Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tscheließnig, über die Revision des A L in W, vertreten durch MMMag. Dr. Michael Hasenöhrl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottenbastei 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. April 2021, Zl. W203 2234508-1/12E, betreffend Abweisung eines Antrages auf Befreiung vom Schulbesuch (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. April 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag auf Befreiung des Revisionswerbers vom Schulbesuch aus medizinischen Gründen gemäß § 15 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) ab sowie einen Eventualantrag auf Erlaubnis zum Fernbleiben vom Unterricht für das Schuljahr 2019/2020 gemäß § 9 Abs. 6 SchPflG zurück, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - gestützt insbesondere auf schulpsychologische Stellungnahmen und auf Ausführungen der Leiterin eines Kompetenzzentrums für Schülerinnen und Schüler im Autismus-Spektrum - im Kern zugrunde, beim Revisionswerber liege zwar eine Störung im Autismus-Spektrum vor, welche aber einen Schulbesuch für diesen nicht unmöglich mache und auch nicht dazu führe, dass ein Schulbesuch eine unzumutbare Belastung für den Revisionswerber darstellen würde (vgl. § 15 Abs. 1 SchPflG); so hätten auch inzwischen Schulbesuche durch den Revisionswerber - wenn auch „für alle Beteiligten“ herausfordernd und nur an einzelnen Tagen für jeweils kurze Dauer - stattgefunden.
3 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird Folgendes ausgeführt:
„Es wird von der ständigen Rechtsprechung abgewichen, dass Sachverständigenfragen durch ein volles Gutachten zu klären sind und der maßgebliche Sachverhalt (hier ua Scheitern des Einschulungsversuches) vollständig zu erheben ist.
Es besteht noch keine ausreichende und einheitliche Judikatur - weder in der Verfassungs- und Verwaltungs- noch in der Zivilgerichtsbarkeit - zum Verhältnis von Schulpflicht und Kindeswohl und zur Schulbesuchsbefreiung aufgrund psychischer Behinderung oder Erkrankung.“
7 3.2. Mit einer derart pauschalen Behauptung einer Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt, ist doch nach gesicherter hg. Rechtsprechung dafür erforderlich, konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen sich das Verwaltungsgericht von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (vgl. etwa VwGH 11.4.2018, Ra 2017/08/0099-0106, und 16.9.2020, Ra 2020/04/0090, jeweils mwN).
8 Im Übrigen lässt das wiedergegebene Zulässigkeitsvorbringen eine Darlegung vermissen, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet habe (vgl. etwa VwGH 17.6.2021, Ra 2020/04/0113, mwN).
9 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
10 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 3. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100135.L01Im RIS seit
25.11.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021