TE Vwgh Beschluss 2021/10/27 Ra 2021/10/0146

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2021
beobachten
merken

Index

L81502 Umweltschutz Kärnten
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

Aarhus- Umwelthaftungs-AnpassungsG Krnt 2019 ArtVII Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.Tscheließnig, über die Revision des Arbeitskreises K in E, vertreten durch die Poganitsch, Fejan & Ragger Rechtsanwälte GmbH in 9400 Wolfsberg, Am Weiher 11/3/4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. Juli 2021, Zl. KLVwG-571/6/2021, betreffend Abweisung eines Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde in einer Angelegenheit des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg; mitbeteiligte Partei: b GmbH in K, vertreten durch die Eisenberger + Herzog Rechtsanwalts GmbH in 9020 Klagenfurt, Sterneckstraße 19), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) den nachträglichen Antrag des Revisionswerbers, der Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 15. Jänner 2018, mit dem der mitbeteiligten Partei die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung von sechs Windkraftanlagen samt Zufahrtsstraße auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt worden war, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab. Weiters sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

3        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

4        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ein grober Verfahrensfehler insofern geltend gemacht, als der angefochtene Beschluss einen Begründungsmangel aufweise. Dem Revisionswerber werde eine fehlende Konkretisierung seines Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgeworfen, obwohl das Verwaltungsgericht keine Erhebungen zu den im Antrag vorgebrachten neuen Tatsachen im Hinblick auf den Lebensraum des Habichtskauzes vorgenommen habe.

6        Das Verwaltungsgericht stützte seine Entscheidung über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung auf Artikel VII Abs. 3 Kärntner Aarhus- und Umwelthaftungs-Anpassungsgesetz, LGBl. Nr. 104/2019. Demnach hat die Behörde auf Antrag der beschwerdeführenden Umweltorganisation die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Umwelt verbunden wäre.

7        Die Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung (Ausschluss) der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde diese Interessenabwägung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl. VwGH 30.7.2019, Ra 2019/05/0114; 25.5.2021, Ra 2021/02/0120, mwN).

8        Das Verwaltungsgericht setzte sich ausführlich mit dem Antragsvorbringen auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass es nicht ausreichend konkretisiert wurde, um einen unverhältnismäßigen Nachteil für die Umwelt darzulegen. Ausgehend davon, dass das Antragsvorbringen im Wesentlichen darin besteht, den Titel einer nach der Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung an die mitbeteiligte Partei erschienenen vogelkundlichen Publikation über den Habichtskauz anzuführen sowie als Auswertung von durch die „BirdLife Kärnten“ erhobenen Datensätzen anzugeben, dass im Bundesland Kärnten gesichert ein kleiner autochthoner Brutbestand von derzeit geschätzten fünf bis zehn Brutpaaren vorhanden sei, der Wanderkorridor des Habichtskauzes im Bereich des Vorhabens „Windpark S“ bestehe und für eine positive Populationsentwicklung auch die Zuwanderung von Vögeln angrenzender, stabiler Bestände aus den Nachbarländern entscheidend sei, kann die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass sich aus diesem Vorbringen kein unverhältnismäßiger Nachteil für die Umwelt durch die Ausübung der naturschutzrechtlichen Bewilligung ergibt, nicht als unvertretbar erkannt werden. Auch die Hinweise darauf, dass bereits der Verlust eines einzigen Individuums populationsrelevant wäre, sich der Brutplatz des Habichtskauzes „gegenüber der Zufahrtsstraße“ zum Windpark S befinde und „erheblich nachteilige Auswirkungen“ zu erwarten seien, lassen nicht erkennen, welche konkreten Auswirkungen die Umsetzung des Windparkprojekts auf die Population des Habichtskauzes hat und worin konkret der unverhältnismäßige Nachteil bestünde.

9        Entgegen der Zulässigkeitsbegründung kann dem Verwaltungsgericht angesichts der mangelnden Darlegung der Auswirkungen der Umsetzung der naturschutzbehördlichen Bewilligung auf die Umwelt nicht vorgeworfen werden, diesbezüglich keine weiteren Erhebungen durchgeführt zu haben, läuft ein solch allgemeines Vorbringen doch auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet ist (vgl. etwa VwGH 3.1.2018, Ra 2017/11/0207 und 0208; 22.2.2021, Ro 2020/02/0008, jeweils mwN).

10       In der Revision werden mangels Darlegung wesentlicher Verfahrensmängel im Rahmen der Interessenabwägung keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100146.L00

Im RIS seit

22.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten