mit der Vorlage der Bescheidbeschwerde die Akten (samt Aktenverzeichnis) vorzulegen. Die Abgabenbehörde hat den Parteien eine Ausfertigung des Aktenverzeichnisses zu übermitteln.

19       Nach § 265 Abs. 6 BAO ist die Abgabenbehörde ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen. Diese Pflicht besteht ab Verständigung (§ 265 Abs. 4 BAO) auch für den Beschwerdeführer.

20       Die in § 265 Abs. 6 erster Satz BAO normierte Pflicht der Abgabenbehörde entspricht dem § 276 Abs. 8 BAO idF vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 - FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013. Der zweite Satz (Pflicht auch des Beschwerdeführers) wurde hingegen mit diesem Gesetz angefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2007 BlgNR 24. GP 19) wurde hiezu ausgeführt:

„§ 265 Abs. 6 BAO sieht neben den bisher in § 276 Abs. 8 BAO vorgesehenen Verständigungspflichten der Abgabenbehörde auch eine vergleichbare Verpflichtung des Beschwerdeführers vor. Beide Pflichten dienen vor allem dem Ziel der Rechtsrichtigkeit der Erkenntnisse (bzw. Beschlüsse) der Verwaltungsgerichte, die nur ihnen zur Kenntnis gelangte Umstände berücksichtigen können.“

21       Langen „neue Tatsachen, Beweise und Anträge“ im Laufe des Rechtsmittelverfahrens bei der Abgabenbehörde erster Instanz ein, so befindet sich das entsprechende Anbringen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 280 BAO idF vor dem FVwGG 2012 (dieser Bestimmung entspricht jetzt im Wesentlichen § 270 BAO) in der der Berufungsbehörde zuzurechnenden Sphäre und ist im Sinne des § 280 BAO von der Rechtsmittelbehörde zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn die Abgabenbehörde erster Instanz ihrer Pflicht zur Verständigung (§ 276 Abs. 8 letzter Satz BAO) nicht nachgekommen ist (vgl. VwGH 22.5.2013, 2009/13/0155, mwN). Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere auch alle von der Behörde erster Instanz erteilten Aufträge und die dazu eingehenden Antworten (vgl. VwGH 25.6.2008, 2006/15/0292).

22       Nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind Schriftsätze nach Vorlage der Beschwerde unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen (§ 20 letzter Satz VwGVG). Eine bei der Behörde eingebrachte Beschwerdeergänzung (nach Vorlage der Beschwerde) ist gemäß § 6 Abs. 1 AVG ohne unnötigen Aufschub an das zuständige Verwaltungsgericht weiterzuleiten; dabei aufgetretene Verzögerungen gehen aber zu Lasten der Partei, die den Schriftsatz bei der falschen Einbringungsstelle eingebracht hat (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070).

23       Auch die Bundesabgabenordnung sieht - wie § 6 AVG - vor, dass Abgabenbehörden Anbringen, die bei ihnen einlangen, zu deren Behandlung sie aber nicht zuständig sind, ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen haben (§ 50 BAO idF vor dem Finanz-Organisationsreformgesetz, BGBl. I Nr. 104/2019; nunmehr § 53 BAO).

24       Die Bundesabgabenordnung enthält aber keine explizite Bestimmung (wie § 20 VwGVG) dazu, wo Schriftsätze im Zuge eines Beschwerdeverfahrens einzubringen sind. Die Bundesabgabenordung normiert auch betreffend den Vorlagebericht des Finanzamts keine Hinweispflicht dazu, dass Schriftsätze ab Vorlage an anderer Stelle einzubringen wären (vgl. hingegen nunmehr etwa §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 3 und 16 Abs. 2 VwGVG idF BGBl. I Nr. 109/2021); der Vorlagebericht des Finanzamts enthält dazu auch keinen Hinweis.

25       Die Bundesabgabenordnung regelt aber, dass die Beschwerde bei der Abgabenbehörde einzubringen ist (§ 249 Abs. 1 BAO; insoweit vergleichbar mit § 12 VwGVG). Die Bundesabgabenordnung enthält weiters die Regelung, dass eine Bescheidbeschwerde, die innerhalb der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgericht eingebracht wird, als rechtzeitig eingebracht gilt; das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde unverzüglich an die Abgabenbehörde weiterzuleiten (§ 249 Abs. 1 dritter Satz BAO). Insoweit erfolgt hier also - anders als nach dem VwGVG und anders als nach § 50 (nunmehr § 53) BAO - diese Weiterleitung nicht auf Gefahr des Einschreiters (vgl. hiezu Ritz, BAO6, § 50 Tz 5 sowie § 249 Tz 1 und 3). Gleiches gilt für Vorlageanträge (§ 264 Abs. 4 lit. b BAO).

26       Was die Verständigungspflicht nach § 265 Abs. 6 BAO betrifft, so trifft diese sowohl die Abgabenbehörde als auch den Beschwerdeführer. Die Verständigung durch die Abgabenbehörde erfolgt insbesondere durch Aktenvorlage sowie durch Nachreichung der entsprechenden Unterlagen, Daten oder Informationen (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 265 BAO Anm 12). Dass diese Verständigung durch die Abgabenbehörde auf Gefahr des Einschreiters erfolge, ergibt sich weder aus dem Wortlaut dieser Bestimmung noch aus der Gesetzessystematik. Wäre die Verständigungspflicht in dieser Weise zu verstehen, wäre die Bestimmung - soweit sie sich auf die Verpflichtung der Abgabenbehörde bezieht - im Hinblick auf § 50 (nunmehr § 53) BAO (entsprechend § 6 AVG und § 20 VwGVG) überflüssig, was im Zweifel nicht anzunehmen ist.

27       Die Verständigungspflichten des § 265 Abs. 6 BAO - insbesondere auch die Ergänzung dieser Bestimmung im Hinblick auf eine Verständigungspflicht des Beschwerdeführers - dienen dem Ziel der „Rechtsrichtigkeit“ der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts. Mit „Rechtsrichtigkeit“ ist hier offenbar - ähnlich wie im Zusammenhang mit einer Wiederaufnahme des Verfahrens - gemeint, dass ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis erreicht werden soll (vgl. Ritz, BAO6, § 303 Tz 4 und Tz 67; vgl. weiters z.B. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/16/0034; zum hohen Stellenwert der Rechtsrichtigkeit in BAO-Verfahren vgl. auch VwGH 18.1.2021, Ra 2020/13/0065). Ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis kann aber nur dann erreicht werden, wenn die neuen (im Wiederaufnahmeverfahren: neu hervorgekommenen) Tatsachen und Beweismittel bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Die nunmehr statuierte Pflicht auch gegenüber dem Beschwerdeführer soll damit insbesondere dazu dienen, dieses insgesamt rechtmäßige Ergebnis - im Falle der Verletzung der Verständigungspflicht durch die Abgabenbehörde - bereits im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht und nicht erst im Wege der Bekämpfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu erreichen.

28       Es ist daher davon auszugehen, dass sich durch die Einfügung der Pflicht des Beschwerdeführers zur Verständigung nichts daran ändern sollte, dass die Nichtberücksichtigung von neuen Tatsachen, Beweisen oder Anträgen, die im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens der Abgabenbehörde zur Kenntnis gelangen, die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über dieses Rechtsmittel - auch durch das Verwaltungsgericht - bewirken kann.

29       Gemessen an dem im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens (in Entgegnung zum Vorlagebericht des Finanzamts) an das Finanzamt erstatteten Vorbringen (samt Beweisanbot) erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtswidrig.

30       Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolgt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender. Dafür reicht der Beweis der Postaufgabe nicht aus (vgl. VwGH 20.10.2014, Ro 2014/12/0014; 26.7.2017, Ra 2016/13/0039, je mwN). Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber aber - wenn auch nur der Abgabenbehörde, nicht dem Verwaltungsgericht gegenüber - Vorbringen zum Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde erstattet und Beweismittel dazu vorgelegt. Eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen und den Beweismitteln erfolgte im angefochtenen Beschluss nicht.

31       Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

32       Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

33       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021130066.L00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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