TE Vwgh Beschluss 2021/11/2 Ra 2021/14/0213

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Veröffentlicht am 02.11.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofrätinnen Mag. Schindler und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in den Revisionssachen des 1. A B, der 2. C D und des 3. E F, dieser vertreten durch die Zweitrevisionswerberin, alle vertreten durch Mag. Peter Rezar, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Josefstädter Straße 44/1/5, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2021, 1. L508 2126342-2/17E, 2. L508 2214123-1/13E und 3. L508 2214070-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerber sind Staatsangehörige von Bangladesch. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet und die Eltern des Drittrevisionswerbers. Sie stellten am 18. März 2014 bzw. am 18. Juli 2018 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) und begründeten diese im Wesentlichen mit Problemen aufgrund der Mitgliedschaft des Erstrevisionswerbers bei der BNP. Die Zweitrevisionswerberin verfüge auch über keine Unterstützung mehr im Herkunftsstaat, weshalb sie mit dem Drittrevisionswerber, der an einer geistigen Behinderung leide, nachgereist sei.

2        Mit Bescheiden vom 6. Mai 2018 bzw. vom 21. Dezember 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge als unbegründet ab, erteilte den Revisionswerbern keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie jeweils eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest.

3        Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 FPG mangels Zuständigkeit zurück. Unter einem sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Gegen diese Erkenntnisse richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 4.5.2021, Ra 2021/14/0053; 5.8.2021, Ra 2021/20/0078, jeweils mwN).

9        Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung vor, das BVwG sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach in Bangladesch harte und lebensbedrohende Haftbedingungen herrschten, weshalb selbst vorbestrafte Personen nicht dorthin zurück- oder abgeschoben würden. Darüber hinaus liege hinsichtlich der Feststellungen und der Beweiswürdigung ein Begründungsmangel vor. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Beweiswürdigung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen.

10       Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 15.6.2021, Ra 2020/14/0454, mwN).

11       Der Revision gelingt es mit ihrem bloß pauschal gehaltenen Vorbringen nicht, darzulegen, inwiefern die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts in einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären.

12       Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit Feststellungs- und Begründungsmängel behauptet, macht sie Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 7.7.2021, Ra 2021/14/0167, mwN). Eine diesen Anforderungen entsprechende Relevanzdarlegung lässt die Revision vermissen.

13       Soweit die Revision schließlich in Zusammenhang mit den Haftbedingungen in Bangladesch ein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, ist diesem Vorbringen schon deshalb der Boden entzogen, weil das Bundesverwaltungsgericht dem Fluchtvorbringen - im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung, der die Revision nichts Konkretes entgegenhält - die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021140213.L00

Im RIS seit

25.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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